Hamburg ist nicht der Leuchtturm dieser Zukunftstechnologie, wie Rot-Grün es darstellen will. Es ist vielleicht ein kleines Taschenlämpchen, dessen Leuchtkraft von hier bis zum Bahnhof reicht, aber nicht einmal nach Berlin. Dort nehmen sie das nicht wahr, und in Stanford/Kalifornien oder Japan schon einmal gar nicht.
Es ist noch etwas Entscheidendes bei diesem Zukunftsthema 4.0: Diese langfristigen strategischen Themen müssen mit anderen langfristigen Themen zusammen gedacht werden – das wenigstens ist schon einmal angeklungen –, zum Beispiel das Thema Bildung und Ausbildung. Es ist doch völlig klar, und das Fraunhofer-Institut bestätigt das in jeder Studie, dass die Anforderungen an die Mitarbeiter in der Industrie signifikant steigen werden.
Neue Arbeitsinhalte haben noch weit höhere Komplexität, die die Ausbildung bewältigen muss. Noch mehr bereichsübergreifende Kompetenzen sind gefordert. IT, Elektrotechnik und Mechanik müssen die Leute können. Somit ist Industrie 4.0 bei falscher Politik auch eine gewaltige gesellschaftliche und politische Bedrohung. Einfache Tätigkeiten werden verschwinden. Das heißt, ganze Bevölkerungsschichten und Stadtteile drohen abgehängt zu werden. Sie haben überhaupt noch nicht erfasst, welche Aufgabe auf Sie zukommt. Wir brauchen ganz gewaltige Qualifizierungsoffensiven, und davon haben wir heute viel zu wenig gehört.
Noch ein zweites Großthema der Zukunft ist direkt mit 4.0 verbunden, nämlich der demografische Wandel. Industrie 4.0 passt sehr gut, geradezu idealtypisch, zu einer schrumpfenden Gesellschaft, wie wir sie haben. Industrie 4.0 braucht weniger Menschen, die aber immer besser ausgebildet sind. Industrie 4.0, sagt die allerneueste HWWIStudie, wird solche gewaltigen Produktivitätssteigerungen freisetzen, nämlich dass trotz Rückgang der Bevölkerung das Produktionsniveau gehalten und sogar ausgeweitet werden kann. Das bedeutet für unsere Einwanderungspolitik ganz klare Signale; das muss alles zusammen gedacht werden. Das bedeutet, Hamburg und Deutschland können bei den Anforderungen von Industrie 4.0 nur wenige, aber hochqualifizierte Einwanderer in diese zukünftigen Bereiche wirklich integrieren. Das wird noch dringender, noch fordernder, noch problematischer, als es jetzt ist; das müssen Sie sich einfach klarmachen. Industrie 4.0 ist damit auch eine Warnung, eine Rückmeldung aus der Realität. Hören Sie, verdammt noch einmal, hin. – Danke.
Ich würde es ganz nett finden, Herr Dr. Baumann, wenn auch Sie zum parlamentarischen Sprachgebrauch zurückfinden würden. – Jetzt bekommt Senator Horch das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die vierte industrielle Revolution ist, wie wir es heute vernehmen, in aller Munde. Gute Forschungs- und Entwicklungsarbeit am Standort, vor allen Dingen in Hamburg, ist die Grundlage für eine erfolgreiche Gestaltung und das Gelingen dieses gesamten Prozesses.
Hierfür verfolgt dieser Senat eine klare Strategie in der Förderung von Forschung und Entwicklung, was Industrie 4.0 angeht.
Gerade gestern hat der Senat die Details zur Weiterentwicklung des Fraunhofer-Centers für Maritime Logistik und Dienstleistungen, kurz CML genannt, bekannt gegeben. Das CML, als ein Beispiel, generiert mit anwendungsorientierten Forschungsleistungen bereits seit 2010 einen erheblichen Nutzen für den wichtigen wirtschaftlichen Hintergrund in Hamburg, nämlich Transport, Logistik und Hafenwirtschaft. Es befindet sich auf dem Gelände unserer, das will ich betonen, sehr angesehenen Technischen Universität Hamburg-Harburg. Die Weiterentwicklung zu einem eigenständigen Institut im Harburger Binnenhafen sowie die weiteren Fraunhofer-Einrichtungen, die sich auf Hamburg weiter verteilen und es ergänzen werden, werden durch diesen Senat schwerpunktmäßig in idealer Weise gefördert, um Hamburg zu einem führenden Innovationsstandort in Europa zu machen.
Ein anderes Beispiel: Das Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung, kurz ZAL genannt, ist ein weiterer Meilenstein in der Entwicklung des Clusters Aviation in Hamburg. Mit dem ZAL hat Hamburgs Luftfahrt eine der modernsten Test-Infrastrukturen in vielen Zukunftsfeldern der Welt bekommen, um dort gemeinsam zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, den Großbetrieben, den mittleren und kleinen Betrieben zu forschen und zu entwickeln. Das ZAL TechCenter ist ein Innovationszentrum für visionäre Ideen, aus denen am Ende innovative Produkte für die Luftfahrtindustrie resultieren sollen. Hamburg erhält damit als Luftfahrtstandort ein weltweit einzigartiges Aushängeschild.
Digitalisierung, das will ich zwischendurch auch einmal erwähnen, hat immer das Ziel, den Wirtschaftsstandort zu stärken. Und das, was wir anhand dieser beiden Beispiele aufzeigen, ist eine erhebliche Stärkung des Wirtschaftsstandorts Hamburg.
Ein weiteres Beispiel: Die Welt wächst, gerade auch über ihre Häfen, aufgrund der Globalisierung der arbeitsteiligen Welt zusammen. Der Hafen spielt dabei, wie schon seit über 800 Jahren in Hamburg, eine sehr wichtige Rolle. In Zeiten dieser globalen Digitalisierung setzen Hamburg und unsere Port Authority die Digitalisierungsstrategie des Hamburger Hafens ganz konsequent fort. Als Gastgeber der Welthafenkonferenz 2015 – ein Riesenerfolg für Hamburg – wurden bereits viele innovative Pilotprojekte im Rahmen der smartPORTKonzepte umgesetzt. Auf der Basis dieser gemachten Erfahrungen hat die HPA den Gedanken des intelligenten Hafens, an dem wir aufgrund vieler weltwirtschaftlicher Veränderungen hart arbei
ten müssen, weiterentwickelt und ein internationales Netzwerk zwischen den Häfen unter dem Namen ChainPORT initiiert. Das ist genau der richtige Ansatz. Diesen Weg müssen wir beschreiten.
Die weltweite Plattform soll zum einen die bessere Vernetzung der Partnerhäfen gewährleisten und zum anderen die Basis dafür schaffen, um gemeinsam neue, zukunftsorientierte und innovative Lösungen zu finden. In den vergangenen Wochen hatten wir gemeinsam mit der HPA für die führenden Häfen aus Asien sehr wohl überlegt, aus welchen Kontinenten die Einzuladenden kämen, und haben aus Amerika und Europa zu einem Informationsaustausch und zur Gründung des Hafennetzwerks ChainPORT nach Hamburg eingeladen.
Meine Damen und Herren, Sie sehen an diesen Beispielen: Wir sind dabei, nicht nur Begrifflichkeiten zu verwenden, sondern sehr praxis- und unserer Hamburger Wirtschaft nahe Entwicklungen voranzubringen.
Technische Innovation und gerade immer wieder das Zusammenspiel im Austausch von Wissenschaft und Wirtschaft und der Vereinbarkeit von Ökonomie – das will ich sehr deutlich betonen – mit der Ökologie spielen hierbei eine herausragende Rolle in der zukünftigen Entwicklung des Wirtschafts- und Industriestandorts Hamburg, aber auch des Lebensraums Hamburg. Dies wird konsequent in der Gesamtclusterpolitik dieses Senats vorangetrieben.
Wir werden uns aber nicht auf diesen erzielten Fortschritten ausruhen, sondern weitere große Anstrengungen unternehmen. Die Entwicklung von weiteren Forschungs- und Entwicklungsparks ist in unserem Fokus, und dazu gehört auch unser Ziel, dem Zentrum für Luft- und Raumfahrt eine noch engere Zusammenarbeit an unserem Standort zu ermöglichen.
Ich bin überzeugt davon, dass wir mit dem DLR eine gute Perspektive bieten, so unseren Standort, gerade was die Luftfahrt angeht, noch weiter zu etablieren.
Unsere Maßnahmen sind intensiv und haben eine große Bandbreite. Die Digitalisierung und Industrie 4.0 stellen einen weiteren wichtigen Meilenstein in dieser Entwicklung dar. Es geht darum, sich von dem Gedanken, das hätten wir schon immer so gemacht, zu verabschieden und nach vorn zu blicken. Industrie 4.0 vereint Großproduktion mit individuellen Kundenwünschen und kostengünstigen, aber auch erhöhten Qualitätsanforderungen. Die Basis von Industrie 4.0 ist die intelligente Fa
brik. In ihr interagieren vernetzte Einheiten wie beispielsweise Produktionsroboter, Transportbehälter oder Fahrzeuge, die über digitale Schnittstellen eigenständig miteinander verbunden sind. So vereinigen sich die Vorteile aus einer Massenproduktion mit den Ansprüchen einer hochqualitativen Einzelfertigung.
In vielen Unternehmensbereichen, übrigens auch in Hamburg, sind digitale Prozesse bereits Bestandteil des alltäglichen Arbeitens. Viele Arbeitsschritte wären ohne die digitale Entwicklung mittlerweile nicht mehr möglich. Ich bin davon überzeugt, dass die Bedeutung der Industrie zur Wertschöpfung durch die Digitalisierung weiter wachsen wird und dass die Hamburger Unternehmen ihr Innovationspotenzial nutzen können, um mit diesem wichtigen Ansatz die Wettbewerbsfähigkeit in allen Belangen weiter herzustellen.
Selbstverständlich lassen tiefgreifende Veränderungen sich nicht von heute auf morgen umsetzen. Neue Technologien und die zunehmende Verfügbarkeit von Daten bedeuten jedoch nicht nur Herausforderungen, sondern eröffnen auch den Raum für Weiterentwicklung und Gestaltung. Vor allem in den großen Hamburger Unternehmen stehen die digitalen Möglichkeiten heute schon auf der Tagesordnung. Den kleinen und mittleren Unternehmen wollen wir in diesem Prozess noch mehr Unterstützung für diese Entwicklung geben.
Wir wollen die mit Industrie 4.0 verbundenen Chancen für Hamburg nutzen und haben dieses Thema auch im Koalitionsvertrag entsprechend verankert. Die Hamburger Industrie soll als tragende Säule des Wirtschaftsstandorts Hamburg auch in Zukunft gestärkt werden. Für die Hamburger Industriepolitik haben wir einen bewährten übergeordneten konzeptionellen Rahmen. Das ist der Masterplan Industrie, der gemeinsam mit der Handelskammer, dem Industrieverband Hamburg und dem DGB Nord auf den Weg gebracht wurde.
Der Masterplan Industrie zielt darauf ab, durch die Gestaltung wichtiger Rahmenbedingungen – und das ist Digitalisierung in starkem Maße – die Entwicklung der Industrie am Standort Hamburg zu fördern. Um die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen durch Industrie 4.0 für Hamburg zu nutzen, ist es sinnvoll und folgerichtig, den Masterplan Industrie und das Handlungsfeld Industrie 4.0 zu erweitern.
Hierbei – das möchte ich ganz besonders betonen – sind Handlungsfelder wie Datensicherheit – heute kurz angesprochen –, die Aus- und Weiterbildung des Personals und die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt ein sehr wichtiger Hintergrund.
Auch diese Tatsache ist auf der deutschen Wirtschaftsministerkonferenz klar in die Digitalisierungsstrategie aufgenommen worden.
Die positive Weiterentwicklung des Standorts Hamburg kann nur gelingen, wenn alle Beteiligten daran mitwirken. Deshalb fordere ich Sie alle auf, an diesem Prozess konstruktiv mitzuarbeiten. Unterstützen Sie den Senat in seinen Initiativen bei diesem wichtigen Thema. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Tjarks, Sie haben gefragt, warum wir diesen Antrag unterstützen wollen. Ich kann es Ihnen sagen. Es ist gut, dass Sie diesen Antrag gestellt haben. Es ist gut für die Stadt,
denn Industrie 4.0 ist eine Spielart der Digitalisierung, und die Digitalisierung wird nicht nur unser Wirtschafts- und Arbeitsleben verändern, sondern sämtliche gesellschaftlichen Bereiche und unser gesamtes Leben.