Brexit: Nur wer drin ist, kann auch mitgestalten. Unsere Haltung bleibt: mit Herz und Vernunft für ein starkes, solidarisches Europa
Keine Einheitsschule durch die Hintertür – Hamburg braucht starke Stadtteilschulen UND starke Gymnasien
Hamburg muss die ungerechte und verfassungswidrige vom Bundestag beschlossene Erbschaftssteuer ablehnen
Die Fraktionen sind übereingekommen, die Schuldebatten sowie die Brexit-Themenanmeldungen gemeinsam zu debattieren.
Deswegen rufe ich zunächst das erste, vierte und fünfte Thema auf. Das Wort bekommt Frau von Treuenfels-Frowein von der FDP-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ein halbes Jahrzehnt ist dieser Schulsenator im Amt.
Seitdem sprechen wir über die wachsenden Probleme der Stadtteilschulen – das wird jetzt leider sehr unkomisch –, belegt durch wiederkehrende Brandbriefe, sinkende Anmeldezahlen und zahlreiche Klagen der Schulbasis. Und ein gefühltes Dutzend Mal erzählt uns der Schulsenator völlig ungerührt, dass es kein Auseinanderklaffen zwischen Anspruch und Wirklichkeit gebe. Vor zwei Monaten haben die GRÜNEN den Senator kopiert und behauptet, die Opposition – zu der sie nun nicht mehr zählen, deswegen sagen sie es wahrscheinlich auch – würde Probleme künstlich herbeireden, sie also quasi verursachen. Und Sie, Herr Rabe, haben hier zum x-ten Mal eine kleine Märchenstunde abgehalten und erzählt, wie wunderbar doch alles funktioniere. Selten wurde dieses Haus so getäuscht.
Fast 90 Prozent der Stadtteilschulleiter belegen nun, wie dieser Senator, wie sehr Rot-Grün Probleme vertuscht. 51 von 59 verantwortlichen Schulleiterinnen und Schulleitern bestätigen all unsere Kritik und verstärken sie sogar noch. Das System, sagen sie, stehe kurz vor dem Scheitern.
Ich möchte nur zwei von vielen Gründen für die Misere der Stadtteilschulen nennen. Erstens: Die Einführung der Inklusion mit der Brechstange ist quasi gescheitert. Zweitens: Die Aufteilung der Flüchtlingsklassen in dieser Stadt ist völlig ungleich. Als die FDP diesen Missstand im Februar 2016 aufdeckte, sprach der Senator noch von Unsinn. Das ist eins der Paradebeispiele dafür, wie stur und wirklichkeitsfremd dieser Senator agiert.
Ich gebe Ihnen noch ein Beispiel, das finde ich fast noch krasser. Vergangenen Sonntag sagte Senator Rabe zur Flüchtlingsbeschulung, ich zitierte aus der "Welt am Sonntag":
"In keinem anderen Bundesland sagen die Lehrer und Schulleiter, dass sie es ungerecht finden, dass sie sich mit diesen Schülern befassen müssen."
Das muss man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen. Haben die 51 Schulleiterinnen und Schulleiter das gesagt? Nein, das haben sie nicht gesagt. Das ist Sturheit gepaart mit Zynismus.
Und dann setzt Frau von Berg noch einen drauf und begrüßt den Brief der Schulleiterinnen und Schulleiter ausdrücklich. Nirgendwo sei der Lernzuwachs größer als an den Stadtteilschulen, was unbestritten sei, sagt sie.
Liebe Frau von Berg, ist das Ihr Ernst? Ist das wirklich Ihre Antwort auf einen Hilferuf von 51 Schulen? Oder ist das der Versuch, durch die kalte Küche den links-grünen Traum der Einheitsschule wieder hervorzuholen? Sie, Herr Senator Rabe, steuern mit Ihrer ewigen Sturheit genau auf dieses Ziel hin. Mit Ihrer Politik des Unterlassens ruinieren Sie das gesamte Schulsystem in Hamburg.
Mit dieser Haltung können Sie nicht weitermachen. Probleme gibt es nicht und schuld sind immer die anderen – das funktioniert nicht mehr.
Oder wollen Sie vielleicht abwarten, bis die Probleme eskalieren, bis das nächste Volksbegehren droht? Rufen Sie dann das selbst ernannte A-Team, die freundlichen Herren Dressel und Tjarks, bekannt als Feuerlöscher für den Senat, diesmal im Einsatz für einen Schulsenator, der seinen Job nicht macht? Nein, Herr Rabe, Sie sind der verantwortliche Senator, Sie sind in der Pflicht, die Hilferufe Ihrer Schulleiter endlich ernst zu nehmen.
Wir als FDP wollen bestimmt keine neue Schulstrukturdebatte, aber der Schulfrieden, wie Sie ihn beschwören – das finde ich gar nicht lustig, aber schön, dass Sie darüber lachen –, bedeutet nichts anderes als Stillstand. Und dieser Stillstand, diese Untätigkeit führt dazu, dass wir diese Probleme haben.
Dass wir Liberalen die Lösung sicherlich nicht, wie andere in der Bürgerschaft, in der Einheitsschule sehen, dürfte, glaube ich, jedem klar sein. Der Traum, dass alle gleich sind, wird niemals Realität. Wenn man ehrlich ist, zeigen die Probleme an der Stadtteilschule das doch jetzt schon.
Wenn eine Schulform am Anspruch fast zerbricht, kann es doch nicht die Lösung sein, die zweite Schulform gleich mit zu versenken.
Wir brauchen Lösungen für beide Schulformen. Da haben wir als Oppositionsparteien schon unzählige Vorschläge gemacht. Herr Rabe, ich fordere Sie noch einmal auf, wachen Sie endlich auf, kommen Sie nach einem halben Jahrzehnt in der Realität an, lösen Sie die Probleme – wie immer gern mit uns zusammen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Stadtteilschulen sind ein beliebtes Thema der Aktuellen Stunde. Am 27. April 2016 hat unter anderem mein Kollege Kazim Abaci schon zu den Stadtteilschulen gesprochen. Wir hätten eigentlich auf die Debatte verweisen können.
Aber ich will zu Frau von Treuenfels-Frowein ein paar Bemerkungen machen. Erstens: Ein halbes Jahrzehnt Schulsenator Rabe ist, finde ich, ein gutes Zeichen.
Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass wir natürlich auch Schulsenatoren hatten wie zum Beispiel Schulsenator Lange. Erinnert sich noch jemand an ihn? Zwei Jahre im Amt. Schulsenator Soltau, ja, den gab es einmal, vier Monate im Amt. Das sind doch Tatsachen, die man berücksichtigen sollte.
Zweitens: Wer es gut mit der Entwicklung von Stadtteilschulen meint, hätte heute auf diese Debatte verzichtet, denn das Ergebnis ist doch die Schlagzeile "Über die Stadtteilschule wird dauernd geredet und die können es nicht". Ich glaube, das hat diese Schulform bei Weitem nicht verdient.