Protocol of the Session on September 5, 2018

Als LINKE stehen wir für eine Bildung und Hochschulbildung ohne Bundeswehr, denn in Deutschland sind rund 70 Prozent der Menschen gegen die Auslandseinsätze. Je stärker und je konsistenter und konsequenter wir uns auch für eine gewaltfreie Wissenschaft und Forschung einsetzen, umso besser können wir die Angriffe der Rechten auf unseren Frieden in der Gesellschaft auch zurückweisen. Genau deshalb brauchen wir eine Zivilklausel und eine Änderung in Ihrer bisherigen Wissenschaftspolitik.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich bedanke mich. In der zweiten Runde werde ich das Thema dann noch einmal vertiefen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat jetzt Herr Lein von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Große Anfrage kommt mir als jemandem, der auch in der letzten Legislatur schon in diesem Hause war, als eine Art Wiedergänger vor. Wir haben im Jahre 2014 im Rahmen der Hochschulgesetzgebung über den Antrag 20/10111 abgestimmt und uns mit Ausnahme der Links-Fraktion einer solchen Zivilklauselforderung widersetzt.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Ja, warum?)

Große Anfragen dienen der Transparenz der Politik. Sie sind gut, weil sie aufblättern, was in der Stadt ist, weil der Senat – und so hat er das, glaube ich, hier getan – ausführlich Antwort gegeben hat, die man bewerten kann. Und ich finde es auch in Ordnung, dass Hochschulen ihre eigenen Kodizes finden und die Forschung zum Zwecke des Militärs einschränken. Unterbinden kann man sie nicht. Das wissen wir alle. Wir müssen uns nichts vormachen, es gibt dort die Wissenschaftsfreiheit, die mit unseren Beschlüssen nicht unterlaufen werden kann, jedenfalls nicht konsequent.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der FDP)

Der Senat hat auf diese Forschungsfreiheit hingewiesen. Das finde ich gut.

(Vizepräsident Dr. Kurt Duwe)

Eingehen möchte ich doch noch einmal auf die Große Anfrage und ihren Vorlauftext. Da schreibt also die Links-Fraktion, dass sicherheitspolitische Seminare das Bild vom Krieg als normalem Politikfeld stärken. Das finde ich unverfroren.

(Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE)

Ich finde, dass man über die Bundeswehr und ihre Aufgaben in Hochschule und Schule selbstverständlich reden können muss, und das ohne schlechtes Gewissen.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, der CDU und der FDP)

In der Pressemitteilung der Links-Fraktion steht im letzten Absatz:

"DIE LINKE steht für Bildung und Hochschulbildung ohne Bundeswehr."

(Beifall bei der LINKEN)

Na ja. Dann soll sie doch lieber ehrlich sagen: DIE LINKE steht für die Abschaffung der Bundeswehr. Dann ist es die Wahrheit. Aber dafür gibt es keine Mehrheit.

Schließlich haben wir eine legitimierte Bundeswehr.

(Glocke)

Ihr Einsatz ist vom Bundestag getragen.

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist leider abgelaufen.

Die Bundeswehr hat das Recht und die gesellschaftliche Pflicht, sich einsatzfähig zu halten. Dazu gehört im Übrigen auch Forschung.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der FDP)

Das Wort erhält nun der Abgeordnete Ovens von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Dolzer, ich habe gerade versucht, auch wenn es schwerfiel, Ihren Worten zu folgen, Ich will versuchen, Ihnen auf den Punkt zu bringen, warum mich zwei Dinge stören, warum eigentlich auch zwei Dinge an Ihrer Debattenführung und auch an der Formulierung Ihrer Großen Anfrage überhaupt nicht gehen. Ich will dabei auch betonen, dass für mich die ganze Zeit dieses Verlangen nach totaler Kontrolle, frei nach linker Doktrin, mitschwingt. Und das finde ich wirklich schlimm, denn das ist gegen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von Heike Sud- mann DIE LINKE)

Aber die zwei Dinge, Herr Dolzer, die mich an Ihrer Rede eben gerade gestört haben, sind zum einen dieses mitschwingende tiefe Misstrauen gegen die Soldatinnen und Soldaten unserer Bundeswehr sowie die Ablehnung der Institution Bundeswehr seitens der LINKEN, wie aus Ihren Worten noch einmal deutlich geworden ist. Lieber Herr Dolzer, das geht gar nicht.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der AfD)

In Ihrer Prosa der Anfrage lesen wir dann, dass Sie kritisieren, dass Erkenntnisse zum Beispiel aus der Friedensforschung für die Bundeswehr genutzt werden. Herr Dolzer, Erkenntnisse der Friedensforschung, genau wie aus vielen anderen Bereichen, retten Leben nicht nur unserer Soldatinnen und Soldaten im Einsatz, sondern auch der Menschen, die sie im Ausland zu beschützen versuchen. Das ignorieren Sie hier.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD, der FDP und der AfD)

Genauso stört mich, Herr Dolzer, der hier wieder einmal von der LINKEN versuchte Eingriff in die Hochschulautonomie, in die Freiheit von Forschung und Lehre, die wir hier doch ganz nach vorn stellen müssen. Das wird schon deutlich, wenn Sie mit Ihrem Dual-Use-Ansatz kommen und kritisieren, dass möglicherweise Wissen aus Logistik und Medizin, Technologie und so weiter irgendwie auch für die Bundeswehr genutzt werden könne. Ja, man kann vieles, was man zum Guten verwenden kann, auch leider zum Schlechten verwenden und wir müssen demokratisch darüber diskutieren, dass so etwas nicht passiert. Sie versuchen hier aber im Grunde, Forschung von Anfang an zu verhindern. Das ist etwas, mein lieber Herr Dolzer, was auf uns wirkt, als wäre es am Ende des Tages staatsfeindlich. Daher können wir wirklich nur im höchsten Maße kritisieren, was Sie hier versuchen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort erhält nun der Abgeordnete Gögge für die GRÜNE Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Aus Sicht der GRÜNEN ist natürlich völlig klar, dass Wissenschaft und Forschung immer dem Wohl der Gesellschaft dienen sollen. Allerdings stellt sich, das ist hier sehr deutlich geworden, ganz klar die Frage, wo denn die Grenze liegen soll zu problematischen, gesellschaftlich nachteiligen Forschungsgebieten. Es gibt dafür überhaupt keine Systematik und viele Erkenntnisse können, das ist auch klar geworden, auch für an

(Gerhard Lein)

dere Zwecke eingesetzt werden. Das wurde als Dual-Use hier auch schon benannt.

Ich meine, dass die gesetzlich verordnete Zivilklausel nicht das scharfe Schwert ist, das sich DIE LINKE hier wünscht. Harte Sanktionen sind, das wurde auch schon benannt, aufgrund der glücklicherweise in unserer Verfassung verankerten Wissenschaftsfreiheit ohnehin nicht möglich. Wirklich sinnvoll erscheint mir vielmehr ein ernsthafter und vor allem dauerhafter Diskurs innerhalb der Hochschulen zu allen Fragen der Forschungsethik. Es geht um die Sensibilisierung für die Folgen des eigenen wissenschaftlichen Arbeitens und die besondere gesellschaftliche Verantwortung, die Hochschulen in unserem Land tragen. Das sollte Thema in den Gremien der Hochschulen und vielleicht in Ethikkommissionen sein. Durch eine offene und ehrliche Debatte in den Häusern selbst wird deutlich mehr erreicht als mit einer Zivilklausel, die möglicherweise dann auch leicht umgangen werden kann.

In Zeiten immer rasanterer technischer und gesellschaftlicher Entwicklung stellt sich die Frage nach wissenschaftlicher Ethik sehr deutlich. Aus dieser Diskussion wollen und werden wir die Institutionen und die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler selbst nicht entlassen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Wort erhält nun der Abgeordnete Oetzel für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zum wiederholten Male bekommen wir von der LINKEN hier das Thema Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit auf die Tagesordnung gehievt. Ich sage ganz klar für uns Freie Demokraten: Forschung und Lehre müssen frei sein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP, der CDU und bei Dr. Alexander Wolf AfD)

Die von Ihnen regelmäßig eingeforderten Verbote lassen immer wieder erkennen, dass DIE LINKE ein seltsames Verständnis von Wissenschaft hat. Denn Wissenschaft zeichnet sich doch im Kern durch Ergebnisoffenheit aus, und es kann oftmals im Prozess der Forschung gar nicht gesagt werden, welche Verwendung Forschungsprojekte am Ende finden. Gerade bei grundlegender Forschung im naturwissenschaftlichen Bereich ist das der Fall und die potenziellen Anwendungsgebiete sind ungezählt, Herr Dolzer. Möchten Sie also auch naturwissenschaftliche Grundlagenforschung verbieten oder da Eingriffe machen? Ich hoffe nicht, denn wenn sich eine solche Denke in Hamburg etabliert, wäre dies ein wissenschaftspolitisches Armutszeugnis und würde Hamburg auch wirklich zurückfallen lassen.

(Beifall bei der FDP und bei René Gögge GRÜNE und Detlef Ehlebracht AfD)

Auch bei militärischer Forschung ist es nicht so einfach, wie DIE LINKE es sich wie üblich macht. Viele zivile Technologien, die heute auch Ihren Alltag maßgeblich mitbestimmen, gehen auf militärische Forschung zurück. Herr Dolzer, stellen Sie sich doch Ihr Smartphone auch gern einmal ohne GPS und ohne das Internet vor und dann schauen wir mal, wie gut Ihre Arbeit dann funktioniert.

Aber abgesehen von diesen grundlegenden Denkfehlern würden die Scheuklappen, die Sie uns hier verordnen wollen, auch grundlegende Probleme in der Kooperation mit anderen Universitäten hervorrufen. Herr Dolzer, weltweit führende Universitäten leisten sich heute Lehrstühle für Sicherheitspolitik. Und in Hamburg wird durch angebliche Wissenschaftspolitiker gefordert, das Wissen zu verbieten, nur weil es nicht in ihr Weltbild passt. Wir machen da nicht mit

(Beifall bei Jens Meyer FDP und Dennis Gladiator CDU)

und halten an dieser Stelle noch einmal ganz klar das Plädoyer für die Forschungsfreiheit, die uns ein hohes Gut ist, übrigens nicht nur in diesem Bereich, sondern auch in anderen Feldern wie zum Beispiel der Medizin. Auch im Bereich der Gentechnik wären die Möglichkeiten ungezählt und die positiven Chancen für unsere Gesellschaft wirklich immens. Deshalb sagen wir Nein zu Ihrem Einschnitt in die Forschungsfreiheit.

(Beifall bei der FDP, der CDU und bei Ekke- hard Wysocki SPD und René Gögge GRÜ- NE)