Protocol of the Session on September 7, 2016

Wer möchte also nun zunächst Ziffer 1 annehmen? – Hier die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist Ziffer 1 angenommen.

Wer möchte sodann Ziffer 2 folgen? – Auch hier die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist auch Ziffer 2 angenommen.

(Heike Sudmann)

Wer möchte dann Ziffer 3 zustimmen? – Auch hier die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch Ziffer 3 ist somit angenommen.

Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 18 und 62, den Drucksachen 21/4972 und 21/5113, Große Anfrage der FDP-Fraktion: Hamburgs Unternehmensbeteiligungen – welche Unternehmen besitzt die Stadt und wie gut werden sie gesteuert? und Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Hamburger Beteiligungsverwaltung gut aufstellen und die Empfehlungen des Rechnungshofes umsetzen.

[Große Anfrage der FDP-Fraktion: Hamburgs Unternehmensbeteiligungen – Welche Unternehmen besitzt die Stadt und wie gut werden sie gesteuert? – Drs 21/4972 –]

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Hamburger Beteiligungsverwaltung gut aufstellen und die Empfehlungen des Rechnungshofes umsetzen – Drs 21/5113 –]

(Glocke)

Meine Damen und Herren! Wir beginnen mit der nächsten Debatte und ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit.

Die Fraktion DIE LINKE und die FDP-Fraktion möchten die Drucksache 21/4972 an den Ausschuss Öffentliche Unternehmen überweisen. Zudem liegt zur Drucksache 21/5113 vonseiten der CDU-Fraktion ebenfalls ein Antrag auf Überweisung an den Ausschuss Öffentliche Unternehmen vor.

Wer wünscht dazu das Wort? – Herr Kruse von der FDP-Fraktion, Sie bekommen es.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Unter Bürgermeister Olaf Scholz hat sich ein Konglomerat von Unternehmensbeteiligungen entwickelt, das seinesgleichen sucht. Seit 2011 ist die Anzahl der Beteiligungen um über 20 Prozent gestiegen. Dadurch ist eine Komplexität entstanden, die für den Senat

(Jan Quast SPD: Die FDP-Fraktion eher!)

kaum mehr überschaubar und kontrollierbar ist. Der Senat verstrickt sich mit seiner planlosen Beteiligungspolitik in immer größere Verantwortlichkeiten, denen er kaum noch gerecht werden kann und bei denen er das Risiko auch nicht mehr überblickt. Längst hat ein schleichender Kontrollverlust eingesetzt, denn pro Mitarbeiter im Beteiligungs

management werden immer mehr Unternehmen betreut. So entfallen auf einzelne Mitarbeiter des Beteiligungsmanagements bis zu elf Aufsichtsratsmandate. Eine tragfähige Kontrolle der einzelnen Beteiligungen ist so nicht möglich.

(Beifall bei der FDP und bei Norbert Hack- busch und Stephan Jersch, beide DIE LIN- KE)

Und noch schlimmer: Die Hamburgische Bürgerschaft kann die wachsenden finanziellen Risiken außerhalb des Kernhaushalts – sie wurden vorhin schon angesprochen – kaum effektiv überwachen. Anfragen zu diesen Themen werden insbesondere bei den großen Hamburger Beteiligungen – mithin den großen Hamburger Risiken – HSH Nordbank, HHLA, Hapag-Lloyd mit dem Hinweis auf Geheimhaltung abgebügelt.

Reihenweise Fehler begehen städtische Unternehmen zudem beim Vergabewesen. Bei zahlreichen Millionen-Vergaben wurde in städtischen Unternehmen nicht auf die Einhaltung der Regeln geachtet. Auffällig oft sind dabei Monopolisten wie die HPA oder die Stadtentwässerung im Zentrum von Vergabeproblemen; all das hat Ihnen der Rechnungshof ins Stammbuch geschrieben.

(Arno Münster SPD: Das stimmt doch alles gar nicht!)

Lieber Kollege Arno Münster, auch Sie sollten den Rechnungshofbericht einmal lesen, er ist aus dem Februar dieses Jahres. Sie haben heute einen Antrag dazu eingebracht.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Nicht zur Verga- be! Dazu haben wir keinen Antrag einge- bracht!)

Leidtragende dabei sind der Wettbewerb und die Steuerzahler. Die stetige Ausweitung einer risikohaften Staatswirtschaft unter Bürgermeister Scholz und seinem Finanzsenator Tschentscher ist verantwortungslos.

(Beifall bei der FDP)

Die letzten Jahre haben gezeigt, dass Scholz und seine Truppe schlechte Unternehmer sind.

(Wolfgang Rose SPD: Reißen Sie sich mal am Riemen!)

Viele Hundert Millionen Euro Beteiligungswerte wurden so schon versenkt. Die Dummen sind am Ende immer die Hamburger Bürger, denn sie bezahlen die teuren Bruchlandungen von städtischen Unternehmen.

Und dann wundert es mich ganz besonders, und da möchte ich an die Haushaltsdebatte von vorhin noch einmal anknüpfen, wenn der Senat bei Kosten, die entstehen, und bei Ausgaben, die entstehen, zum Beispiel bei der HSH Nordbank auf sogenannte Sondereffekte verweist. Das ist auch sehr

(Vizepräsidentin Antje Möller)

spannend in der Schriftlichen Kleinen Anfrage, die ich gestellt habe, in der das nämlich drinsteht. Da wird auf Sondereffekte verwiesen,

(Arno Münster SPD: Du musst wissen, was das ist!)

wenn die Stadt als Eigentümerin von Unternehmen am Ende die Zeche zahlt, wenn es nicht läuft. Meine Damen und Herren, die Übernahme von Verantwortung aus einer Unternehmensbeteiligung ist kein Sondereffekt, sondern das ist ganz normales unternehmerisches Risiko. Und deswegen ist die Antwort auf diese Anfrage, Herr Senator, gelinde gesagt Mumpitz.

(Glocke – Beifall bei der FDP)

(unterbrechend) : Herr Kruse, einen Moment bitte. Ich würde Ihnen gern zu etwas mehr Aufmerksamkeit verhelfen. – Bitte fahren Sie fort.

Vielen Dank. – Es handelt sich also hierbei nicht um Sondereffekte, sondern schlicht um die Verluste, die städtische Beteiligungen nun einmal erzielen, und dass man die übernehmen muss, ist eine Selbstverständlichkeit.

Man muss dazu sagen, dass wir auch noch andere Positionen im Haushalt haben, gerade bei den öffentlichen Beteiligungen, wo uns eben auch kein reiner Wein eingeschenkt wird. Beispielsweise haben wir die Beteiligung zu Hapag-Lloyd mit 34 Euro in den Büchern stehen. Herr Senator, kein privates Unternehmen hätte das so hinbekommen. Kein Wirtschaftsprüfer hätte einem privaten Unternehmen das so durchgehen lassen.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Der HGV-Ab- schluss ist durch Wirtschaftsprüfer testiert!)

Der Börsenkurs liegt bei 16 Euro, wenn es gerade einmal gut läuft, bei 17 Euro. Der langfristige Unternehmenswert – und da können Sie ganz genau hineinschauen – soll bei 28 Euro liegen, das sagen alle Beratungen.

(Arno Münster SPD: Du hast ja keine Ah- nung!)

Und Sie schreiben ernsthaft 34 Euro zu diesem Unternehmen in Ihre Bücher. Sie wissen sehr genau, dass Sie diese 34 Euro nicht haben. Was Sie da machen, ist stille Reserven aufbauen und damit natürlich auch kein echtes Bild von den Verlusten der Hamburger Beteiligungen zeichnen.

Schauen wir uns einmal im Detail an, wie eigentlich die Steigerungen zustande gekommen sind. Das ist ganz interessant. Der Kollege Schreiber hat dazu in der Replik ein Interview gegeben und gesagt, das liege nur daran, dass neuerdings die kleinen Beteiligungen ausgewiesen würden. Dazu

kann ich nur sagen: Ja, das stimmt – teilweise. Warum stimmt es nur teilweise? Das gilt für das Jahr 2015. Aber auch in den Jahren davor, seit 2011 – genau seitdem Sie regieren –, ist die Anzahl der städtischen Unternehmen ausgeweitet worden, Jahr für Jahr. Schauen Sie in die Anlage 1 meiner Großen Anfrage, dann werden Sie auch das feststellen. Also, bleiben Sie bei der Realität.

Interessant ist, der Rechnungshof hat Ihnen ins Stammbuch geschrieben, dass Sie endlich ein ordentliches Beteiligungskonzept vorlegen sollen, eine programmatische Grundlage dafür. Aber genau das machen Sie jetzt nicht, genau das fordern Sie, liebe rote und grüne Fraktion, von Ihrem Senat nicht ab. Es ist aus meiner Sicht löblich, dass RotGrün einen Antrag zu diesem Thema einbringt und den Senat auffordert, sich mit seinen Beteiligungen auseinanderzusetzen. Nur, wenn der Senat ausschließlich dazu aufgefordert wird, einmal zu überprüfen, ob er denn in der Vergangenheit alles richtig gemacht hat und ob er alles richtig macht, dann kann ich Ihnen die Antwort schon sagen. Es wird dabei keine Überraschung herauskommen. Insofern ist Ihr Antrag ehrlich gesagt ein zahnloser Tiger. Herr Tschentscher hat vorhin schon gesagt, dass er da nicht heran möchte. Genau das ist der Grund, warum wir in Sorge sind, ob das Geld der Steuerzahler bei Ihnen eigentlich in den richtigen Händen ist.

Wir würden gar nicht sagen, dass Sie all die Verluste – und es sind immer noch dreistellige Millionen-Verluste jedes Jahr, die im Hamburger Haushalt aus städtischen Beteiligungen stehen – zu verantworten haben, Herr Tschentscher. Selbstverständlich haben auch die Vorgängersenate gerade bei den Verlusten bei der HSH Nordbank ihren Teil dazu beigetragen. Nur: Was ist denn die Konsequenz daraus? Die Frage ist doch, was die Konsequenz daraus ist. Die Konsequenz daraus, dass möglicherweise auch Vorgängersenate eine Verantwortung tragen, kann doch nicht sein, dass Sie sagen, Sie gingen überhaupt nicht an die Beteiligungen heran. An dieser Stelle machen Sie nicht einmal das, was der Rechnungshof von Ihnen fordert. Ehrlich gesagt: Ob wir den Rechnungshof und dessen Arbeit schätzen, entscheidet sich nicht einmal im Jahr, ganz am Ende des Jahres, wenn hier ein Dank vorgelesen wird und alle im Haus kräftig applaudieren, sondern es entscheidet sich in den 364 Tagen dazwischen, ob wir seine Arbeit ernst nehmen und seine Hinweise auch aufnehmen. Sie nehmen nur sehr wenige dieser Hinweise auf. Deswegen werden wir diese Drucksache weiter im Ausschuss beraten müssen, weil wir die Hoffnung haben, dass daraus dann noch ein paar mehr Arbeitsaufträge für den Senat erwachsen und wir diese programmatische Grundlage endlich erhalten.

Wir fordern: Die Stadt soll alle städtischen Beteiligungen abstoßen, die nicht der Daseinsvorsorge

dienen oder ein strategisches Interesse haben. Wenn Sie das nachweisen können, sind wir offen dafür. Deswegen freuen wir uns auch auf die Debatte im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Herr Schreiber von der SPD-Fraktion bekommt nun das Wort.

(Vizepräsidentin Christiane Schneider über- nimmt den Vorsitz.)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Rechnungshof hat in verdienstvoller Art und Weise einen Jahresbericht 2016 geschrieben, in dem er sich in großen Teilen mit der Beteiligungsverwaltung auseinandersetzt. Das ist, glaube ich, sehr vernünftig und gut gewesen, das muss man loben und sich dafür bedanken.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Thema der Beteiligungsverwaltung ist, wie man nachlesen kann, sehr wichtig. Aus dem Bericht des Rechnungshofs geht hervor, dass die Unternehmensbeteiligung, die wir in dem Beteiligungsbericht 2014 haben, eine Bilanzsumme von 29 Milliarden Euro mit 58 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – das sind mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, als es ansonsten in der Freien und Hansestadt Hamburg gibt – und eine jährliche Investitionssumme von 1,3 Milliarden Euro im Jahr aufweist, das ist doppelt so viel wie der Rest der Stadt investiert. Insofern würde ich sagen, ist die Beteiligungsverwaltung, wenn man sich diese insgesamt ansieht, mindestens halb Hamburg, wenn nicht mehr. Es ist klug und richtig, darauf einen genauen Blick zu richten, und zwar nicht nur durch den Rechnungshof, sondern natürlich auch durch den Ausschuss Öffentliche Unternehmen. Deswegen haben wir, anders als Sie es eben dargestellt haben, die Empfehlung des Rechnungshofs aufgegriffen und gesagt, das, was da empfohlen wird – ich kann das einmal aus diesem Bericht zitieren –,