Protocol of the Session on October 8, 2014

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/13049 federführend an den Haushaltsausschuss und mitberatend an den Verkehrsausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann war das einstimmig.

Es kann doch so einfach sein.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf, Drucksache 20/12845. Große Anfrage der CDU-Fraktion: Schulen in freier Trägerschaft als Bereicherung der Hamburger Schullandschaft.

[Große Anfrage der CDU-Fraktion: Schulen in freier Trägerschaft als Bereicherung der Hamburger Schullandschaft – Drs 20/12845 –]

Diese Drucksache möchte die CDU-Fraktion an den Schulausschuss überweisen. Wird hierzu das Wort gewünscht? – Frau Prien, Sie haben es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Offensichtlich sind viele Mitglieder der SPD-Fraktion der Meinung, dass das Thema Schulen in freier Trägerschaft nicht lohnt, debattiert zu werden, beziehungsweise das Zuhören sich nicht lohnt, aber es geht immerhin um 20 000 Schüler in dieser Stadt.

(Glocke)

Frau Prien, verzeihen Sie bitte einen Moment. Ich möchte bitten, der Rednerin aufmerksam zuzuhö

ren, und wenn Sie das nicht möchten, den Raum zu verlassen. – Fahren Sie bitte fort, Frau Prien.

Es geht immerhin um knapp 20 000 Schüler, über die wir heute reden. Insofern lohnt es dann doch, sich einmal damit zu befassen.

(Beifall bei Dietrich Wersich CDU)

Die Schulen in freier Trägerschaft erfreuen sich in Hamburg großer Beliebtheit, und die Nachfrage nach Plätzen bei Schulen in freier Trägerschaft ist seit 2003, nachdem der CDU-geführte Senat die Finanzierung auf eine solide Basis gestellt hat, kontinuierlich gestiegen. Das ist sicherlich auch immer dann der Fall, wenn es eine Menge Ungewissheit im staatlichen Schulsystem gibt. Insofern haben wir in der Zeit zwischen 2010 und 2013 immerhin 17 neue Privatschulen dazu bekommen. Das ist auch in dem Zusammenhang interessant, dass Sie sich in der Großen Anfrage der Tatsache rühmen, dass sich der Zuschuss erhöht habe.

Die Vielfältigkeit der Schulen in privater Trägerschaft ist nach wie vor vorhanden. Es gibt die ganz konventionellen, konfessionellen Schulen, es gibt die reformpädagogisch-innovativen Schulen – womit ich nicht sagen will, dass konfessionelle Schulen nicht innovativ wären – und es gibt diese Schulen im allgemeinbildenden, im Berufsschulund Sonderschulbereich. Dass diese Schulen eine Bereicherung für unsere Schullandschaft sind, darüber sind wir uns offensichtlich zumindest mit dem SPD-Senat einig. Allerdings endet die Einigkeit da, wo es um die Frage geht, ob sich das Verhältnis der Stadt Hamburg zu den Schulen in freier Trägerschaft noch etwas weiterentwickeln müsste.

Wenn man sich die Große Anfrage anschaut, dann ist der Senat offensichtlich der Meinung, es sei alles ganz super, wie fast immer bei Ihnen, wenn es um Schule geht, und da müsse man gar nichts machen. Das sehen wir ein bisschen anders. Wir denken, dass es in zwei Bereichen durchaus Bedarf gibt, über eine Weiterentwicklung des Systems nachzudenken.

Wenn man der Meinung ist, dass Schulen in freier Trägerschaft wegen des gesunden Wettbewerbs zwischen den Schulen in staatlicher Führung und denen in freier Trägerschaft sich gegenseitig befruchten und dass gegenseitige Inspiration durch unterschiedliche Modelle stattfinden soll, dann sollte man dieses Fruchtbare, das aus dem Wettbewerb entsteht, auch besser nutzen. Leider ist es so, dass die Wertschätzung der Schulbehörde gegenüber dem, was in den Schulen in freier Trägerschaft passiert, manches Mal zu wünschen übrig lässt. Es gibt zu wenig Austausch zwischen der Behörde und den Schulen in freier Trägerschaft und ihren Verbänden. Es würde sich unbedingt lohnen, auch dem Beispiel anderer Bundesländer

(Dr. Wieland Schinnenburg)

folgend, etwa einen Runden Tisch einzuberufen und für mehr Austausch zu sorgen. Auch würde es sich lohnen, einmal darüber nachzudenken, ob das System der Schulaufsicht so, wie wir es in Hamburg bei den Schulen in freier Trägerschaft betreiben, wirklich sinnvoll ist. Zur Erklärung muss man sagen, dass diejenigen, die bei uns die Schulaufsicht betreiben, die Gleichen sind, die über die Genehmigung und die Zulassung von Schulen in freier Trägerschaft entscheiden. Das heißt, es geht hier vornehmlich um rechtliche Fragen, und es geht wenig um inhaltliche und um Qualitätsfragen; das halten wir für ein Manko.

Richtigen Handlungsbedarf gibt es aber im Bereich der Finanzierung.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Darum geht es! Sie sollen mehr Geld kriegen!)

Darum geht es, genau, sie sollen mehr Geld bekommen, Frau Heyenn.

Sie sollen so viel mehr Geld bekommen, dass sie auch in der Lage sind, ihre Gebäudekosten angemessen zu zahlen. Das sind sie im Moment aufgrund einer Regelung, die 2003 nur vorläufig getroffen wurde, leider nicht. Das sollte man sich genau anzuschauen. Und wenn der Senat sich in der Drucksache der Tatsache rühmt, dass die Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft in Hamburg in der Spitzengruppe liegen würde, so ist das leider nicht wirklich wahr. Sie ist insgesamt knapp unterhalb des Durchschnitts.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Ja, das glaube ich auch! 80 Prozent etwa!)

Wir haben bei den Gymnasien nur eine Finanzierungsquote von 65 Prozent und bei den Grundschulen von 79 Prozent, und damit bewegen wir uns gerade einmal im Mittelfeld. Insofern gibt es keinen Grund, sich den ganzen Tag auf die Schulter zu klopfen.

Das Problem bei der Finanzierung ist einmal die Frage, auf welches Jahr man bei der Berechnung des Zuschusses Bezug nimmt. Ist es wirklich richtig, das Vorjahr als Bemessungsgrundlage zu wählen? Oder ist es, weil wir im Privatschulbereich immer noch steigende Schülerzahlen haben, nicht eigentlich korrekt, hier auf das Jahr abzustellen, um das es tatsächlich geht?

Die zweite Frage betrifft das Thema Gebäudekosten. Da wird immer noch zur Berechnung des Zuschusses, wie schon seit 2003, Bezug genommen auf eine fiktive kalkulatorische Miete von 7 Euro. Das hat man damals gemacht, als man für den staatlichen Schulbereich eine kalkulatorische Miete noch nicht ermitteln konnte. Das ist inzwischen, wie wir alle wissen, anders. Inzwischen gehen wir davon aus, dass im Durchschnitt 12 Euro eine angemessene Miete darstellen. 7 Euro und 12 Euro, muss man kein Mathematikexperte sein, um zu se

hen, dass da eine erhebliche Differenz klafft. Insofern ist tatsächlich die Frage, ob das noch ein auskömmliches Modell sein kann. Die Träger selbst beklagen, dass sie mit einer solchen nach wie vor seit 2003 nicht veränderten Berechnungsgrundlage nicht zurechtkommen, dass eine Reinvestition, eine Sanierung, geschweige denn der Neubau so nicht mehr möglich sind.

Es hat in der Vergangenheit immer wieder einzelne zusätzliche Zuwendungen gegeben. Das ist aber nichts, auf das man eine dauerhafte Planung aufsetzen könnte. Insofern halten wir es für dringend geboten, hier zu einer neuen Systematik zu gelangen. Ich hoffe daher, dass wir diese Fragen dann im Schulausschuss miteinander erörtern können, um den Schulen in freier Trägerschaft auf Dauer das Überleben in ihren eigenen Gebäuden zu sichern.

Wir als CDU stehen jedenfalls zu den Schulen in freier Trägerschaft, und zwar nicht nur bezüglich des laufenden Unterhalts, sondern auch bezüglich der Investitionen. Bedenken Sie bitte dabei, dass wir mit unserem erheblichen Reformendrang in Hamburg – ich sage nur Ganztagsbetreuung, GBS, Inklusion – natürlich den Schulen in freier Trägerschaft ein erhebliches Maß an Investitionsnotwendigkeit immer wieder auferlegen. Insofern ist es auch nur fair – und das ist eine Voraussetzung für Wettbewerb und Fairness –, auch bei der Finanzierung fair zu bleiben

(Jan Quast SPD: Sagen Sie doch, wo es herkommen soll!)

und hier auch nachzubessern. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Lein von der SPD-Fraktion hat jetzt das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal vorab: Die Schulen in freier Trägerschaft sind aus unserer Sicht eine wertvolle Ergänzung des staatlichen Angebots. Es hat gar keinen Zweck, dass Sie, Frau Prien, signalisieren, da wären wir nicht so ganz auf Ihrer Seite. Ich glaube, in diesem Haus sind wir uns einig, dass die Schulen in freier Trägerschaft, die seit Jahren etwa 10,5 Prozent der Hamburger Schüler beschulen, ein wertvolles und pädagogisch innovatives Angebot sind, das die Schulen ergänzt und bereichert.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Wir haben katholische Bekenntnisschulen, wir haben evangelische Bekenntnisschulen. Wir haben neuerdings die evangelikalen Bekenntnisschulen und wir haben anthroposophische Bekenntnisschulen. Wir haben private Schulen. Bei der einen oder anderen könnte man fast sagen, sie haben

(Karin Prien)

auch ein Bekenntnis, nämlich dass Schulen auch Gewinn machen dürfen, wenn ich an "Phorms" und andere Firmen denke, die in dieses Privatschulgeschäft eingestiegen sind.

Aber unsere große Vielfalt ist zu finanzieren. Und Sie haben zu Recht darauf hingewiesen – wir haben es vermutet, dass Sie bei dieser Debatte noch einmal darauf hinweisen wollen –, welch wichtigen Schritt Sie 2004 zu Ihrer Regierungszeit gemacht haben, nämlich die Schulen in freier Trägerschaft anders auszustatten als zuvor. Diese Erkenntnis in 2003 und 2004 haben wir allerdings auch umgesetzt. Wenn Sie sich die Zahlen genau anschauen, dann sind in jedem Jahr die Zuwendungen für Schulen in freier Trägerschaft deutlich gestiegen. 2009 waren es 10,6 Millionen Euro, 2010 114 Millionen Euro, 2011 118 Millionen Euro, 2012 120 Millionen Euro, 2013 128 Millionen Euro, und 2014 werden es nach der jetzigen Prognose voraussichtlich 133 Millionen Euro werden. Es kann also keine Rede davon sein, dass man womöglich den Schulen das ihnen zustehende Geld nicht überweisen wolle.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Richtig!)

Vielleicht sollten wir auch an die Investitionen denken. Es gibt eine Liste von jährlichen Zuschüssen für Investitionen, aber ich habe in Erinnerung, und vielleicht auch Sie, Frau Prien, dass es einmal eine Zahl von 7 Millionen Euro gab. War das zu Ihrer Regierungszeit, als man die den Schulen wegnehmen wollte und wir diesen Sparbeschluss nicht vollzogen haben? Vielleicht sagen Sie einfach, wo er recht hat, hat er recht. Sie wollten damals kürzen und wir haben das zurückgenommen.

(Beifall bei der SPD)

Klar ist, dass man bei einer solchen Schriftlichen Kleinen Anfrage zum Schluss immer ans Geld denkt. Man denkt weniger an die Schulaufsicht, über die kann man diskutieren, sie funktioniert doch. Wir haben das an Nenas neuer Schule erlebt. Nach heftigen Konvulsionen, bei denen die Schulaufsicht eingestiegen ist, ist auch diese wieder in ruhiges Fahrwasser eingetreten. Wir haben es auch beim Alsterring Gymnasium, dort hat man am Personal Kritik geübt, das nicht den Vorgaben entsprach, die wir gesetzlich und vertraglich haben wollten. Wir haben sogar eine der Bugenhagen-Schulen, mit der die Eltern nicht zufrieden waren und sagten, wir wollen wieder zurück in staatliche Arme, in eine staatliche Schule umgewandelt.

Ich glaube, auch die Schulaufsichts- und Genehmigungsfragen sind nicht sonderlich erörterungswürdig. Es geht um Geld.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Genau! Darum geht's!)

Ich habe die Zahlen vorhin genannt, ich habe auch Ihre Investitionsüberlegungen nicht unerwähnt ge

lassen. Ich glaube, Hamburg hat nicht nur die höchsten Sätze pro Schüler im Bundesgebiet, sondern zahlt seine Privatschulen auch gut und hat damit den höchsten Erstattungssatz. Und wer weiß, dass wir Schulen haben, deren Klassenfrequenzen weit über dem liegen, was Hamburger staatliche Schulen üblicherweise haben – ich erwähne nur das Wort Waldorf –, der sieht, dass die Schulen das Recht haben, mit diesem Geld zu machen, was sie für richtig halten.

Wir brauchen derzeit keine vertiefte Diskussion über diese Frage. Ich finde die Große Anfrage im Namen meiner Fraktion hilfreich, und sie macht vieles klar, was bisher der eine oder andere gewusst hat. Wenn Sie einen Antrag haben, dann nur zu, dann wird über den Antrag diskutiert. Da bin ich im Rahmen Ihrer Haushaltsvorschläge natürlich immer auf die Deckungsüberlegungen gespannt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Frau Dr. von Berg von der GRÜNEN Fraktion hat jetzt das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich kann teilweise leider nur das wiederholen, was meine Vorrednerinnen und mein Vorredner gesagt haben. 19 000 Schülerinnen und Schüler besuchen Schulen in freier Trägerschaft. Wir GRÜNE stehen ganz klar dazu, dass Schulen in freier Trägerschaft ein wichtiges Element der Zivilgesellschaft sind, dass sie Mitverantwortung übernehmen in gesellschaftlichen Fragen, dass häufig die Gründung von Schulen in freier Trägerschaft auch ein Zeichen für bürgerschaftliches Engagement ist und dass sie in der Vergangenheit und auch heute noch häufig Motoren für Innovation gewesen sind. Wir GRÜNE stehen auch zu den Schulen in freier Trägerschaft.

(Beifall bei den GRÜNEN)