Den Tag der offenen Tür hat Herr Schumacher schon genannt. Wir können auch das gemeinsame Totengedenken im November im Michel benennen. All diejenigen, die da waren – ich habe nicht so viele von der Seite gesehen –, wissen, was ich meine.
Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Liebe Frau Möller, Augenblick, Frau Möller. Ich bitte um ein bisschen mehr Ruhe, denn das artet sonst in ein Zwiegespräch aus. Danke.
Zum Beispiel die Begegnung bei der szenischen Lesung zum Holocaust-Gedenktag im Rathaus am vorigen Sonntag, Veranstaltungen mit Vertreterinnen und Vertretern von Kirchen und Religionsgemeinschaften, politische Diskussionen, all das sind Orte, wo sich die Gesellschaft, die Hamburgerinnen und Hamburger und auch wir natürlich mit Vertreterinnen und Vertretern der Bundeswehr treffen. Das ist auch gut und richtig so.
Wir hatten die Debatte hier im Parlament tatsächlich schon 1998 und 2002. Es hat mir, muss ich sagen, viel Freude gemacht, die alten Protokolle zu lesen. Herr Warnholz, Frau Duden – jetzt ist sie nicht mehr da –, Herr Rosenfels, Herr Nockemann und auch ich waren zumindest bei der Debatte 2002 dabei. Der damals innenpolitische Kollege, Michael Neumann, der uns allen auch in anderer Funktion als nur der SPD bekannt ist, hat, meine ich, die wichtigsten Sätze in der Debatte 2002 gesagt. Er hat nämlich in Richtung CDU und SchillPartei gesagt:
"Passen Sie auf, dass Sie nicht Politik mit der Bundeswehr machen, sondern dass Sie Politik für die Bundeswehr machen."
Obwohl die SPD damals dem Antrag zugestimmt hat, ist das aus meiner Sicht immer noch der politisch klügste Satz der damaligen Debatte. Denn genau an dem Punkt sind wir. Auch die Herleitung von Herrn Ehlebracht hat mir nicht weiter verständlich gemacht, welcher sachliche Grund dahinter ist. Die AfD will die Bundeswehr instrumentalisieren.
Sie wollen das Militärische feiern, Sie wollen es weiterhin nicht als Teil der Gesellschaft, sondern außerhalb der zivilen Gesellschaft stehend haben. Es ist im Übrigen nicht, so wie es in Ihrem Antrag steht, Teil der Traditionslinie der Bundeswehr, sondern es waren Graf Baudissin, Egon Bahr und andere, die hier die Staatsbürgerin, den Staatsbürger in Uniform formuliert haben, und dabei soll es auch bleiben.
Ein paar Feinheiten Ihres Antrages machen mir noch einmal deutlich, wo Sie stehen. Sie schreiben – ich zitiere aus Ihrem Antrag –:
Seit der Aussetzung der Wehrpflicht 2011 gibt es diese Gelöbnisse nicht mehr. Es wird ein Eid geschworen, aber der Eid ist falsch zitiert, denn der Eid lautet:
"der Bundesrepublik treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen."
Das ist nämlich das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung, zu dem Rechtsstaat, für den wir hier streiten. Deshalb finde ich den CDU-Antrag an der Stelle schon fast tragisch.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Hamburgerinnen und Hamburger, liebe Kolleginnen und Kollegen!
"präzise als Ritual charakterisieren: Nach dem Muster des […] Übergangsrituals werden die zivilen Individuen in den neuen sozialen Status des Soldaten"
"überführt. Das Ritual vermittelt die problematische Einfügung […] in das rigide militärische Befehls- und Gehorsamssystem und die Verkehrung der zivilen Gewaltächtung in ein Tötungs- und Sterbegebot.
Indem das Gelöbnis öffentlich inszeniert wird, findet auch eine rituelle Vermittlung bestimmter 'Botschaften' in den gesellschaftlichen Raum hinein statt. […]
wie sie bei Ihnen eh selten ist, Herr Nockemann –, sondern sie sind mit einer Art Vorrationalität ausgestattet;
Das ist nicht etwa von mir, sondern das ist zitiert aus einem Buch über die gesellschaftliche Funktion von Gelöbnissen – ich habe mir schon gedacht, dass Sie unsachliche Zwischenrufe einwerfen –, und zwar von Professor Dr. Henrik Lebuhn und dem Diplom-Philosophen Dr. Markus Euskirchen. Sie haben das einmal analysiert und auf Grundlage dieser Analyse werde ich jetzt fortfahren.
Mit anderen Worten ist es nämlich so, dass das militärische Tamtam, das bei öffentlichen Gelöbnissen oder Appellen zum Beispiel auf dem Rathausmarkt gemacht wird, nicht unbedingt einen sinnstiftenden Wert hat, sondern eher einen Wert, der darauf vorbereitet, Tod zu stiften.
Wir als eine Friedenspartei wollen, wenn wir schon Rituale im öffentlichen Raum, auf dem Rathausmarkt machen …
Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Lieber Herr Dolzer, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder Zwischenbemerkung des Abgeordneten Wersich?
Mich würde einmal interessieren, wie Sie das bei Ihren historischen Wurzeln der SED und den dort praktizierten Verfahren einordnen. Nachdem Sie uns schon vorhin über den Wechsel der FDP in der Haltung berichtet hatten, kommt mir dieser Wechsel doch noch viel größer vor.