Protocol of the Session on January 30, 2019

Im September wird die neue Leiterin, Frauke Untied, dann Bibliotheken übernehmen können, die optimal für die Zukunft aufgestellt sind, großartige Räume, die ganz viel Seele haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Gögge. – Jetzt erteile ich Herrn Hackbusch das Wort für die Links-Fraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Nach den großartigen Reden, die eben gehalten worden sind, habe ich Schwierigkeiten, mich nicht zu wiederholen; das will ich auch gar nicht. Aber es ist noch einmal deutlich geworden, dass die öffentlichen Bücherhallen im Gegensatz zu dem, was wahrscheinlich viele erwartet haben nach dem Motto, es würden kaum noch Bücher gelesen, weiterhin entscheidend und wichtig sind. Jede und jeder, die/der sich das an den verschiedenen Orten angucken möge, wird feststellen, dass es sehr lebendige Orte geworden sind, dass sie an Bedeutung sogar noch einmal zugelegt haben, obwohl vielleicht gar nicht mehr so viel mehr gelesen wird als vorher, und sie wichtige soziale Orte geworden sind. Ich finde, das ist eine großartige Leistung von denjenigen, die dort gearbeitet, aber natürlich auch von denjenigen, die das Ganze geleitet haben.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Als Zweites will ich dazu sagen, dass ich mittlerweile relativ viel Erfahrung habe mit öffentlichen Unternehmen und auch deren Art und Weise, Zukunftskonzepte zu schreiben. Das, was ich im Bibliothekskonzept gelesen habe, was jetzt nicht die direkte Grundlage für die Debatte ist, sondern nur die virtuelle, weil dieses Bibliothekskonzept nur wenige gelesen haben … Dieses Bibliothekskonzept, finde ich, sollten alle öffentlichen Unternehmen einmal anlesen und sich überlegen, wie man sich die Zukunft kritisch anguckt, wie man mit seinen Ressourcen umgeht, welche Schwierigkeiten es gibt. Das ist wirklich ein Vorbild, finde ich, für jedes öffentliche Unternehmen, sich das anzugucken und sich nach ähnlichen Methoden einmal eine Zukunftsplanung zu überlegen. Auch gerade dafür noch einmal herzlichen Dank an die Leitungen der öffentlichen Bücherhallen, vor allen Dingen an Frau Schwemer, die das und dementsprechend auch eine gute Grundlage für die Debatte hergestellt haben.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD, den GRÜ- NEN und bei André Trepoll CDU)

Eine wichtige Sache ist schon gesagt worden. Ich will sie doch noch einmal sagen, weil das auch in diesem Bibliothekskonzept noch einmal klar ausgeführt worden ist. Die öffentlichen Bücherhallen haben eine schwere Geschichte hinter sich. Wie festgestellt worden ist, sind mehr als die Hälfte aller Hamburger Stadtteilbibliotheken geschlossen worden – mehr als die Hälfte. Über 37 Prozent der Beschäftigten sind abgebaut worden und trotzdem war man in der Lage, diese Erfolge aufzuzeigen. Das sollte jetzt nicht Vorbild für weitere Kürzungsmaßnahmen sein, das will ich deutlich sagen, sondern es ist ein Zeichen dafür, dass es trotzdem möglich ist, das zu machen. Ich finde auch, dass die Koalition sich das ein bisschen selbstkritischer angucken sollte. Wenn man sich dieses Bibliothekskonzept genau ansieht, merkt man, welche Schwierigkeiten dieses Unternehmen hatte, um die sogenannten Konsolidierungsmaßnahmen, die 0,88 Prozent oder die 1,5 Prozent, aufrechtzuerhalten, über die wir bei den Haushaltsberatungen hier immer ruhig diskutieren oder wir natürlich auch anklagend sagen: Stellt einmal dort deutlich fest, dass es nicht gereicht hat. Es hätte zu richtigen Schwierigkeiten in der Struktur geführt, wenn das nicht verändert worden wäre. Von daher gut, dass es verändert worden ist, aber ein bisschen mehr Selbstkritik im Zusammenhang mit allen anderen kulturellen und sonstigen Stiftungen, die nämlich weiterhin 0,88 Prozent oder 1,5 Prozent bekommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zwei weitere Punkte sind noch kurz zu nennen. Das eine, was dort auch deutlich nachzulesen ist, ist, dass die öffentlichen Bücherhallen, wie wir das gegenwärtig übrigens bei vielen kulturellen Institutionen feststellen, immer Schwierigkeiten haben, mit einer besonderen Behörde zusammenzuarbeiten. Auch das ist natürlich sehr versteckt, sehr vornehm, aber auch sehr deutlich formuliert worden. Die BSB, die Schulbehörde, hat immer Schwächen, mit anderen zusammenzuarbeiten, ihre Arbeit vernünftig zu organisieren und auch die Kosten vernünftig mitzutragen. Das haben wir in vielen kulturellen Bereichen, auch im Zusammenhang mit der kulturellen Jugendarbeit insgesamt, und das wird auch noch einmal hier deutlich. Ich finde, die Schulbehörde und auch diejenigen, die sich um diesen Bereich kümmern, sollten sich diesen Punkt noch einmal genauer angucken. Es ist absolut notwendig, dass die öffentlichen Bücherhallen gemeinsam mit den Schulen gut existieren und die Schulbehörde im Zusammenhang mit Beratungen nicht ein bisschen resistent ist.

Das Letzte, was ich anführen will, ist bedeutend – auch für die Zukunft – im Zusammenhang mit Orten, die die Bibliotheken darstellen können. Jeder, der sich das einmal in Skandinavien angeguckt hat, hat gesehen, wie zentral die Bibliotheken dort in vielen kleinen Städten sind. Da wir gegenwärtig

(René Gögge)

in den Stadtteilzentren häufig Schwierigkeiten haben, weil sie nicht mehr richtig funktionieren, wäre es eine gute Möglichkeit, dort eine Stadtbibliothek aufzubauen. Lurup wäre ein tolles Beispiel, damit anzufangen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Hackbusch. – Ich erteile das Wort nun Herrn Meyer von der FDP-Fraktion.

Verehrtes Präsidium, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eigentlich wundert es mich, dass wir diese Debatte hier überhaupt führen, denn nach Durchsicht zumindest des hier zur Debatte angemeldeten Antrags war ich doch eher von einem Streichkandidaten ausgegangen. Aber nun debattieren wir darüber.

(Milan Pein SPD: Jetzt müssen Sie was im- provisieren!)

Es dürfte weitestgehend Konsens darüber bestehen, dass die Hamburger Öffentlichen Bücherhallen seit nunmehr hundert Jahren einen außerordentlich wichtigen Bildungsbeitrag leisten. Sie sind uns allen derart wertvoll, dass die Fortführung und Weiterentwicklung dieser hervorragenden kulturellen Einrichtungen aus dem kultivierten gesellschaftlichen Leben eigentlich nicht mehr wegzudenken sind. Selbst über die ansonsten, zumindest im linken Teil dieses Hauses, verpönte Sonntagsöffnung – das wurde schon erwähnt – durfte im Kulturausschuss dank eines CDU-Antrages und der Gnade von Rot-Grün zumindest gesprochen werden. Schließlich dienen die Bücherhallen neben ihrem eigentlichen Zweck auch als Treffpunkt, als Begegnungsort und als Ort für Verständigung und Integration, der unsere Gesellschaft auch nach Ladenschluss zusammenhält und auch zusammenhalten muss.

Eine nutzungsorientierte und zeitgemäße technische Weiterentwicklung ist für die Zukunftsfähigkeit der Bücherhallen daher ebenso wichtig wie der niedrigschwellige Zugang, der in diesem Fall im wörtlichen wie gleichermaßen auch im übertragenen Sinne zu verstehen ist. Die vorliegenden Anträge erläutern den Status quo der Bücherhallen derart präzise, dass man meinen könnte, sie entstammten bereits der Fachbehörde. Weshalb Sie von Rot-Grün nun den Senat in Drucksache 21/ 15840 auffordern, Ihnen nochmals die Bau- und Sanierungsmaßnahmen des Jahres 2019, gestaffelt nach Fertigstellung und Inangriffnahme, zu erläutern, wo Sie doch in Drucksache 21/15788 schon alle diese Informationen zusammengetragen haben, um die Finanzierung zu beschließen, lässt eigentlich nur einen Schluss zu: Sie schreiben diese Anträge samt Debattenanmeldung allein aus Werbezwecken nach dem Motto, schaut doch mal, was unser Senat alles Großartiges vollbringt, und

stellen damit die Sinnhaftigkeit der Gewaltenteilung auf den Kopf. Mich erinnert das irgendwie an die Senatsfragestunde, die ebenfalls seitens der Regierungsfraktionen oft nur reinen Show-Charakter hatte und die wir glücklicherweise hinter uns gelassen haben.

(Ekkehard Wysocki SPD: Das habt ihr nicht hingekriegt!)

Meine Damen und Herren von Rot-Grün, das 100. Jubiläum der Hamburger Öffentlichen Bücherhallen ist dieser einfältigen Schaufensterpolitik nicht würdig. Ginge es Ihnen um die Sache, hätten Sie Ihre offenen Fragen trotz akkurater Senatszuarbeit in einer SKA klären können. Aber der bezirkliche Wahlkampf ist Ihnen offenbar wichtiger als seriöse Parlamentsarbeit.

Wir stimmen beiden Anträgen nur deshalb zu, weil sie in der Sache richtig sind. Die Art und Weise der rot-grünen Selbstdarstellung lehnen wir dagegen ab. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Meyer. – Herr Dr. Wolf, Sie haben nun das Wort für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrtes Präsidium, meine Damen und Herren! Auch wir finden, dass die Bücherhallen in Hamburg etwas Großartiges sind. Sie stellen seit 120 Jahren den Einwohnern der Stadt flächendeckend und niedrigschwellig, wie es schon hieß, einen großen Schatz an Wissen zur Verfügung, gedruckte ebenso wie digitale Medien. Das ist ein wichtiger Beitrag zur Allgemeinbildung und auch Veranstaltungen sind wichtig für den öffentlichen Diskurs. Öffentliche Bücherhallen sind für ein demokratisches Gemeinwesen gerade deshalb so wichtig, weil sie auch denjenigen, die sich nicht einfach jedes Buch kaufen können oder wollen, die Gelegenheit bieten, darauf kostenlos und zu niedrigen Gebühren zugreifen zu können.

Das Bibliothekskonzept 2021 wurde erarbeitet, um die Bedürfnisse der vielen Akteure eines solchen Systems – Kinder, Jugendliche, Senioren, hauptamtliche und ehrenamtliche Mitarbeiter – in Einklang zu bringen. Der Vorstand der Stiftung, der dieses Jahr sein 100. Jubiläum feiert, hat ein umfassendes Konzept erarbeitet. Die Vorschläge sind aus unserer Sicht gelungen, weil sie das Ringen um den Einfluss von Traditionalisten und Erneuerern berücksichtigen. So soll in Zukunft der klassische Buchbestand sukzessive aktualisiert werden und gleichzeitig werden große Ressourcen bereitgehalten, um auf notwendige und bedarfsorientierte Anpassungen hinsichtlich technischer Entwicklungen und das Kundenverhalten zu reagieren.

(Norbert Hackbusch)

Meine Fraktion wird dem Antrag der Senatsfraktionen deshalb zustimmen.

Die Freude über das 100-jährige Jubiläum der Stiftung der Bücherhallen darf aber in dem Zusammenhang auch nicht über vereinzelte undemokratische Tendenzen in der jüngeren Vergangenheit hinwegtäuschen, die ich leider auch anzusprechen habe. So nahm der Stiftungsvorstand 2015 sämtliche Werke eines türkischstämmigen Autors aus dem Bestand, weil dieser auf einer Pegida-Veranstaltung eine Rede gehalten hatte, deren Inhalt von den Medien falsch wiedergegeben wurde.

(Kazim Abaci SPD: Falsch, das stimmt nicht!)

Wohlgemerkt, kein Werk des Autors, darunter preisgekrönte Kriminalromane, ist bis heute verboten, kein Werk von ihm erfüllt einen Straftatbestand. Der Autor hat gegenüber zahlreichen Medien Unterlassungen wegen der Falschberichterstattung erwirkt, weil seine Aussagen auf der PegidaDemonstration in einem falschen Kontext dargestellt wurden.

(Dennis Gladiator CDU: Haben Sie die vor Ort gehört?)

Die entlarvende Begründung der Direktorin der Bücherhallen für die Herausnahme war dennoch – Zitat –:

"Wir […] waren der Meinung, dass Akif Pirinçci eine Grenze überschritten und den demokratischen Konsens verlassen hatte."

Zitatende.

(Kazim Abaci SPD: Ja, hat er auch!)

Ich bin kein Freund der Wortwahl von Herrn Pirinçci, aber – das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen – da wird einem Autor vorgeworfen, er verlasse den demokratischen Konsens, wer auch immer den sich zu definieren anmaßt, und deshalb werden seine Bücher aus der Bücherhalle entfernt. Bei allem politischen Disput: Wer Bücher aus politischen Gründen aus einer öffentlich geförderten Bibliothek entfernen lässt, der muss sich die Frage gefallen lassen, ob er nicht selbst den demokratischen Konsens aufkündigt und ihn verlässt.

(Beifall bei der AfD und bei Dr. Jörn Kruse fraktionslos – André Trepoll CDU: Ist Ihr Ge- sangsbuch da eigentlich auch drin? – Zuruf von Ekkehard Wysocki SPD)

Und wenn dann noch die Direktorin der Bücherhalle unsere Fraktion diffamiert, weil wir von unserem parlamentarischen Fragerecht Gebrauch machen, um nach den Gründen für die Herausnahme der Bücher zu fragen, ja, wenn diese Direktorin dann sogar die Nazi-Keule bemüht, um unsere parlamentarische demokratische Nachfrage, die ihr of

fenbar unangenehm ist, zu diffamieren, da kann ich nur sagen: Wehret den Anfängen.

Ich darf deshalb zum Schluss an den Zweck der Stiftung, wie er in der Satzung festgelegt ist, erinnern: Die Angebote der Bücherhallen dienen der Allgemeinheit, sie sollen allen Hamburgern dienen, unabhängig von deren Weltanschauung. – Vielen Dank.

(Vereinzelter Beifall bei der AfD – André Tre- poll CDU: Asterix und Obelix haben wir schon enttarnt!)

Vielen Dank. – Ich erteile das Wort jetzt an Herrn Senator Brosda, bitte schön.

Leselisten werde ich jetzt hier nicht anführen. Ich bin ja nicht in Hamburg groß geworden.

Sehr geehrte Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Insofern könnte ich jetzt von meinem Leseverhalten und aus der Gelsenkirchener Bibliothek berichten, dass Asterix da auch ganz oben stehe. Aber darüber will ich gar nicht sprechen.

Angesichts der vielen Mutmaßungen, warum diese Debatte stattfindet, muss ich erst einmal sagen: Ich bin dankbar für diese Debatte, weil es bisweilen ganz wichtig ist, das auszusprechen, was alle gemeinsam finden.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Dass die Bücherhallen in Hamburg ein wichtiger Beitrag zu unserem kulturellen und städtischen Leben sind, gehört dazu.

(Vizepräsident Dr. Kurt Duwe übernimmt den Vorsitz.)

Und es ist gut, dass diese Bürgerschaft das in dieser Deutlichkeit auch bekennt. Dass das zu diesem Zeitpunkt stattfindet, hat ehrlicherweise gar nichts mit irgendwelchen Spekulationen darüber zu tun, ob das jetzt gerade passend ist oder nicht, sondern wir hatten ein aus dem Sanierungsfonds gespeistes erstes Sanierungsprogramm, das bis 2018 lief, und jetzt beginnt 2019 ein zweites Sanierungsprogramm, das daran nahtlos anschließt und das wiederum die Ertüchtigung vieler Standorte mit sich bringen wird. Auch dafür sind wir ausdrücklich dankbar, dass es möglich ist, weiterhin in die Institution und die Struktur Bücherhallen investieren zu können.