Protocol of the Session on January 17, 2018

Vielen Dank, Frau Senatorin. – Das Wort erhält jetzt für die SPD-Fraktion Herr Dr. Tode.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Dutschke, es ist für Sozialdemokraten zwar nicht sehr erfreulich, aber ich muss Ihnen sagen: Auch Revolutionen von oben sind manchmal erfolgreich, denn Bismarck, wie Sie wissen, hat die Unfallversicherung, die Krankenversicherung, die Rentenversicherung eingeführt. Das war von oben. Hätte er das nicht, würden wir heute wahrscheinlich gar nicht darüber sprechen. Also insofern muss ich Sie da ein bisschen belehren.

(Beifall bei der SPD)

Der zweite Punkt, den Sie vielleicht auch noch nicht so richtig gesehen haben, ist die Frage, was es kostet. Die Frage ist nicht, was es jetzt kostet, sondern was es in Zukunft kostet. Bekanntlich ist es so – das merke ich übrigens bei mir selbst –: Je älter man wird, desto anfälliger wird man für Krankheiten. Das ist vielleicht bei Ihnen noch nicht so, aber deswegen sind Sie auch bei der Privaten etwas günstiger. Das ist genau das, was Herr Rosenfeldt und andere vorhin schon ausgeführt haben, nämlich dass wir bei der Privaten eine Risikoabsicherungsversicherung und bei den Gesetzlichen eine Solidarversicherung haben. Das ist der gewaltige Unterschied, den müssen Sie einfach einmal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Deswegen ist es eben auch sozial gerecht. Deswegen ist es zum Beispiel auch ein Problem, wenn Sie über die vielen Pensionäre nachdenken, die

(Senatorin Cornelia Prüfer-Storcks)

wir als Beamte haben, denn, wenn Sie dort zum Beispiel eine Witwe haben, die immer weiter steigende Kosten hat, weil sie eben anfälliger ist und höhere Risikobeiträge hat und teilweise diese Kosten gar nicht mehr übernehmen kann … Auch das ist natürlich überhaupt nicht sozial gerecht. Insofern ist es gut, wenn es hier eine Wahlfreiheit gibt.

Ich muss Ihnen ehrlich sagen, und das hat die Senatorin ja auch schon mehrfach gesagt: Sie sind doch für Wahlfreiheit und für Wettbewerb, wovor haben Sie denn eigentlich Angst? Wenn das System der Privaten besser ist, dann wird es die gar nicht geben. Aber wissen Sie, was Sie gesagt haben? Sie haben gesagt, selbst die Privaten gehen davon aus, dass ein Drittel diese Wahlfreiheit nehmen wird.

(Jennyfer Dutschke FDP: Nein, nein, nein!)

Warum machen sie denn das?

(Jennyfer Dutschke FDP: Wir gehen nicht davon aus, Sie können einmal nachrech- nen!)

Dieses eine Drittel – das haben Sie gesagt, wir können es im Protokoll nachlesen. Und wenn ein Drittel das macht, warum tut es das denn, wenn es so zufrieden mit der privaten Krankenversicherung wäre? Insofern gibt es offensichtlich Bedarf und offensichtlich auch Interesse, hier zu wechseln.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Lenders, wie gesagt, Wahlfreiheit ist das Entscheidende. Bei Ihnen habe ich mich die ganze Zeit gefragt, welche Interessen Sie eigentlich vertreten. In Ihrer Rede – darauf hat Frau Gallina hingewiesen, nach zweieinhalb Minuten wussten wir das noch nicht – haben Sie nämlich die beiden Präsidenten der Ärztekammer und der Zahnärztekammer zitiert. Die Frage ist doch: Was haben denn die für ein Interesse? Haben die möglicherweise das Interesse, dass sie unterschiedlich besoldet werden oder unterschiedliche Abrechnungen bekommen, wenn sie einen Privatversicherten abrechnen mit 2,3 bis 3,5? Meine Zahnärztin im Übrigen rechnet immer 3,5 ab – es ist immer unglaublich schwierig mit meinen Zähnen –, während andere das eben nicht bekommen. Kann das vielleicht ein Interesse sein? Kann das vielleicht der Grund sein, warum die Ärztekammern dagegen sind? Das könnte doch sein, oder?

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Gladiator, Sie haben gesagt, es habe bundesweit kaum Beachtung gefunden, was die Senatorin hier wirklich sehr zielführend und …

(Dennis Gladiator CDU: Keine positive!)

Doch, doch. Ich werde Ihnen gleich die positive vorlesen.

Wenn Sie die Möglichkeit genutzt hätten, die unsere Dokumentation bietet, und sich alle Zeitungsartikel zu diesem Thema genommen hätten, dann hätten Sie durch die ganze Republik hinweg Zeitungsartikel gefunden, und zwar von der "Frankfurter Rundschau" über die "Frankfurter Allgemeine Zeitung", das "Handelsblatt", die "Wirtschaftswoche" und so weiter und so weiter. Wenn Sie das alles einmal durchgelesen hätten, dann käme vielleicht die entscheidende und vielleicht auch interessante Variante, die sich einmal … Nehmen wir einmal den "Tagesspiegel" vom 22. August – ich zitiere –:

"Doch das Argument, dass man den Privatversicherern über dieses Manöver […] den Garaus machen wolle, ist in Wirklichkeit keines. Wenn es das System nicht verkraftet, dass ihm die nicht mehr hineingezwungenen Versicherten davonlaufen, besteht kein Grund, es künstlich am Leben zu erhalten."

Besser kann man es eigentlich nicht formulieren.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie meinen, das sei immer noch nicht genug: Das "Handelsblatt", nun auch nicht wirklich die sozialdemokratische Kampfpostille …

(Joachim Lenders CDU: Das ist der "Vor- wärts"!)

Genau, gut, dass Sie das wissen, Herr Lenders.

Es schreibt am 28. Oktober 2017:

"Was spricht gegen ein echtes Wahlrecht? Vor allem das Geschäftsmodell der PKV. Von den fast 9 Millionen privat Versicherten sind 4,5 Millionen Beamte. 2004 hat eine rot-grüne Bundesregierung schon einmal versucht, Beamten ein Wahlrecht zur GKV zu geben. Der Entwurf scheiterte auch an der erfolgreichen Lobbyarbeit der privaten Krankenversicherungen."

Das ist der Punkt. Sie betreiben hier Lobbyarbeit für private Krankenversicherungen und nicht für Versicherte. Das ist das Problem. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Dr. Tode. – Das Wort bekommt nun Herr Lenders für die CDU-Fraktion.

(Zuruf: Herr Lenders, ist doch verloren, die Debatte!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Also, Herr Tode, anfangen will ich damit, dass natürlich wir alle hier im Parlament und hoffentlich auch der Gesetzentwurf nicht dazu führen sollen, dass Sie Ihre Probleme mit Ihrem privaten Zahnarzt und Ihren Zahnproblemen nicht lösen können. Dafür

(Dr. Sven Tode)

können wir nichts und das wollen wir auch nicht tun.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Ich sage auch einmal in aller Deutlichkeit: Die Vertreter der Regierungskoalition müssen sich dann auch schon einmal einig sein. Frau Blömeke stellt sich hierher, hält ein rauschendes Plädoyer für die Bürgerversicherung,

(Dr. Monika Schaal SPD: Nun ist aber gut!)

Herr Rosenfeldt und die Senatorin sagen hier vorn, der Hamburger Gesetzentwurf habe nichts, aber auch gar nichts mit der Bürgerversicherung zu tun. Nun denn.

(Dr. Monika Schaal SPD: Wo ist das Pro- blem?)

Wo das Problem ist, Frau Schaal? Dass Sie unter Ihren Koalitionspartnern offensichtlich nicht so richtig wissen, wo Sie hinwollen.

(Beifall bei der CDU)

Aber lassen wir es. Sehr geehrte Frau Senatorin, ein bisschen überrascht bin ich schon gewesen. Ihre Formulierung läuft darauf hinaus, dass diejenigen, die Beamte und in der GKV sind, bisher eine Strafzahlung absolvieren müssen. Dann frage ich mich oder wir uns alle hier im Parlament aber schon, warum Sie seit 2011, seitdem Sie Senatorin sind, nicht dafür gesorgt haben, dass diese Strafzahlung abgeschafft wird, und erst heute mit so einem ideologisch verbrämten Gesetz hierherkommen und sagen: Über diesen Weg mache ich das. Lächerlich.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich noch einmal auf einige Teilaspekte des Gesetzentwurfes eingehen. Da führen Sie aus, dass die Einführung einer Pauschale freiwillig und unwiderruflich ist, und glauben, damit dem betroffenen Personenkreis ein individuelles Entscheidungsrecht eingeräumt zu haben. Vollkommen außer Acht lassen Sie an dieser Stelle, dass das Wahlrecht zwischen einer individualisierten und pauschalen Beihilfe mit Artikel 33 Absatz 5 Grundgesetz schlicht und ergreifend nicht vereinbar ist.

(Milan Pein SPD: Dann klagen Sie doch!)

Das tun ja vielleicht noch andere, Herr Pein. Bleiben Sie doch locker.

(Beifall bei Ralf Niedmers CDU)

Aber bevor wir den Weg nach Karlsruhe wählen, sollten wir vielleicht erst einmal den Senat davor bewahren, derartige Fehler zu machen.

(Beifall bei der CDU)

Entscheidet sich der Beamte für die pauschale Beihilfe – und es ist vollkommen egal, Herr Tode, ob in der PKV oder in der GKV, das hat doch über