Protocol of the Session on October 23, 2019

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Quast. – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen, und wir kommen zur Abstimmung.

Wer also möchte nun die Drucksache 21/18546 federführend an den Haushaltsausschuss sowie mitberatend an den Stadtentwicklungsausschuss überweisen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung in der Sache über den Antrag der LINKEN aus Drucksache 21/18546.

Wer möchte sich diesem anschließen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 80, Antrag der FDP-Fraktion: "Wohnkosten-TÜV" für Hamburg einführen.

[Antrag der FDP-Fraktion: "Wohnkosten-TÜV" für Hamburg einführen – Drs 21/18596 –]

Alle sechs Fraktionen haben hierzu die Überweisung an den Stadtentwicklungsausschuss beantragt.

Wer wünscht hierzu das Wort? – Herr Meyer, Sie haben es für die FDP-Fraktion.

Verehrtes Präsidium, meine sehr verehrten Damen und Herren! Unter TOP 14, der ersten heutigen Debatte, haben wir bereits ausführlich über die Ursachen und Folgen des angespannten Wohnungsmarktes gesprochen. Auch wenn wir sehr kontrovers über die richtigen Maßnahmen debattiert haben, so waren wir uns weitgehend darüber einig, dass die Wohnkosten gesenkt werden müssen, damit sich normal und auch gering verdienende Menschen das Wohnen in der Stadt leisten können. Dabei sind die Einflussfaktoren der Wohnkosten vielfältig. Während Rohstoffe, Material, Energiepreise und Lohnkosten von der Politik, insbesondere der Hamburger Landespolitik,

(Norbert Hackbusch)

nur begrenzt steuerbar sind, können Gesetze, Verordnungen und Vorschriften sowie Bauauflagen, städtebauliche Verträge und andere Forderungen der Genehmigungsbehörden teilweise erheblichen Einfluss auf die Bau- und Erstellungskosten eines Gebäudes und damit auch entsprechenden Einfluss auf die Wohnkosten haben.

Anders als es die öffentliche Wahrnehmung vermuten lässt, liegt nach Untersuchungen des Immobilienportals immonet die Bruttorendite von Wohnimmobilien gerade einmal bei 3,3 Prozent, was der am linken Rand gern verbreiteten These, Vermieter würden sich mit Mietwohnungen die Taschen füllen, eindeutig widerspricht. Dagegen gehört die Politik gemäß Endbericht der Baukostensenkungskommission des Bundes zu den wesentlichen Kostentreibern für den Wohnungsbau. Schließlich schlagen Anforderungen von Bund und Ländern bei den Kosten für ein Mehrfamilienhaus mit rund 11,5 Prozent zu Buche – eine erhebliche Einflussgröße.

Anstatt unabänderliche Faktoren zu beklagen, muss die Politik sich endlich ehrlich machen und in ihrem unmittelbaren Einflussbereich Kostentreiber entlarven, die das Bauen und damit das Wohnen verteuern. Was wir daher brauchen, ist ein Wohnkosten-TÜV.

(Beifall bei der FDP)

Ob im Bereich bautechnischer Anforderungen im Brand-, Wärme- und Schallschutz oder im Bereich der Prüf- und Nutzungsgebühren oder im Bereich anderer Bauauflagen für Infrastruktur, soziale und ökologische Maßnahmen – der Anforderungskatalog an Bautätige ist lang. Zugegebenermaßen sind die Wünsche, die in städtischen Verträgen auf die ohnehin schon weitreichenden gesetzlichen Anforderungen aufgesattelt werden, vielfach nachvollziehbar, seien es die Kinderspielfläche, die Kultureinrichtung oder andere gesellschaftlich sinnvolle Maßnahmen. Aber sie alle haben eines gemeinsam: Sie belasten das Budget und führen zu höheren Wohnkosten. Wenn ich jetzt unterstelle, dass viele von Ihnen wirtschaftliche Zusammenhänge verstehen, dann müssten wir uns eigentlich einig darüber sein, dass es an der Zeit ist, bestehende Regularien auf ihre Wohnkostenrelevanz hin zu überprüfen und mit jedem neuen Gesetz eine Abschätzung über die Kostenauswirkungen auf Wohnraum zu treffen. Das möchten wir mit unserem Antrag erreichen und sind uns im Klaren darüber, dass dies eine große Kraftanstrengung bedeutet. Besonders die Überprüfung bestehender Gesetze und Normen ist eine Mammutaufgabe, die nicht im Vorbeigehen zu erledigen ist, sondern einen erheblichen zeitlichen und personellen Aufwand bedeutet. Nehmen wir uns aber die nötige Zeit, und fangen wir noch heute damit an, uns dieser Kraftanstrengung zu widmen und uns selbst,

nämlich die Preistreiberpolitik, in die Schranken zu weisen.

(Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE)

Gern beraten wir unseren Antrag mit Ihnen im Stadtentwicklungsausschuss – auch mit Ihnen, Frau Sudmann –, um Chancen und Potenziale eines Wohnkosten-TÜVs zu diskutieren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Meyer. – Frau Krischok, Sie haben nun für die SPD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die FDP möchte einen Wohnkosten-TÜV einführen. Damit deckt sie die Mieterinnen und Mieter in Hamburg; das finde ich erstaunlich, aber gut. Zur Wahrheit gehört natürlich auch, dass Sie nicht selbst auf die Idee mit diesem Antrag gekommen sind. 2018 gab es im Berliner Abgeordnetenbüro einen FDP-Antrag zu genau diesem Thema,

(Jens Meyer FDP: Aber das macht den An- trag nicht schlechter!)

aber es ist legitim, manchmal Copy-and-paste zu machen.

Die FDP sorgt sich um die Wohnkosten. Das tun wir übrigens auch, und wir handeln. Wir haben eine sehr gute Bilanz unter der SPD-Senatorin Frau Dr. Stapelfeldt vorzuweisen. Im Rekordjahr 2018 haben wir mehr als 10 000 Wohnungen gebaut, wir sind Spitzenreiter in Hamburg beim sozialen Wohnungsbau, und wir haben ein neues Segment, den 8-Euro-Wohnungsbau, eingeführt. Die FDP möchte nun die Folgekosten von Wohnen evaluieren – im sozialen Wohnungsbau machen wir das übrigens schon –, und im Februar – darauf möchte ich hinweisen – haben wir einen Beschluss zur Weiterführung der Baukostenstudie der BSW in der Hamburgischen Bürgerschaft gefasst. Ob der WohnungsTÜV weitere Vorteile bringt, können wir im Stadtentwicklungsausschuss ausführlich miteinander beraten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Vielen Dank, Frau Krischok. – Herr Heißner, Sie haben nun für die CDU-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es werden in der Tat Wohnungen in Hamburg gebaut, es werden in der Tat auch Sozialwohnungen in Hamburg gebaut. All das finden wir richtig. Allerdings steigen und steigen und steigen die Mieten in Hamburg, und Sie als Regierungsfraktionen bekommen es

(Jens Meyer)

einfach nicht in den Griff; das muss man einfach einmal sagen. Das liegt auch daran, dass das Problem nicht so einfach zu lösen ist. Hamburg ist eine attraktive Stadt, und deswegen ist es ein richtiger Ansatz der FDP, den Aspekt der Nebenkosten in den Blick zu nehmen, und zwar nicht einfach nur in Sonntagsreden. Ich fand auch den Hinweis sehr gut, dass die Rendite für Grundeigentümer in Hamburg gar nicht so großartig ist. Das wäre in der vorhergehenden Debatte eine interessante Information gewesen.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Starke Be- hauptung, schwacher Beweis!)

Herr Hackbusch, das hätten Sie recherchieren und einbringen können, das wäre interessant gewesen. Das widerspricht nämlich Ihrer vorgebrachten Behauptung, dass die sich immer nur die Taschen vollmachen.

Umso wichtiger sind die kleinen Dinge, die für die Wohnkosten erheblich sind, die vielleicht nicht so attraktiv sind und nicht wahnsinnig viele Schaufenstereffekte ermöglichen, sondern einfach solide Sacharbeit sind. Genau deswegen ist es richtig, das im Detail im Ausschuss zu debattieren, wo wir dieses Thema in der Tat schon mehrfach hatten. Sich einmal alle Gesetze dahin gehend anzusehen, wie sie sich auf Wohnkosten und Wohnnebenkosten auswirken könnten, ist etwas, was aktuell nicht passiert. Das machen wir hier in den Debatten zum Teil, aber sehr selektiv, und das einmal systematisiert zu betreiben, wäre aus unserer Sicht jedenfalls grundsätzlich eine gute Idee. Wie man das im Detail lösen kann, ist ein gutes Thema für den Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Heißner. – Herr Duge, Sie haben nun das Wort für die GRÜNE Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Über eines muss man sich doch klar sein: Wer glaubt, dass die Mieten allein von den Kosten abhängen, der täuscht sich doch.

(Jens Meyer FDP: Hat ja auch niemand be- hauptet!)

Die Mieten, die wir heute haben, sind keine Kostenmieten, sondern Marktmieten, die sich aus Angebots- und Nachfragesituationen ergeben. Das ist der entscheidende Faktor, der die Mieten weiter nach oben treibt, weil das Verhältnis von Angebot und Nachfrage nicht in Übereinstimmung steht.

Herr Meyer, zu den Baukosten, die Sie in Ihrem Antrag sehr stark auf die Bürokratisierung, auf die gesetzlichen Vorschriften reduzieren: Da muss man schon einen ziemlichen Tunnelblick zu haben, um das auf diese alleinige Spur zu bringen.

(Zuruf)

Das haben Sie in Ihrem Antrag reingebracht. Ich werde das noch weiter ausführen.

Als ob diese Anforderungen an Brandschutz oder Barrierefreiheit die Kostensteigerungen erklären würden. Vielleicht werfen Sie auch einmal einen Blick auf die Baufirmen oder die Generalunternehmen. In der Studie von Herrn Dahlberg haben Sie es gesehen: Wer mit Generalunternehmen baut, hat 10 Prozent mehr Kosten.

(Jens Meyer FDP: 11,5 Prozent, das sind Tatsachen!)

Da sind also Faktoren, die in den Baufirmen liegen, und die müsste man sich angucken. Herr Meyer, Sie haben mit Vehemenz dafür gerungen, den Stellplatzzwang wiedereinzuführen. Haben Sie einmal überlegt, wie sich 20 000 Euro für einen Stellplatz in der Garage auf die Mieten niederschlagen?

(Jens Meyer FDP: Der Stellplatz wird sepa- rat abgerechnet! Das ist doch dummes Zeug! – Ralf Niedmers CDU: Auf die Netto- kaltmiete! – Zurufe)

Ich weiß, Sie hören das nicht gern, aber ich möchte Sie einmal fragen: Wollen Sie wirklich am Brandschutz sparen? Darf ich Sie an London erinnern? Wollen Sie Baumaterialien, die sich nicht recyceln lassen? Ich verweise auf die Deponiekosten und die Engpässe in der Deponie.

(Zurufe)

Ja, Sie bringen das doch in Ihren Antrag rein. Wollen Sie keine Umweltschutz- und Energieeinsparung haben? Ist das was für Herrn Lindner, für Fachleute oder Ähnliches? Das kann doch nicht wahr sein.

(Glocke)

Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Herr Duge, einen Augenblick. – Ich glaube, es ist jetzt wieder ruhig, Sie können fortfahren.

(Jörg Hamann CDU: Das ist doch eine Kar- nevalsrede! – Zuruf: Es ist noch kein Karne- val!)