Protocol of the Session on September 13, 2017

und das wäre natürlich eine Katastrophe gewesen.

(Zurufe: Warum denn? Warum ist das eine Katastrophe, Herr Jersch? – Jörg Hamann CDU: Wo kommt den Google her? Wo kommt denn Yahoo her? Wo kommt den Ap- ple her? Wo kommt denn Microsoft her? Kommen die alle aus Hamburg?)

Aber dass die Stadt sich in diese Erpressbarkeit überhaupt hineinbegibt, das ist wirklich eine absolute Katastrophe. Darüber gilt es aufzuklären in der Ausschussberatung:

(Glocke)

Wo ist die Stadt erpressbar und was haben wir gelernt? – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Frau Oelschläger von der AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Heute geht es um die offizielle Homepage der Hansestadt

Hamburg, die seit 17 Jahren gemeinsam mit der Hamburger Sparkasse, der Sparkasse Buxtehude und Axel Springer betrieben wird. Trotz Anzeigenschaltung rechnet sich die Homepage nicht, das verrät uns die Drucksache, weil relativ hohe Verlustvorträge genannt werden. Nun bin ich nicht sicher, ob eine gut gemachte Homepage eine große Wirtschaftlichkeit erfordert; das ist vor allem eine politische Vorgabe. Transparenz und Öffentlichkeitsarbeit sollten uns etwas wert sein. Doch schauen wir einmal in die Entstehungsgeschichte des heutigen Antrags.

Im Mai dieses Jahres stand fest, dass der Berliner Mehrheitsgesellschafter aus dem Portal hamburg.de aussteigen will. Im Juli hat die Wirtschaftsbehörde nach Medienberichten einen Kaufvertrag mit Springer unterzeichnet, vorbehaltlich der Zustimmung der Kartellbehörde. Im August stellte dann die Wirtschaftsbehörde fest, dass man gar nicht die Haushaltsmittel für diesen Ankauf hat. Am 29. August wird dann ein Antrag eingereicht, diese Mittel noch einmal schnell nachträglich zu gewähren, und heute dürfen wir dank der FDP eine Kurzdebatte darüber führen. Wir können weder ernsthaft beurteilen, ob im Kaufpreis Verluste auf den Steuerzahler abgewälzt werden – der Verdacht besteht allemal, die Drucksache spricht lediglich von einem vertretbaren Kaufpreis –, warum eine Zwangsläufigkeit besteht, dem Wunsch Axel Springers umgehend nachzukommen, und weshalb ein unvorhergesehener Finanzbedarf entsteht, geht aus der Drucksache gar nicht hervor; wir können andererseits auch keine Alternativen prüfen. RotGrün wollte uns hier eigentlich zu einem Abnickdackel machen, aber das machen wir nicht mit. Wir haben im Ausschuss noch einiges zu bereden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

Wer also nun die Drucksache 21/10213 federführend an den Haushaltsausschuss sowie mitberatend an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien überweisen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist bei relativ großer Teilnahme einstimmig angenommen worden.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, bin ich Ihnen ein Wahlergebnis schuldig.

Bei der Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation sind 101 Stimmzettel abgegeben worden. Davon war ein Stimmzettel ungültig, somit 100 Stimmen gültig. Herr Günther Siegert erhielt 28 Ja-Stimmen,

(Stephan Jersch)

57 Nein-Stimmen und 15 Enthaltungen. Damit ist Herr Siegert nicht gewählt worden. Wir werden die Wahl in der nächsten Sitzung erneut auf die Tagesordnung setzen.

Wir kommen zu dem Tagesordnungspunkt 102, Drucksache 21/10230, Antrag der AfD-Fraktion: Wettbewerbsnachteil des Hamburger Hafens gegenüber Hauptkonkurrenten beseitigen.

[Antrag der AfD-Fraktion: Wettbewerbsnachteil des Hamburger Hafens gegenüber Hauptkonkurrenten beseitigen – Drs 21/10230 –]

Diese Drucksache möchte die AfD-Fraktion an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien überweisen.

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Herr Dr. Baumann von der AfD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Alle nordeuropäischen Häfen zusammen, von Le Havre bis Hamburg, haben insgesamt Container-Umschlagskapazitäten von 75 Millionen Containern im Jahr. Die tatsächliche Auslastung der letzten Jahre schwankt aber um 45 Millionen Container. Wir haben also gewaltige Überkapazitäten von rund 30 Millionen Containern im Jahr. Die Lage in Hamburg ist besonders kritisch. Die Konkurrenzhäfen Rotterdam und Amsterdam legen in der Krise zu und bauen den Vorsprung gegenüber Hamburg aus. Hamburg kämpft mit massiven Problemen; wir wissen das. Die Fahrrinnenanpassung kommt nicht voran – nicht bei Rot-Grün, vorher auch nicht bei der CDU. Wir haben wieder zunehmende Verschlickung im Hafen. Seit Februar kommt es zu Sedimentaufbau von bis zu drei Metern beim Container-Umschlag. Eine Standardregel sagt, dass ein Meter 1 000 Container im Schiff kostet. Drei Meter kosten dann 3 000 Container; da sieht man, wie schwierig das ist.

Die Hafenwirtschaft selbst gibt alles. Die Unternehmen sind gut. Die Arbeiter sind fleißig. Hamburg hat wohl mit die besten Umschlagterminals der Welt, das kann man so sagen, auch hochinnovativ. Deshalb muss auch die Politik endlich alles tun, um Nachteile abzuwenden.

(Beifall bei der AfD)

Denn es gibt einen weiteren hausgemachten Faktor, der die deutschen Häfen benachteiligt und wo die Politik vorankommen muss und seit Jahren nicht vorankommt.

(Glocke)

Entschuldigen Sie die Störung, Herr Dr. Baumann, aber Gesprächsbedarf auf dieser Seite des Hauses ist eindeutig zu groß. Vielleicht führen Sie Ihre Gespräche draußen, dann hat der Redner die Chance, seine Gedanken hier ruhiger vorzutragen. – Herr Dr. Baumann, Sie haben wieder das Wort.

Danke. Ich habe nur gesehen, das ging gerade von meiner Zeit ab, der Zwischenruf.

Es gibt einen weiteren hausgemachten Faktor, der deutsche Häfen benachteiligt: die Einfuhrumsatzsteuer, die Reeder, Spediteure und Importeure in Deutschland belastet. Das Problem ist, der Zoll erhebt diese Steuer im Auftrag des Bundes. Dabei kommen riesige Summen zustande; es dürften in Hamburg allein zwischen 20 und 25 Milliarden Euro im Jahr sein. Die gezahlte Einfuhrumsatzsteuer kann zwar dann beim Finanzamt – das ist Ländersache – als Vorsteuer geltend gemacht werden, es entsteht jedoch ein riesiger Verwaltungsaufwand, der die Reeder und die Importeure abschreckt. Liquidität wird gebunden, Vorfinanzierungszinsaufwand droht, und schlimmer noch: Dadurch, dass Reeder, Spediteure die Einfuhren für die Importeure praktisch abfertigen, müssen sie erst einmal haften gegenüber dem Zoll für die Einfuhrumsatzsteuer. Es entstehen erhebliche Bonitätsrisiken, die riskante Schuldverhältnisse begründen zwischen Importeur, Reeder, Spediteur und Zoll. All das schreckt ab. Das ist ein großer Nachteil. Wir müssen endlich die Interessen der Hamburger Hafenwirtschaft wieder vertreten hier in diesem Haus.

(Beifall bei der AfD)

Denn die direkte Verrechnung der Einfuhrumsatzsteuer mit der sonstigen Vorsteuerschuld ist in Hamburg und anderen deutschen Häfen nicht möglich, in Rotterdam und Antwerpen aber sehr wohl. Zahlungen fallen bei der Konkurrenz dort gar nicht an, und damit wirbt die Konkurrenz auch aggressiv. Der Hintergrund: Die Beneluxstaaten haben, anders als Deutschland, die in diesem Fall vernünftige EU-Richtlinie zur Umsatzsteuer in nationales Recht umgesetzt, die ein vereinfachtes Verfahren ermöglicht. In Deutschland sind jedoch die Finanzämter – Umsatzsteuer – Ländersache, Zoll ist Bundessache. Das ist das Problem. Das kann man aber lösen. Keineswegs ist eine Grundgesetzänderung vonnöten, sondern man muss sich mit den anderen Bundesländern zusammensetzen, entsprechende Absprachen treffen. Darum muss Hamburg sich kümmern. Der für den Zoll zuständige Bundesfinanzminister kann dann eine entsprechende Verordnung erlassen über die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer. Es gibt seit Jahren Gespräche in diese Richtung. Es gibt eine

(Vizepräsidentin Barbara Duden)

Bund-Länder-Arbeitsgruppe, das wissen wir alles, aber die kommt einfach nicht voran. Es ist eine neue Initiative Hamburgs vonnöten, von der Stadt, die am meisten darunter leidet.

(Beifall bei der AfD)

Vor allem aber ist erst einmal eine Behandlung im Wirtschaftsausschuss vonnöten, in dem auch die Hafenwirtschaft zugegen sein wird. Das sind wir ihr in dem harten Wettbewerb, mit dem sie ringt, einfach schuldig. Die schreit ja schon auf wegen der Untätigkeit, zuletzt Gunther Bonz, der Chef des Verbandes der Hafenunternehmen, in aktuellen Interviews. Wir müssen den Weg zumindest im Ausschuss des Hamburger Parlaments jetzt diskutieren und prüfen, wie die Auswege sind. Das sind wir wirklich der hart ringenden Hafenwirtschaft in dieser Stadt schuldig. – Danke.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort bekommt Herr Dr. Seeler von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir den Hafen seit Längerem einmal wieder in diesem Haus debattieren. Allerdings: Bedurfte es nun gerade dieses AfD-Antrags? Der ist wirklich eine Zumutung. Um es einmal auf den Punkt zu bringen: Das Petitum dieses Antrages ist schlichtweg grober Unfug.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Worum geht es? Erstens: Wir debattieren eine Zuständigkeit des Bundes. Die Einfuhrumsatzsteuer ist eine Steuer, die vom Bund, sprich vom Zoll, erhoben wird. Das geht zurück auf unsere Finanzverfassung in diesem Land, Artikel 108 Grundgesetz. Der Bundesfinanzminister hat hier ein hohes Beharrungsvermögen. Weil das Aufkommen in Gesamtdeutschland 51 Milliarden Euro pro Jahr ausmacht, gibt es hier ein besonderes Beharrungsvermögen.

Die Importeure und die Hafenbetriebe, das ist so weit richtig, müssen die Einfuhrumsatzsteuer zahlen, wenn Importe aus Drittländern und aus Teilen der Europäischen Union Deutschland erreichen, und können dann den entsprechenden Erstattungsanspruch bei dem entsprechenden Betriebsstättenfinanzamt im jeweiligen Bundesland anfordern. Das kostet Zeit, das ist richtig. Das kostet die Unternehmen Liquidität, und das macht es so schwierig. Das ist im Kern das Problem. Jetzt gibt es drei Wege, das zu lösen. Der erste ist, wir ändern die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland. Das ist ein mühsamer und sehr langwieriger Weg und wird den Unternehmen im Hafen kurzfristig jedenfalls nicht helfen. Dann gibt es einen zweiten Weg, die sogenannte Fristenlösung. Das heißt, die Bearbeitung beim Zoll und den entspre

chenden Finanzämtern wird so beschleunigt, dass die Liquiditätsbelastung der Unternehmen selbst, der Importeure, auf ein Mini-Maß reduziert wird. Und die dritte Lösung ist eine Verrechnungslösung. Das heißt, die zu zahlende Einfuhrumsatzsteuer kann direkt bei den Betrieben verrechnet werden mit den Umsatzsteuern, die sonst im normalen Geschäftsbetrieb belastet werden. Das als Verrechnungslösung wäre der kürzeste Weg.

So. Und jetzt kommt die AfD mit ihrem Antrag und sagt, der Senat solle das Bundesfinanzministerium zum Handeln auffordern, vergisst aber völlig, dass das alles schon passiert ist. Vor zweieinhalb Jahren, im Februar 2015, hat Hamburg beim Bundesfinanzministerium initiiert, dass es eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe gibt, an der sechs Bundesländer beteiligt gewesen sind, neben Hamburg auch Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Niedersachsen.

(Dr. Bernd Baumann AfD: Da ist aber nichts rausgekommen dabei!)

Ja, sehen Sie, auch das ist wieder ein grober Unfug, Herr Baumann.

(Dr. Bernd Baumann AfD: Nein, das ist so!)

Am 5. September 2016 hat diese Arbeitsgruppe ein Ergebnis vorgelegt, in einem Abschlussbericht – den sollte man einmal lesen, bevor man irgendwelche Behauptungen in den Raum stellt –,

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

und sich mehrheitlich für die zuvor beschriebene Fristenlösung ausgesprochen. Hamburg hat mit einem Minderheitsvotum gesagt, dass wir das Verrechnungsmodell für deutlich sinnvoller halten. Da steht der Vorgang im Moment. Dazu hat noch einmal die Große Koalition, SPD und CDU, in diesem März einen Antrag in Berlin eingebracht, der auch sagt, wir müssen das in Richtung Verrechnungslösung bringen.

Was jetzt konkret zu tun ist, ist, dass natürlich einige Parteien aus diesem Hause möglicherweise an der nächsten Regierungsbildung in Berlin beteiligt sein werden. Zumindest vier aus diesem Hause; davon gehe ich einmal aus. Und dort in ein Regierungsprogramm noch einmal klar hineinzuschreiben, dass wir die Verrechnungslösung im Sinne unserer Betriebe unterstützen, wäre ein sinnvoller Ansatz. Aber einen Vorgang, der bereits vor zweieinhalb Jahren vom Hamburger Senat initiiert worden ist, hier wieder als Petitum in einem Antrag vorzulegen, ist es nicht.

Und dann fordert die AfD – bemerkenswerter Vorgang – in ihrer Antragsprosa die Umsetzung einer EU-Richtlinie, nämlich der sogenannten Mehrwertsteuersystemrichtlinie mit ihrem Artikel 211. Das hat wohl bei Ihnen keiner gelesen. Zum einen ist diese Richtlinie bereits zum 1. Januar 2008 umgesetzt worden. Das ist längst abgearbeitet.