Protocol of the Session on December 20, 2023

Dann werde ich das mal machen. Ich weiß gar nicht, welchen der beiden ich da wählen darf. Wer hat denn zuerst gefragt?

Herr Walczak, bitte.

Vielen Dank, Frau von Treuenfels-Frowein. Sie haben gesagt, dass nächstes Jahr die Schuldenbremse eingehalten werden soll. Ihnen ist aber schon bekannt, dass die fast 3 Milliarden Euro für das Ahrtal im Rahmen der Haushaltseinigung der Ampel eben nicht Bestandteil dieser Haushaltseinigung sind und jetzt die Koalition in Berlin, die Sie gerade verteidigen, darauf hofft, dass die Union hierzu einfach nicht klagt, weil man die 3 Milliarden Euro sehr wohl aus Schulden wird finanzieren müssen?

Vielen Dank für die Frage. Ich finde, das hat mit der Schuldenbremse relativ wenig bis gar nichts zu tun, denn Sie wissen: Natürlich soll mit der Union über das Ahrtal gespro

(Dirk Nockemann)

chen werden, das steht auch in der Diskussion, das soll eine Art Sondervermögen sein. Ob das jetzt gut oder schlecht ist, sei mal dahingestellt, aber ich stehe dafür, dass wir die Schuldenbremse einhalten wollen. Dafür steht auch meine Partei, und ich will sehr stark hoffen und meinen, dass sie das auch weiterhin tut, denn das haben wir immer gesagt. – Danke schön für die Frage.

Herr Stoop.

Vielen Dank. Sie sagen, Sie sind für Haushaltskonsolidierung. Sie sagen auch, Sie wollen die Schuldenbremse einhalten. Das ist Ihre Position, das kann ich noch nachvollziehen. Ihre Antwort darauf ist dann immer: Wir wollen Kürzungen, meistens im Sozialen. Es gäbe durchaus die Möglichkeit, die Einnahmen zu verbessern, insbesondere zum Beispiel, indem man bestimmte Subventionen abbaut. Eine der größten Subventionen in diesem Lande sind die Ausnahmen bei der Erbschaftsteuer. Wie stehen Sie denn dazu?

Die Frage wird mir hier, glaube ich, jedes Mal gestellt, und ich werde sie jedes Mal gleich beantworten: Die bleibt so, wie sie ist. Ich habe übrigens nicht gesagt – um das hier noch mal klarzustellen; gut, dass Sie das gefragt haben –, dass wir den Sozialstaat niedermachen wollen, im Gegenteil: Das ist eine Errungenschaft in diesem Land, zu der wir auch stehen sollten. Ich habe letztes Mal gesagt, und das sage ich gern wieder: 50 Prozent sind ein viel zu hoher Anteil für den Sozialstaat, es muss und wird irgendwann Kürzungen geben. Sie haben sich heute so darüber aufgeregt, dass es beim Bürgergeld jetzt Kürzungen gibt. Was fällt denn beim Bürgergeld genau weg? Ein Bonus, wenn man sich weiterbildet; das ist alles, was wegfällt.

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Na und?)

Wenn Sie mich fragen, müsste sowieso noch sehr viel mehr reformiert werden, weil das keinen Anreiz für diejenigen schafft, die arbeiten wollen. Das ist meine persönliche Meinung, und die werde ich hier auch weiterhin vertreten. – Vielen Dank.

Ich werde jetzt in meiner Rede fortfahren, wenn ich darf. Wo bin ich stehen geblieben? Bei Subventionen, wie fein. Ich bin noch immer der festen Überzeugung, dass die wirtschaftliche Zukunft und der Wohlstand unseres Landes nicht an durch Schulden finanzierten staatlichen Subventionen hängen – das muss man sich mal überlegen, das kann eigentlich gar nicht wahr sein –, sondern es braucht nachhaltige Rahmenbedingungen für Mittelstand, Handwerk und Industrie. Wer neulich bei der Handwerkskammer gewesen ist oder wer mit

der Handelskammer spricht, weiß, dass sie uns das immer wieder sagen werden: Wir brauchen Maßnahmen, die das Kapital entfesseln, Bürokratieabbau, weg mit diesen lästigen Dokumentationspflichten. Das ist es, was den Unternehmen zugutekommt, und das ist es, was wir brauchen. Dafür müssen wir hier sorgen, damit Deutschland auf Sicht nicht abgehängt wird.

Es fehlt dazu natürlich auch, Verantwortung zu übernehmen und nicht wie der rot-grüne Senat jedes Mal nach Berlin zu rufen, wenn Sie ihre eigenen Projekte finanzieren wollen. Allein die ziemlich heruntergekommene Infrastruktur in Hamburg zeigt, wie wenig der Senat die Lage unter Kontrolle hat.

(Beifall bei der CDU und bei Sami Musa fraktionslos)

Die völlig marode Köhlbrandquerung ist ein Beispiel der Planlosigkeit:

(Zuruf)

Brücke oder Tunnel oder nur ein kleinerer Tunnel, wie uns jetzt über die Presse mitgeteilt wird: Geprüft wird hier immer viel, entschieden wird wenig, Finanzierung ist unklar, die Zeit läuft; ein Zeichen von großer Unverantwortlichkeit. Das muss sich ändern, und das gilt im Prinzip für den ganzen Hafen. Mit der wirklich – wir alle hier können uns daran erinnern – sehr schwierig bis schlecht kommunizierten MSC-Beteiligung an der HHLA

(Sören Schumacher SPD: Die wird doch hier noch diskutiert!)

wollen Sie sich jetzt in Sachen Geld im Hafen ein bisschen herausretten. Der Ausgang ist meiner Ansicht nach offen.

Oder das Baustellenchaos in der Stadt: völlig unübersehbar, viel Steuergeld wird verbuddelt, ohne jede Rücksicht auf den fließenden Verkehr. Anwohnerparken, Tempo 30 in der Stadt: Sie sind sich in der Koalition uneinig und schieben es auf die Union oder uns im Bund. Ich finde das, ehrlich gesagt, unredlich und durchschaubar. So können Sie mit uns hier nicht umgehen.

(Beifall bei der CDU und bei Sami Musa fraktionslos – Dennis Thering CDU: Immer sind die anderen schuld!)

Als Krönung obendrauf gibt es noch das traurige Erbe von Olaf Scholz: den Elbtower. Der steht jetzt als Bauruine da und fristet sein Dasein.

(Zuruf)

Herr Kienscherf, bei aller Freundschaft: Wenn Sie finden, dass das, was ich hier aufgezählt habe – es sind nur einige Dinge –, ein gut regiertes Hamburg ist, dann leben Sie in einer sozialdemokratischen Parallelwelt. Das tun Sie sowieso, und kein Mensch in dieser Stadt wird das anders se

hen. Schauen Sie doch mal raus, gehen Sie mal auf den Rathausplatz: Alles voller Baustellen, man kann dort noch nicht mal als Fußgänger durchmarschieren. Es kann doch nicht wahr sein, dass Sie uns hier erzählen wollen, Rot-Grün würde die Stadt so super regieren.

(Beifall bei der CDU und bei Sami Musa fraktionslos)

Also, ganz ehrlich: ein bisschen mehr Demut. Sie könnten ja mal sagen: Wir haben auch noch unsere Herausforderungen, und wir werden die zusammen meistern. Da wäre ich dabei. Aber all das zu leugnen finde ich, ehrlich gesagt, schwierig.

Kurzum, bevor Rot-Grün hier wieder Forderungen nach neuen Kreditaufnahmen im Bundeshaushalt stellt: Ich finde, Sie sollten hier Ihre eigenen Hausaufgaben machen, und Sie sollten vor allem mal realistisch darüber nachdenken, was hier noch ansteht. Ich würde mich freuen, wenn wir in der nächsten Legislaturperiode vielleicht wieder Themen anmelden könnten, die in Hamburg relevant sind und zu denen die Bürger in Hamburg Regeln haben wollen, und uns nicht immer nur mit Bundespolitik beschäftigen müssen. – Vielen Dank.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und bei Sa- mi Musa fraktionslos)

Wird zu diesem Thema weiter das Wort gewünscht? – Ja. Herr Dr. Dressel hat sich zunächst gemeldet. Ihm folgt Herr Gladiator.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Diese Debatte hat begonnen mit dem wirklich inhaltsleersten, absurdesten Weihnachtsmärchen, das ich bisher gehört habe: mit dem von Herrn Thering. Das muss man hier einmal laut aussprechen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Dennis Thering CDU: Wo leben Sie denn?)

Herr Thering, denn Sie laufen in diesen Wochen und Monaten durch die Stadt, versprechen allen alles, ohne einmal irgendwie auf den Sachverhalt geguckt zu haben. Und wenn es darum geht, wie die Verhandlungsspielräume, die Haushaltsspielräume der Länder sein sollen, sagen Sie: Bei der Schuldenbremse sind Sie auf der sehr harten Linie von Friedrich Merz. Das wird nicht aufgehen, das werden Ihnen die Hamburgerinnen und Hamburger auch nicht durchgehen lassen, lieber Herr Thering.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Geburtstagskind Herr Kienscherf hat es schon angesprochen: Gucken Sie doch mal nach Berlin. Da gibt es jetzt einen CDU-Bürgermeister, da gibt es auch einen CDU-Finanzsenator, der gerade im "Tagesspiegel" einen sehr interessanten Beitrag darüber geschrieben hat, wie die Schuldenbrem

se für die Länder eigentlich zukünftig ausgestaltet sein sollte; dazu kann vielleicht Herr Kleibauer gleich etwas sagen. Denn da geht es letztlich darum, wie wir in diesen Krisenzeiten vor Ort weiter haushalten können, wie Investitionen weiter gewährleistet werden können. Das sind Vorschläge, über die wir reden müssen. Von Ihnen: bisher Fehlanzeige. Stattdessen das Füllhorn in der Stadt ausschütten, ohne dann real leisten zu können.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Frau von Treuenfels-Frowein hat zu Recht gesagt, dass wir mal ein bisschen mehr nach Hamburg gucken wollen. Das können wir sehr gern machen, und ich glaube, da müssen wir zwischen der Diskussion, die in Berlin geführt wird, und der, die wir in Hamburg führen, überhaupt keinen Vergleich scheuen, sondern wir können hier in schwieriger Zeit sehr gut miteinander Kurs halten. Das ist auch etwas, bei dem sich Berlin vielleicht an einigen Stellen etwas abgucken kann, wenn es nämlich darum geht, in schwierigen Zeiten konstruktiv einen klaren Kurs zu fahren. Das tut dieser Senat, das tut die Mehrheit in der Bürgerschaft.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Auch da helfen vielleicht ein paar Zahlen: Gucken Sie mal die Wirtschaftsdaten im Vergleich an. Da sind wir deutlich besser als der Bund; das haben wir uns auch fürs nächste Jahr vorgenommen. Wenn dann ein bisschen über das Thema, für was wir hier Geld ausgeben … Einfach mal die Investitionszahlen: Noch 2015 haben wir ein Investitionsniveau von 750 Millionen Euro gehabt. Jetzt beim Haushaltsplan 2023/2024 steigern wir das auf 2,25 Milliarden Euro in 2023 und 2,41 Milliarden Euro in 2024. Das ist ein riesiges Investitionsniveau. Das heißt, wir zeigen auch: So kann investiert werden. Das ist ein wichtiges Zeichen in der Krise.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Bei Herrn Rabe und mir stehen die Besucher aus anderen Ländern Schlange, weil sie zum Beispiel gucken wollen, wie der Schulbau organisiert ist. Denn überall in Deutschland wird darüber diskutiert, wie wir dafür sorgen können, dass unser Nachwuchs unter vernünftigen Bedingungen die schulische Bildung erfährt. Wir in Hamburg zeigen, wie es geht. Darauf kann diese Stadt stolz sein.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir zeigen es auch bei der Verkehrsinfrastruktur, weil das hier angesprochen wurde: Wir haben es in Krisenzeiten geschafft, eine Milliarde Euro in das Sondervermögen Schnellbahnausbau reinzustecken. Wir stoßen jetzt auch die großen Schnellbahninvestitionsprojekte im Milliardenumfang an. Das ist, glaube ich, etwas, das bundesweit beispielgebend ist.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP)

Das ist ein großes Investitionszeichen, das nebenbei auch der Bauwirtschaft hilft, gerade in diesen schwierigen Zeiten.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Ich will jetzt in der Tat keine Forderungen an den Bund stellen, liebe Kollegin, aber natürlich haben wir Erwartungen, dass zumindest die Themen, die gemeinsam zwischen Bund und Ländern verabredet sind, eingehalten werden. Bei den ganzen Diskussionen im Bund, die noch munter geführt werden, nehmen wir positiv wahr, dass jedenfalls die Projekte aus dem Klimatransformationsfonds, die wir für Wertschöpfung und Arbeitsplatzsicherung brauchen, gerade in industriellen Kernbereichen, abgesichert sind. Das ist ein positiver Punkt. Natürlich wird über das ein oder andere noch weiter diskutiert.

Wir sollten aber auch – so habe ich den Bürgermeister am Wochenende verstanden – das Thema Erbschaftsteuer … Das heißt, wir müssen auch auf die Einnahmeseite gucken, die Diskussion heute zeigt das: Worüber wird überall diskutiert? Was sind die zusätzlichen Belastungen ab dem 1. Januar beim Thema Energiepreise? Dass aber auf Bundesebene schon eine Veränderung bei der Einkommensteuer beschlossen wurde, die – so habe ich Herrn Lindner immer verstanden, liebe Kollegin – sozusagen mehr Entlastung gibt als gleichzeitig an Belastung kommt, haben ganz viele gar nicht mitbekommen. Das heißt, hier ist auch ein Kommunikationsthema erkennbar. Deshalb haben wir immer gesagt: Lasst uns beim Thema Einkommensteuer ein bisschen vorsichtiger bei den Entlastungen sein, weil jede zusätzliche Belastung psychologisch viel stärker als die Entlastung an anderer Stelle wirkt. Da muss kommunikativ nachgearbeitet werden.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)