Protocol of the Session on May 30, 2018

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich glaube und ich hoffe sehr – das sage ich sozusagen mit der Arroganz des Alters –, dass Sie auch politisch echt noch klüger werden, und zwar mithilfe der Kolleginnen und Kollegen, die ich jetzt lieber nicht namentlich nenne, denn das könnte Ihnen peinlich sein, aber die aus Ihrer Partei sind.

(Philipp Heißner)

(Michael Kruse FDP: Wir kennen auch nette GRÜNE!)

Dann möchte ich gern wissen, wie Sie eigentlich darauf kommen, dass man bestimmten sozialen Gruppen, bestimmten sozialen Milieus pauschal Eigenschaften zusprechen oder absprechen kann. Was maßen Sie sich an, wenn Sie sagen, weil jemand nicht über so viel Geld verfüge, wie es vielleicht der Durchschnitt der Republik hat, nicht den Bildungsstandard hat, den Sie gern hätten oder den Sie haben, könne er weniger und nicht so gut zur Integration beitragen wie andere Leute? Das möchte ich gern einmal wissen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Dennis Thering CDU: Das wird immer schlimmer bei Rot-Grün, fürchte ich!)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer möchte nun die Drucksache 21/12634 federführend an den Stadtentwicklungsausschuss sowie mitberatend an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist diesem Überweisungsbegehren nicht gefolgt.

Dann stelle ich abschließend fest, dass die Bürgerschaft von der Großen Anfrage aus Drucksache 21/12634 Kenntnis genommen hat.

Dann kommen wir zum Punkt 26 unserer Tagesordnung, Drucksache 21/13036, Bericht des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Integration: Wir in Hamburg! Teilhabe, Interkulturelle Öffnung und Zusammenhalt – Hamburger Integrationskonzept 2017 – zugleich Stellungnahme des Senats zu den Ersuchen der Bürgerschaft "Aufstockung der Wohnungsbauförderung: Wohnunterkünfte zu neuen Quartieren in guter Nachbarschaft entwickeln" sowie "Konsens mit der Volksinitiative 'Hamburg für gute Integration'".

[Bericht des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Integration über die Drucksache 21/10281: Wir in Hamburg! Teilhabe, Interkulturelle Öffnung und Zusammenhalt – Hamburger Integrationskonzept 2017 – zugleich Stellungnahme des Senats zu den Ersuchen der Bürgerschaft vom 27. April 2016 "Aufstockung der Wohnungsbauförderung: Wohnunterkünfte zu neuen Quartieren in guter Nachbarschaft entwickeln – 25 Punkte für eine gelingende Integration vor Ort" (Drucksache 21/2550) – Ziffer 11 sowie vom 13. Juli 2016 "Konsens mit der Volksinitiative 'Hamburg für gute Integration'" (Drucksache 21/5231) – Ziffer B.a) (Senatsmit- teilung)

Drs 21/13036 –]

Die Fraktionen sind übereingekommen, hier keine Debatte zu führen, und deshalb kommen wir gleich zur Abstimmung.

(Dennis Thering CDU: Nur zur Kenntnisnah- me!)

Ja, genau. Herr Thering ist mal wieder als Verkehrsexperte ein bisschen schnell.

Natürlich nehmen wir das jetzt zur Kenntnis.

Dann kommen wir zum Tagesordnungspunkt 42, Drucksache 21/13059, Bericht des Gesundheitsausschusses: Entwurf eines Hamburgischen Gesetzes zur Ausführung des Transplantationsgesetzes.

[Bericht des Gesundheitsausschusses über die Drucksache 21/11902: Entwurf eines Hamburgischen Gesetzes zur Ausführung des Transplantationsgesetzes (Se- natsantrag) – Drs 21/13059 –]

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Frau KerpEsche von der SPD-Fraktion, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich komme jetzt wieder zurück zu etwas leiseren Tönen. Jedes Jahr sterben Tausende Menschen, weil sie vergeblich auf lebensrettende Spenderorgane gewartet haben. Wir alle sind deshalb gefordert, die Ursachen zu durchleuchten und bestmögliche Abhilfe zu leisten. Wir alle, das sind die potenziellen Spender, die Krankenhäuser und wir Politiker. Nach der Skandalserie bei der Vergabe von Spenderorganen, die zum Vertrauensverlust in der Bevölkerung führte, wurde 2012 das Transplantationsgesetz geändert. Seitdem muss jedes Krankenhaus, das berechtigt ist, Organe zu entnehmen, Transplantationsbeauftragte benennen und sie für ihre Aufgaben freistellen. An diesen Kosten beteiligen sich die Krankenkassen bundesweit mit jährlich rund 18 Millionen Euro. Trotz dieser Maßnahmen und der Aufklärungs- und Motivationskampagnen des Hamburger Senats konnte die Anzahl der Spenden nicht relevant gesteigert werden. In Hamburg sterben jährlich rund 1 500 potenzielle Organspender, Entnahmen erfolgen aber nur im zweistelligen Bereich. Wenngleich wir auch im Bundesdurchschnitt gut dastehen, müssen wir unsere Anstrengungen verstärken. Der Bund hatte seinerzeit entschieden, den Ländern die Details zur Ausführung des Transplantationsgesetzes zu überlassen. Diese liegen uns nun vor. Die neuen Regelungen werden die Ursachen der niedrigen Quote an Organspenden

(Antje Möller)

transparent machen und uns helfen, Lösungen zu finden.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Der Gesetzentwurf sieht vor, die Anzahl der Transplantationsberater pro Krankenhaus und in Relation zur Bettenzahl festzulegen und die Freistellung für ihre Arbeit verbindlich zu regeln. Sie sollen ausreichend Zeit bekommen, potenzielle Spender zu erkennen, ausführliche Gespräche mit den Angehörigen zu führen und die Kollegen für dieses Thema zu sensibilisieren. Ihre Aufgaben und Rechte werden ausgeweitet; deshalb werden sie eine umfangreiche intensivmedizinische Erfahrung nachweisen müssen. Insgesamt werden das hohe Qualifikationsniveau und der erweiterte Handlungsrahmen die Funktion der Beauftragten stärken. So soll eine Trendwende in den Krankenhäusern gelingen.

Wir dürfen dabei nicht übersehen, dass es im Selbstverständnis von Ärzten liegt, Menschen zu heilen und ihre Leiden zu lindern. Sich im Vorwege mit dem Tod, der gleichbedeutend für uns Ärzte eine Niederlage ist, zu beschäftigen, wird ein Umdenken nötig machen. Die geforderte Informationsund Auskunftspflicht wird dabei helfen, das Thema nicht zu verdrängen. Die Transplantationsberater werden der BGV jährlich einen Bericht liefern, der auch veröffentlicht wird. Diesem Bericht werden wir unter anderem entnehmen können, welche Gründe dazu führten, dass potenzielle Spender nicht berücksichtigt wurden. Die Behörde wird die Möglichkeit erhalten, an Transplantationskonferenzen teilzunehmen. In diesen Konferenzen werden wichtige Entscheidungen getroffen, zum Beispiel, ob ein Patient auf die Warteliste für ein Spenderorgan kommt. Diese Maßnahmen werden mehr Transparenz schaffen und das notwendige Vertrauen der Bevölkerung in den Gesamtprozess der Organspende und Transplantation stärken.

Ich möchte zum Schluss die Gelegenheit nutzen und Sie und alle Hamburgerinnen und Hamburger bitten, einen Organspendeausweis in Ihrem Portemonnaie zu tragen. Auf dieser kleinen Karte können Sie ankreuzen, ob Sie für oder gegen eine Spende sind oder es Ihren Angehörigen überlassen wollen. Und wenn Sie Ihre Meinung ändern, ersetzen Sie die Karte durch eine neue. Ich wünsche allen, dass es die Karte ist, die nie zur Anwendung kommt, denn wir möchten alle altersschwach im eigenen Bett friedlich einschlafen. Sollte es anders kommen, ersparen wir unseren Angehörigen und den Ärzten schwierige Entscheidungen. – Ich danke fürs Zuhören und bitte um Zustimmung.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Michael Kruse FDP)

Das Wort hat nun die Abgeordnete Stöver für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Transparenz schafft Vertrauen. Nirgends wird dieses so deutlich wie beim Thema Organspende und nirgends wird dieses Vertrauen so schmerzlich vermisst wie an dieser Stelle. Deshalb ist es richtig, dass der Senat heute den Entwurf eines Hamburgischen Gesetzes zur Ausführung des Transplantationsgesetzes vorlegt. Frau KerpEsche hat schon sehr viel zum Thema gesagt. Bereits 2012 hatte sich der Deutsche Bundestag auf eine Neuregelung der Organspende geeinigt. Durch die Novellierung des Transplantationsgesetzes wurde die Entscheidungslösung eingeführt – Frau Kerp-Esche hat es wunderbar ausgeführt – und jeder soll sich frei entscheiden können, ob nach seinem Ableben seine Organe gespendet werden können oder nicht.

Jetzt will der Senat mit den landesrechtlichen Regelungen der Organspende in Hamburg mehr Sicherheit und Transparenz verleihen, damit die Hamburger wieder mehr Vertrauen in dieses Prozedere fassen. Das Ziel ist richtig, der Gesetzgeber hat sein Handwerk getan und die CDU-Bürgerschaftsfraktion wird dem Entwurf des Transplantationsgesetzes zustimmen.

Werden die Menschen in Hamburg nun wieder mehr Vertrauen in die Krankenhäuser oder in Transplantationen fassen? Wird es mehr Bereitschaft zur Organspende geben? Das wird man sehen, aber die Chance ist da. Doch Transparenz wird vorausgesetzt und hier hat Hamburg nicht immer sehr gute Erfahrungen gemacht. Nicht vergessen sind die Unregelmäßigkeiten in der Organspende am UKE, die erst viele Jahre später ans Licht der Öffentlichkeit gelangt sind, und ebenso der sogenannte Strahlenskandal an der Asklepios Klinik St. Georg, der Hamburg 2015 erschütterte.

Die Berichtspflicht der Krankenhäuser, in denen Organe entnommen werden sollen, gegenüber der zuständigen Behörde, die Bestellung eines Transplantationsbeauftragten und die Optimierung der Abläufe in den Krankenhäusern, all das sind logische und richtige Maßnahmen. Ich erwarte bei diesem sensiblen Thema aber mehr Fingerspitzengefühl als in der Vergangenheit und mehr Verantwortungsbewusstsein seitens des Senats.

Nach wie vor herrscht beim Thema Organspende Unsicherheit. Viele glauben zum Beispiel, dass sie mit 60 oder 70 zu alt seien, Organspender sein zu können. Dabei können ihre Organe oder Gewebe im Falle eines Ablebens durchaus einem anderen Menschen sehr helfen.

Ich bin allerdings auch davon überzeugt, dass wir unseren Ärzten und unseren Institutionen wie der Deutschen Stiftung Organtransplantation, DSO,

(Dr. Annegret Kerp-Esche)

grundsätzlich vertrauen können. Erst wenn festgestellt wird, dass Schäden irreversibel sind und der Mensch nicht mehr ins Leben zurückgeholt werden kann, wird in sehr wenigen Fällen die Frage nach einer möglichen Organspende überhaupt erst gestellt.

An dieser Stelle möchte ich noch einmal aus dem Ausschuss eine Sache anmerken. Ich möchte davor warnen, dass gegen den ausdrücklichen Willen der Hinterbliebenen bei jemandem, der seine Bereitschaft zur Organspende gegeben hat, dieses dann auch wirklich zu respektieren ist. Im Fachausschuss wurde über diese Möglichkeit gesprochen. So ein Vorgehen würde zu schlimmen Erlebnissen der Hinterbliebenen führen, die abschreckend wirken. Die Konsequenz eines solchen Vorgehens wäre dann kontraproduktiv und eher eine weiter sinkende Bereitschaft von Organspende.

Aber ich kann mich dem Aufruf von Frau KerpEsche auch nur anschließen: Jeder sollte einen Organspendeausweis haben. Ziel allen politischen Handelns muss es sein, dass die Menschen grundlegend über alle Aspekte der Organspende informiert sind, um dann individuell ihre Entscheidung treffen zu können ohne moralischen Druck und ebenso im Vertrauen darauf, dass beim Vorgang der Organspende alles mit rechten Dingen zugeht.

Ich schließe mit dem, womit ich begonnen habe: Transparenz schafft Vertrauen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Michael Kruse FDP)

Das Wort hat nun die Abgeordnete Blömeke von der GRÜNEN Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Organspenderinnen und Organspender spenden nicht nur Organe, sie spenden auch Leben. Die allermeisten Menschen stehen der Organspende positiv gegenüber und dennoch haben wir in Hamburg und Deutschland viel zu wenig realisierte Organspenden. Das ist vor allen Dingen für die eine Katastrophe, die auf der Warteliste von Eurotransplant stehen. Diese Situation müssen wir auf jeden Fall gemeinsam beenden und deswegen eint Senat und Bürgerschaft ein Ziel, nämlich die Zahl der Organspenden in Hamburg zu steigern und gleichzeitig – da muss ich Frau Stöver recht geben – Sicherheit und Transparenz im gesamten Transplantationsgeschehen zu verbessern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Senat hat hierfür jetzt ein Ausführungsgesetz zum bundesweit geltenden Transplantationsgesetz vorgelegt und weitreichende Regelungen getroffen. Sie sind eben schon erwähnt worden, darum fasse ich sie nur kurz zusammen. Wir haben nun

22 Hamburger Entnahmekrankenhäuser benannt. Die Häuser berichten auch zukünftig über potenzielle und realisierte Organspenden. Dabei können sie miteinander verglichen werden und diese Transparenz kann auch für einen Ansporn sorgen. Wir hörten gerade, dass diese Häuser auch verpflichtet sind, einen Transplantationsbeauftragten einzusetzen. Diese Transplantationsbeauftragten sind Ärztinnen oder Ärzte der Intensivmedizin. Sie sind sehr wichtig in den Krankenhäusern, denn sie kümmern sich um alle organisatorischen und rechtlichen Fragen rund um die Organentnahme. Die erste Aufgabe wird immer sein, den Spenderwillen der verstorbenen Person zu erkunden und qualifizierte Angehörigengespräche sicherzustellen. Das wichtigste Instrument dabei – wir haben es hier schon erwähnt – ist der Organspendeausweis. Ein zu Lebzeiten ausgefüllter Organspendeausweis, der klar den Willen dokumentiert, ob man im Todesfall spenden möchte oder nicht, ist für alle Beteiligten eine enorme Erleichterung. Er hilft im knappen Zeitablauf zu organisieren, aber insbesondere ist der Organspendeausweis auch für die Angehörigen eine Erleichterung – wir haben es eben schon gesagt –, und zwar unabhängig davon, wo das Kreuz gesetzt ist. Daher fordern wir in einem Antrag, der Ihnen heute auch vorliegt, den Senat auf, zusätzlich zu dem wichtigen Ausführungsgesetz die Verbreitung von Organspendeausweisen verstärkt voranzutreiben.

Für mich gehören Führerschein und Organspendeausweis zusammen, denn wer am motorisierten Straßenverkehr teilnimmt, dem sollte auch die Frage einer möglichen Organspende nicht fremd sein. Deshalb bitten wir in unserem Antrag auch, dass der Landesbetrieb Verkehr die Möglichkeit auslotet, wie Organspendeausweise und entsprechende Informationsmaterialien beim Kundenkontakt verbreitet werden können.

Wir haben in Hamburg noch andere Möglichkeiten, Organspendeausweise über staatliche Stellen weiterzugeben. Auch in den Kundenzentren – das wissen vielleicht einige – werden bei der Beantragung von Personalausweisen oder Reisepässen Informationsmaterial und ein Organspendeausweis ausgehändigt. Wir fordern in unserem Antrag auch die Einrichtungen des Gesundheitswesens auf, verstärkt darauf hinzuweisen, dass dort auch noch mehr als bereits jetzt Organspendeausweise ausgehändigt werden.

Alle Stellen sollen ihre Bemühungen verstärken. Denn das, was wir brauchen, ist nicht weniger als eine Trendwende in den Krankenhäusern, wo es darum geht, mögliche Organentnahmen zu realisieren, aber auch in den Köpfen aller Menschen in dieser Stadt, wenn es um den Mut zu einer Entscheidung geht. Ich kann mich den Worten meiner Vorrednerinnen anschließen: Es geht hier zunächst um die Frage einer Entscheidung und um das Befassen mit diesem nicht ganz einfachen

(Birgit Stöver)

Thema. Natürlich soll das Ganze ohne einen moralischen Druck entstehen, auch wenn ich mir persönlich wünschen würde, dass alle Ja sagen zu einer Organspende. Denn wir alle können gemeinsam etwas dafür tun, dass in Hamburg mehr Menschen mit einem Spenderorgan gerettet werden, indem wir Ja sagen zu einem Organspendeausweis.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)