Protocol of the Session on February 1, 2017

Es wird zwar richtig benannt, dass Arbeit und Beruf eine wirtschaftliche Grundlage sind und queere Menschen oft weniger Zugang dazu haben, es werden aber nur wenige konkrete Vorschläge gemacht, um diese Situation zu ändern. Das ist nicht richtig.

(Beifall bei der LINKEN)

Eine Idee wäre zum Beispiel, dass Transmenschen in der Personalentwicklung im öffentlichen Dienst angemessen berücksichtigt werden. Der öffentliche Dienst könnte hier eine Vorreiterrolle einnehmen. Auch Richterinnen und Richter am Verwaltungs- und Oberverwaltungsgericht müssten bezüglich der Lebenssituation von queeren Geflüchteten geschult werden, um der in der letzten Zeit zunehmenden menschenrechtsverletzenden und retraumatisierenden Befragungs-, Abschreckung- und Abschiebepraxis des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge entgegenwirken zu können. Das wäre sehr wichtig.

(Beifall bei der LINKEN)

Altersarmut ist zum Beispiel besonders für lesbische Menschen ein Problem, da Frauen aus mehreren Gründen weniger hohe Altersrenten beziehen. Da müsste ein Ausgleichsmechanismus geschaffen werden. Auch ein Riesenproblem sind die unwillentlichen Operationen von Intermenschen. Sie müssten viel stärker und genauer aufgearbeitet werden können, und das sowohl im kollektiven wie auch im individuellen Rahmen. Informationen darüber werden immer noch von medizinischen Institutionen und Ärztinnen und Ärzten vorenthalten. Da muss nachgebessert werden. Zudem ist ein Riesenproblem, dass die Zahl der unwillentlichen Operationen bei Intermenschen beziehungsweise Kindern nicht abgenommen hat, obwohl die entwürdigende Diagnose von inter als Krankheitsbild abgenommen hat. Da findet nämlich in Wirklichkeit eine perfide Umkodierung statt, da wird dann ein Eingriff als leichte kosmetische Korrektur im Genitalbereich deklariert. Das darf nicht passieren. Da muss unbedingt nachgebessert werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch im Gesundheitsbereich wäre es wichtig, dass die Arbeit des MDK Nord auf Landesebene geprüft werden kann, denn auch der Medizinische Dienst der Krankenkassen wird zu Recht oft kritisiert. Da muss ein Kontrollmechanismus eingebaut werden.

Um langfristig ein diskriminierungsfreies Leben für queere Menschen zu ermöglichen, muss Bildung stattfinden. Das wurde richtig erkannt. Wir könnten aber auch Schulen, Plätze, Brücken und Straßen umbenennen. Wie wäre es denn zum Beispiel mit einer Angie-Stardust-Musikschule oder -Brücke? – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Dolzer. – Wir hören jetzt Herrn Meyer von der FDP-Fraktion. Ich möchte in dem Zuge noch einmal um ein bisschen mehr Aufmerksamkeit für den Redner bitten. Danke.

Verehrtes Präsidium, meine sehr verehrten Damen und Herren! In Zeiten schwindender Toleranz, sogenannter Fake News und alternativer Fakten ist der Aktionsplan für die Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt nötiger denn je und ein klares Signal für Freiheit, Vielfalt und Selbstbestimmung.

(Beifall bei Michael Kruse FDP, Farid Müller GRÜNE und Karin Prien CDU)

Es ist ja so versöhnlich hier am Ende.

Mein Dank gilt deshalb vornehmlich denjenigen, die sich seit Jahrzehnten unermüdlich für die Akzeptanz unterschiedlichster sexueller Orientierungen einsetzen, die sich gerademachen und trotz gesellschaftlicher Widerstände, miesen Anfeindungen und altbackenen Konventionen mutig für ihre Freiheit eintreten. Das sind unter vielen anderen insbesondere die Akteurinnen und Akteure des Magnus Hirschfeld Centrums, die vielen engagierten Mitglieder im LSVD, Intervention e.V., basis und woge sowie die vielen anderen Ehrenamtlichen und unzähligen Aktivistinnen und Aktivisten für sexuelle Vielfalt und Toleranz in den verschiedenen Bereichen unserer freien Gesellschaft. Ohne diese vielen engagierten Menschen und sozialen Akteure als wichtige Impulsgeber wäre der Aktionsplan nicht das, was er nun nach intensiver Arbeit und Nachbesserung geworden ist, nämlich ein umfassender Plan, der alles Wesentliche berücksichtigt, und das auch noch in verständlicher Form.

Aber ein Plan ist eben nur ein Plan, und wie gut ein Plan am Ende wirklich ist, zeigt sich erst in seiner Umsetzung. Hier liegen die Herausforderungen, die Diskrepanzen zwischen Theorie und Praxis. Die Netzwerkstelle selbstbewusst trans* im Magnus Hirschfeld Centrum und der Beitritt Hamburgs zum Rainbow Cities Network sind zwei wichtige Signale, die ich als ersten Schritt ausdrücklich positiv hervorheben möchte, die aber keine Einzelmaßnahmen bleiben dürfen.

Die größten Herausforderungen dürften im Bereich der schulischen Bildung liegen. Hier hat sich leider schon in anderen Bundesländern gezeigt, dass Ängste, Unsicherheit und Vorurteile gerade in konservativen, um nicht zu sagen, erzkonservativen Kreisen immer noch verbreitet sind und sich die nach außen gekehrte ach so schöne allgemeine Toleranz im konkreten Einzelfall vielfach als Scheintoleranz entpuppt. Hier gibt es noch erhebliche Aufklärungsarbeit zu leisten, über die in den

zuständigen Ausschüssen, im Wissenschaftsausschuss oder meines Erachtens auch im Schulausschuss, weiterhin diskutiert werden sollte.

Ein weiterer Punkt, auf den ich an dieser Stelle aber nicht genauer eingehen möchte, ist der Umgang mit dem Unrecht der nach Paragraf 175 Strafgesetzbuch verurteilten Homosexuellen, die bis heute nicht rehabilitiert, geschweige denn entschädigt wurden. Hier gibt es dringenden Nachholbedarf, den wir in einem separaten Antrag thematisieren werden.

(Beifall bei der FDP und bei Martin Dolzer DIE LINKE)

Ich freue mich aber über die grundsätzliche Einigkeit, die in diesem Hause bei der Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt besteht, und bin nun gespannt, ob diese auch von der meiner Rede folgenden Fraktion auf der rechten Seite bestätigt wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Farid Müller GRÜNE)

Vielen Dank, Herr Meyer. – Nun spricht Herr Dr. Körner von der AfD-Fraktion.

Sehr geehrtes Präsidium, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir von der AfD sind freiheitlich eingestellt und liberale Bürger. Wir haben keinen Einwand gegen geschlechtliche Vielfalt. Allerdings sehen wir auch keine Notwendigkeit für eine Klientelpolitik, wie sie hier betrieben wird.

(Beifall bei der AfD)

Klientelpolitik lehnen wir ab. Die Bürger dieser Stadt haben viel dringendere Probleme, zum Beispiel die schwindende öffentliche und rechtliche Sicherheit, steigende Mieten und Kosten für Strom und öffentliche Dienstleistungen, Zerstörung der ökonomischen Grundlage durch Euro-Vertragsbrüche und die Beschädigung des sozialen Friedens durch Rechtsbrüche und so weiter. Aber ich möchte zu einem versöhnlichen Schluss kommen. Wir können der Bitte des Senats folgen, nämlich den Plan zur Kenntnis zu nehmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Dr. Körner. – Für den Senat hat sich Senatorin Fegebank gemeldet.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Dr. Körner, Sie haben das eben ein bisschen abgetan. Ich frage Sie: Was kann es Dringenderes geben als den gemeinsamen Einsatz und das ge

(Martin Dolzer)

meinsame Einstehen für unsere tolerante und freie Gesellschaft in dieser Stadt?

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Carl-Edgar Jarchow und Jens Meyer, beide FDP)

Das ist nämlich genau der Trugschluss, dem viele aufgesessen sind, die sagen, es laufe doch alles, es seien Selbstverständlichkeiten, die man hier verabredet, man lebe doch in einer Gesellschaft, in der jedem und jeder alles möglich sei und jeder frei, selbstbestimmt angstfrei lebe. Und dann gibt es diejenigen, die infrage stellen, ob solche Pläne wie der, den wir jetzt verabschiedet haben, den wir im Ausschuss und in der gesellschaftlichen und parlamentarischen Debatte weiterführen, tatsächlich etwas bewegen. Das ist doch das eigentliche Problem.

Ein zentraler Satz, den ich aus dem Aktionsplan zitieren möchte, kommt in der Tat sehr selbstverständlich und für alle sehr eingängig daher:

"Belange und Interessen von LSBTI-geschlechtlichen Menschen sind selbstverständlicher Teil einer modernen Gleichstellungspolitik."

Ich bin Ihnen überaus dankbar für die konstruktiven, sehr zielgerichteten Beiträge in den gesamten letzten anderthalb Jahren in allen möglichen Diskussionsrunden. Mein ausdrücklicher Dank geht auch an alle Vertreterinnen und Vertreter der Community und an die Aktivistinnen und Aktivisten, die mit dem vorliegenden Aktionsplan Beteiligung als Erfolgsmodell vorgelegt haben. Das ist ein Gemeinschaftswerk und deshalb geht mein ausdrücklicher Dank an alle, auch an die Verwaltung, die uns in den letzten Monaten so konstruktiv begleitet haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Carl-Edgar Jarchow und Jens Meyer, beide FDP)

Auch das ist vorhin angesprochen worden – ich fasse mich kurz: Es ist der richtige Zeitpunkt, einen solchen Aktionsplan nicht nur vorzustellen, sondern zu diskutieren, in einer Zeit, in der es eben nicht selbstverständlich ist, dass jeder gleichberechtigt lebt und liebt. Wir erleben fast täglich Formen der Diskriminierung, der Ausgrenzung und auch der Gewalt; auch das ist angesprochen worden. Es ist unser Selbstverständnis, das wir mit bestimmten Grundsätzen und Maßnahmen verwirklichen, dass wir ein gesellschaftliches Klima haben, in dem jeder und jede gleichberechtigt anerkannt, respektiert, akzeptiert, diskriminierungsfrei, selbstbestimmt und sichtbar lebt. Das werden wir als Senat mit Unterstützung durch Sie als Parlamentarier und im fortwährenden gesellschaftlichen Diskurs gegenüber all denjenigen verteidigen, die immer wieder versuchen, unsere über Jahre und Jahr

zehnte erkämpften Wert, Rechte und Freiheiten infrage zu stellen.

Ich möchte schließen mit dem Dank für die gute Debatte heute und die vielen Impulse und auch die kritischen Anregungen. Wir werden die Debatte sicherlich im Ausschuss fortsetzen, denn wir brauchen hier eine klare Haltung und eine klare Positionierung. Dafür ist es gut, dass wir zusammenstehen, alle Teile des Hauses; bei Ihnen mache ich ein paar Abstriche, Sie haben das eben ja einschränkend gesagt. Das macht mir und den vielen Menschen Mut, die genau auf diese Signale gewartet haben. Wir machen es jetzt konkret mit diesem Aktionsplan. Es gilt, ihn mit Leben zu füllen, die Maßnahmen auf den Weg zu bringen, umzusetzen und nicht nachzulassen in unseren Bemühungen für eine freie moderne Gesellschaft. Das steht unserer Stadt gut zu Gesicht. Wir sind auf einem guten Weg. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Carl-Edgar Jarchow und Jens Meyer, beide FDP)

Vielen Dank, Frau Fegebank. – Gibt es noch weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer möchte die Senatsmitteilung aus Drucksache 21/7485 an den Ausschuss für Wissenschaft und Gleichstellung überweisen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit großer Mehrheit angenommen.

Dann kommen wir zum Tagesordnungspunkt 13, Drucksache 21/7483. Es handelt sich um die Senatsmitteilung: Gemeinsames Arbeitsmarktprogramm 2015–2020 der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration, der Agentur für Arbeit Hamburg und des Jobcenters team.arbeit.hamburg.

[Senatsmitteilung: Gemeinsames Arbeitsmarktprogramm 2015–2020 der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration, der Agentur für Arbeit Hamburg und des Jobcenters team.arbeit.hamburg – Drs 21/7483 –]

Hierzu liegt ein Überweisungsbegehren seitens der Fraktionen der SPD, CDU, GRÜNEN und FDP an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration vor.

Die Fraktionen sind übereingekommen, auf die Debatte zu verzichten, wir kommen daher sofort zur Abstimmung.

(Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank)

Wer nun also die Senatsmitteilung aus Drucksache 21/7483 an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überweisen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist auch dieses Überweisungsbegehren angenommen worden.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 41, Drucksache 21/7597 in der Neufassung, Antrag der CDU-Fraktion: Gesunde Ernährung für alle Grundschüler – Hamburg muss endlich am EU-Schulprogramm für Obst, Gemüse und Milch teilnehmen!

[Antrag der CDU-Fraktion: Gesunde Ernährung für alle Grundschüler – Hamburg muss endlich am EU-Schulprogramm für Obst, Gemüse und Milch (SPOGMi) teilnehmen – Drs 21/7597 Neufassung –]

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Landesprogramm für die kostenlose tägliche Versorgung aller Grundschüler/-innen mit gesundem Obst, Gemüse und Milch samt pädagogischem Konzept auflegen – Drs 21/7745 –]