Herr Präsident, ich werde die Ermahnung annehmen und mich sehr darum bemühen, das heute im weiteren Verlauf zu tun.
Jetzt aber in der gebotenen Kürze zum Antrag selbst, denn so schrecklich viel steht in Ihrem Antrag leider nicht. Natürlich ist es richtig, dass die Schulund Berufsausbildung ein wesentlicher Schlüssel für die Integration insbesondere junger Flüchtlinge ist, zum anderen aber auch ein wesentlicher Bestandteil einer zukunftsorientierten Fachkräftestrategie. Sie ist drittens, ich bin ganz Ihrer Meinung, Herr Abaci, wesentlicher Bestandteil einer ganzheitlichen Entwicklungshilfepolitik. Denn unabhängig davon, ob alle die jungen Flüchtlinge, die wir mit diesem neuen Modell hoffentlich in die duale Ausbildung bringen werden, tatsächlich in Deutschland bleiben oder nicht – das wissen wir alle nicht –, ist eine gute Ausbildung ein vernünftiger Schritt, selbst wenn diese jungen Menschen nicht in Deutschland bleiben, sondern in ihre Herkunftsländer zurückgehen. Deshalb unterstützen wir Ihr Anliegen und Ihren Ansatz einer Dualisierung der Berufsvorbereitungsphase ausdrücklich.
Aber, meine Damen und Herren, wir müssen trotzdem noch einmal gemeinsam darüber nachdenken, ob die reine Konzentration auf die Berufsorientierung, so wie Sie sie mit einer Übertragung des Modells AV-Dual vorschlagen, der Angelegenheit wirklich in vollem Umfang gerecht wird. Wir dürfen die sprachliche Ausbildung auf keinen Fall vernachlässigen. Das ist wichtig. Wir dürfen auch den Aspekt der Werteorientierung in der Ausbildung, und dabei geht es eben auch um die Vermittlung von Werten und Normen, die in unserer Gesellschaft entscheidend und wichtig sind, nicht vernachlässigen. Aus den beruflichen Schulen hören wir heute, wie wichtig es ist, auch die sozio-kulturelle Integration voranzubringen. Das geht auch über den Weg in den Beruf, aber eben nicht nur.
In dem Zusammenhang darf ich noch einmal auf einen der Anträge verweisen, die wir eingebracht haben, den Sie aber auch nicht haben beraten wollen: Lernräume für Auszubildende in den Flüchtlingsunterkünften zur Verfügung zu stellen, ist von außerordentlich großer Bedeutung, sonst können die Leute sich nämlich nicht auf ihre Aufgaben konzentrieren. Auch dort besteht erheblicher Handlungsbedarf.
Insofern werden wir das grundsätzlich unterstützen und auch einer Überweisung Ihres Antrags an den Ausschuss zustimmen, sehen aber noch Beratungsbedarf, insbesondere bei den 21- bis 25-Jährigen. Sie wissen, dass ein Viertel der Flüchtlinge, die einen Asylantrag stellen, in diesem Alter sind, und um die müssen wir uns auch kümmern. Sie
haben fast alle keine duale Ausbildung absolviert, weil es eine solche in den Herkunftsländern nicht gibt.
Ich weiß, Sie schimpfen immer gern auf die Bayern. Wir schauen uns an, was sie operativ besser machen als die Hamburger. In Bayern ist es so, dass schon seit drei Jahren ein solches Modell besteht, wie Sie es in Hamburg einführen wollen. Dabei, das hätte ich fast vergessen, ist der Hammer …
Entschuldigung: Ich finde es bemerkenswert, dass Sie sich damit rühmen, Sie hätten AV-Dual erfunden – Sie wissen genau, dass das nicht stimmt –;
aber es steht auch wieder in Ihrem Antrag. Sie wissen, dass das von Schwarz-Grün entwickelt worden ist, dass Sie es übernommen haben. Ein bisschen Demut würde Ihnen nicht schlecht zu Gesicht stehen.
Unseren Zusatzantrag stellen wir deshalb, weil wir eben auch an die 21- bis 25-Jährigen denken und dafür sorgen müssen, dass sie den Zugang zu einer dualisierten Berufsvorbereitung bekommen und den Weg in den Beruf finden. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Prien. – Das Wort erhält jetzt Frau Dr. Stefanie von Berg von der GRÜNEN Fraktion.
Wow, sogar mit Vornamen, danke. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Prien, weil Sie gerade die Debattenkultur angesprochen haben, möchte ich gern darauf eingehen. Wir werden, das haben wir gerade angekündigt, Ihren Zusatzantrag zusammen mit unserem Antrag an den Schulausschuss überweisen. Ich hoffe, dass Sie auch meine Nachricht erreicht hat, dass wir eine Selbstbefassung im Ausschuss machen werden, im Februar des nächsten Jahres, zum Thema Beschulung von Flüchtlingen.
Wir halten es für eine richtige Entscheidung, uns losgelöst von jeglichen Anträgen, losgelöst vom LINKEN-Antrag, vom CDU-Antrag, von unserem Antrag, generell die Zeit zu nehmen, über Beschulung von Flüchtlingen zu reden. Ich finde – und das findet die SPD auch, darüber habe ich mit ihnen gesprochen –, das ist eine gute Entscheidung, eine weise Entscheidung, eine sachliche Entscheidung, fachlich und politisch absolut
Nur am Rande: Wir haben es wirklich nicht nötig, von irgendwelchen Anträgen abzuschreiben. Ich glaube, wir alle, alle Fraktionen in diesem Hause, unterhalten uns mit den Schulen, unterhalten uns mit Expertinnen und Experten, und wir kommen alle zu unseren eigenen Schlussfolgerungen. Aber zu diesem Antrag nachher noch mehr.
Wir legen jedenfalls einen eigenen Antrag vor, der vor allem die Ausgangslage der 16- bis 18-Jährigen in den Blick genommen hat. Das ist eine besondere Zielgruppe. Das sind junge Erwachsene, und diese brauchen passgenaue Angebote. Die haben wir gefunden. Die 16- bis 18-Jährigen können, wenn der Kompetenzstand es zulässt, in eine Stadtteilschule oder ein Gymnasium gehen und die allgemeine Schule besuchen, oder sie können eine berufsbildende Schule besuchen. Wir haben in Deutschland ein Pfund, das wir nie unterschätzen sollten. Dieses System ist wirklich einzigartig in der Welt. Bisher hatten wir für diese jungen Migrantinnen und Migranten ein Halbtagsangebot mit 25 Stunden die Woche über zwei Jahre. Was wir jetzt neu machen, ist überhaupt nicht zu unterschätzen: die Ausweitung des Halbtagsangebots auf ein Ganztagsangebot. Das heißt, wir haben mehr Lernchancen für diese jungen Migrantinnen und Migranten. Das ist etwas, mit dem wir mit Stolz in die Stadt gehen können. Wir machen Türen auf für junge Menschen, die zu uns kommen und sich allgemeinbildend, aber auch berufsbildend entwickeln wollen.
Es sind netto, das haben Kritiker gesagt, etwas weniger Unterrichtsstunden. Das ist richtig. Es sind mindestens 22,5 Unterrichtsstunden. Aber diese jungen Menschen gehen auch noch zwei Tage in den Betrieb, und zwar nicht unbegleitet, sondern wir nehmen auch noch das Geld für Integrationshelfer in die Hand, damit sie mit Begleitung in die Betriebe gehen können. Wir alle wissen, dass man eine Sprache viel besser lernt, wenn man handelt und etwas tut, als wenn man einfach nur auf der Schulbank sitzt. Daher halten wir das sogar für das überlegene Modell.
Eines dürfen wir dabei auch nicht vergessen, und das ist ganz anders, als es in Bayern gehandhabt wird, was gerade angesprochen wurde. Hier kann nämlich nur ein Viertel dieser Gruppe dieses Schulangebot wahrnehmen. Das Neue bei unserem Weg ist die Unabhängigkeit vom Aufenthaltsstatus.
Es ist wirklich einzigartig, was wir in Hamburg machen. Wir schauen nicht darauf, wo kommen sie her, wo sollen sie hin und welchen Status haben sie. Nein, wir sagen, Lernchancen für alle. Wir machen die Türen auf.
Wir machen die Türen auch auf, damit die jungen Menschen weiter Richtung Abitur gehen können. Da ist noch nichts zu Ende, sie müssen nicht in eine Ausbildung. Sie haben dann einen ersten oder mittleren Schulabschluss und können danach immer noch das Abitur machen. So geht moderne Bildungspolitik, so geht moderne Integrationspolitik, und ich finde, darauf können wir wirklich sehr stolz sein.
Zu dem Antrag Ihrer Fraktion, Frau Prien. Wir werden ihn überweisen und uns im Schulausschuss noch einmal mit ihm auseinandersetzen. Man darf nicht vergessen, dass die Gruppe der über 18-Jährigen völlig andere Rechtskreise berührt und wir bei ihnen tatsächlich auch noch auf andere Dinge schauen müssen. Das ist nicht nur in der Schule verankert, sondern auch in anderen Behörden und Ressorts. Aber darüber werden wir im Schulausschuss beraten, und auf diese Diskussion freue ich mich. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau von Berg, ich kann es Ihnen nicht ersparen, ich muss es so deutlich sagen: Die Art und Weise, wie SPD und GRÜNE das wichtige Thema der Beschulung und Ausbildung von geflüchteten jungen Menschen politisch und fachlich angegangen sind, ist wirklich gründlich misslungen. Es ist unglaubwürdig. Es ist entlarvend, dass Sie selbst mit den Worten zitiert werden: Wir waren einfach nicht schnell genug. In Wahrheit können Sie es nicht ertragen, wenn die Anträge der CDU und der LINKEN zur Grundlage genommen werden, um im Ausschuss über dieses Thema zu beraten. Das ist wirklich ein erbärmliches Bild. Dass wir uns im Ausschuss durch Selbstbefassung dieses Themas annehmen müssen, ist peinlich; es liegen genug Anträge vor, es liegen genug gute Ideen vor. Sie hätten gar nicht jeden Forderungspunkt übernehmen müssen, aber wir hätten eine gute, fachliche fundierte Grundlage gehabt, um zu diesem Thema im Ausschuss zu beraten.
Nichtsdestotrotz werden wir als Fraktion natürlich dieser Selbstbefassung zustimmen, weil es dringend notwendig ist, dass die Debatte dazu geführt wird. Wir werden den Antrag aus bestimmten Gründen, die ich gleich noch nenne, ablehnen, wir überweisen ihn aber trotzdem gern, damit wir endlich überhaupt einmal dazu kommen, dieses Thema zu beraten.
Ich wünschte mir sehr, dass wir im Ausschuss zu der Beratung auch Expertinnen und Experten hinzuziehen, denn ich frage mich manchmal, mit welchen Leuten Sie vor Ort sprechen, wenn Sie Ihre Anträge schreiben. Wir haben viel Rückmeldung bekommen von Lehrerinnen und Lehrern, die im AV-Dual arbeiten, dass sie diese Vorgehensweise für überhaupt keine gute Idee halten, denn – jetzt komme ich zu den Kritikpunkten – die AV-DualKlassen sind für Schülerinnen und Schüler ohne Schulabschluss und berufliche Perspektive konzipiert worden, die durch einen zweijährigen dualen Bildungsweg noch einmal eine Chance bekommen. Mir erschließt sich die Sinnhaftigkeit nicht, dass diese Gruppe von jungen Menschen zusammengenommen wird mit jungen geflüchteten Menschen, die sehr viele multiple Problemlagen haben, die im Grunde auch erst einmal therapeutisch betreut werden müssten, die aus ganz unterschiedlichen Kulturkreisen kommen, die die deutsche Sprache nicht können. Sie wollen all das einfach nur in diesen Bildungsgang zwängen und meinen, er würde dieser ganzen Gruppe insgesamt gute Chancen eröffnen. Daran glaube ich nicht.
Wir wissen, dass dieser Ausbildungsgang AV-Dual weder für alle, die an ihm teilnehmen, zu einem Schulabschluss führt, noch führt er für alle zu einem Ausbildungsplatz. Von daher muss dieses Konzept ohnehin grundsätzlich weiterentwickelt werden.
Dass es besser ist als jetzt ist aber kein schlagendes Argument dafür, dass das der richtige Weg ist.
Uns sagen die Lehrerinnen und Lehrer aus den AV-Dual-Klassen, dass sie ein Konzept brauchen. Sie brauchen ein Konzept, wie überhaupt der Spracherwerb aussehen soll, wie der Kulturerwerb aussehen soll und wie die jungen Menschen die Chance bekommen sollen, das zu entwickeln, was sie an Kompetenzen und Fähigkeiten haben.
Was Sie zum Beispiel auch überhaupt nicht konzeptionell vorlegen – Frau Prien hat es schon angesprochen –: Wie ist die Wohnsituation in den Unterkünften? Wenn man sich dort umhört, haben viele junge Menschen gar nicht die Möglichkeit, in Ruhe zu lernen. Von daher müsste solch ein Antrag, der im Grunde die richtige Problemlage aufzeigt, konzeptionell so unterfüttert werden, dass
Ich hoffe, dass wir im Ausschuss dazu kommen, darüber noch einmal offen zu beraten, und Sie in der Lage sind, auch einmal anderen zuzuhören und nicht immer zu meinen, nur weil Sie in der Regierung sind, hätten Sie immer schon das Wissen per se. Von daher hoffe ich auf eine gute Beratung. – Vielen Dank.