Protocol of the Session on May 16, 2018

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich denke, das ist eine Maßnahme, die etwas hilft, um mit einem unbestritten knappen Angebot umzugehen. Leider haben wir noch kein vollständiges Bild über die Hebammenarbeit. Das muss sich ändern. Deshalb werden wir diese Befragung ausbauen und fortsetzen. Aber nur über gemeinsame Kraftanstrengungen aller Akteure wird es uns gelingen, eine verlässliche und regional ausgewogene Versorgung mit Hebammenleistungen zu gewährleisten. Das kürzlich verabschiedete Präventionsgesetz sieht eine Hebammenbetreuung bis zu zwölf Wochen nach der Geburt vor. Das ist in der Sache gut und wichtig, aber eine weitere Herausforderung. Wir werden diesen Herausforderungen nur dann gerecht, wenn die Situation der Hebammen auch durch Maßnahmen auf Bundesebene spürbar verbessert wird. Die Anpassung der Hebammenvergütungsvereinbarung mit einer Steigerung von zuletzt 17 Prozent war nur ein erster wichtiger Schritt. Wir brauchen darüber hinaus dringend eine dauerhafte und verlässliche Entlastung der Hebammen bei der Finanzierung der gestiegenen Prämien für die Haftpflichtversicherung und es muss unser Ziel sein, die hohe Qualität der Hebammenleistung langfristig zu sichern. Dazu gehört, die Attraktivität des Berufs zu steigern und auch weiterhin den Berufsnachwuchs zu sichern.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Meine Vorrednerin hat es schon kurz angesprochen: Mit dem Universitätsklinikum UKE und der Hochschule für Angewandte Wissenschaften verfügen wir in Hamburg über hervorragende Kooperationspartner, wenn es gilt, Wissenschaftlichkeit und Praxisbezug miteinander zu verzahnen und umzusetzen. Und um an dieser Stelle gleich einer möglichen Befürchtung entgegenzutreten: Die große Mehrheit der Hebammen in Ausbildung verfügt bereits heute über eine Hochschulreife.

Es stünde Hamburg als führendem Gesundheitsstandort gut zu Gesicht, wenn wir frühzeitig die Grundlagen für die Akademisierung der Hebammenausbildung schaffen und auch hier vorange

hen. Die Akademisierung ist weit mehr als eine notwendige Anpassung an die EU-Vorschriften. Sie ist vor allem eine Chance, das derzeitige Angebot von Hebammenleistungen langfristig zu sichern und auszubauen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank. – Frau Stöver, Sie erhalten nun das Wort für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Regierungsfraktionen setzen sich für die Akademisierung des Hebammenberufs ein. Das ist zunächst einmal lobenswert und passt natürlich hervorragend in den jüngst verstrichenen Hebammentag.

(Vizepräsidentin Antje Möller übernimmt den Vorsitz.)

Doch machen wir uns nichts vor. Auch das ist schon genannt worden: Der sachliche Hintergrund und auch der Grund, warum sich die Fraktionen hiermit befasst haben, sind die Vorgaben aus einer EU-Richtlinie, bei der es um die Anerkennung von Berufsqualifikation zum Januar 2020 geht. Darin ist auch die Hebammenausbildung enthalten.

Das Thema steht also bundesweit bereits auf der politischen Agenda. Warum Hamburg damit ausgerechnet heute kommt, erschließt sich mir nicht ganz. Auf Bundesebene werden im Moment offene Fragen oder noch Hemmnisse erörtert. Hamburg, so habe ich gerade erfahren, will wieder einmal Vorreiter sein, und doch ist dieses auch ein Wunsch, der in die Autonomie der Hochschulen eingreift. Ist das bei Ihnen auch schon besprochen worden? Denn dieses ist natürlich etwas, was in die Autonomie der Hochschulen eingreift. Aber positiv angesprochen, Hamburg will vorbereitet sein und das ist richtig, das unterstützen wir auch.

(Sylvia Wowretzko SPD: Das ist schön!)

Wer allerdings jetzt glaubt, mit der Akademisierung hätte sich die Lösung für die schwierige Lage des Hebammenberufs gefunden, der täuscht sich gewaltig. Aber das habe ich auch schon gehört, das ist nicht der Fall. Wir dürfen nicht vergessen, dass Hebammen seit sehr langer Zeit fähige, vertrauensvolle und zuverlässige Begleiterinnen von Frauen bei der Geburt sowie für die Zeit vor und danach sind. Dass der Hebammenberuf jetzt zusätzlich akademisiert werden soll, ist tatsächlich dem Bildungssystem geschuldet. Aber egal, solange die Ausbildung in Theorie und Praxis weiter ausgezeichnet bleibt und ist, werden wir auch weiterhin Hebammen als kompetente Begleiterinnen für Mütter haben.

Ist das denn wirklich so? Die Praxis sagt tatsächlich etwas anderes. Denn das Problem liegt weni

(Sylvia Wowretzko)

ger an der Ausbildung als an den Bedingungen, unter denen Hebammen heute arbeiten. Teilweise hängen Hebammen ihren Beruf an den Nagel, weil sie unter diesen Bedingungen leiden. Es gibt zu wenige Hebammen für eine individuelle Betreuung; diese brauchen wir aber. Es gibt einfach einen Mangel an Hebammen in der Vor- und Nachsorge. Der Hebammenberuf wird zunehmend unattraktiver. Jetzt habe ich gehört, durch die Akademisierung solle er attraktiver werden; da bin ich gespannt. Ich glaube das auch noch nicht ganz und das liegt – Frau Wowretzko hat es ja auch schon gesagt – an immer noch hohen Beträgen zur Haftpflichtversicherung. Das ist halt etwas, was die Hebammen auch zweifeln lässt: Habe ich eigentlich eine Sicherheit, meinen Beruf auszuüben? Und so werden immer mehr Hebammen zur Aufgabe gezwungen oder getrieben. Die Folge ist, dass werdende Eltern mit vielen Fragen allein gelassen werden. Das Problem ist in der Bundespolitik schon lange bekannt und wir wissen alle, dass das Problem noch nicht zufriedenstellend gelöst ist. Im Gesundheitswesen brauchen wir noch mehr Unterstützung für die Hebammen; das ist erforderlich, das sehe ich auch so. So halte ich den Antrag der Regierungsfraktionen zwar grundlegend für unterstützenswert und die CDU-Bürgerschaftsfraktion wird diesem auch zustimmen, wir müssen uns aber auch darüber im Klaren sein, dass wir den zunehmenden Mangel an Hebammen nicht lösen.

Ich sehe ein bisschen mit Sorge, wie Hamburg in puncto Geburtshilfe agiert. So hatte die zuständige Gesundheitsbehörde mit den beiden Harburger Kliniken strukturelle Änderungen beschlossen, ohne die Bürgerschaft oder den zuständigen Ausschuss vorab zu informieren. Demnach schloss die Asklepios Klinik Harburg ihre Geburtsstation und die gynäkologische Abteilung; die Helios Mariahilf schloss parallel dazu ihre Notaufnahme. Ergebnis: Im Stadtteil stehen seitdem für werdende Mütter weniger Hebammen zur Seite und es gibt bis heute keine hebammengeleitete Geburt und es wird wahrscheinlich auch in Zukunft keine geben. Das ist schlecht für werdende Eltern.

(Beifall bei Ralf Niedmers CDU)

Soll das tatsächlich auch in Zukunft so sein? Ich denke nicht. Hebammen werden sich künftig auch aufgrund von Zentralisierungsbestrebungen der Hamburger Gesundheitssenatorin noch mehr zerreißen, um einen von ihnen sehr geliebten Beruf halbwegs zu meistern. Auch akademische Weichen werden diesen unhaltbaren Zustand nicht abfedern. Unter solchen Bedingungen taugt der akademische Titel nicht einmal als Placebo. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Für die Fraktion DIE LINKE bekommt nun Herr Celik das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Hamburgerinnen und Hamburger! Seit 2005 ist klar, dass die Hebammenausbildung akademisiert werden muss, und seit Ende 2013 ist klar, dass es für die Umsetzung eine letzte Gnadenfrist bis Anfang 2020 gibt. Wir begrüßen die grundsätzliche Stoßrichtung des Antrags und werden ihm auch zustimmen. Es freut uns, dass nun nach so vielen Jahren der Aufschieberitis die rotgrünen Fraktionen den Senat zum Jagen tragen und zum Endspurt auffordern. Allerdings bleibt es rätselhaft, weshalb jetzt ein Antrag zur Debatte angemeldet wird, der jegliche konkrete Ausgestaltung vermissen lässt. Aus dem Antrag geht zum Beispiel nicht hervor, ob es jetzt nur einen Bachelorstudiengang geben wird oder ob die Hebammen auch die Möglichkeit erhalten, einen Master zu machen oder später promovieren zu können. Es stellt sich auch die Frage, woher die habilitierten Hebammen kommen sollen und was passiert, wenn man die nicht kriegt. Werden dann die Professorenstellen von Gynäkologinnen oder Gynäkologen besetzt? Das kann ja auch nicht der richtige Weg sein. Zudem erfahren wir auch nicht, ob die Hebammen, die sich jetzt im Moment in schulischer Ausbildung befinden, im letzten Ausbildungsjahr auch an die Hochschule dürfen. Und überhaupt gibt der Antrag keine Auskunft darüber, ob fertige Hebammen noch einmal draufsatteln und einen akademischen Abschluss machen können.

Zudem ist die Finanzierung überhaupt nicht geklärt. Die meisten fertigen Hebammen, die sich eventuell auch weiterqualifizieren wollen, würden ja locker jede Altersgrenze beim BAföG oder bei Stipendien reißen. Das ist Diskriminierung wegen des Alters und des Geschlechts. Deshalb muss auch die Frage erörtert werden, ob Förderprogramme oder Stipendien ohne Altersgrenzen notwendig sind.

Zum Schluss möchte ich auch noch einmal die Frage stellen, was mit Lehrerinnen und Lehrern passiert, die im Moment angehende Hebammen unterrichten. Können und sollen die auch an die Hochschulen wechseln? Und wollen die das überhaupt, wenn ihnen vielleicht nur befristete Verträge und unterbezahlte Lehraufträge angeboten werden? Aufgrund der fachlichen und pädagogischen Erfahrung werden sie auf jeden Fall gebraucht. Deshalb sagen wir: Der Senat steht in der Pflicht, zu diesen Fragen Antworten und Lösungen zu präsentieren und auch eine Beratung im Fachausschuss zu ermöglichen.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die FDP bekommt nun Herr Oetzel das Wort.

(Birgit Stöver)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In den meisten europäischen Ländern ist die Hebammenausbildung mittlerweile vollständig an den Hochschulen institutionalisiert. Vor dem Hintergrund finden wir es sinnvoll, dass wir uns in Deutschland Gedanken darüber machen, wie das bei uns weitergehen soll.

(Glocke)

(unterbrechend) : Bitte, meine Damen und Herren! Es ist nicht sehr voll hier im Plenarsaal, aber trotzdem zu laut.

(Zuruf von Jörg Hamann CDU)

Mir ist es im Detail egal, Herr Hamann, wer hier am lautesten ist. Herr Oetzel hat das Wort und ich bitte um mehr Aufmerksamkeit. – Herr Oetzel, fahren Sie bitte fort.

Daniel Oetzel FDP (fortfahrend) :* Herzlichen Dank.

Wir sehen allerdings in diesem Feld wie auch in vielen anderen Feldern für den Faktor Akademisierung nicht, dass dies das Allheilmittel ist. Auf andere Probleme wie die hohen Haftpflichtversicherungsbeiträge ist hier eben schon hingewiesen worden. Trotzdem ist weiterhin unklar, ob sie nun wirklich auch, wenn sie akademisch ausgebildet sind, die besten Praktikerinnen und Praktiker sind. Das ist fraglich. Das wird dadurch nicht automatisch gelöst.

Es ist meines Erachtens auch fraglich, inwiefern die jetzt schon zu geringe Anzahl wirklich erhöht wird. Hier wurde ja gerade die These aufgestellt, dass durch diese Reform die Anzahl der Interessenten und auch die Anzahl der Hebammen perspektivisch eher voranschreiten. Wir dürfen aber nicht außer Acht lassen, dass momentan die mittlere Reife für diese anspruchsvolle Ausbildung zur Hebamme ausreicht. Auch nach dem ersten Schulabschluss kann man, wenn man zwei Jahre als Krankenpflegerin oder Krankenpfleger gearbeitet hat, hier draufsatteln und in diesen Bereich wechseln. Den Menschen, die das momentan machen und in diesem Bereich arbeiten, muss man eine Perspektive aufzeigen, wenn es auch für die Zukunft Interessenten aus diesen Bereichen gibt. Denn denen wollen wir auch die Chance ermöglichen, diesen verantwortungsvollen Beruf auch weiterhin ausüben zu können. Dafür muss man Wege finden.

(Beifall bei der FDP)

Der Antrag der Regierungsfraktionen geht außerdem davon aus, das wurde eben auch noch einmal betont, dass er die Reaktion Hamburgs auf eine neue EU-Vorgabe ist. Wenn man allerdings einmal ehrlich ist und in die EU-Vorgaben reinschaut, das möchte ich jetzt einmal tun und eine Passage zitie

ren, dann steht in den EU-Vorgaben, die wir umsetzen müssen, Folgendes:

"Es erscheint nicht wünschenswert, für alle Mitgliedsstaaten einen einheitlichen Ausbildungsgang für Hebammen vorzuschreiben. Es ist sogar angezeigt, den Mitgliedsstaaten möglichst viel Freiheit bei der Ausgestaltung der Ausbildung zu lassen. Daher sollte die Zugangs…"

(Glocke)

(unterbrechend) : Herr Oetzel, einen Moment bitte. – Meine Damen und Herren, ich versuche noch einmal dafür zu werben, dass Sie der Debatte hier folgen und ansonsten vielleicht Ihre Gespräche draußen weiterführen. Ich könnte auch Namen nennen; das lasse ich jetzt. – Herr Oetzel, fahren Sie bitte fort.

Vielen Dank.

Ich bin noch immer bei der EU-Richtlinie, die hier die Grundlage für die Reform darstellt. Ich hatte eben schon angefangen, daraus zu zitieren, und hatte gesagt, dass es da nicht wünschenswert ist, dass wir eine europaweite Vereinheitlichung haben. Außerdem wird darauf verwiesen, dass die Zulassungsvoraussetzung für die Hebammenausbildung auf eine zwölfjährige allgemeine Schulausbildung oder eine bestandene Prüfung von gleichwertigem Niveau erhöht werden soll. Ja, das sind erst einmal die Dinge, die wir umsetzen müssen. Darüber, dass sich daraus zwangsläufig eine Akademisierung ergibt, kann man gern diskutieren; dagegen will ich auch gar nichts sagen. Aber dass sich das daraus zwangsläufig ergibt – das haben Sie ja als Teil Ihrer Argumentationslinien dargestellt –, ist mitnichten der Fall.

Wir verstehen natürlich auch die Vorteile einer solchen Akademisierung: für verschiedene Bereiche eine bessere Anerkennung, bessere Möglichkeiten der Weiterbildung, auch die Kooperation oder der Austausch mit dem Ausland; das würde davon natürlich profitieren. Aber, Herr Celik hat eben auch schon ein Problem angesprochen, es gibt weitere Fragen, die hier ungeklärt sind. Zum Beispiel die Frage, wie denn die Struktur eines solchen Studiengangs überhaupt genau aussehen soll. Da haben Sie, Frau Wowretzko, eben gesagt, dass da viel Planungsarbeit zu leisten sei. Ich denke, dass sich da einige Fragen quasi geradezu aufdrängen, die wir gern im Fachausschuss beraten würden, zum Beispiel die Frage Bachelor, Master, Übergang, die Geschichten, die Herr Celik eben schon gesagt hat. Wie ein starker Praxisanteil für Sie aussieht, ist auch eine offene Frage. Und die Frage, wie man vielleicht die bisherige hochwertige Ausbildung in den zukünftigen Studiengang integrieren kann, sollte man auch noch einmal diskutieren. Das lassen Sie in Ihrem doch ziemlich allge

meinen Antrag am Ende des Tages recht unbeantwortet.

Wir beantragen vor diesem Hintergrund die Überweisung an den Fachausschuss, um diese Fragen diskutieren zu können. Wenn Sie das nicht tun, dann werden wir uns heute in der Sache enthalten müssen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Für die AfD-Fraktion bekommt nun Herr Feineis das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle können, denke ich, dankbar sein, dass wir Hebammen haben, die, obwohl sie unter enormem Stress- und Leistungsdruck stehen, diese Arbeit immer noch als Berufung sehen. Sie arbeiten heute auf Geburtsstationen unter hohem Druck, im Schichtdienst, mit hoher Verantwortung und ganz geringem Einkommen. Und wenn Hebammen selbstständig sind, müssen sie bis zu 600 Euro im Monat Haftpflichtversicherung bezahlen und darum arbeiten manche unter dem Mindestlohn. Das ist natürlich ein Skandal, das kann man nicht weiterhin mit anschauen, würde ich persönlich sagen. Darum ist es auch fast normal, dass Hebammen nach circa sieben Jahren aussteigen und sich eine andere Tätigkeit suchen.

Um diese traditionsstarke Berufung und diesen traditionsalten Beruf etwas zu stabilisieren, ist es mit Sicherheit richtig und wichtig, eine Akademisierung anzubieten. Aber ich denke auch, dass die Erhöhung und eine wesentlich bessere Verdienstmöglichkeit genauso wichtig sind. Denn, wie schon gesagt wurde, nur eine Akademisierung, sodass ich sagen kann, ich habe als Hebamme einen Bachelorabschluss, kann das natürlich auch nicht lösen und heilen. Heute ist die Hebamme viel mehr als eine Geburtshelferin. Sie ist Sozialarbeiterin, Psychologin, Ernährungsberaterin, sie muss über Babyschwimmen Bescheid wissen, sie ist, wie man im Frankenland sagt, die eierlegende Wollmilchsau. Das muss natürlich auch honoriert werden.