Protocol of the Session on September 11, 2019

"Wenn ich zurückdenke, erinnere ich mich zuerst an den Schock bei meiner Ankunft in Hamburg."

Das war 1994.

"Die Bücherhallen fanden sich fortschrittlich, waren aber in Wirklichkeit ziemlich rückständig (…) Allein zwischen 1996 und 1998 wurden 19 Stadtteilbibliotheken geschlossen."

Nur einmal zur Erinnerung: Das waren Rot-Grau und Rot-Grün.

"Die sieben Neueröffnungen wurden von der Öffentlichkeit fast übersehen, obwohl sie von Anfang an erfolgreich waren."

Man kann und muss ergänzen, dass auch in CDUgeführten Regierungszeiten vier Bücherhallen geschlossen wurden.

Dann hat sie gesagt:

"Weil wir 20 Jahre lang diese unendlichen Sparanstrengungen unternahmen, dauerte es bis 2011, bis wir uns endlich eine moderne Internetseite leisten konnten."

Zur Veränderung der Kundschaft in den Bibliotheken sagt sie:

"Wir haben mittlerweile viele Kunden, die nicht für eine halbe Stunde zum Bücherausleihen kommen, sondern den ganzen Tag bleiben. Nicht nur Lerngruppen nutzen die Bibliothek als freien Raum, als Ort mit freiem Zugang. Wo gibt es solche Orte in unserer Gesellschaft eigentlich noch, auch dass der Kaffee hier nur 1,10 Euro kostet?"

Zum Thema Digitalisierung:

"Wir haben das beste WLAN der Stadt. 40 Prozent unserer Kunden in der Zentralbibliothek sind derzeit junge Migranten, meistens Männer. Es geht ihnen auch darum, Kontakte zu knüpfen in den insgesamt 125 Gesprächsgruppen von 'Dialog in Deutsch' in allen Bücherhallen Hamburgs."

Ich glaube, diese wenigen Zitate aus diesem Interview machen deutlich, auf welchen Weg sich die

Bücherhallen gemacht haben und was die Bücherhallen in den letzten 25 Jahren geleistet haben, nicht zuletzt durch das ungeheure Engagement von Hella Schwemer-Martienßen, die jetzt in den Ruhestand gegangen ist. Deswegen möchte ich ihr auch im Namen meiner Fraktion von dieser Stelle aus noch einmal sehr herzlich für den Einsatz danken. Ich glaube, ohne sie gäbe es in Hamburg vielleicht sogar schon keine Bücherhallen mehr.

(Beifall bei der CDU und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Die Bücherhallen haben also geliefert. Sie sind aktuell und modern, vom guten Buch bis zu modernen digitalen Medien. Sie sind Orte der Unterhaltung, Bildung und Begegnung. Sie sind die größte Kultureinrichtung und fördern damit Zusammenhalt, Integration und Inklusion. Jetzt ist die Politik gefordert. Das hat mich dann doch erstaunt, weil wir schon vor diesem Ersuchen im Dezember auf den Antrag der CDU hin, endlich eine Öffnung dieses Ortes auch am Sonntag zu ermöglichen, gemeinsam ein Ersuchen an den Senat verabschiedet haben. Der Senat wollte und sollte zu Ende Juni darüber berichten, was er leider noch nicht getan hat. Deshalb schließe ich wieder mit einem Zitat von Hella Schwemer-Martienßen. Ihrer Nachfolgerin wünscht sie

"… als Erstes, dass der Hühnerposten im kommenden Jahr endlich auch sonntags geöffnet werden darf. Das Vorhaben muss jetzt die parlamentarischen Hürden nehmen."

In diesem Sinne sind wir dafür und fordern die Sonntagsöffnung. Ich hoffe, dass wir das in diesem Parlament schnellstmöglich hinbekommen. Jetzt ist es am Senat zu liefern, nachdem die Bücherhallen sich so modern und zeitgemäß aufgestellt haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die GRÜNE Fraktion bekommt nun Herr Gögge das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vor 100 Jahren begann ein großer Aufbruch für diese Republik, aber auch speziell für diese Stadt. Denn nach dem Ersten Weltkrieg sortierte sich die ganze Gesellschaft in Deutschland neu, und in Hamburg führte das auch zur Gründung mehrerer Institutionen, die heute noch sehr bedeutend für den Geist der Freiheit und der Vielfalt in unserer Stadt sind. Deshalb feiern wir 2019 nicht nur 100 Jahre Universität, nicht nur 100 Jahre öffentliche Kinderbetreuung, nicht nur 100 Jahre Volkshochschulen, sondern auch ein Jahrhundert Stiftung Öffentliche Bücherhallen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

(Dietrich Wersich)

Die städtischen Bibliotheken waren sich von Anfang an ihrer Bedeutung bewusst. Sie haben sich ihren Aufgaben für die Volksbildung – so nannte man das damals – mit Herzblut verschrieben und viel erreicht. Dass in 100 Jahren nicht immer alles beim Alten bleiben kann, liegt auf der Hand. Aber unsere Bücherhallen waren und sind ein lernendes System. Sie müssen sich immer wieder neu erfinden, um ihren Auftrag zu erfüllen, und das tun sie offensichtlich auch.

Die Bedeutung der öffentlichen Bücherhallen und Bibliotheken hat sich über die Jahrzehnte massiv verändert, aber keineswegs verringert. Denn eines, glaube ich, ist uns allen klar: Sie haben einen hohen Symbolwert für die Teilhabe am Wissen, und sie haben sich klug aufgestellt, denn sie sind schon lange deutlich mehr als eine Bücherausleihstelle. Stattdessen sind die Bücherhallen in unserer Stadt offene Orte für Begegnung und Bildung und mit ihren Stadtteilbibliotheken vor Ort sehr nah dran an den Kundinnen und Kunden. Nicht umsonst und zu Recht sind sie die meistgenutzte Kultureinrichtung unserer Stadt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Gerade die Zentralbibliothek ist nicht nur die gute Stube der Stiftung, sondern auch zu einer Art zweitem Wohnzimmer in unserer Stadt geworden. An diesem sogenannten "Dritten Ort" werden zwar weiterhin klassisch Zeitungen gelesen und Medien abgeholt, aber es wird auch gelernt, gearbeitet, und vor allem wird in diesem öffentlichen Wohnzimmer gemeinsam gelebt. Dadurch entstehen natürlich – das liegt auf der Hand – neue Anforderungen. Deshalb ist es so wichtig, zum 100. Geburtstag den Hammer zu schwingen und ordentlich zu modernisieren. An dem einen oder anderen Standort steht dann auch ein Umzug an, um die Fläche zu vergrößern oder Teil eines Stadtteilcenters zu werden. Der Masterplan der Öffentlichen Bücherhallen für die anstehenden Veränderungen ist das Bibliothekskonzept Bücherhallen Hamburg 2021. Die Anstrengungen, nach und nach die Stadtteilbüchereien und die Zentralbibliothek auf Vordermann zu bringen, unterstützen GRÜNE und SPD mit 2,91 Millionen Euro aus dem Sanierungsfonds; das wissen Sie. Wir sehen bereits an den ersten Beispielen, wie klug und zielgerichtet diese Mittel eingesetzt werden. So gibt es am Hühnerposten einen neu gestalteten Eingangsbereich, ein größeres Café und ebenso Veranstaltungstechnik, die State of the Art ist. Das alles dient nur einem Zweck: das zweite Wohnzimmer für die Hamburgerinnen und Hamburger noch bequemer zu machen.

Ein schönes Beispiel für gelungene Partnerschaften in einem Stadtteilzentrum ist die Bücherhalle in Eimsbüttel; auch das möchte ich erwähnen. Die Filiale braucht allerdings tatsächlich eine Komplettüberholung, und diese bekommt sie auch. Die Eimsbüttelerinnen und Eimsbütteler – davon bin

ich überzeugt – können sich auf eine moderne Bibliothek mit neuer Ausstattung und Gruppenräumen freuen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

In Langenhorn wird die Bibliothek künftig im Quartierszentrum hervorragend vernetzt sein und als Open Library sechs Tage pro Woche zur Verfügung stehen; das ist ein deutlicher Fortschritt. Die Synergien mit anderen Einrichtungen sind ein enorm wichtiges Potenzial – auch das ist, glaube ich, klar –, und wir wollen dieses Potenzial in Zukunft noch mehr heben als bisher.

Ich wurde gestern von den Kollegen aus der Opposition ermahnt, dass es immer anstrengend wäre, wenn ich so oft Hella Schwemer-Martienßen danken und loben würde. Aber ich finde, das kann man angesichts dieser Lebensleistung gar nicht oft genug tun. Deshalb vielen Dank, Frau Schwemer, für Ihre Leistung für unsere Stadt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir danken aber auch der Stiftung Öffentliche Bücherhallen für den bisherigen Beitrag zur Lebensqualität in unserer Stadt. Über den künftigen Beitrag sprechen wir dann ausführlich im Kulturausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Meine Damen und Herren, für die Fraktion DIE LINKE bekommt nun Herr Hackbusch das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich freue mich, dass wir heute noch einmal – ich glaube, das dritte Mal in diesem Jahr – über dieses Thema diskutieren. Es ist wertvoll zu diskutieren, weil die Hamburger Öffentlichen Bücherhallen für diese Stadt sehr wertvoll und sehr wichtig sind. Es ist natürlich keine so kontroverse Debatte, wie wir immer wieder feststellen, weil wir die Öffentlichen Bücherhallen gegenwärtig kräftig loben und feststellen, dass sie technologisch vorn sind, dass sie sehr kompetent sind, um auch soziale Strukturen in dieser Stadt zu stärken, und dass die Arbeit von Frau Schwemer in den letzten Jahren besonders gut war; darin sind wir uns alle, glaube ich, einig.

Wichtig ist auch, dass ich meine besondere Wertschätzung für Frau Schwemer zum Ausdruck bringen will. Sie war nicht einfach nur besonders erfolgreich, sondern sie war besonders erfolgreich dadurch, dass sie sehr hartnäckig und auch sehr bärbeißig war. Ich glaube, dass wir diese Tradition hervorbringen müssen, um die Hamburger Öffentlichen Bücherhallen weiter voranzubringen. Ich will diese Tradition gern hier aufnehmen. Als Erstes möchte ich einmal sagen: Das mit der Sanierung ist schon mal ganz gut, aber die Sanierung ist im

(René Gögge)

Wesentlichen eine Sache von Sanierungsstau, der endlich aufgelöst werden müsste. Das wurde immer wieder versprochen. Er gehört längst aufgelöst; die SPD hat das schon seit vielen Jahren versprochen. Ich freue mich trotzdem, dass es jetzt gegenwärtig geschieht.

Das zweite Wichtige ist, dass Frau Schwemer hervorgehoben hat, dass die Bücherhallen ein wichtiger sozialer Ort geworden sind – Herr Gögge hat es eben Wohnzimmer genannt –, an dem Menschen zusammenkommen. Da will ich noch einmal das aufnehmen, was Herr Wersich gesagt hat, nämlich dass es besonders schmerzhaft war, dass wir in den letzten 20 Jahren 19 Stadtteilbücherhallen in Hamburg geschlossen haben. Ich glaube, dass es bei der neuen Stadtentwicklung eine wichtige Aufgabe ist, Stadtteilbibliotheken vor Ort aufzubauen. Das ist besonders wichtig in einer Situation, wo in vielen Stadtteilen die Stadtteilzentren nicht mehr richtig existieren, und zwar deswegen, weil dort die normalen Einkaufstätigkeiten nicht mehr richtig funktionieren. Wir haben solche Schwierigkeiten in Jenfeld, wir haben solche Schwierigkeiten in Lurup, wo nach meiner Meinung öffentliche Investitionen, gerade auch im Zusammenhang mit Öffentlichen Bücherhallen, wichtig wären, um dort einen solchen sozialen Ort, eine solche Wohnstube zu schaffen. Um das durchzusetzen, sollten wir die Tätigkeit von Frau Schwemer in derselben bärbeißigen Art und Weise wie sie aufnehmen. Das würde mich freuen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)

Jetzt bekommt Herr Meyer für die FDP-Fraktion das Wort.

Verehrtes Präsidium, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wir gratulieren der Stiftung Hamburger Öffentliche Bücherhallen zum 100. Jubiläum recht herzlich und bedanken uns für das umfangreiche Update aus der Kulturbehörde, ohne das wir heute völlig hilflos gewesen wären. Die Hamburger Bücherhallen leisten auch nach 100 Jahren noch immer einen wichtigen Beitrag zur Bildung, insbesondere zur kulturellen Bildung, und sind ein wichtiger Pfeiler für Kommunikation, Austausch und gleichzeitig Anlaufstelle in den Stadtteilen. Die Sicherstellung einer auskömmlichen Finanzierung für den Betrieb der Bücherhallen und die bauliche Instandhaltung ihrer Räume bleibt daher eine wichtige gemeinsame Aufgabe unserer Kulturpolitik in Hamburg.

Auch wenn sich die Medienlandschaft in den vergangenen 100 Jahren zuletzt durch die Digitalisierung fundamental verändert hat, sind Bücher für junge wie ältere Menschen immer noch die analoge Quelle für Wissen, Geist, Kunst und Unterhaltung. Wir freuen uns, dass es vor allem in der Zen

tralbibliothek, aber auch in Langenhorn, Steilshoop und Eimsbüttel nun endlich vorangeht und dringende Baumaßnahmen angegangen werden oder bald vor der Vollendung stehen. Darin sind wir uns alle hier wahrscheinlich weitestgehend einig und können nun gemeinsam in großer Harmonie schwelgen.

Aber, meine Damen und Herren von der SPD, Sie hatten das Thema bereits Ende Januar im Vorwahlkampf zu den Bezirksversammlungswahlen als großes Schaufensterthema angemeldet. Ich zitiere mich in diesem Fall einmal selbst – manchmal muss das sein –

(Heiterkeit bei der FDP und der SPD)

aus der 92. Plenarsitzung am 30. Januar 2019:

"Weshalb Sie von Rot-Grün nun den Senat in Drucksache 21/15840 auffordern, Ihnen nochmals die Bau- und Sanierungsmaßnahmen des Jahres 2019 gestaffelt nach Fertigstellung und Inangriffnahme zu erläutern, wo Sie doch in Drucksache 21/15788 schon alle diese Informationen zusammengetragen haben, um die Finanzierung zu beschließen. Das lässt eigentlich nur einen Schluss zu: Sie schreiben diese Anträge samt Debattenanmeldung allein aus Werbezwecken nach dem Motto, schaut doch mal, was unser Senat alles Großartiges vollbringt, und stellen damit die Sinnhaftigkeit der Gewaltenteilung im Grunde auf den Kopf.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Alexander Wolf AfD – Dirk Kienscherf SPD: Was?)