Protocol of the Session on December 6, 2017

(Beifall bei der FDP)

Danke, Frau Nicolaysen. – Gibt es sonst noch Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt? – Die sehe ich nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer also möchte nun die Drucksache 21/10912 an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überweisen, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist diese Überweisung abgelehnt.

Dann kommen wir zur Abstimmung in der Sache.

Wer möchte dem Antrag der FDP-Fraktion aus Drucksache 21/10912 seine Zustimmung geben? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen zum nächsten Tagesordnungspunkt, TOP 40, Drucksache 21/11075, Antrag der AfDFraktion: Hamburger Museen: Geschichte und Kultur den Bürgern nahebringen.

[Antrag der AfD-Fraktion: Hamburger Museen: Geschichte und Kultur den Bürgern nahebringen – Drs 21/11075 –]

Die CDU-Fraktion und die AfD-Fraktion möchten diese Drucksache an den Kulturausschuss überweisen.

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Das wird es von Herrn Professor Kruse von der AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Museen, und damit meine ich nicht nur reine Kunstmuseen, sondern vor allem historische und andere Museen verschiedener Art, sind nicht nur etwas für Bildungsbürger, sondern für jedermann. Sie bieten grundsätzlich ideale Möglichkeiten, sich über Entwicklung und Vielfalt unserer Stadt, unseres Landes, Europas und der ganzen Welt zu informieren und Verständnis zu entwickeln, das auch verhaltensleitend sein kann. Gute Museen können Verständnis wecken für Entwicklungsprozesse, die uns zu dem gemacht haben, was wir sind, und für die Zusammenhänge von Kultur und Geschichte im Kontext von menschlichen Interessen und Verhaltensweisen sowie für die Besonderheiten einzelner Kulturen, also all das, was wir dringend brauchen.

Leider sind die Besucherzahlen nicht so, wie man es sich wünschen würde. Das ist nicht nur bedauerlich, weil Museen für den Steuerzahler teuer sind, sondern vor allem, weil sie noch viel weitreichendere positive Effekte für die Gesellschaft haben könnten, wie ich oben kurz angedeutet habe. Dieser Meinung waren offenbar auch die FDP- und die Links-Fraktion, denn aufgrund ihrer einschlägigen Anträge haben wir hier in der Bürgerschaft am 6. April 2017 dazu eine Diskussion gehabt. Beide Fraktionen fokussierten sich in ihren Anträgen auf die Preise als zentrale subjektive Zugangsbarriere und forderten freien Eintritt in die Museen. Allerdings liegen die Eintrittspreise in Hamburger Museen für Erwachsene im Bereich von Kinokarten, für Jugendliche oft deutlich darunter, und für Kinder sind Museen oftmals kostenlos. Ich habe hier eine lange Liste von Museen, für die das gilt. Die Preise dürften also kein empirisches Hindernis sein. Im Übrigen kommt ein Kostendeckungsgrad, der auf Eintrittskartenerlöse bezogen zwischen 4 und 14 Prozent liegt, einem Gratiseintritt schon ziemlich nahe.

Ich hatte schon in der Diskussion im April gesagt, dass ich glaube, den Hauptfaktor zu kennen, der etliche Menschen vom Museumsbesuch abhält oder der dazu führt, dass sehr viele den Weg sehr schnell in die Cafeteria suchen. Dieser Hauptgrund ist die übertrieben bildungsbürgerliche und intellektuelle Anmutung vieler Museen im Zusammenhang

(Nebahat Güçlü)

mit einer unzureichenden Einführung und Erklärung auch für nicht studierte Menschen. Da ich in den letzten Jahrzehnten auf zahlreichen Reisen in verschiedenen Ländern und vielen Städten ein eifriger Museumsbesucher war, vermutlich weil ich zur bildungsbürgerlichen Zielgruppe von Museen gehörte,

(Heike Sudmann DIE LINKE: Weil Sie die Bürgerschaftssitzungen geschwänzt haben!)

kenne ich auch die Unterschiede und Schwächen, obwohl ich nicht vom Museumsfach bin, sondern nur ein Museumskonsument.

Viele Menschen werden in Museen erschlagen von einer Fülle von Exponaten, deren Bedeutung sie nicht verstehen, wenn sie nicht entweder einen einschlägigen Hintergrund und am besten Kunstgeschichte studiert haben oder adäquat und zielgruppengerecht hingeführt werden. Das liegt übrigens auch an der Déformation professionnelle vieler Museumsdirektoren und Museumsmitarbeiter. Die sind oft furchtbar stolz auf herausragende Exponate, für die sie eventuell von ihren Kollegen bewundert und beneidet werden. Für normale Menschen sind die gleichen Exponate oft nur alte Steine oder Metallstücke, die ihnen gar nichts sagen, solange man ihnen nicht den historischen Kontext erklärt, in dem diese ihre Bedeutung haben, und weshalb es Sinn macht, sich die anzuschauen.

Das ist der Kern für die Lösung. Man muss den Besuchern moderne audiovisuelle Medien in vielfacher Weise anbieten, um die Zusammenhänge zu erklären, die die Exponate erst zu sehenswerten Museumsstücken machen, und das Museumspersonal muss dann für Fragen zur Verfügung stehen. Das muss zielgruppenadäquat für verschiedene kognitive Niveaus und Vorkenntnisse verfügbar sein und in verschiedenen Sprachen, versteht sich, und es muss in genügend kleine Häppchen zerlegt sein. Wenn das Interesse vieler Menschen für die Museen stärker geweckt werden soll, müssen die Bürger antizipieren, dass niedrigschwellige Angebote verfügbar sind, die ihnen den Kontext des Museums und seiner Abteilungen, einzelner Sammlungen und einzelner Exponate erklären und ihnen den inhaltlichen Zugang erleichtern, sodass es Spaß macht, im Museum herumzulaufen.

Man könnte jetzt fordern, dass jedes Museum einen Museumspädagogen einstellt. Aber das wäre teuer, das würde sehr viele Doppelarbeiten beinhalten, und es wäre am Ende doch unbefriedigend. Eine bessere Alternative wäre, dass die Hamburger Kulturbehörde eine Projektgruppe gründet, bestehend aus einer Kerngruppe von zwei einschlägigen Experten und einem Beirat aus Hamburger Museen, sodass dort entsprechend dieses Konzept von Experten entwickelt werden kann und dann dem Museum zur Verfügung gestellt wird.

(Glocke)

Herr Kultursenator – der leider nicht hier ist, ich sage es trotzdem –, Herr Brosda, packen wir es an.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Professor Kruse. – Es erhält das Wort Frau Dr. Vértes-Schütter von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Grundanliegen, Barrieren bei der Teilhabe an Kultur zu beseitigen, ist richtig. Ich denke, das müssen Sie niemandem hier im Haus erklären. Es findet seinen Ausdruck in vielen Maßnahmen von Senat und regierungstragenden Fraktionen und in einer ganzen Reihe von Initiativen auch der Fraktionen von CDU, FDP und der LINKEN. Ihr Antrag geht allerdings an entscheidenden Rahmenbedingungen vorbei. Seit 1999 sind die Museen selbstständige Stiftungen des öffentlichen Rechts. Teil der vielfältigen Aufgaben ihrer Vorstände ist – ich referiere das nicht im Einzelnen –, die Häuser publikumsrelevanter zu gestalten. Dazu gehört als zentrale Aufgabe, aktuelle Ansätze der Museumsarbeit umzusetzen. Was nicht vorgesehen ist, ist ein staatliches Gremium, das die fachliche und didaktische Aufgabenwahrnehmung vorgibt, denn das widerspricht der Grundsatzentscheidung der Verselbstständigung der Museen, und es widerspricht den geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen. Ich sage sehr deutlich: Wir wollen keine Museen am politischen Gängelband.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Wenn Sie nun fordern, dass die Museen externen Rat annehmen, dann sollten Sie zuerst einmal mit den Adressaten sprechen. Ihre Idee, zwei Experten zu berufen, um die Museen auf den Weg der Erkenntnis zu führen, ist schon im Grundsatz verfehlt. Wer sollten denn diese Experten sein? Jede Museumsstiftung verfügt über einen Stiftungsrat und darüber hinaus in Form von Kuratorien über geeignete Beratungsinstanzen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Zwischen den Museen gibt es große Unterschiede, was ihre Sammlungsgeschichte, Ausstellungspraxis oder Publikumsrelevanz angeht. Deshalb braucht jedes Haus speziell zugeschnittene Vermittlungsund Zielgruppenkonzepte. In jedem Haus gibt es Fachleute für genau diese Fragen. Wir haben übrigens einen umfangreichen museumspädagogischen Dienst, auch darüber sollten Sie sich informieren.

(Beifall bei der SPD und bei René Gögge GRÜNE)

(Dr. Jörn Kruse)

In vier der sieben Stiftungsmuseen hat es 2016/ 2017 Vorstandswechsel gegeben. Insbesondere in diesen Häusern findet ein intensiver Diskussionsprozess zur inhaltlichen und baulichen Modernisierung statt, ebenso wie zur Neuausrichtung der Vermittlungsarbeit und zur Entwicklung von Digitalstrategien.

Ohne Frage ist es richtig und wichtig, Konzepte und Strategien anderer Museen im In- und Ausland zu kennen und zu diskutieren. Aber auch das geschieht seit Jahren auf hohem professionellem Niveau.

Hamburgs Museen arbeiten intensiv an der Weiterentwicklung ihrer Vermittlungskonzepte. Wer sie dabei unterstützen will, sollte vorher mit ihnen gesprochen haben und ihre Bedürfnisse kennen. Dieser Anforderung werden Sie mit Ihrem Antrag nicht gerecht. Wir werden ihn daher ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, vereinzelt bei den GRÜNEN und bei Jens Meyer FDP)

Vielen Dank Frau Dr. Vértes-Schütter. – Als Nächstes erhält das Wort Herr Wersich von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die AfD, da kann ich mich den Worten von Frau Vértes-Schütter anschließen, greift zwei Dinge auf, die richtig sind: dass wir eigentlich zu wenig Besucher in den Hamburger Museen haben, und dass das sicherlich nicht an den Eintrittspreisen liegt. Denn wenn man sich anguckt, in welchen Scharen die Menschen in die viel teureren Musicals laufen oder in Popkonzerte, dann weiß man, dass der vergleichsweise überschaubare Museumseintritt nicht der Grund oder die Hemmschwelle ist. Trotzdem bleiben Sie in der Analyse aus meiner Sicht schwach. Die Vorschläge, die Sie unterbreiten – das hat Frau VértesSchütter auch schon ausgeführt –, sind weitgehend in dem Bereich dessen, was da ist und läuft.

Frau Vértes-Schütter, ich bedanke mich ausdrücklich dafür, dass Sie auch die CDU in den Kreis derer aufgenommen haben, die hier gute Anträge zur Kultur stellen. Herzlichen Dank; das hört man nicht so oft. Trotzdem, finde ich, haben Sie in Ihrem Beitrag verpasst, auf die Ursachen der gegenwärtigen Problematik auch nur mit einem Wort einzugehen, nämlich die mangelnde Ausstattung der Museen mit Ressourcen, um einen attraktiven Betrieb zu ermöglichen.

(Beifall bei der CDU – Farid Müller GRÜNE: Machen Sie da doch mal einen Vorschlag – finanzieller Art!)

Den haben wir, übrigens mit Ihrer Zustimmung, solange Sie noch in der Opposition waren, jedes Jahr in den Haushaltsberatungen gemacht.

(Wolfgang Rose SPD: Er meint einen Deckungsvorschlag!)

Allerdings haben Sie sich seitdem offenbar einer wie auch immer gearteten Beeinflussung Ihres Gedächtnisses bedient, dass Sie gar nicht mehr wissen, für welche Punkte wir hier noch vor wenigen Jahren gemeinsam gestritten haben.

Also noch einmal zu den Ursachen. Die Ursachen dafür, dass wir zu wenig Besucher haben, hängen unmittelbar damit zusammen, dass die Museen zu wenig Ressourcen für einen attraktiven Betrieb haben, das heißt auch: zu wenig Ressourcen für das Marketing. Wir haben so tolle Museen in Hamburg. Nehmen wir einmal eines unserer Flaggschiffe, die Kunsthalle. Die Kunsthalle hat weltberühmte Gemälde, die jedem von uns etwas sagen. Wenn man von Caspar David Friedrichs Wanderer spricht oder von dem Schiff im Eismeer, ist das sozusagen unsere Hamburger Mona Lisa – Bilder, die in anderen Städten Millionen von Besuchern anziehen. Das ist dann aber eine Frage, inwieweit es gelingt, das, was unsere Museen haben, auch gesamtstädtisch so mit einzubinden, dass man für diese Museen und das, was dort zu sehen ist, wirbt. Andere Städte machen uns vor, wie das geht.

Deswegen wäre mein Appell, dass wir den Antrag der AfD zum Anlass nehmen, im Ausschuss darüber zu reden, was wir zur Steigerung der Attraktivität der Hamburger Museen beitragen können, damit sie eine wesentliche Rolle aus ihrer inhaltlich wertvollen Arbeit heraus, aber auch eine wesentliche Rolle für die Strahlkraft unserer Stadt entwickeln. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der AfD und bei Jens Meyer FDP)

Vielen Dank, Herr Wersich. – Es erhält das Wort Herr Gögge von der GRÜNEN Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die eine möchte sich klassisch weiterbilden und mehr erfahren über die Welt, der andere möchte sich einfach entspannen und Schönes betrachten, und eine Dritte möchte vielleicht einfach Inspiration durch provokante Kunst finden. Die Besucherinnen und Besucher der Museen haben völlig unterschiedliche Interessen, und dafür stehen ihnen auch die unterschiedlichsten Museen mit den unterschiedlichsten Angeboten in unserer Stadt offen – und für Jugendliche unter 18 Jahren das Ganze sogar kostenfrei.

Ich würde behaupten, dass zumindest ein freiwilliger Museumsbesuch immer auch eine gesuchte Herausforderung ist. Dabei erwarten wir natürlich ein hohes Niveau und spannende Exponate. Möglicherweise ist dabei auch nicht alles sofort ver

(Dr. Isabella Vértes-Schütter)

ständlich. Aber genau dafür gehen wir in der Regel ja hin: um uns neuen Erfahrungen auszusetzen.

Ich finde, es ist keine passende Beschreibung der Realität, wenn die Museen unserer Stadt als eine Art überkandidelte Bildungsbürgerstätten mit kryptischen Ausstellungen dargestellt werden, wie im vorliegenden Antrag. Im Gegenteil, durch moderne und vielfältige Vermittlungsprogramme machen die Hamburger Museen Lust auf einen Besuch. Die klischeehafte dicke Schicht Museumsstaub existiert de facto nicht.

Das Museumsstiftungsgesetz, das heute schon erwähnt wurde, bildet den Rahmen, in dem die Hamburger Museen mit einem hohen Maß an Selbstständigkeit ihren kulturellen Auftrag umsetzen. Nach meiner Beurteilung machen sie das auch relativ gut und mit viel Elan.