Protocol of the Session on February 14, 2018

Abgesehen davon herrscht nach wie vor in den Unterkünften Aufregung und Verunsicherung. Das Gefühl, dass Arbeit sich nicht mehr lohnt, breitet sich aus. Ehrenamtliche Patinnen und Paten geraten an die Grenze der Belastbarkeit, weil Härtefallanträge zum Regelfall werden. Mein Appell geht daher an die Sozialsenatorin: Bessern Sie diese Gebührenordnung nach, machen Sie sie rechtmäßig und gerecht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat jetzt Frau Blandow-Schlegel für die SPD-Fraktion.

Vielen Dank, Herr Präsident. Meine Damen und Herren! Da der Antrag richtigerweise in den Ausschuss geht, nur wenige Punkte: Hamburg, wie im Übrigen auch viele andere Bundesländer, ist haushaltstechnisch gehalten, die Gebühren in der öffentlich-rechtli

chen Unterbringung anzupassen und den tatsächlichen Kosten entsprechend geltend zu machen, um überhaupt anteilige Kostenerstattung über den Bund zurückzuerhalten. Das ist unstrittig.

Ja, ich gebe Ihnen recht, der Zeitpunkt der Bekanntgabe zwei Tage vor Weihnachten, da könnte man sagen: Da hat bei fördern und wohnen jemand nicht mitgedacht. Wir hatten in der Tat Panikanrufe und auch Panikattacken, denn zum Teil sind auch wirklich falsche Bescheide herausgegangen. Aber es ist ein laufendes Verfahren und es ist im laufenden Verfahren nachgesteuert worden und inzwischen, glaube ich, hat sich vieles eingespielt. Wirklich betroffen – und deswegen stimmt Ihre Zahl nicht, Frau Ensslen – von der Gebühr sind bei über 30 000 Unterbringungen ungefähr 1 588 Leute und gerade einmal 100 Härtefälle.

Bisher ist es in der Tat so, dass wir die Gebühren nicht gestaffelt erheben können. Dann steuert, das hat der Senat angekündigt, man aber auch nach. Es wird eine gestaffelte Erhebung kommen; zumindest ist das in Vorbereitung. Auch die Fachstellen für Wohnungsnotfälle wurden schon darüber angewiesen, dass eine prioritäre Behandlung angesichts dieser diagnostizierten Selbstzahler notwendig ist. Im März findet zwischen den beteiligten Behörden eine Evaluierung statt. Wir schlagen vor, dass diese Ergebnisse in die Ausschusssitzung mitgenommen werden, um sie dort zu diskutieren.

(Beifall bei der SPD)

Ein paar Punkte werden strittig bleiben. Gebühren sind nicht Mieten. In der öffentlich-rechtlichen Unterkunft kann es kein Äquivalenzprinzip geben. Differenzierungen je nach Unterkunftsstandards sind kaum durchzuhalten. Ich denke, das ist auch die Diskussion, die wir im Ausschuss führen werden. Am Ende sind wir, glaube ich, uns alle einig: Wir brauchen sozialen Wohnungsbau, wir brauchen sozialen Wohnungsbau und wir brauchen sozialen Wohnungsbau. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat nun Frau Grunwaldt für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ja, zum Glück herrscht Einigkeit hinsichtlich dieses sehr unsensiblen Zeitpunktes so kurz vor Weihnachten. Viele Hilferufe von Ehrenamtlichen haben uns als Opposition erreicht und es ist wahrhaftig nicht unsere Aufgabe, diese Verwaltungsaufgabe, diese wichtige Aufklärungsarbeit zu übernehmen.

Nichtsdestotrotz ist immer viel die Rede von diesen 10 Prozent Selbstzahlenden. Wir alle wissen gar nicht genau, wie viele es eigentlich wirklich sind, wie viele die festgesetzten Einkommensgrenzen überschreiten und den vollen Betrag zahlen müs

(Vizepräsidentin Christiane Schneider)

sen. Ich persönlich würde tippen, dass es nicht so viele Menschen treffen wird. Aber unabhängig davon stimme ich auch mit den Kollegen von den LINKEN überein, dass dieses Verfahren der Festsetzung der Gebühren sehr fragwürdig ist, insbesondere was die Zusammensetzung der Betriebskosten anbelangt, die sehr intransparent sind. Insgesamt ist das Thema Intransparenz und Flüchtlingskosten hier ein Dauerbrenner, den wir als Opposition immer verfolgen. Es ist mehr Geheimniskrämerei als ein transparenter Umgang mit Steuergeldern. Hier wünschen wir uns eindeutig mehr Klarheit für den Haushaltsplan 2019/2020 und vielleicht bringen ja auch schon die Ausschussberatungen ein bisschen Licht ins Dunkel. Es würde mich freuen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. – Das Wort hat jetzt Frau Engels für die GRÜNE Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es wurde gerade schon über Anrufe kurz vor Weihnachten gesprochen und deswegen ist es meiner Meinung nach extrem wichtig, bei diesem Thema keine weitere Unruhe zu verbreiten. Gegenteiliges ist in den letzten Wochen häufig der Fall und es ist natürlich auch erst einmal verständlich, denn für Laien wirkt die neue Gebührenordnung wie eine krasse Mieterhöhung für Menschen, die in einer öffentlich-rechtlichen Unterkunft leben. Deswegen möchte ich noch einmal ein paar Dinge klarstellen. Tatsächlich gibt es nur sehr wenige sogenannte Selbstzahlerinnen und Selbstzahler in den Unterkünften. Die allermeisten Menschen bekommen die Gebühren über die Kosten der Unterkunft im SGB II oder im Asylbewerberleistungsgesetz bezahlt; die Verrechnung funktioniert dabei automatisch. Dies betrifft über 90 Prozent. Und für all diese Personen hat sich faktisch nichts geändert. Für die Stadt aber schon. Aufgrund der höheren Gebühren erhält Hamburg auch eine höhere Bundeserstattung, die voraussichtlich für dieses Jahr fast 50 Millionen Euro betragen wird.

(Beifall bei Farid Müller GRÜNE)

Im Laufe des letzten Jahres wurde der Bundesanteil übrigens auch prozentual von 41 Prozent auf aktuell 48 Prozent gesteigert. Damit es für die Selbstzahlerinnen und Selbstzahler keine unnötigen Kostensteigerungen gibt, wurde für diese Gruppe eine ermäßigte Gebühr eingeführt, die an bestimmte Einkommensgrenzen geknüpft ist. Die allermeisten Selbstzahlerinnen und Selbstzahler zahlen deswegen die ermäßigte Gebühr, die nicht über 500 Euro, sondern knapp über 200 Euro beträgt. Damit es trotz dieser Regelung nicht zu unnötigen Härten kommt, gibt es eine Härtefallregelung, die auch noch einmal durch die Behörde konkretisiert wird.

Dass die Gebühren nicht mit Mieten vergleichbar sind, hat meine Kollegin gerade schon gesagt. Und zum Äquivalenzprinzip wollte ich auch noch einmal sagen: Wenn man das wirklich an die Unterkunftsstandards staffeln würde – das ist die Argumentation gewesen –, dann müssten wir auch berücksichtigen, dass zum Beispiel die schlechteren Unterkünfte teurer sind und sich das in der Gebührenordnung niederspiegeln müsste. Das möchte, glaube ich, niemand von uns.

Zum Schluss möchte ich aber noch einmal auf Folgendes hinweisen: Für den allergrößten Anteil der Menschen ändert sich nichts und die Details können wir alle noch einmal in Ruhe im Ausschuss erörtern. – Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank. – Das Wort erhält nun die Abgeordnete Nicolaysen von der FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Rechnungshof hat den Senat seit 2011 aufgefordert, den Kostendeckungsgrad in der öffentlichen Unterbringung deutlich zu erhöhen. Nun wird der Deckungsgrad von 21 auf 88 Prozent erhöht. Monatlich fallen nun 587 Euro für Wohnunterkünfte und 495 Euro für Erstaufnahmeeinrichtungen an. Dann stellt man sich so eine Wohnunterkunft vor und denkt sich: Wirklich? Dafür fast 600 Euro? Für eine Unterbringung im Container 600 Euro jeden Monat? Und das deckt nur 88 Prozent der Kosten. Dann stellt man sich die Angemessenheitsgrenze für eine Bruttokaltmiete vor, die für eine Person übrigens 463,50 Euro beträgt, und denkt sich erneut: Wirklich? Ist das tatsächlich ernst gemeint? Hier passt doch etwas nicht zusammen, selbst wenn, wie der Senat ausführt, ein Großteil der Betroffenen das Geld nicht aus eigener Tasche bezahlen muss. Hier musste die Behörde schon wieder etwas zurückrudern, weil es eben doch nicht deutlich unter 10 Prozent sind. Dann stellt sich die Frage, warum solch eine Unterkunft eine derartige Gebühr rechtfertigt. Insofern sind wir der LINKEN dankbar für ihren Antrag, dessen Überweisung an den Ausschuss wir ausdrücklich zustimmen.

Wir haben den Eindruck, dass hier Kosten, die in ihrer Form und Höhe erklärungsbedürftig sind, kalkuliert werden, um möglichst viel Geld vom Bund zu bekommen. Auch wenn das Geld vom Bund kommt, sind es Steuermittel, die nicht einmal eben so vom Himmel fallen. Hier stehen einige Fragen im Raum, die eine Ausschussberatung aus unserer Sicht erforderlich machen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Ludwig Flo- cken fraktionslos)

(Franziska Grunwaldt)

Das Wort hat nun Frau Oelschläger für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen von der Links-Fraktion, Gesetzestexte muss man immer von Anfang bis Ende lesen. Ich gestehe, das ist nicht immer ganz einfach, aber bei einem Gesetz mit vier Paragrafen ist das machbar. Wenn in Paragraf 1 steht, für Kinder unter 15 Jahren gelte eine Gebührenordnung nicht, dann wird auch keine Gebühr erhoben. Wenn am Ende steht, für die fünfte Person bis 25 Jahren werde keine Gebühr erhoben, dann kommt eine 15-köpfige Familie üblicherweise nicht auf einen Eigenanteil von 8 805 Euro wie in Ihrem Berechnungsbeispiel. Eine 15-köpfige Familie wird dann maximal 2 348 Euro zahlen müssen, und das auch nur dann, wenn eine Person der Bedarfsgemeinschaft mindestens 4 418 Euro brutto verdient. Verdient das Familienmitglied weniger, sind es maximal 840 Euro für alle 15 Personen. Das klingt für mich schon nach einem Sozialtarif. Von 210 Euro pro Person

(Wolfhard Ploog CDU: Das ist doch dummes Zeug!)

dann auch noch einen Abschlag für geringere Standards vorzunehmen, das ist schon, na ja, das ist schon heftig.

Bringt ein Arbeitgeber einen Mitarbeiter in einem Wohnwagen unter, beträgt der Sachbezugswert 226 Euro pro Monat. Ich frage mich natürlich auch, wie sich ein Sozialhilfeempfänger fühlen soll, der gerade einmal 164 Euro behalten darf und dem alles, was er darüber hinaus verdient, von seinen Bezügen gekürzt wird, wenn andere Leute, die ein Netto von 1 300 Euro mit nach Hause bringen, bei Alleinstehenden sind das immerhin 1 800 Euro brutto … Und der bekommt keine Unterkunft inklusive Nebenkosten für 210 Euro.

Mein Vorschlag: Lesen Sie noch einmal das Gesetz nach und denken Sie auch einmal an die Gerechtigkeitsgesichtspunkte und besprechen Sie das noch einmal ausgiebig im Ausschuss. – Danke.

(Beifall bei der AfD)

Jetzt hat das Wort Frau Dr. Ensslen von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich freue mich zu hören, dass nachgebessert werden soll, und bin sehr gespannt darauf, wie das mit der Staffelung aussehen wird. Aber damit ist noch längst nicht alles geregelt. Ich möchte einmal ein aktuelles Beispiel nennen, was da so alles schieflaufen kann. Ein Auszubildender, der kein Arbeitslosengeld II bezieht, ist mit seiner Vergütung vorher klargekommen mit den

141 Euro. Jetzt sagt fördern und wohnen, er verdiene ja weniger als 730 Euro netto und müsse nun 587 Euro zahlen. Das nenne ich einmal eine Logik. Dass das falsch ist, leuchtet wohl jedem ein.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber versetzen Sie sich doch einmal in die Lage des jungen Mannes. Er bekommt doch Existenzängste angesichts eines solchen Umgangs. Und es sind eben die Patinnen und Paten, die sich darum kümmern und die wirklich viel machen, um so etwas zu korrigieren. Da ist das mit den Härtefällen allein nicht so getan. Die Paten sind davon überfordert. Sie haben eh schon ein hohes Engagement und jetzt werden ihnen noch die Steine vor die Füße geworfen, dass sie sich darum kümmern müssen. Schon das ist unsozial. Aber, wie schon gesagt, auch im Gebührenrecht hat sich der Senat verheddert. Es gilt nun einmal eben neben dem Kostendeckungsprinzip das Äquivalenzprinzip, das Gleichheitsprinzip und auch das Prinzip der Erforderlichkeit der Kosten. Da hat im Übrigen der Landesrechnungshof in seinem aktuellen Bericht einiges beanstandet, dass das zum Teil nicht erforderlich ist, und hat im Übrigen auch angemahnt, dass die Kosten sich an den Kosten der Unterkunft für ALG-II-Bezieher orientieren sollen. Also sehr wohl muss das Ganze äquivalent sein.

Aber ich bin froh, dass wir das weiter im Ausschuss diskutieren können, und hoffe, dass wir auch da weiterhin an einer gerechten Lösung arbeiten können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat nun die Abgeordnete Engels für die GRÜNE Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hatte mich noch einmal kurz gemeldet und wollte jetzt aber erst einmal direkt noch etwas zu dem Beispiel des Auszubildenden sagen. Ich glaube, das ist ein gutes Beispiel, wo wir Ruhe bewahren müssen, dass wir dem erklären: Entweder es ist etwas schiefgelaufen – ich kenne jetzt den Fall nicht – im Kostenfestsetzungsbescheid, noch einmal in Ruhe zu f & w gehen, das klären. Wenn das momentan noch nicht gelöst werden kann, kann das bestimmt auf jeden Fall mit der Neujustierung, was die Härtefallregelung betrifft, gelöst werden, weil niemand möchte, dass der irgendwie arm wird und sich nichts mehr leisten kann aufgrund der neuen Gebührenordnung.

Ich hatte mich aber noch einmal gemeldet, weil ich das Gefühl hatte, bei Frau Nicolaysen ist ein bisschen etwas durcheinander geraten wegen der Mietkosten. Das passt auch so ein bisschen zu den Kosten der Unterkunft gerade. Denn wir hatten ja schon gesagt, die Gebühren sind nicht vergleichbar mit Mietzahlungen. Es ist nicht einfach

eine Nettokaltmiete zu bezahlen, wo dann alles andere sozusagen selbst organisiert werden muss – Warmkosten –, sondern es gehören auch die Errichtungskosten, die Investitionskosten, die über die Abschreibung umgelegt werden, dazu. Die Sozialarbeit, der technische Dienst und die ganzen Nebenkosten sind in der Gebühr schon mit drin. Und wir haben auch schon gehört, dass das die Kosten nur zu 88 Prozent deckt. Das wollte ich noch einfach einmal zur Information reinbringen, um das alles ein bisschen anders bewerten zu können, dass es eben nicht eins zu eins mit einer Miete zu vergleichen ist.

Dann möchte ich auch noch einmal kurz daran erinnern, dass wir eine ziemlich ordentliche Summe aufgrund dieser Gebührenerhöhung durch die Bundeserstattung mehr bekommen und sich der Bund über diesen Weg an den Kosten, auch an den Mehrbedarfen für die Flüchtlinge, beteiligt. Das ist auch für den Sozialhaushalt eine sehr gute Nachricht.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank. – Dann hat Frau Nicolaysen für die FDP-Fraktion noch das Wort.

Frau Engels, ich möchte Sie nur darauf hinweisen: Es sind immerhin Steuermittel – rechte Tasche, linke Tasche.

(Beifall bei der FDP – Kazim Abaci SPD: Ja und, was wollen Sie damit sagen? – Farid Müller GRÜNE: Föderalismusprinzip!)