Protocol of the Session on September 26, 2018

Dem Antrag der LINKEN enthalten wir uns. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das sehe ich nicht, dann kommen wir zur Abstimmung.

Ich frage Sie, wer den Antrag an den Sozialausschuss überweisen möchte. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist das einstimmig überwiesen.

Wir kommen zu Punkt 52 unserer Tagesordnung, Drucksache 21/14332, Antrag der Fraktion DIE LINKE: Studentisches Wohnen ausbauen – Zusätzliche Wohnungen beim Studierendenwerk Hamburg schaffen – Studierendenwerk auskömmlich finanzieren.

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Studentisches Wohnen ausbauen – Zusätzliche Wohnungen beim Studierendenwerk Hamburg schaffen – Studierendenwerk auskömmlich finanzieren – Drs 21/14332 –]

Die Fraktion DIE LINKE möchte den Antrag an den Ausschuss für Wissenschaft und Gleichstellung überweisen. Die Debatte zu diesem Antrag entfällt.

Ich frage also, wer dem Überweisungsbegehren seine Zustimmung geben möchte. – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann haben wir auch diesen Antrag so überwiesen.

Punkt 30, Drucksache 21/14258, Bericht des Sportausschusses: Sechster Hamburger Sportbericht.

[Bericht des Sportausschusses über die Selbstbefassungsangelegenheit: Sechster Hamburger Sportbericht – Drs 21/14258 –]

Auch diese Debatte entfällt und ich stelle fest, dass wir Kenntnis genommen haben.

Punkt 35, Drucksache 21/14145, Antrag der AfDFraktion: Politikberatung – Für Kompetenz und Unabhängigkeit sorgen.

[Antrag der AfD-Fraktion: Politikberatung – Für Kompetenz und Unabhängigkeit sorgen – Drs 21/14145 –]

(Christel Nicolaysen)

Diese Debatte wird geführt. Wird das Wort gewünscht? – Herr Professor Kruse bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Das Parlament soll die Regierung kontrollieren, also die Hamburgische Bürgerschaft den Senat. Allerdings sind die fachlichen Voraussetzungen extrem unterschiedlich. Der Senat gebietet über spezialisierte und hochkompetente Beamte, und wenn einmal Know-how fehlen sollte, sind in der Regel genügend Budgetmittel vorhanden, um das durch externe Berater auszugleichen. Das ist auch gut so.

Die Abgeordneten der Bürgerschaft sind notwendigerweise breit aufgestellt und müssen zu fast allen Gebieten argumentationsfähig sein, wenn sie in ihrer Partei Karriere machen wollen. Für eine echte fachliche Vertiefung analog zu derjenigen anderer Berufe, um mit den Profis aus den Behörden mithalten zu können, fehlen sowohl die Zeit als auch die Anreize. Das gilt für die Oppositionsfraktionen in noch deutlich höherem Maße, weil sie zahlenmäßig kleiner sind, keine Anleihen bei Behörden machen können und keine ausreichenden Mittel für externe Berater haben. Natürlich hat jede Fraktion einen Fachsprecher für alle Gebiete, was eine relative Spezialisierung impliziert. Das sagt aber noch nichts über das fachliche Niveau aus, schon gar nicht im Vergleich zu den Experten des Senats.

Ich habe an dieser Stelle schon oft Reden über Themen gehalten, von denen ich eigentlich gar nichts verstehe,

(Michael Kruse FDP: Das ist uns aufgefal- len! – Heiterkeit)

und ich vermute, ich bin da bei Weitem nicht der Einzige. Ein Glücksfall ist es, wenn jemand im Zivilberuf das Gleiche macht, womit er auch in der Bürgerschaft befasst ist.

(Dr. Monika Schaal SPD: Oh Gott!)

Dafür gibt es aber keine systematische Funktionalität für die verschiedenen Themen. Dass Abgeordnete im Regelfall, also von einzelnen Ausnahmen abgesehen, keine Experten sind, ist kein bedauerlicher Mangel, sondern ein bewusstes Konstruktionsmerkmal einer parlamentarischen Demokratie.

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Finden Sie keine Referenten?)

Ein Parlament soll nämlich im Wesentlichen in normativer Hinsicht die Gesamtheit der Bevölkerung abbilden. Der entscheidende Punkt und nahezu die einzige Möglichkeit, das Problem systematisch zu lösen, ist eine gute Beratung des Parlaments, der einzelnen Fraktionen und der einzelnen Abgeordneten. Welche Experten soll man wählen? Für die Auswahl von Politikberatern sind zwei Kriterien von besonderer Relevanz.

Erstens: Sie sollen ausgewiesene Experten auf dem betreffenden Gebiet sein, und sie sollen in der Lage sein, ihre Expertise gegenüber Nichtfachleuten adäquat, transparent und entscheidungsorientiert zu präsentieren.

Zweitens, sehr wichtig: Sie sollen inhaltlich unabhängig sein. Das heißt, sie sollen von dem Inhalt der Argumente und des Ergebnisses nicht positiv oder negativ betroffen sein; ihr primäres Ziel soll es sein, eine erstklassige Analyse abzuliefern. Beides macht in der heutigen Praxis Probleme.

Erstens: Die Abgeordneten haben in der Regel, von besonderen Fällen abgesehen, keinen hinreichenden fachlichen Zugang zu den Experten der jeweiligen Fächer im großen Umfang – am ehesten vielleicht noch zu Juristen, weil eben ziemlich viele Abgeordnete Juristen sind und sie kennen andere Juristen und können auch beurteilen, wie gut die sind.

Der zweite Punkt ist: Unabhängigkeit ist in der Politik ein besonderes Problem, weil Interessenvertreter, also Lobbyisten, fast immer zugegen sind und einen guten Zugang zu Abgeordneten haben, häufig als Parteifreund. Sie sind aber nicht gemeinwohlorientiert, sondern vertreten Partialinteressen. Das ist für Beratung nicht positiv. Man sollte eine Expertenanhörung niemals mit einem Stakeholder Meeting vergleichen. Das kann man auch machen, ist aber etwas anderes.

Wie findet man einen Berater, der beide Kriterien erfüllt? Antwort: durch Fachverbände, sofern diese nicht gleichzeitig Interessenvertreter sind. Darauf muss man achten. Die Eignung nach den beiden Kriterien gilt fast immer für wissenschaftliche Organisationen, aber auch für etliche andere Fachorganisationen, und das sollte man nutzen. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort bekommt Herr Buschhüter für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Professor Kruse! Zu wichtigen Themen führen die Ausschüsse der Bürgerschaft Expertinnen- und Expertenanhörungen durch und lassen sich beraten. Wir haben jetzt einen sehr verschwurbelten Antrag vorliegen und die Rede war nicht viel besser, aber in Wirklichkeit ist es doch so, und nur darum geht es nach meinem Verständnis: Wenn die Ausschüsse Expertenanhörungen durchführen, dann gibt es eine Fraktion, die sich fast nie beteiligt oder einen Experten benennen kann, und das ist die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)

(Präsidentin Carola Veit)

Wir haben einmal nachgeguckt, und ich will Ihnen ein paar Beispiele nennen. Kulturausschuss: Expertenanhörung zur freien Szene – kein Experte von der AfD. Expertenanhörung zum Ohlsdorfer Friedhof: Da hatten Sie einen, da haben Sie einen Friedhofsgärtner geschickt.

(Michael Kruse FDP: Nicht schlecht!)

Dann hatten wir im Umweltausschuss eine Expertenanhörung zum Stromnetz – kein Experte der AfD.

(Dennis Thering CDU: Fluglärm!)

Luftreinhaltung – kein AfD-Experte. Sauberkeit im öffentlichen Raum – kein AfD-Experte. Fluglärm – kein AfD-Experte.

(Zuruf)

Datenschutz, Datenschutzgrundverordnung – kein Experte der AfD-Fraktion. Hochschulrecht, Numerus-clausus-Urteil – kein Experte.

(Dr. Jörn Kruse AfD: Was hat das mit dem Antrag zu tun?)

Resozialisierungsgesetz – auch kein Experte. G20-Anhörung – auch nicht. Und, und, und.

In der Enquetekommission Kinderschutz konnten Sie auch niemanden benennen, und noch nicht einmal – wenigstens da könnte man das ja erwarten – zur Kennzeichnungspflicht, zur Expertenanhörung im Innenausschuss, waren Sie in der Lage, einen Experten zu benennen.

(Dirk Nockemann AfD: Da sind wir die bes- ten Experten!)

Sehr große Experten sogar.

(Dirk Nockemann AfD: Nach dieser Ver- leumdung will keiner!)

Dass Sie keine Experten finden können, das liegt doch nicht daran, dass es keine gibt, sondern es liegt daran, dass keine und keiner oder kaum einer und kaum eine seinen und ihren guten Namen für die Sache der AfD hergeben will. Das ist das Problem.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der FDP)

Das ist das Problem, und das ist Ihr Problem, Herr Nockemann, und Sie können nicht erwarten, dass wir Ihnen bei diesem Problem helfen werden. Mit diesem Problem müssen Sie allein fertig werden. – Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, der LIN- KEN und der FDP)