Protocol of the Session on November 1, 2018

(Dr. Ludwig Flocken)

Kleinen Anfragen zugegeben hat oder geschrieben hat, wer da alles mit hineingerechnet wird. Die Hilfskräfte, von denen ich in der ersten Runde gesprochen habe, werden künftig von Tag eins zu 90 Prozent in den Betreuungsschlüssel eingerechnet, dazu nehmen Sie einfach keine Stellung. Da haben Sie schon im Ausschuss so getan, als würde es nicht der Wirklichkeit entsprechen. Es ist aber die Wahrheit, und dazu muss man sich irgendwie verhalten. Sie können der Meinung sein, dass es okay ist, den Schlüssel so auszurechnen, aber dann vertreten Sie das bitte auch offensiv und tun Sie nicht so,

(Glocke)

als würden Sie die Qualitätsansprüche bei denjenigen, die in den Schlüssel zählen, nicht absenken.

(Beifall bei der FDP – Glocke)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Gestatten Sie eine Zwischenfrage oder Zwischenbemerkung des Abgeordneten Lohmann?

Herr Oetzel, ist Ihnen aufgefallen, dass wir zurzeit über 70 neue Kitas in Planung und im Bau haben?

Herr Lohmann, das ist richtig, aller Ehren wert und auch wirklich beeindruckend und auch sehr tapfer, dass Sie das jetzt immer wieder sagen. Aber ich habe doch gerade gesagt, dass es genau darum nicht geht. Ich habe doch eben anerkannt, dass viel passiert, aber dass hier konkrete Fragen im Raum stehen, die ich gestellt habe, zu denen Sie nichts sagen. Dann stellen Sie sich ans Mikro und fragen noch einmal etwas über einen Bereich, von dem ich gerade gesagt habe, dass es da schon sehr toll ist, aber Sie auch noch einmal etwas zu den Sachen sagen könnten, die ich kritisiert habe. Das haben Sie wieder nicht gemacht. Schade.

(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der CDU und bei Detlef Ehlebracht AfD)

Zu dem Vorwurf von Herrn Yildiz, dass wir jetzt als sehr energische Befürworter des Kita-GutscheinSystems angeblich auf zentrale Steuerung zurückgreifen wollten: Lesen Sie noch einmal den Antrag, wie der wirklich gemeint ist und was dort steht. Das ist nämlich explizit von uns nicht gemeint, es steht dort auch explizit so. Schauen Sie noch einmal hinein. Ich glaube aber, man darf die Augen nicht davor verschließen, wenn die Interessenlisten – Interessenlisten in Anführungszeichen – in den Hamburger Kitas mittlerweile teilweise bis 2020 und darüber hinausgehen. Dann haben wir sehr offen

sichtlich ein Problem, auf das der Senat auch zentral reagieren muss.

(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der CDU und bei Detlef Ehlebracht AfD)

Dann erhält Herr Schmitt das Wort für die SPD-Fraktion.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Oetzel, das ist schon bemerkenswert. Sie melden hier eine Debatte an, die, finde ich, ein gewisses Niveau hat, "Chancengerechtigkeit fängt in der Kita an – Wie steht es um Hamburgs Kinderbetreuung?". Dann monieren Sie, dass man zu einem Aspekt – zu einem Aspekt –, den Sie in der Debatte aufwerfen, nichts zu sagen hat, und so nonchalant erwähnen Sie die Erfolge. Das, finde ich, kann nicht sein, das liegt dann in Ihrer Verantwortung, die Debatte entsprechend präzise anzumelden. Dann haben wir die Möglichkeit, auch über genau diesen Punkt zu sprechen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich spreche jetzt über Chancengleichheit.

(Michael Kruse FDP: Das stand wenigstens nicht in unserer Anmeldung! Darüber sind wir uns einig!)

Die Lebensbedingungen von Familien in Hamburg und bundesweit sind sehr unterschiedlich, und je nachdem, über welche Ressourcen die Familien verfügen – das hängt nicht nur vom Einkommen ab, sondern auch die Bildung und die soziale Einbindung spielen dabei eine Rolle –, haben die Ressourcen der Familien hohe Auswirkungen auf die Startbedingungen der Entwicklungschancen der Kinder. Wir Sozialdemokraten sind überzeugt davon, nicht die Herkunft des Kindes darf darüber entscheiden, welche Chancen ein Kind in unserer Gesellschaft hat, und deswegen setzen wir uns für mehr Chancengerechtigkeit und Chancengleichheit ein.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Yildiz hat die Kinderarmut angesprochen, das ist ein sehr wichtiges Thema. Die Ursachen für unterschiedliche Lebenslagen von Armut sind sehr vielfältig. Soziale Benachteiligungen können als Folge von Trennung, Erwerbslosigkeit, Scheidung, Krankheit oder Überschuldung entstehen. Kinderarmut steht aber immer im Zusammenhang mit der sozialen Lage der Eltern, und deswegen ist für Kinder und Jugendliche der Zugang zu einer Bildung und Ausbildung entscheidend, um sich aus dieser Armutssituation herauslösen zu können.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Philipp Heißner CDU: Das bestreitet keiner!)

In dem Zusammenhang gestatten Sie mir auch die persönliche Bemerkung, dass ich das Menschen

(Daniel Oetzel)

bild, das sich hinter dem Beitrag des fraktionslosen Kollegen verbirgt, echt gruselig finde.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und ver- einzelt bei der CDU und der FDP)

Wir wollen allen Hamburger Kindern von Anfang an Zugang zu einer qualitativ und quantitativ hochwertigen frühen Bildung ermöglichen.

(Zuruf von der CDU: Dann tun Sie es doch!)

Deswegen haben wir in den letzten Jahren unter erheblichen finanziellen Anstrengungen den Ausbau der Kindertagesbetreuung qualitativ und quantitativ vorangetrieben und die strukturellen Rahmenbedingungen in den Tageseinrichtungen auch verbessert.

(Dennis Thering CDU: Hauptsache, billig!)

Herr Oetzel, weil Sie danach gefragt haben, bei uns in Hamburg ist die Bildung doch weitestgehend gebührenfrei. Wir haben die Hochschulgebühren abgeschafft, wir haben die Eltern von KitaGebühren in der Grundbetreuung befreit. Sie haben danach gefragt, was eigentlich im Bund los sei mit dem Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der Qualität und Teilhabe in der Kindertagesbetreuung, kurz dem Gute-Kita-Gesetz. Schaffen wir hier auch im Bund die Möglichkeit, dass die Gemeinden und Städte, für die es bisher noch nicht möglich war, den Kindertagesbeitrag kostenfrei oder sozial gestaffelt zu machen, ermäßigen können. Bis zum Jahr 2022 gibt der Bund 5,5 Milliarden Euro dafür aus. Wir in Hamburg investieren das in den weiteren Ausbau der Qualität unserer Kitas, und ich finde, das ist dann auch gut angelegt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Wort erhält jetzt der Abgeordnete Heißner für die CDUFraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Also ein Gutes haben die Beiträge von Herrn Flocken: Die Debatten können noch so strittig sein, in einem kann sich das ganze Haus wieder einig sein, nämlich in der kategorischen Ablehnung dieses biologistischen, revisionistischen, ahnungslosen Schwachsinns, der von Herrn Flocken heute gesagt wurde.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜ- NEN, der LINKEN und der FDP – Glocke)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Ich bedanke mich, dass Sie in Zukunft den Sprachgebrauch hier berücksichtigen, Herr Heißner.

Das mache ich.

Harter Cut, aber die Senatorin hat etwas gesagt, darauf muss ich jetzt auch eingehen können.

(Hansjörg Schmidt SPD: Nee, musst du nicht!)

Die Sozialsenatorin ist natürlich immer hervorragend darin, den Eindruck zu erwecken, dass sie hier nur sehr sachlich argumentieren würde, aber wenn man dann einmal genauer hinschaut und das hinterfragt, merkt man immer ziemlich schnell, dass es nämlich anders ist. Vielleicht ist sie deswegen auch SPD-Parteivorsitzende geworden, aber das steht auf einem anderen Papier.

(Beifall bei Birgit Stöver und Dennis Thering, beide CDU – Ksenija Bekeris SPD: Das ist billig!)

Es kann doch nicht Ihr Ernst sein, dass Sie die nachhaltige Problematik von zu wenigen Kita-Plätzen in Harburg auf zwei Bebauungspläne zurückführen, die Ihre Fraktion, noch dazu aus Harburg, wo Sie selbst herkommen, mit beschlossen hat. Sie haben jetzt über irgendeine interessante Personalie dort die Koalition aufgekündigt. Da wollen Sie sich dann nicht haben durchsetzen können; also so einfach können Sie es sich nicht machen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Vielleicht sollten Sie sich einmal die Frage stellen, dass Hamburg das einzige Bundesland ist, in dem die Mittel, die der Bund für den Kita-Ausbau zur Verfügung stellt, nicht den Kita-Trägern, wenn sie eine neue Kita bauen, zugutekommen, sondern verrechnet werden mit dem Betrag, den die Träger von der Hansestadt Hamburg bekommen. Vielleicht sollten Sie einmal da anfangen, dass Sie diese Sonderstellung im Bund einnehmen und es vielleicht deswegen zu wenige Kitas in Harburg gibt, statt solche interessanten Begründungen aufzuführen.

(Martina Friederichs SPD: Reden Sie doch nicht immer den gleichen Mist! Das ist doch nicht wahr!)

Ich glaube Ihnen doch, dass es viele SPD-regierte Städte gibt, in denen die Dinge noch schlimmer sind als in Hamburg.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Aber das heißt doch nicht, dass Sie in dem Punkt, bei dem Sie sagen, das sei Ihr herausragender politischer Schwerpunkt, höchstens Mittelmaß erreichen, meistens sogar unterdurchschnittlich sind. Nein, Sie kommen nicht darum herum.

Zum anderen Punkt, für den Sie sich so loben, die Betreuung: Ja, hinsichtlich der Betreuungsquote bei den Null- bis Zweijährigen sind Sie auf Platz 6.

(Frank Schmitt)

Ich meine, das ist für Sie Ihr Spitzenergebnis. Das muss man sich einmal vorstellen. Da kann man sich auch einmal fragen, was da der Anspruch ist. Aber vielleicht sollten Sie sich einmal fragen, ob bei den Null- und Einjährigen – ich finde richtig, dass es Angebote gibt – wirklich Quantität der entscheidende Maßstab für Erfolgsmessung sein sollte. Das sollten Sie sich wirklich einmal fragen.