Protocol of the Session on December 9, 2015

Es gibt keinen Planet B: Weltklimagipfel in Paris und Hamburgs Klimaplan

von der Fraktion DIE LINKE

Viel heiße Luft – Klimaschutz in Hamburg, warum steuert Kerstan nicht um?

von der FDP-Fraktion

Finanzkonzept gefakt, Rot-Grün zerrissen: Scholz muss die Ursachen des Olympiadebakels erklären

und von der AfD-Fraktion

Klimagipfel in Paris – fehlen Hamburg die Antworten?

Die Fraktionen sind übereingekommen, das zweite und fünfte Thema gemeinsam debattieren zu wollen.

Ich rufe nun zunächst das erste Thema auf. Dazu bekommt Herr Quast von der SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nachdem wir heute auf der Tagesordnung einige Themen haben – auch dank der CDU –, bei denen es um Vergangenheitsbewältigung geht und auch darum, Risiken in der Zukunft zu erkennen,

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Ihr sorgt für den Blankoscheck!)

haben wir zumindest ein Thema, bei dem wir die Einnahmensicherung für Hamburg in der Zukunft besprechen können.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Im Oktober 2011 haben die Regierungschefs der Länder Verhandlungen aufgenommen, um die Bund-Länder-Finanzbeziehungen ab 2020 neu zu regeln. Das ist erforderlich, weil die Regelungen des Solidarpakts II Ende 2019 auslaufen.

In der vergangenen Woche ist es nun unter Federführung unseres Ersten Bürgermeisters Olaf Scholz gelungen, eine Einigung unter den 16 Ländern herzustellen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Eine Verständigung, an die viele nicht mehr geglaubt haben, weil die Interessen der Länder ebenso unterschiedlich sind wie die Länder selbst. Einen Kompromiss zu erzielen ist ein großer Erfolg für unseren Bürgermeister, dazu auch herzlichen Glückwunsch. In der Sache ist es aber auch ein großer Erfolg für Hamburg, was dort ausverhandelt wurde.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Insgesamt ist die Einigung ein Bekenntnis zu einem solidarischen Föderalismus, der bei aller Diskussion in Detailfragen unser Land auch so erfolgreich gemacht hat, der uns die Stärke gegeben hat, die deutsche Einheit zu bewältigen, und uns jetzt dazu verhilft, die Herausforderung des Zustroms an Flüchtlingen zu bewältigen.

Ziel des Länderfinanzausgleichs ist es, eine Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in den Ländern zu schaffen oder dazu beizutragen, indem

die unterschiedliche Wirtschafts- und Finanzkraft der Länder im Nachgang austariert wird. Weil das so ist und weil es gelungen ist, sozialdemokratische, christdemokratische, christsoziale, grüne und linke Ministerpräsidenten zu einer gemeinsamen Linie bei der Neuordnung der bundesstaatlichen Finanzbeziehungen zusammenzubringen, wird am Ende auch der Bund, der auch nicht gänzlich unbeteiligt gewesen ist, diese Einigung mittragen. Da bin ich mir sehr sicher.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Dieses Verhandlungsergebnis auf politischer Ebene ist auch deshalb zu begrüßen, weil nicht Richtern die Entscheidung über eine derartig wichtige und zugleich komplexe Materie überlassen wurde, wie das Bayern und Hessen mit ihrer Verfassungsklage durchaus angegangen sind, sondern eine politische Lösung erzielt wurde und damit dieses Thema, das für die Länder, aber auch für den Bund so wichtig ist, durch Politik geregelt wird.

Hamburg hat, anders als Bayern und Hessen, keine Klage erhoben. Hamburg war seit Bestehen des Länderfinanzausgleichs fast immer Zahlerland und hat sich der Klage, genauso wie Baden-Württemberg, nicht angeschlossen, sondern auf diese Verhandlungslösung hingearbeitet, wie sie auch im Koalitionsvertrag auf Bundesebene angelegt ist. Das zeigt, dass Verhandeln besser ist als Klagen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Gemeinsam mit dem Bundesfinanzminister hatte Olaf Scholz schon im Vorfeld einige Vorschläge über das Volumen einer Einigung vorgelegt, 11 Milliarden Euro standen einmal zur Debatte. Jetzt ist auf Bundesebene durch die CDU ins Gespräch gebracht worden, den Solidaritätszuschlag ab 2020 schrittweise bis 2030 abzusenken und dann aufzulösen. Ich weiß nicht, ob das der richtige Schritt ist, um mit den finanziellen Herausforderungen der Zukunft umzugehen. Ob das auch nachhaltig sein kann, das werden wir noch sehen. Es zeigt aber, dass man sich auf einer neuen Grundlage verständigen musste. Ob es am Ende dann um 8,5 Milliarden oder 11 Milliarden Euro geht, ob die Frage ist, ob man die Bundesbeteiligung auf Grundlage der Preise von 2014 beschreibt oder ob man die Inflation von morgen in die Rechnung einbezieht, all das wird am Ende jedenfalls nicht darum herumführen, dass der Bund sich beteiligen wird.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die Verständigung sprengt sicherlich nicht die Möglichkeiten des Bundes, auch wenn sich Haushaltspolitiker – das würden wir doch genauso machen – auf Bundesebene erst einmal skeptisch äußern. Aber in Wirklichkeit geht es um 1 Milliarde Euro. Es ist gelungen, 3 Milliarden Euro für die Flüchtlinge aus Bundesmitteln lockerzumachen,

(Präsidentin Carola Veit)

worüber wir sehr froh sind. Dann wird es am Ende nicht an 1 Milliarde Euro scheitern.

Die Einigung ist auch ein Wert an sich, weil die Länder eine Neuordnung erstmals seit über vier Jahrzehnten auf dem Verhandlungswege und ohne eine Aufforderung des Bundesverfassungsgerichts erreicht haben. Das verdient, honoriert zu werden, genauso wie die erzielten Ergebnisse. So wird der Umsatzsteuervorwegausgleich wegfallen, sodass auch Nordrhein-Westfalen künftig Zahlerland wird. Die neuen Länder erhalten eine Bundesergänzungszuweisung zur Stärkung ihrer kommunalen Finanzkraft, und die Haushaltsnotlageländer Saarland und Bremen bekommen eine zusätzliche Sanierungshilfe.

Ich will zum Schluss noch etwas zu Hamburg sagen, denn auch Hamburg fährt mit diesem Kompromiss gut, und er verdient unser aller Unterstützung. Wir erhalten Planungssicherheit, und die Stadtstaatenwertung, also die Einwohnerwertung, bleibt erhalten, um die Aufgabenwahrnehmung für die Metropolregion zu sichern, wie auch in anderen Ländern. Deswegen kann ich Sie nur bitten, dass Sie, wenn es in Ihren Entscheidungsmöglichkeiten steht, auch auf Bundesebene dieses Verfahren weiter unterstützen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Kleibauer von der CDU-Fraktion erhält nun das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Quast, das ist ein schönes Timing mit der Debattenanmeldung. Heute Morgen konnten wir in der Zeitung lesen, dass Carsten Schneider, Ihr einflussreicher Fraktionsvize aus der Bundestagsfraktion, mit dem Sie sich gestern noch auf der Rathaustreppe haben schön fotografieren lassen, sagt: Mit mir nicht. 8,5 Milliarden Euro seien immer vereinbart gewesen und das habe für das Jahr 2019 gegolten. Das hat er relativ deutlich gesagt.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Bernd Bau- mann AfD)

Ich bin auch ein überzeugter Landesvertreter, und ich freue mich, wenn wir als Bundesland mehr Geld vom Bund bekommen, aber ich sage auch, es wäre deutlich besser gewesen, wenn der Bund von vornherein dabei gewesen wäre. Es ist nämlich eine skurrile Situation, dass am Freitag letzter Woche 16 Ministerpräsidenten in ihrer jeweiligen Heimathauptstadt sagten, sie hätten einen super Kompromiss erreicht und würden mehr Geld für ihr Bundesland bekommen. Aber es wurde die Kasse vom Bund geplündert, der gar nicht im Raum war. Das finde ich vom Verfahren her etwas merkwürdig, das kann es doch nicht sein.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Bernd Bau- mann AfD – Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Wir haben den Solidaritätszuschlag!)

Es ist ein klassischer Vertrag zulasten Dritter, und wir fühlen uns beinahe ein paar Tage zurückversetzt und müssen uns nur vor Augen halten, was denn Olaf Scholz bei der Olympia-Finanzierung gemacht hat. Das ist so ähnlich gelaufen, und da kann ich nur sagen: Aus diesem Desaster haben Sie nichts gelernt.

(Beifall bei der CDU)

So zu agieren ist kurzsichtig, so zu agieren ist lediglich aktionistisch, das hilft uns auf Dauer nicht weiter.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Warum ist Horst Seehofer dafür?)

Kommen wir auf die Hamburger Ebene. Ich stelle mir bei diesem Kompromiss vor, wie dieser Senat mit den Bezirken umgehen würde. Wir haben sieben Bezirke. Herr Scholz, legen Sie einfach einmal das Geld auf den Tisch, was im Haushaltsplan für die Jugendeinrichtungen in den Bezirken vorgesehen ist. Ich glaube, die Summe liegt bei 23 oder 24 Millionen Euro. Legen Sie diese Summe auf den Tisch, sagen Sie den sieben Bezirksamtsleitern, sie sollten sich zusammensetzen und sich einigen. Ich bin mir sicher, wir erreichen eine super Einigung, die in allen Bezirken mit großen Mehrheiten begrüßt wird, und diese Einigung heißt dann nicht 23 oder 24 Millionen Euro, sondern 27 oder 28 Millionen Euro. Dann würde ich gern einmal sehen, wie dieser Senat darauf reagiert.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Jörn Kruse AfD)

Es ist richtig und wichtig, dass sich beim Länderfinanzausgleich etwas tut. Es ist aus meiner Sicht auch wichtig,

(Zurufe von der SPD: Ah!)

dass sich rechtzeitig vor dem Auslaufen 2019 etwas tut. Wir sollten aber nicht so tun, als sei das jetzt etwas ganz Tolles. Wenn man sich das durchliest, ist es nach wie vor ein System, das sehr intransparent ist, ein System, das von Tausenden Sonderfällen aus ganz unterschiedlichen Gründen lebt. Ob das eine zukunftsfähige Struktur ist, muss man dann sehen.

Es gibt im Übrigen viele andere Themen, bei denen sich der Bund durchaus bewegt hat und die Länder auch einmal zu einer Einigung kommen müssen, zum Beispiel beim Thema Erbschaftssteuer, genauso wie beim Thema Regionalisierungsmittel, Mittel nach dem Regionalisierungsgesetz für den Nahverkehr. Auch da hat der Bund etwas auf den Tisch gelegt, und die Länder streiten sich noch über die Aufteilung.

(Jan Quast)

Meine Damen und Herren! Es ist gut, wenn es in kleinen Schritten weitergeht. Aber es gibt auch viele Dinge, die man besser machen muss.

(Dr. Monika Schaal SPD: Hat immer was zu meckern!)