Protocol of the Session on June 15, 2016

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Alles begann mit einer klugen Idee. Es war eine kluge Idee zu sagen, wir verkürzen die Wartezeiten und machen das mit einer Terminvergabe. Nur was hat der Senat gemacht? Wenn Hamburg Innovation braucht, was macht dieser Senat dann? Dann ruft er Dataport an. Und damit nahm das Schicksal seinen Lauf. Smart City, Smart Olaf, Smart Peter – peinliche Provinzpossen mit einfacher Technik. Willkommen in der digitalen Diaspora, dem Hamburger Senat.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Im Jahr 2014, vor den Bezirksversammlungswahlen, haben Sie unseren Antrag mit beschlossen, liebe SPD. Vielleicht schauen Sie noch einmal in die 20. Wahlperiode zurück. Damals war das Ziel, Termine beim Kundenzentrum auch weiterhin zu erhalten, auch ohne vorherige Anmeldung. Ihr Ziel haben Sie damit nicht nur nicht erreicht, sondern Sie haben es sogar ins Gegenteil verkehrt. Wer einen Termin hat, wartet erst einmal zwei Monate, und wer keinen hat, der wartet den ganzen Tag, wenn er morgens vor der Tür steht. Über zwei Jahre und dieser Senat schafft es nicht, eine Terminvergabe einzurichten – und dahinter, Herr Tschentscher, steckt Ihr Versagen. Sie steuern die öffentlichen Unternehmen nicht richtig. Sie sind für Dataport verantwortlich. Sie kaufen bei Dataport Leistungen ein, und Sie wissen nicht einmal, ob Sie

(Senator Dr. Peter Tschentscher)

diese Leistungen dann auch bekommen. Ich habe nachgefragt, was eigentlich die Service-LevelAgreements sind, also die Leistungen, die Dataport zur Verfügung stellt – weiße Seiten, seitenweise leere Seiten. Wir wissen gar nicht, ob wir die Leistungen bekommen. Wir schmeißen denen Millionen hinterher und wissen gar nicht, ob wir die Leistungen bekommen. In diesem Bereich bekommen wir sie regelmäßig nicht, das haben wir zuletzt im vergangenen Sommer gesehen. So wenig Controlling kennen wir bisher eigentlich nur von der HPA bei Infrastrukturprojekten.

Was ist also seit unserem Antrag 2014 passiert? Nichts. Über zwei Jahre, und die Situation hat sich sogar noch verschlechtert. Selbst die Live-Onlineanzeige der Wartezeit haben Sie abgeschafft. Jetzt weiß man nicht einmal mehr, wie lange man warten muss, wenn man einmal ohne Termin ins Amt muss. Herzlichen Glückwunsch, das ist Innovation unter Ihrem rot-grünen Senat.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Es gibt wirklich schwierige Aufgaben in dieser Stadt: die HSH Nordbank, die Flüchtlingskrise, die Zukunft des Hafens. Dies ist keine schwierige Aufgabe, dies ist der real existierende Dilettantismus der SPD.

(Beifall bei der FDP und bei André Trepoll CDU und Dr. Joachim Körner AfD)

Und was hat der Senat getan, um den Hamburgern zu helfen? Frau Heyenn, diese Frage haben Sie auch aufgeworfen. Zweieinhalb Monate vor Beginn der Sommerferien gibt der Senat eine Pressemitteilung raus und weist darauf hin, dass die Ferienzeit vor der Tür stehe. Das tut sie zwar gar nicht, aber was tatsächlich vor der Tür steht, ist der Zeitpunkt, zu dem man vor den Ferien keinen Termin mehr bekommt. Das ist das, was der Senat meinte. Bei einem Sechs-Wochen-Vorgang müssen Sie mittlerweile vier Monate vor Reiseantritt an die Verlängerung denken. Das bedeutet, noch bevor Sie eine Auslandsreise buchen, müssen Sie als Hamburger ein Ausweisdokument von König Olafs Gnaden bei den Behörden erbetteln. Dieser Senat verschwendet das Geld der Hamburger bei seinen Beteiligungen und er verschwendet die Zeit der Hamburger, die vor den Kundenzentren versauern. Ihre 40 Stellen mehr nützen auch nichts, wenn in einzelnen Bezirken die Stellen vakant sind – bis zu 50 Prozent der Planstellen in den Kundenzentren. Da brauchen Sie nicht mehr Stellen, sondern mehr Besetzung.

Meine Damen und Herren! Selbst Loriot wäre an der Darstellung dieser grotesken Abläufe gescheitert. Und wenn Sie wissen wollen, was die Hamburger über Ihre Arbeit denken, dann machen Sie einen Tag den Job eines Sachbearbeiters im Kundenzentrum. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU und bei Dr. Joachim Körner AfD)

Jetzt bekommt Herr Dr. Wolf von der CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bis auf Senator Tschentscher sind wir uns einig: Wir haben in dieser Stadt einen Kundenzentren-Kollaps. Und wenn uns die SPD sagt, es sei doch gar nicht so schlimm, wenn man zum Amt gegangen sei, dort acht Stunden gesessen habe und nach Hause geschickt worden sei, man könne am nächsten Tag wiederkommen und dann bekomme man relativ schnell einen Termin,

(Dirk Kienscherf SPD: Das hat keiner ge- sagt!)

dann ist das purer Hohn in dieser Situation.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Dirk Kienscherf SPD: Das ist die Unwahrheit, was Sie hier erzählen!)

Es ist genug mit dem Kundenzentren-Kollaps. Und verantwortlich dafür sind nicht die Bürgerinnen und Bürger, die Ausweispapiere und ähnliche Dienstleistungen nachfragen, verantwortlich sind auch nicht die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, verantwortlich dafür ist allein dieser Senat.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Woran liegt denn das? Dieser Senat hat immer mehr Aufgaben auf die Bezirksämter übertragen. Das ist an sich gut, denn das führt zu einer bürgernahen Verwaltung. Was dabei allerdings nicht geklappt hat, ist, dass die Stellen, die dafür zuständig sind, diese Aufgaben zu erfüllen, in den Landesbehörden geblieben sind und nicht auf die Bezirke übertragen wurden. Darin liegt der Grundfehler dieser ganzen Geschichte.

(Beifall bei der CDU)

Der zweite Grund ist, dass die Bezirksämter erhebliche Beiträge zur Haushaltskonsolidierung leisten mussten. Die unbesetzten Stellen sind heute noch das Zeichen dieser Beiträge, die die Ämter leisten mussten. Und wenn jetzt die Stellen Stück für Stück wieder aufgefüllt werden, dann ist das okay und es ist auch richtig, aber es reicht immer noch nicht, denn es fehlen Stellen, um die gesamten Aufgaben zu erfüllen.

Herr Tschentscher, nun sagen Sie doch einmal ehrlich: Sie haben gesagt, es seien sukzessive Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Kundenzentren weggegangen und die Stellen seien unbesetzt geblieben. Ja, haben Sie das denn nicht gemerkt? Ist das alles auf einmal passiert? Auf einmal haben Sie die Augen geöffnet und schwups waren die Mitarbeiter nicht mehr da? Nein, Herr Tschentscher, das können Sie mir nicht erzählen. Das liegt

(Michael Kruse)

daran, dass Sie das nicht überprüfen, dass Sie kein richtiges Controlling haben in Ihren Ämtern und dass Sie erst dann aufwachen, wenn der Bürgerprotest nicht mehr aushaltbar ist.

(Beifall bei der CDU, vereinzelt bei der FDP und bei Dr. Ludwig Flocken fraktionslos)

Dann haben Sie uns vollmundig die Digitalisierung der Ämter versprochen. Schön, man kann Termine digital bekommen. Nur was bekommen Sie, wenn es keine Termine gibt? Dann hilft Ihnen auch ein digitales Portal nicht mehr, wenn dieses Portal Ihnen sagt, es gebe keinen Termin. Das ist hier einfach ein Ansatz am falschen Ende.

Und es kommt noch viel schlimmer. Es ist nicht nur angekündigt worden, dass eine verstärkte Nachfrage nach Terminen in den Sommermonaten aufkommen werde, es ist auch angekündigt worden, dass einige Kundenzentren während der Sommermonate tageweise oder sogar ganz schließen. Was soll das denn in diesem Zusammenhang?

Auch das Thema "Gesamte Schließung von Kundenzentren" ist noch nicht tot. Das haben die Bürgerinnen und Bürger einstweilen verhindert. Aber wer weiß, Herr Tschentscher, vielleicht kommen Sie damit auch noch einmal um die Ecke? So ganz aufgegeben haben Sie das Thema immer noch nicht.

Und wenn man sich dann noch überlegt, dass einige Mitarbeiter in einem Kundenzentrum einen Betriebsausflug gemacht haben und dann Herr Schreiber um die Ecke kommt und sagt, das sei bescheuert – meine Damen und Herren, das Einzige, was hier bescheuert ist, ist, dass der Senat nicht in der Lage ist, die Terminvergabe in den Kundenzentren vernünftig zu regeln. Das ist bescheuert, und nicht, dass Mitarbeiter mal raus wollen.

(Beifall bei der CDU)

Natürlich müssen die Mitarbeiter mal raus, denn auch der Krankenstand in den Kundenzentren ist einer der Gründe, warum derzeit die Stellen nicht besetzt sind. Und warum sind diese Mitarbeiter krank? Weil sie einfach so stark belastet sind von dieser Situation. Der Senat macht die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kundenzentren krank. Und wenn die dann mal raus wollen, kann ich das vollkommen verstehen. Wir müssen hier einmal eine Lanze brechen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nämlich einen sehr guten Job machen.

(Beifall bei der CDU und Jens Meyer FDP)

Wenn SPD und GRÜNE jetzt sagen, das müsse sich ändern, dann sagen wir:

(Glocke)

Übernehmen Sie die Verantwortung und lösen Sie das Problem, und zwar so schnell wie möglich. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Carl-Edgar Jar- chow und Dr. Wieland Schinnenburg, beide FDP)

Das Wort bekommt Herr Schmitt von der SPD-Fraktion.

Herr Wolf, ein bisschen erinnert das an Rudi Carrell. Schuld daran ist allein die SPD, wie Sie das darstellen.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Wieland Schinnenburg FDP und Dr. Joachim Körner AfD – Zurufe von der CDU: Ja!)

Ich glaube, wenn Sie zugehört hätten, wüssten Sie, dass weder ich noch der Senator versucht haben, irgendwas an der Situation zu beschönigen.

(André Trepoll CDU: Das hat sich eben an- ders angehört!)

Wir haben deutlich gemacht, dass die Situation mit der Terminvergabe in den Kundenzentren unbefriedigend ist. Das ist so. Und der Senator und ich haben auch dargestellt, welche konkreten Maßnahmen eingeleitet wurden, um die Situation zu verbessern. Aber daran scheinen Sie überhaupt kein Interesse zu haben. Sie pöbeln hier die ganze Zeit dazwischen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Offensichtlich sind Sie an einer Verbesserung der Situation überhaupt nicht interessiert. Sie beweisen doch, dass nicht jede Besserwisserei ein Verbesserungsvorschlag ist, denn konkret haben Sie überhaupt nichts gesagt, was man tun könne, um die Situation zu verbessern.

(Beifall bei der SPD)

Insofern: Wir haben die Schwierigkeit bei den Kundenzentren erkannt. Wir sorgen für die Personalverstärkung.

(Glocke)

Herr Schmitt, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Wolf?

Nein, Herr Wolf war gerade dran.