Protocol of the Session on September 5, 2018

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Herr Wersich, Sie haben es für die CDU-Fraktion für zwei Minuten.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, niemand käme auf die Idee, Kinos und Theatern Vorstellungen am Sonntag zu untersagen oder die Museen geschlossen zu halten. Bei den Öffentlichen Bücherhallen ist das anders; sie müssen sonntags geschlossen bleiben. Wir von der CDU sind der Auffassung, es sei Zeit für eine Neubewertung. Es ist nicht mehr nachvollziehbar, dass nur wissenschaftliche Bibliotheken sonntags öffnen dürfen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das liegt daran, dass Bücherhallen längst nicht mehr reine Ausleihstationen, sondern attraktive Orte der kulturellen Begegnung, vielfältiger Veranstaltungen sind. Es ist eine kultur- und bildungsnahe Freizeitgestaltung möglich, wie wir sie uns nur wünschen können. Die Bücherhallen sind ein Ort der Begegnung und der Integration und sonntags ein Ziel für die ganze Familie. Dabei ist es wichtig, insbesondere für alle, die wenig Geld haben, dass es ein nicht kommerzielles Freizeitangebot ist. Deshalb stellen wir heute den Antrag, den Bücherhallen die Möglichkeiten zu schaffen, selbst zu entscheiden, ob sie sonntags öffnen wollen.

(Beifall bei der CDU)

Wir von der CDU sind nicht allein mit unserer Forderung. Der Deutsche Bibliotheksverband hat diese Forderung erhoben und auch die Chefin unserer Hamburger Öffentlichen Bücherhallen, Frau Hella Schwemer, hat gesagt, es wäre schön, wenn dieser Traum in Erfüllung ginge.

Nun liegt die Regelungskompetenz auch beim Bund. Deshalb unser Antrag auf eine Bundesratsinitiative, damit künftig dieser Traum der Hamburger Öffentlichen Bücherhallen wahr wird und unsere Bücherhallen als Kulturorte auch sonntags für alle da sind. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Wersich. – Frau Vértes-Schütter, Sie haben nun das Wort für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Hamburgs Öffentliche Bücherhallen haben eine unverzichtbare Funktion als Orte der Wissensvermittlung, des Zugangs zu Literatur und auch als Orte der Begegnung. Wir haben diese nach den Nutzerzahlen mit Abstand bedeutendste Kultureinrichtung daher seit 2012 konsequent gestärkt und diesen Kurs werden wir halten.

(Vizepräsidentin Christiane Schneider)

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Das beinhaltet neben qualitativer Angebotsentwicklung auch, die tatsächliche Nutzbarkeit, orientiert an den Bedürfnissen der Leserinnen und Leser, zu verbessern. Deshalb wurde die Wochenendöffnung der Zentralbücherhalle am Hühnerposten substanziell erweitert.

Mit dem vorliegenden Antrag greift die CDU eine alte Forderung des Bibliotheksverbands auf, die sich auch im Bibliothekskonzept 2021 der HÖB wiederfindet. Das ist zunächst einmal zu begrüßen. Es lässt sich in der Tat fragen, warum Bibliotheken nicht dürfen sollen, was Theater, Konzerthäuser, Museen traditionell tun, nämlich ihre Angebote auch an Sonn- und Feiertagen zugänglich machen. Allerdings – das haben die Antragsteller nicht so deutlich gemacht – ist Hamburg schon einmal mit der gleichen Zielrichtung gemeinsam mit Berlin im Bundesrat am Ende an der klaren Ablehnung quer zu den A- und B-Ländern gescheitert. Es wäre nicht klug, einfach noch einmal dasselbe zu versuchen. Wir wollen den Antrag daher im Ausschuss noch einmal näher beraten. Nach unserer Vorstellung ist es insbesondere in dem so sensiblen Bereich der Feiertagsregelungen geboten, sorgfältig zu arbeiten. Wir werden also das Gespräch mit den Beschäftigten in dieser Frage suchen und auch neuere Erhebungen zu den Ansprüchen der Nutzerinnen und Nutzer genauer anschauen müssen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank für die Punktlandung. – Das Wort erhält nun Herr Gögge für die GRÜNE Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das ist heute fast eine Werbeveranstaltung für unsere Öffentlichen Bücherhallen. Aber die haben sie sich auch absolut redlich verdient. Deshalb will ich, auch wenn es oft erwähnt wird, hier nochmals betonen, dass unsere Bücherhallen hier in der Stadt die beliebtesten aller Kultureinrichtungen sind: 5 Millionen Besucher pro Jahr, durchschnittliche Verweildauer zwei Stunden bei einer Nutzung. Das zeigt, welch gute Arbeit dort geleistet wird.

Die Öffentlichen Bücherhallen sind elementarer Bestandteil einer Stadtgesellschaft, in der öffentlich zugängliche Begegnungsräume seltener werden. Der Zugang ist niedrigschwellig und jede/jeder ist willkommen. Sie haben heute auch von Herrn Wersich schon gehört, dass die Bibliotheken unserer Stadt schon lange deutlich mehr sind als nur Ausleihstationen für Medien. Vielfältige Veranstaltungen, Lesungen, Ausstellungen, eLearningPlätze, Gruppenräume, Lern- und Informationszen

trum, das sind die entscheidenden Stichworte dazu.

Der Bibliotheksverband, das haben wir auch schon gehört, spricht sich schon lange dafür aus, auch städtischen Bibliotheken die sonntägliche Öffnung zu ermöglichen. Ganztagsschule, hohe Arbeitsbelastung unter der Woche, also gerade für Familien ist es oft schwer, Zeit für den ausführlichen Besuch in den Bücherhallen zu finden. Auf der anderen Seite ist klar, dass auch die Beschäftigten der Bücherhallen ein Recht auf ihre Sonntagsruhe haben sollen. Diese Zeit für Familie und Erholung stellt auch für uns einen hohen Wert dar. Um in diesem Konfliktfeld zwischen zwei wichtigen Zielstellungen gute Lösungen finden zu können, werden wir den vorliegenden Antrag an den Kulturausschuss überweisen und dort intensiv weiterdiskutieren. Meine Fraktion und ich hoffen, dass es gelingen kann, den Bücherhallen in unserer Stadt künftig zu ermöglichen, den Menschen auch sonntags ein Angebot zu machen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Gögge. – Das Wort erteile ich nun Herrn Hackbusch von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch wir wollen auf die großartige Arbeit hinweisen, die gegenwärtig in den Hamburger Öffentlichen Bücherhallen geleistet wird, und zwar nicht nur an ihrer zentralen Stelle, sondern vor allen Dingen auch an den verschiedenen Orten in dieser Stadt, wo sie ein wichtiger Teil der Stadtgesellschaft geworden sind und es dementsprechend sehr wichtig ist, diese Arbeit nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern eher auszuweiten. Wir führen eine interessante Diskussion gerade im Zusammenhang mit verschiedenen kleinen Stadtteil-Einzelhandelszentren, wo wir gegenwärtig große Probleme haben, eine weitere lebendige Struktur aufrechtzuerhalten. Wir können uns gut vorstellen, dass gerade dort die Bücherhallen eine wichtige Rolle spielen könnten.

Zweitens sehen wir es als eine Möglichkeit an, die Sonntagsöffnung an dieser Stelle zu diskutieren. Sie wissen, dass wir große Gegner der Sonntagsöffnung im Einzelhandel sind. Wir meinen aber, dass die Bücherhallen eher in einer Situation sind wie die Theater und Museen in dieser Stadt und die Möglichkeit haben sollten, sonntags geöffnet zu sein. Wir freuen uns, das im Ausschuss genauer diskutieren zu können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Schönen Dank, Herr Hackbusch. – Herr Meyer, Sie haben nun das Wort für die FDP-Fraktion.

(Dr. Isabella Vértes-Schütter)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir unterstützen den Antrag der CDU, die Öffnung von Bibliotheken an Sonntagen zu ermöglichen. Schließlich ist es kein Geheimnis, dass wir Freie Demokraten den aktuell gültigen Regelungen von Öffnungszeiten generell skeptisch gegenüberstehen und längst überfällige Neuregelungen und Liberalisierungen fordern.

(Beifall bei der FDP – Zuruf von Heike Sud- mann DIE LINKE)

Ja, Frau Sudmann, so ist das.

Da sind auch kleine Schritte, wie hier im Falle der Bibliotheken, äußerst sinnvoll. Wenn Sie sich im europäischen Ausland umschauen, sollten Sie aber auch langsam feststellen, dass man einmal größere Schritte ins Visier nehmen sollte.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Wir reden über Bücherhallen!)

Meine Damen und Herren von Rot-Grün, wenn es um Ihre Fahrradstadt geht, lassen Sie sich doch auch immer gern in Skandinavien inspirieren. Erweitern Sie doch Ihren Horizont auch einmal im Sinne der Öffnungszeiten. Da können Sie in Dänemark und Schweden noch viel dazulernen. Wir stimmen dem Antrag der CDU zu. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke, Herr Meyer. – Das Wort erhält nun Frau Oelschläger für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Als ich den Antrag von Herrn Wersich las, dachte ich: Das ist ja eine tolle Idee, hat mir doch eine Bekannte kürzlich erzählt, dass sie nach ihrem Renteneintritt sich wieder einen Bücherhallenausweis besorgt hat und jetzt dort viele Stunden verbringt, dort einen Kaffee trinkt, Bücher anliest, um sie dann mit nach Hause zu nehmen oder eben auch nicht. Leute, mit denen man ein wenig plaudern könne, sagt sie, gebe es da immer. Ich habe mir bei dem Antrag eine Sonntagsnachmittagsöffnung für die ganze Familie vorgestellt. Immerhin fordert auch der Deutsche Bibliotheksverband die Sonntagsöffnung für Stadtbibliotheken, Orte, die ähnlich wie Museen zum Entdecken, Lernen und zur persönlichen Freizeitgestaltung einladen, und das zu sehr erschwinglichen Preisen.

Dann habe ich mir allerdings die Öffnungszeiten der Hamburger Bücherhallen angesehen. Die Zentralbibliothek hat immerhin montags bis samstags von 10 Uhr bis 19 Uhr geöffnet. Bei anderen Öffentlichen Bücherhallen sieht das gar nicht so rosig aus. Sie alle haben montags geschlossen und die Bücherhalle in Steilshoop zum Beispiel hat nur drei

Tage in der Woche, nicht einmal durchgehend, geöffnet. Spätöffnungen gibt es gar keine, die meisten Bücherhallen schließen um 18 Uhr und einige wenige haben bis 19 Uhr geöffnet. Laut Bücherhallenbericht 2016 nehmen die bezahlten Stellen immer mehr ab, dafür aber dankenswerterweise die ehrenamtlichen Mitarbeiter immer mehr zu. Aus dem Bericht geht auch hervor, dass die Besuche pro Stunde rückläufig sind, aber die Online-Besuche glücklicherweise steigen.

Das alles macht den Antrag der CDU nicht schlechter. Aber die Situation ist für mich komplizierter als erwartet. Gibt es den Bedarf und das Personal für erweiterte Öffnungszeiten? Wie wäre es mit einer Spätöffnung? Ich denke, da gibt es im Ausschuss noch sehr viel zu beraten, und das halte ich für sehr sinnvoll. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Frau Oelschläger.

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

Wer möchte nun die Drucksache 21/14141 an den Kulturausschuss überweisen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Überweisung angenommen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 29, Antrag der Fraktionen der GRÜNEN und der SPD: ABBWohnprojekte: Selbstverwaltung aller Projekte langfristig sichern.

[Antrag der Fraktionen der GRÜNEN und der SPD: ABB-Wohnprojekte: Selbstverwaltung aller Projekte langfristig sichern – Drs 21/14135 –]

Die Fraktion DIE LINKE beantragt zu dieser Drucksache die Überweisung an den Stadtentwicklungsausschuss.

Wird das Wort gewünscht? – Herr Duge, Sie haben es für die GRÜNE Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zugegeben, ABB ist eine Abkürzung, die nicht besonders verständlich ist. Viele können sich nichts darunter vorstellen, was ABBWohnprojekte gewesen sind und auch immer noch sind. Die Abkürzung steht für Alternative Baubetreuung. Dabei sind diese Wohnprojekte durchaus von größerer Bedeutung, weil sie Impulsgeber gewesen sind für Baugemeinschaften, wie sie heute mehr und mehr an Attraktivität gewinnen. Diese Konstellation ist insbesondere für viele interessant

gewesen einmal aus der finanziellen Sicht heraus, weil gemeinschaftliche Projekte mit gegenseitiger Unterstützung in Eigenleistungen leichter zu finanzieren sind, aber vor allem auch – und das ist für diese ABB-Projekte besonders wichtig – aus konzeptionellen Gründen, weil immer mehr Menschen auch damals schon sich mit anderen selbstbestimmten Wohn- und Lebensformen zusammenfinden wollten. Das waren auch die Ansätze der ABBWohnprojekte, die in den Achtzigerjahren entstanden sind, angetrieben übrigens aus einer Bewegung der Hausinstandbesetzung, weil bezahlbarer Wohnraum knapp war und spekulative Wohnungsleerstände berechtigte Kritik provozierten.

Mit der Drucksache 12/350 wurden 1987, übrigens damals unter einer SPD/FDP-Regierung, die ABBProjekte vom Stapel gelassen. Bis zum Jahre 1999 entstanden über 50 Projekte in Altbauten, heute mehr oder minder bekannt zum Beispiel in Eppendorf die Falkenried-Terrassen, eine Mietergenossenschaft, der Drachenbau in St. Georg, ein Projekt im Erbbaurecht, oder der Schröderstift bei der Uni, wo nach wie vor zu günstigen Mieten gewohnt werden kann. All das sind Wohngebäude, die lange nicht instand gehalten wurden und zumeist schon kurz vor dem Abriss standen. Die ABBWohnprojekte haben zahlreiche historische Gebäude erhalten und damit zudem, wie zum Beispiel jetzt auch in der Jägerpassage, Teile Hamburger Geschichte und Denkmäler weiterhin erlebbar gemacht. Aber sie haben ebenso beigetragen zu einer Stärkung der nachbarschaftlichen Bindung, indem sie immer eingewirkt haben.

Ursprünglich waren die ABB-Projekte darauf ausgerichtet, die Erhaltung und Schaffung preiswerten Wohnraumes herzustellen, die Unterstützung von neuen und selbstbestimmten Lebensformen und die Erschließung des beschäftigungsintensiven Stadterneuerungsbereichs für Problemgruppen des Arbeitsmarktes zu ermöglichen. Betreut wurden diese Bauprojekte von erfahrenen Baubetreuern, zum Beispiel von der 1986 gegründeten Lawaetz-Stiftung oder der Stadtentwicklungsgesellschaft STATTBAU Hamburg, die im Übrigen jetzt zum 13. Mal am 14. und 15. September 2018 die Hamburger Wohnprojekte-Tage durchführt, eine Informations-, Diskussions- und Austauschbörse für alle Wohnprojektinteressierten.