Protocol of the Session on September 13, 2017

Viel Freude an der neuen Aufgabe, die Ihnen ja noch erinnerlich sein dürfte.

Darüber hinaus gebe ich Ihnen bekannt, dass die ehemalige Abgeordnete Inge Hannemann ihr Bürgerschaftsmandat zum 31. Juli 2017 niedergelegt hat. Frau Hannemann gehörte der Bürgerschaft seit März 2015 an und war insbesondere als Vorsitzende des Eingabenausschusses, in der Härtefallkommission und im Sozialausschuss aktiv. Im Namen der ganzen Bürgerschaft danke ich Frau Hannemann für die geleistete Arbeit, wünsche ihr für die Zukunft alles Gute, vor allem aber Gesundheit.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Auch hier teilt das Landeswahlamt die Nachrückerin mit. Nach Mitteilung des Landeswahlleiters ist am 1. August 2017 auf der Landesliste der Fraktion DIE LINKE Frau Zaklin Nastic nachgerückt. Liebe Frau Nastic, herzlich willkommen in unserer Mitte.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Auch Ihnen viel Freude an der neuen Aufgabe.

Dann können wir zur Tagesordnung kommen und beginnen mit der

Aktuellen Stunde

Dazu sind sechs Themen angemeldet worden. Von der Fraktion DIE LINKE

Hamburg braucht Sofortmaßnahmen am Krankenbett! Pflegekräfte brauchen Zeit für Patient_innen, Pausen und Händedesinfektion!

von der FDP-Fraktion

Beste Bildung statt satt und sauber. Hamburg braucht einen Plan für gute Kinderbetreuung.

von der AfD-Fraktion

Halbzeit: Zweieinhalb Jahre rot-grüner Senat – wann wirft Olaf Scholz die grünen Senatoren raus

von der SPD-Fraktion

Wissenschafts- und Studienstandort Hamburg – vielseitig, leistungsstark, studierendenfreundlich

von der CDU-Fraktion

Weltstadt, Hafen, Sicherheit – was kommt bei Rot-Grün als nächstes unter die Räder?

und schließlich von der GRÜNEN Fraktion

European XFEL – die Wissenschaftsmetropole Hamburg öffnet die Welt der kleinsten Teilchen

Ich rufe das erste Thema auf und erinnere daran, dass die Redezeit in der ersten Runde fünf Minuten beträgt, in allen weiteren Runden maximal drei Minuten.

Wer wünscht das Wort? – Herr Celik von der Fraktion DIE LINKE, bitte.

Sehr geehrte Präsidentin, sehr geehrtes Publikum! Gestern haben Pflegekräfte in den Hamburger Krankenhäusern die Aktion Händedesinfektion durchgeführt. Eine vorschriftsmäßige Händedesinfektion ist sehr wichtig zur Vermeidung von Krankenhausinfektionen. Sie beträgt in der Regel 30 Sekunden, vor jedem Patientenkontakt und nach jedem Patientenkontakt. Das bedeutet 200- bis 250-mal Händedesinfektion pro Schicht; insgesamt zwei Stunden. Weil aber die Krankenhäuser personell unterbesetzt sind, schafft das Pflegepersonal dies an einem normalen Diensttag nicht. Deshalb haben die Stationsteams zum gestrigen Aktionstag angekündigt, dass sie die Händedesinfektion vorschriftsmäßig anwenden werden, sie mussten die Aktion aber bereits um 8 Uhr morgens wieder abbrechen, weil die Schichten genauso unterbesetzt waren wie immer, und das, obwohl die Gewerkschaft ver.di die Krankenhausleitungen aufgefordert hatte, mehr Personal zur Verfügung zu stellen. Das ist nicht geschehen. Deshalb wurde die Aktion abgebrochen. Es wurden Gefährdungsanzeigen geschrieben; die Gesundheitsbehörde ist darüber informiert.

Pflegekräfte sind in Zeitnot, weil sie zu viele kranke Menschen in sehr kurzer Zeit versorgen müssen. Darunter leiden natürlich die Pflegekräfte, aber vor allem leiden die Patienten darunter. Studien haben erwiesen: Wenn zu wenig Personal eingesetzt wird, steigt die Wahrscheinlichkeit, 30 Tage nach Aufnahme ins Krankenhaus zu sterben, signifikant an. Anders ausgedrückt: Wer am Personal spart, nimmt den Tod von Patienten in Kauf. Wenn wir, der Senat und die Bürgerschaft, untätig bleiben, dann machen wir uns mitverantwortlich für die To

desfälle, die eigentlich vermeidbar sind. Deshalb sagen wir: Wir müssen jetzt handeln.

(Beifall bei der LINKEN)

Dass wir in Hamburg einen gravierenden Pflegenotstand haben, muss auch der Senat zur Kenntnis nehmen, denn wer das leugnet, leidet unter Realitätsverlust.

(Beifall bei der LINKEN)

Das belegen nicht nur die Tausenden Gefährdungsanzeigen. In den letzten 20 Jahren sind zum Beispiel die Fallzahlen in den Hamburger Krankenhäusern um 35 Prozent gestiegen, während gleichzeitig der Anstieg der Pflegevollkräfte bei 1,1 Prozent geblieben ist. Das heißt im Klartext, dass die Pflegekräfte in den Hamburger Krankenhäusern immer mehr Patienten in immer weniger Zeit behandeln müssen. Das passt nicht zusammen, und das dürfen wir nicht länger hinnehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb brauchen wir für eine gute Versorgung, für eine höhere Patientensicherheit und für gute Arbeitsbedingungen dringend eine gesetzlich verankerte Personalbemessung in der Pflege.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir dürfen daher keine Zeit verlieren. Wir müssen jetzt den Pflegenotstand bekämpfen und nicht auf bundeseinheitliche Regelungen in ferner Zukunft warten. Dass das geht, zeigen zwei Beispiele. Im Saarland wird gerade ein Gesetzentwurf zur Personalbemessung im Krankenhaus für alle Stationen erarbeitet. In Nordrhein-Westfalen ist schon seit 2015 verbindlich festgelegt, dass auf Intensivstationen eine Pflegekraft maximal zwei Patienten und bei schwerkranken Patienten nur einen Patienten versorgen darf. Und genau das fordern wir auch in unserem Antrag. Wir fordern auch, dass eine Pflegekraft keine Nacht allein sein darf. Es sagt einem schon der gesunde Menschenverstand, dass sich eine Pflegekraft nicht teilen kann, wenn gleichzeitig zwei Patienten kollabieren oder Schmerzen haben.

Das Hamburgische Krankenhausgesetz bietet uns Handlungsmöglichkeiten und die zuständige Behörde darf ergänzende Qualitätsforderungen stellen. Vor diesem Hintergrund ist es für uns unbegreiflich, dass bis zum heutigen Tage nicht davon Gebrauch gemacht wurde. Personalmangel gefährdet unsere Gesundheit, die Gesundheit der Patienten, aber auch der Pflegekräfte. Jeder Mensch, der durch zu wenig Pflegepersonal gefährdet wird oder gar stirbt, ist einer zu viel.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn wir das nicht mit einer gesetzlichen Regelung ändern, wenn wir nicht einschreiten, machen wir uns mitverantwortlich. Deshalb fordere ich Sie alle auf, liebe Kolleginnen und Kollegen, ändern

wir das, ergreifen wir Sofortmaßnahmen für mehr Personal in den Krankenhäusern. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Frau Wowretzko von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Nicht nur der gestrige bundesweite Aktionstag von ver.di hat an dem Beispiel der Händedesinfektion deutlich gemacht, dass die Pflege in Deutschlands Krankenhäusern personelle Entlastung braucht, auch die SPD will, dass mehr und besser bezahltes Pflegepersonal in den Krankenhäusern vorhanden ist.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Deshalb wollen wir verbindliche Personalstandards umsetzen, denn zu wenig Personal in der Pflege bedeutet dauerhaft überlastete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und es bedeutet ein gesteigertes Risiko von Pflegefehlern und damit die Gefährdung von Patientinnen und Patienten, nicht nur durch unzureichende Hygiene, auch durch Pflegefehler, die unter Dauerstress ein erhöhtes Risiko entstehen lassen. Deshalb ist für uns klar, dass Patientensicherheit und gute Arbeitsbedingungen in der Pflege zwei Seiten einer Medaille sind.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir wissen, dass mit der Einführung der Kostenerstattung im DRG-System die Fallzahlen massiv gestiegen sind und die Durchschnittsverweildauer gleichzeitig deutlich gesunken ist. Wir wissen, dass seit Einführung der Fallkostenpauschalen deutschlandweit rund 25 000 Stellen im nichtärztlichen Bereich abgebaut wurden. Das wurde und wird auf Bundes- und Länderebene intensiv diskutiert, und das war ein mitunter sehr quälender Prozess. Im Frühjahr hat eine Expertenkommission aus Politik, Wissenschaft und Selbstverwaltung Vorschläge präsentiert, um das Pflegepersonal im Krankenhaus zu stärken. Die Hamburger Gesundheitssenatorin hat hier maßgeblich mitgewirkt. Ihr haben wir es schließlich zu verdanken, dass es zu einer bundeseinheitlichen Neuregelung gekommen ist, mit der endlich Personaluntergrenzen für die Pflege in Krankenhäusern kommen werden. Dafür gilt ihr unser Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Bundestag und Bundesrat haben dies noch vor der Sommerpause in Gesetzesform gebracht und damit erstmals die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen, dass Mindestpersonalausstattungen für pflegeintensive Bereiche in Krankenhäusern festgelegt werden. Vorgaben für Intensivstationen und Nachtschichten sind ebenfalls geplant. Damit wird ein Instrument zur Verfügung stehen, um Pflege am Patienten zu stärken und gegebenenfalls auch

(Deniz Celik)

mit Sanktionen zu belegen. Es wird ein Instrument zur Verfügung stehen, das einer bloßen Personalverlagerung einen Riegel vorschiebt und darüber hinaus finanziert ist, denn darauf kommt es am Ende an. Die Personaluntergrenzen müssen bundeseinheitlich sein, sie müssen finanziert werden, und es muss vermieden werden, dass sie durch Personaleinsparungen an anderer Stelle kompensiert werden. Verstöße müssen geahndet werden.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

All diese Kriterien erfüllen Ihre Vorschläge, liebe Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, nicht.

Die relevanten Akteure der Selbstverwaltung auf Bundesebene haben jetzt bis Mitte 2018 Zeit, Vorschläge für Personaluntergrenzen in den Krankenhäusern vorzulegen. Sollten sie dies bis dahin nicht schaffen, wird der Rahmen vorgegeben. Eines ist sicher: Die Personaluntergrenzen kommen zum 1. Januar 2019. Dafür haben wir gesorgt.