Annegret Kerp-Esche
Appearances
Last Statements
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich komme jetzt wieder zurück zu etwas leiseren Tönen. Jedes Jahr sterben Tausende Menschen, weil sie vergeblich auf lebensrettende Spenderorgane gewartet haben. Wir alle sind deshalb gefordert, die Ursachen zu durchleuchten und bestmögliche Abhilfe zu leisten. Wir alle, das sind die potenziellen Spender, die Krankenhäuser und wir Politiker. Nach der Skandalserie bei der Vergabe von Spenderorganen, die zum Vertrauensverlust in der Bevölkerung führte, wurde 2012 das Transplantationsgesetz geändert. Seitdem muss jedes Krankenhaus, das berechtigt ist, Organe zu entnehmen, Transplantationsbeauftragte benennen und sie für ihre Aufgaben freistellen. An diesen Kosten beteiligen sich die Krankenkassen bundesweit mit jährlich rund 18 Millionen Euro. Trotz dieser Maßnahmen und der Aufklärungs- und Motivationskampagnen des Hamburger Senats konnte die Anzahl der Spenden nicht relevant gesteigert werden. In Hamburg sterben jährlich rund 1 500 potenzielle Organspender, Entnahmen erfolgen aber nur im zweistelligen Bereich. Wenngleich wir auch im Bundesdurchschnitt gut dastehen, müssen wir unsere Anstrengungen verstärken. Der Bund hatte seinerzeit entschieden, den Ländern die Details zur Ausführung des Transplantationsgesetzes zu überlassen. Diese liegen uns nun vor. Die neuen Regelungen werden die Ursachen der niedrigen Quote an Organspenden
transparent machen und uns helfen, Lösungen zu finden.
Der Gesetzentwurf sieht vor, die Anzahl der Transplantationsberater pro Krankenhaus und in Relation zur Bettenzahl festzulegen und die Freistellung für ihre Arbeit verbindlich zu regeln. Sie sollen ausreichend Zeit bekommen, potenzielle Spender zu erkennen, ausführliche Gespräche mit den Angehörigen zu führen und die Kollegen für dieses Thema zu sensibilisieren. Ihre Aufgaben und Rechte werden ausgeweitet; deshalb werden sie eine umfangreiche intensivmedizinische Erfahrung nachweisen müssen. Insgesamt werden das hohe Qualifikationsniveau und der erweiterte Handlungsrahmen die Funktion der Beauftragten stärken. So soll eine Trendwende in den Krankenhäusern gelingen.
Wir dürfen dabei nicht übersehen, dass es im Selbstverständnis von Ärzten liegt, Menschen zu heilen und ihre Leiden zu lindern. Sich im Vorwege mit dem Tod, der gleichbedeutend für uns Ärzte eine Niederlage ist, zu beschäftigen, wird ein Umdenken nötig machen. Die geforderte Informationsund Auskunftspflicht wird dabei helfen, das Thema nicht zu verdrängen. Die Transplantationsberater werden der BGV jährlich einen Bericht liefern, der auch veröffentlicht wird. Diesem Bericht werden wir unter anderem entnehmen können, welche Gründe dazu führten, dass potenzielle Spender nicht berücksichtigt wurden. Die Behörde wird die Möglichkeit erhalten, an Transplantationskonferenzen teilzunehmen. In diesen Konferenzen werden wichtige Entscheidungen getroffen, zum Beispiel, ob ein Patient auf die Warteliste für ein Spenderorgan kommt. Diese Maßnahmen werden mehr Transparenz schaffen und das notwendige Vertrauen der Bevölkerung in den Gesamtprozess der Organspende und Transplantation stärken.
Ich möchte zum Schluss die Gelegenheit nutzen und Sie und alle Hamburgerinnen und Hamburger bitten, einen Organspendeausweis in Ihrem Portemonnaie zu tragen. Auf dieser kleinen Karte können Sie ankreuzen, ob Sie für oder gegen eine Spende sind oder es Ihren Angehörigen überlassen wollen. Und wenn Sie Ihre Meinung ändern, ersetzen Sie die Karte durch eine neue. Ich wünsche allen, dass es die Karte ist, die nie zur Anwendung kommt, denn wir möchten alle altersschwach im eigenen Bett friedlich einschlafen. Sollte es anders kommen, ersparen wir unseren Angehörigen und den Ärzten schwierige Entscheidungen. – Ich danke fürs Zuhören und bitte um Zustimmung.