Protocol of the Session on November 6, 2014

(Zuruf von Dirk Kienscherf SPD)

Herr Kienscherf, die gesagt haben, wir wollen eine Absicherung der Stadtteilbeiräte auch über die RISE-Zeit hinaus. Ohne uns wäre das nicht gegangen.

(Dirk Kienscherf SPD: Ach!)

Sie haben dann vorgeschlagen, den Quartiersfonds dort mit einzusetzen. Dass das in den Bezirken die einzig mögliche Lösung war, weil die keine Anträge auf Landesmittel stellen können, ist doch klar. Es war sozusagen ein Schritt, um diese Möglichkeit der Bürgerbeteiligung dort, wo sie installiert ist, einigermaßen weiter aufrechtzuerhalten, und ohne uns wäre das nicht gegangen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich möchte noch einmal die Situation darstellen. Natürlich sind die Mittel für die Stadtteilbeiräte zu Ende, wenn die Förderung durch RISE für die entsprechenden Gebiete ausläuft. Das ist das Problem, vor dem die Stadtteilbeiräte stehen. Auf der anderen Seite erfüllen die Stadtteilbeiräte eine wichtige Funktion, die auch über die Zeit der Projekte im RISE-Gebiet hinaus besteht. Dann kommen die Quartiersfonds ins Spiel, die inzwischen natürlich eine Vielzahl verschiedenster Finanzierungsaufgaben haben. Es werden doch nicht nur die Stadtteilbeiräte aus diesem Topf finanziert; auch die Stadtteilzentren und verschiedene Projekte werden damit unterstützt, um den Stadtteil attraktiver zu machen, ich muss eigentlich eher sagen, um die Dinge, die dort noch vorhanden sind, aufrechtzuerhalten. Der Quartiersfonds wird doch immer mehr zum Feuerwehrfonds. Hier brauchen wir eine Verbesserung der Situation, und deswegen ist es richtig, auf Landesebene einzugreifen und zu unterstützen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es ist sehr wichtig, den Wert der Stadtteil- und Quartiersbeiräte zu stärken. Übrigens gibt es in St. Pauli keine; es gibt in der Wohlwillstraße und im Karoviertel welche, aber St. Pauli selbst, wie Sie eben sagten, hat so etwas nicht. Nur um das einmal richtigzustellen; vielleicht meinten Sie es anders.

(Dirk Kienscherf SPD: Das hat dein Kollege Farid Müller gesagt, der aus St. Pauli kommt!)

Es ist wichtig, dass wir diese Nahtstellen gerade dort verstärken, wo die Probleme in der Stadt sind. Dort brauchen wir solche Institutionen, weil sie die Mittler zwischen den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort, der Verwaltung, die bei den Sitzungen auch dabei ist, und der örtlichen Politik sind. Wir brauchen diese Kommunikation, sie ist lebenswichtig für diese Stadtteile, besonders dort, wo die Verdichtung groß ist und die Veränderungsprozesse stark sind. Und das ist sicherlich in St. Pauli mehr der Fall als beispielsweise in Poppenbüttel. Dort müssen wir mehr investieren und die Kommunikationsprozesse zwischen Politik und Bürgern stärken. Dafür sind Stadtteilbeiräte eine recht gute Möglichkeit. Es gibt natürlich auch noch andere, die in Prozesse eingebunden sind, die will ich hier nicht unterschlagen.

(Hans-Detlef Roock)

Deswegen werden wir diesen Antrag unterstützen. Allerdings muss ich etwas einschränkend sagen, dass die Finanzierung, wie es bei der LINKEN leider immer wieder der Fall ist, nicht gesichert ist, und wir den Betrag nicht fundiert sehen. Dort gibt es Nachholbedarf, und deswegen werden wir uns bei dem Punkt enthalten.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Duge. – Das Wort hat Herr Dr. Duwe von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde jetzt nicht über die Räterepublik reden, um Herrn Roock zu beruhigen. Dieser Antrag ist natürlich ein typischer Links-Antrag nach dem Motto, wir wollen 1 Million Euro, und das sollen Gremien bekommen, die nicht demokratisch legitimiert sind. Es soll möglichst auch auf Lebenszeit sein et cetera pp. Stadtteilbeiräte sind nun einmal in ihrer Laufzeit begrenzt.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Die FDP auch, wenn sie so weitermacht! – Vizepräsidentin Kersten Artus übernimmt den Vorsitz.)

Es ist eigentlich Pflicht, wenn man weiterarbeiten will und muss, dass man sich selbst auch überlegt, wie man weiterarbeiten kann. Das bedeutet, dass man aktiv wird in der Umgebung dieser Stadtteilbeiräte und überlegt, wie man das auf eine andere finanzielle Basis setzen kann. Ich empfehle jedem das Beispiel Stadtteilbeirat Heimfeld. Das ist ein sehr erfolgreicher Stadtteilbeirat, der hervorragend funktioniert, und da engagieren sich noch viel mehr Leute, als sich ursprünglich dort engagiert haben. Wenn Sie das gesehen haben, dann können Sie Ihren Freunden in den Stadtteilbeiräten, wo Sie die politische Mehrheit haben, empfehlen, sich auch auf diesen Weg zu begeben.

Wir werden diesem Antrag nicht zustimmen. Bei Punkt 3 sind wir gespannt, was der Senat dazu sagt. Aber die Punkte 1 und 2 lehnen wir ab. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Frau Sudmann von der Fraktion DIE LINKE hat das Wort.

Bei so viel Vehemenz, Herr Kienscherf, scheint unser Antrag ganz schön getroffen zu haben. Es ist selten, dass Sie sich so sehr aufregen. Es war auch interessant, einmal zu hören, wie bei Ihnen rot-grüne Koalitionsgespräche ablaufen, aber das ist Ihr Problem.

Sie haben ein paar interessante Sachen gesagt, die wir hier nicht nachvollziehen können, weil sie in

Hamburg-Mitte sind. Sie sprachen von einer verlässlichen organisatorischen Einbindung der Stadtteilbeiräte in die Bezirksverwaltung. Das finde ich jetzt besonders spannend, da wir wissen, dass Sie die Bezirksämter so radikal kaputtsparen, und dass sie noch Leistung erbringen sollen, glaube ich Ihnen nicht im Ansatz.

(Beifall bei der LINKEN – Sören Schuma- cher SPD: Das ist doch Unsinn!)

Wenn Sie jetzt als ein Beispiel für eine tolle Beteiligung die ganze Entwicklung stromaufwärts an Elbe und Bille beschreiben, dann möchte ich mit Ihnen gemeinsam ein paar Monate zurückgehen. Wir haben Ende des Sommers 2014 das erste Mal diese Planung vorgestellt bekommen. Dann hieß es, es solle im Oktober diese Veranstaltung geben, die nun morgen stattfindet, also einen Monat später. Gleichzeitig beinhaltet aber der Plan, dass im März/April die gesamte Beteiligung abgeschlossen sein solle. Das habe ich kritisiert, und dann hieß es, Frau Sudmann, wir fangen doch nicht bei null an, wir haben schon alles gemacht. Entweder haben Sie das gemacht oder Sie wollen beteiligen. Das ist wieder eine Mogelpackung, die so aussieht, als wenn alles toll wäre.

Herr Kienscherf, Sie drehen das immer so lange, bis Sie das Gefühl haben, es stimmt. Sie haben gesagt, wir, die SPD, machen die Politik mit den Bürgerinnen.

(Olaf Ohlsen CDU: Wir Sozialdemokraten, sagt er!)

Dann frage ich mich, warum die Bürgerinnen und Bürger das nicht merken.

(Beifall bei der LINKEN)

Warum gehen so viele Leute auf die Straße beim Thema Busbeschleunigung? Ich spreche nicht einmal vom Beispiel Papenhuder Straße und Mühlenkamp, ich rede auch da von einem Stadtteilbeirat. Sie haben es in Hamburg-Mitte, wo Sie damals schon die Mehrheit hatten, nicht geschafft, mit dem Stadtteilbeirat St. Georg auch nur ansatzweise über die Lange Reihe zu sprechen. Für die Menschen, die noch weiter im Osten wohnen, Herr Kienscherf: Die Lange Reihe verläuft mitten durch St. Georg. Dieser Stadtteilbeirat hat es mühevoll erkämpft, dass dort die Planungen vorgestellt werden. Das ist auch gut so, und ich hoffe, dass der Stadtteilbeirat lange weitermachen kann.

Jetzt hat Herr Kienscherf gesagt – wahrscheinlich waren Sie alle sehr beeindruckt –, dass jeder Beirat 6000 Euro zum Weitermachen bekomme. Sie kennen alle die Mietpreise für Büroräume und andere Räume in dieser Stadt. Wie finanzieren Sie von 6000 Euro die Möglichkeit, sich mindestens einmal im Monat zu treffen, die Möglichkeit, vielleicht irgendwo ein Büro zu haben? Wie finanzieren Sie davon Porto? Das reicht doch nicht einmal

(Olaf Duge)

für ein halbes Jahr, das reicht irgendwie für drei Monate. Das so hinzustellen, als würden Sie fürchterlich viel machen, Herr Kienscherf, hätten Sie eigentlich nicht nötig, aber allem Anschein nach doch.

(Beifall bei der LINKEN und bei Farid Müller GRÜNE)

Jetzt zum Quartiersfonds. Ich habe nicht bestritten, dass es den Quartiersfonds gibt. Und mir ist sehr bekannt – das haben Sie eben etwas geschickter ausgedrückt –, dass Sie den Quartiersfonds erhöhen wollen um eine halbe Million Euro pro Jahr. Sie sprachen von 1 Million Euro, damit man denkt, es bedeutet 1 Million Euro pro Haushaltsjahr.

(Zuruf von Dirk Kienscherf SPD)

Das ist mir schon klar, Sie haben es geschickt gesagt.

Auf diesen Etat, auf diesen Quartiersfonds verweisen doch nicht nur die Stadtteilbeiräte. Alle Initiativen, alle Einrichtungen und alle Vereine, die vor Ort sind und denen der Geldhahn zugedreht wurde und denen das Geld nicht reicht, verweisen auf den Quartiersfonds. Das heißt, wir reden nicht davon, dass wir zukünftig 2 Millionen Euro für Stadtteilbeiräte haben, sondern wir reden davon, dass Sie einen Reparaturfonds für alle Ihre Kürzungen aufbauen. Das zu verkaufen als Stadtteilbeiräteförderung geht überhaupt nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich weiß gar nicht, wie es Ihnen ergehen würde, wenn wir jedes Jahr zur Wahl antreten müssten und jedes Jahr versuchen müssten, die Zustimmung der Bürger und Bürgerinnen zu erhalten. Genau das ist nämlich mit dem Quartierfonds vermacht. Und Herr Kienscherf hat versucht, das sehr positiv darzustellen, nämlich dass die Bezirke entscheiden sollten. Warum können die Bezirke denn nicht entscheiden über eine dauerhafte Förderung oder eine längere Förderung? Jedes Jahr müssen die Stadtteilbeiräte, die Quartiersbeiräte zittern, ob sie wieder aufgenommen werden.

(Gabi Dobusch SPD: Zittern!)

Frau Dobusch, sie müssen zittern. Ich habe Ihnen gerade die Konkurrenz benannt, wer alles auf diesen Quartiersfonds Zugriff haben soll.

(Gabi Dobusch SPD: Das sind doch keine Lebensaufgaben!)

Insofern hat die SPD leider – vielleicht nicht spiegelverkehrt – keinen Blick dafür, was die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt wollen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Farid Müller GRÜNE)

Herr Kienscherf von der SPD-Fraktion hat noch einmal das Wort gewünscht.

(Hans-Detlef Roock CDU: Wo ist jetzt die Kohle?)

Liebe Kollegin Sudmann, wenn man schon so kleinteilig wird, dann muss man es trotzdem richtig darstellen. Stromaufwärts an Elbe und Bille haben Sie damals den Eindruck erweckt, es werde etwas vorgelegt und durchgepeitscht und dann irgendwann im Frühjahr, ohne dass der Bürger es mitbekommen hat, schon beschlossen. Das Gegenteil ist doch der Fall. Es wurde nach der Sommerpause vorgelegt, und es ist schon sehr intensiv – ich jedenfalls gehöre dem Quartiersbeirat im Osterbrook-Viertel an – darüber gesprochen worden. Wir hatten jetzt eine Veranstaltung, und wir werden diverse Veranstaltungen haben. Wir haben uns natürlich mit den Bürgerinnen und Bürgern darauf geeinigt, dass, wenn es im Mai immer noch Beratungsbedarf gibt, weil es um ein langfristiges Projekt geht, der erste Zwischenstand eben erst im Juni fertig ist, von mir aus auch noch zwei Monate später. Das, was Sie immer versuchen zu schüren, nämlich dass Politik eigentlich immer fernab der Bürgerinnen und Bürger etwas durchsetzen wolle, ist doch gar nicht der Fall. Die Menschen vor Ort merken, dass die Politik mit ihnen gemeinsam etwas entwickeln will. Das zeigt sich auch stromaufwärts an Elbe und Bille.

(Beifall bei der SPD)

Noch etwas zur Auskömmlichkeit. Natürlich gibt es in Hamburg-Mitte einen Beirat, der 150 000 Euro pro Jahr erhält. Es gibt aber auch einen Beirat, der gar kein Geld bekommt und trotzdem funktioniert, und es gibt Beiräte, die dazwischen sind. Wir haben in den Beiräten zum Beispiel gemeinsam mit den Menschen entwickelt, dass sie es, wie beispielsweise in Horn, mit 3000 Euro oder 6000 Euro schaffen. Es werden zum Beispiel Räumlichkeiten kostenlos zur Verfügung gestellt, es gibt Sachmittel, zu denen Projektentwickler sagen, dafür würden sie das machen. Es gibt das Bezirksamt, das sagt, sie könnten es damit machen. Dann gibt es sogar noch Platz für einen Verfügungsfonds. Das heißt, den Menschen vor Ort ist es wichtig, dass sie eine Grundfinanzierung haben, es ist ihnen wichtig, dass sie ernst genommen werden, und es ist ihnen wichtig, dass sie auf Bezirksebene richtig angebunden werden. Das sind die Probleme oder die Fragen, um die es geht, und diese Fragen haben wir beantwortet, liebe Frau Sudmann.

(Beifall bei der SPD)