Protocol of the Session on December 11, 2018

Ja, gern.

Herr Kollege, ich wollte Sie nur darauf aufmerksam machen vorhin, dass die Grunderwerbsteuer, sollte sie erhöht werden, natürlich von den Käufern, die das bezahlen, dann auf die Mieten umgelegt wird. Das ist der Punkt. Dass man darüber nachdenken kann, auch die mal irgendwann zu erhöhen … Kann man ja machen, aber doch nicht in einer Situation, in der die Mieten jetzt schon unter Druck sind. Deswegen kann man nicht sagen, SchleswigHolstein habe das schon. Schleswig-Holstein hat diese Mietenproblematik der ganz großen Städte in dieser Form nicht wie Hamburg. Ich weiß nicht, wie Sie dazu stehen. Aber wenn Ihnen das egal ist?

Nein, das ist mir nicht egal und das ist eine sehr wichtige Fragestellung. Das Argument ist ja auch in der Stadt weit verbreitet. Unsere Erfahrung ist, dass diejenigen, die gegenwärtig Mieten nehmen, möglichst viel an Miete nehmen. Und es ändert sich nicht durch die Grunderwerbsteuer, wie hoch sie die Miete bestimmen.

(Zuruf: Doch! Es wird noch mehr! Es wird doch immer teurer! – Michael Kruse FDP: Herr Hackbusch, Sie haben überhaupt keine Ahnung!)

Nein, das wird natürlich nicht mehr, weil es nicht so ist, dass derjenige, der gegenwärtig Wohnun

gen kauft, am Hungertuch nagt und alles weitergeben muss, sondern er hat dort einen Profit, und zwar einen kräftigen Profit.

(Beifall bei der LINKEN)

Der bemisst sich daran, wie kräftig die Wohnungspreise in den letzten Jahren gestiegen sind. Das ist doch nicht dasjenige, was dann weitergegeben wird. Deswegen stimmt Ihre Betrachtung einfach nicht und Sie sind da realitätsfern.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will noch etwas sagen im Zusammenhang mit einem zweiten Bereich, zu dem wir Vorschläge machen, das ist die Frage der Steuern und der Art und Weise, wie Steuern gegenwärtig in dieser Stadt eingenommen werden. Wir sehen es und freuen uns darüber, dass die Finanzverwaltung durchaus gestärkt worden ist. Der Vorschlag, den wir schon vor vier Jahren einmal gemacht haben, eine vierte Klasse einzurichten – damals wurde gesagt, das sei unmöglich –, wird jetzt umgesetzt. Immerhin. Alles mit Zeitverzögerung, aber ein paar Sachen verbessern sich dort.

Ich will aber einen Punkt nennen, der sich nicht verbessert hat und der kritisch ist; ich argumentiere an dieser Stelle gemeinsam mit dem Rechnungshof. Die Steuerfahndung ist in Hamburg 15 Prozent weniger besetzt – und zwar mit vollem Bewusstsein des Senats – als im bundesweiten Vergleich und als der bundesweite Vergleich eigentlich auch vorschreibt für die Stadt. Warum macht man das? Ist man etwa so gut darin, Steuern einzutreiben von denjenigen, die gegenwärtig Steuerhinterziehung betreiben? Ich würde sagen, nein. Die Erfahrungen der letzten Monate und Jahre, die Berichte über Steuerhinterziehungen von Unternehmen und ihre Kreativität dabei bedeuten, alle Anstrengungen dafür aufzuwenden, in diesem Bereich mehr zu machen und nicht weniger.

(Beifall bei der LINKEN)

Darauf dann zu antworten mit 15 Prozent weniger bei der Steuerfahndung, das können wir nicht akzeptieren. Ich möchte dort eine große Leidenschaft der Steuerverwaltung haben, um in der Lage zu sein, diese Steuerhinterziehung auf allen Ebenen groß zu bekämpfen.

(Beifall bei der LINKEN – Michael Kruse FDP: Da ist doch eine große Leidenschaft!)

Und da braucht die Hamburger Steuerverwaltung auch noch einiges mehr an Kraft. Wodurch hat sie sich nämlich bisher ausgezeichnet? Durch einen Cum-Ex-Fall, in dem die Bundesfinanzverwaltung – und so etwas ist in Deutschland zum ersten Mal passiert – die Hamburger Steuerverwaltung anweisen musste, die Steuerforderung überhaupt einzufordern.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Unglaublich!)

Das ist doch eine Art und Weise … Wo ist das Selbstbewusstsein dieser Steuerverwaltung, gegen diese Hinterziehung zu kämpfen, die dort stattfindet?

(Beifall bei der LINKEN)

Gegen die Art und Weise, wie uns das Geld aus den Taschen gezogen wird?

Und es ist ja nicht nur so, dass die Steuern in diesem Bereich so kräftig heruntergegangen sind, weil eine falsche Politik von der Bundesebene betrieben wurde, sondern weil dort eine massive kriminelle Energie vorhanden ist, die man jetzt droht, kräftig zu bekämpfen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will zu einem weiteren Punkt kommen, der mir wichtig ist. Wie ist eigentlich die Situation in dieser Stadt? Herr Tjarks hat gesagt, uns gehe es gut. Herr Tschentscher hat gesagt, er sei durch die Gegend gegangen, die Wohnungslosigkeit sei angesprochen worden; das fand ich sehr gut. Herr Müller hat gesagt, die LINKEN wollten soziale Wohltaten verteilen. Ich finde es sehr wichtig, dass man sich mit der Situation und der Stimmung in dieser Stadt auseinandersetzt. Ich glaube, Rot-Grün und fast alle in diesem Parlament wissen, dass sie damit Schwierigkeiten haben; Sie wissen manchmal nicht so genau, wie die Stimmung ist. Ich will Ihnen das nur anhand der Olympia-Geschichte zeigen: eine riesige Mehrheit dafür in diesem Parlament, und Sie haben nicht mitbekommen, wie die Stimmung in der Stadt ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will Ihnen einmal etwas sagen – ich finde es interessant – im Zusammenhang mit dem kennzahlengesteuerten Haushaltswesen, um da vielleicht auch einmal einen schönen theoretischen Begriff mit reinzubringen. Was könnte man an Kennzahl denn herannehmen für die Situation in dieser Stadt? Eine wichtige Kennzahl für mich ist die Armutsgefährdungsquote aus der Statistik des Bundesstatistikamts für die verschiedenen Bundesländer. Dieses Analyse-Instrument, das sich über die Jahre gefestigt hat, ist genau und wichtig, um die Situation in einer Stadt festzustellen. Und was stellen wir fest, wie ist die Situation im Jahr 2017? Wir stellen fest, dass die Situation der Alleinerziehenden sich in den letzten zehn Jahren nicht verbessert hat. 44 Prozent der Alleinerziehenden sind armutsgefährdet in dieser Stadt. Das ist in den letzten zehn Jahren trotz Ihrer Beschreibung, dass es doch so und so viel Aufschwung gegeben habe, nicht besser geworden. Rot-Grün müsste doch als eine wichtige Aufgabe für sich annehmen, dass diese Zahl sich verbessern muss, und zwar dringend.

(Beifall bei der LINKEN)

Es darf nicht so sein, dass von den Alleinerziehenden 44 Prozent armutsgefährdet sind. Was ist das für eine schlechte Kennzahl, die Sie dort haben?

Es gibt eine zweite Kennzahl, die Altersarmut. Die Altersarmut gefährdet mittlerweile 16,8 Prozent der über 65-Jährigen. Die Altersarmut hat sich dementsprechend in den letzten zehn Jahren in dieser Stadt verdoppelt – in einer Situation, wo alle sagen, sie sei für diese Stadt doch eine gute, positive.

Ich hoffe, dass diese Zahlen Ihnen deutlich machen, welcher soziale Sprengstoff in dieser Stadt vorhanden ist, auch welche Resignation mittlerweile und dass Sie sich damit auseinandersetzen müssen.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie werden jetzt sagen: Was sollen wir machen, wir sind doch nur Bürgerschaft? Ich will Ihnen die Frage stellen: Ja, wer soll es denn machen? Wer soll diese Aufgabe wahrnehmen, wenn nicht dieses Parlament und diese Regierung?

(Beifall bei der LINKEN)

Welche Institution soll denn dieses Problem lösen können? Da können Sie nicht sagen, das wüssten Sie jetzt auch nicht. Nein, das ist Ihre zentrale Aufgabe. Das ist meine zentrale Kennzahl für Ihre Politik, und ich muss sagen, gemessen an dieser Kennzahl haben Sie schlechte Politik gemacht. Sie haben es noch nicht einmal geschafft, bei den Darstellungen, was notwendig ist in den nächsten zwei Jahren, dieses Problem überhaupt richtig zu benennen. Bei Herrn Müller ist das überhaupt noch nicht angekommen und selbst bei der SPD ist es bisher kaum angekommen. Da gibt es noch einiges zu tun. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Frau Dutschke von der FDP-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Seit 2015 haben die Hamburger Steuerzahler und Unternehmen für durchweg konjunkturell gute Jahre mit weit überdurchschnittlich steigenden Erträgen für die Staatskasse gesorgt. Die Steuererträge liegen laut Oktober-Steuerschätzung in 2018 bei 2,6 Milliarden Euro mehr als noch vor drei Jahren. Allein diese Zahlen sollten die historische Ausnahmesituation, in der wir uns befinden, bewusst machen. Steuermehrerträge, Mehrerlöse bei den Gebühren und Bußgeldern, zusätzliche Bundesmittel, hinzu kommen noch einige Hundert Millionen Euro Zinskostenersparnis – insgesamt hatte Rot-Grün in den Jahren 2015 bis 2018 über 6 Milliarden Euro mehr in der Kasse zur Verfügung, als in den jeweiligen Haushalten ursprünglich veranschlagt war.

(Dirk Kienscherf SPD: Das ist eine Neidde- batte!)

Nur knapp 1 Milliarde Euro davon, Herr Kienscherf, ist in die Schuldentilgung geflossen beziehungsweise in den Verzicht von Kreditaufnahme, und das ist nun wirklich keine tolle Bilanz. Die anderen 5 Milliarden Euro wurden von Rot-Grün an anderer Stelle ausgegeben, und zwar überwiegend für strukturelle Mehrkosten anstatt für kluge Investitionen – auch das gehört zur Wahrheit, Herr Kienscherf.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Bei dieser Zahlen- und Kassenlage ist es kein Wunder, dass sogar ein rotgrüner Senat die kamerale Schuldenbremse im Jahr 2019 einzuhalten vermag. Mit dem Erreichen der doppischen Schuldenbremse hingegen tut sich der Senat jedoch weiterhin trotz herausragender Rahmenbedingungen schwer.

(Farid Müller GRÜNE: Wir sind im Plan!)

Rot-Grün bleibt hinter den Möglichkeiten zurück, die die Hamburger Steuerzahler geschaffen haben, und dieses Haushalten nach Kassenlage und auf Kosten der Substanz muss endlich ein Ende haben.

(Beifall bei der FDP)

Es häufen sich Warnsignale wie zum Beispiel die angekündigten Stellenstreichungen bei einigen namhaften Hamburger Unternehmen oder der prognostizierte Rückgang der Steuererträge im kommenden Jahr. Die jetzigen Rahmenbedingungen halten nicht ewig an.

Meine Damen und Herren! Auch wenn die kamerale Schuldenbremse kommendes Jahr eingehalten wird, sind wir noch weit weg von einem ehrlich ausgeglichenen, nachhaltigen Haushalt. Die graue Verschuldung zulasten künftiger Generationen, der Werteverfall unserer Infrastruktur geht weiter, bis die sogenannte doppische Schuldenbremse eingehalten wird. Und Rot-Grün beabsichtigt, diese erst 2024 einzuhalten. Aber angesichts der guten Rahmenbedingungen ist der Senat bei der Haushaltskonsolidierung viel zu unambitioniert. Es ist durchaus möglich, Erträge und Aufwendungen schon mit dem ersten Doppelhaushalt des kommenden Jahrzehnts strukturell auszugleichen.

(Beifall bei der FDP)

So würde es uns gelingen, die doppische Schuldenbremse schon früher einzuhalten.

Es ist bedauerlich, dass das Ziel finanzieller Nachhaltigkeit auch kaum Anhänger bei den GRÜNEN findet. Das liegt wahrscheinlich daran, dass die GRÜNEN immer nur von Nachhaltigkeit reden und ihre allein auf Umweltfragen verengte Vorstellung dieses Begriffs wie eine Monstranz vor sich hertragen.

(Norbert Hackbusch)

(Beifall bei der FDP – Farid Müller GRÜNE: Stimmt doch gar nicht!)

Doch, Herr Müller, das stimmt. Das war zuletzt beim Fernwärme-Deal der Fall und das ist jetzt beim Haushalt wieder der Fall. Finanzielle Nachhaltigkeit sieht anders aus.

(Beifall bei der FDP)