Protocol of the Session on September 25, 2014

Ich denke, Herr Dr. Schinnenburg hat nichts mehr hinzuzufügen. Dann bekommt jetzt Frau Heyenn das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Schinnenburg, mit solchen Wahlkampfreden werden Sie mit Sicherheit die Fünfprozenthürde verfehlen.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Ich würde gern zur Sache zurückkehren. 2012 hat die Wissenschaftssenatorin mit den Präsidenten der einzelnen Hochschulen Vereinbarungen abgeschlossen. Unter Punkt 3.2 finden wir folgenden Passus – ich zitiere –:

"Im Fall eines längerfristigen Anstiegs der Geldentwertungsrate über das in den letzten Jahren gewohnte, mit dem Zielkorridor der Europäischen Zentralbank (2 %) kompatible Niveau hinaus werden Nachverhandlungen über eine Zuschusserhöhung geführt. Gleiches gilt, wenn die Tarifabschlüsse deutlich über dieser Rate liegen."

Nun liegen die Tarifabschlüsse in 2014 bei 3 Prozent und in 2015 bei 2,4 Prozent.

(Jan Quast SPD: Da haben Sie aber ziem- lich aufgerundet!)

Als das im Wissenschaftsausschuss Thema war, hat Frau Senatorin Stapelfeldt gesagt, es bestehe kein Anlass für eine Nachverhandlung. Das finden wir sehr merkwürdig, sie hat nämlich noch hinzugefügt, das sei kein deutliches Abweichen von den 2 Prozent und auch kein langfristiger Anstieg.

Frau Dr. Gümbel hat gesagt, diese Hochschulvereinbarungen seien Knebelverträge. Das kann man

(Dr. Wieland Schinnenburg)

so sehen, weil die Hochschulen im Grunde gar keine andere Chance hatten, als diese Verträge zu unterzeichnen. Die Wissenschaftssenatorin hat damals gesagt, dass damit eine Planungssicherheit bis 2020 entstanden sei. Das stimmt. Aber diese Planungssicherheit bedeutet, dass die Universität und die Hochschulen mit Sicherheit davon ausgehen können, bis mindestens 2020 chronisch unterfinanziert zu sein, und das ist natürlich eine Planungssicherheit, auf die sie gerne verzichtet hätten.

(Beifall bei der LINKEN)

In dem Bericht über die Wortmeldung der drei Hochschulpräsidenten wurde neulich ganz klar gesagt – ich zitiere –:

"[Es] war von vornherein klar, dass es nicht ausreicht, um die Kostensteigerungen zu decken."

So viel zur Planungssicherheit.

Nun ist bekannt, dass ich in Mathematik nicht die Stärkste bin,

(Christiane Schneider DIE LINKE: Ja!)

aber ich würde gern wissen, wieso Tariferhöhungen von 2,4 und 3 Prozent keine deutliche Abweichung von 2 Prozent sind. Da hätte ich doch gerne einmal erklärt, warum kein Anlass für Nachverhandlungen besteht. Das finden wir unerhört,

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Eva Gümbel GRÜNE)

denn auch wenn immer von Vereinbarung gesprochen wird, ist das ein Vertrag, und eigentlich gehört es sich, dass man Verträge einhält. Dadurch, dass dieser Vertrag von der Wissenschaftssenatorin quasi gebrochen wurde, ist das Vertrauen in den Senat, was Verträge und Vertragstreue betrifft, natürlich erheblich erschüttert. Das sollten Sie schleunigst ändern und Nachverhandlungen mit den Hochschulen und der Universität anstreben.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Eva Gümbel GRÜNE)

Die Rektoren Antranikian, Otten und Pelka von der TUHH, der HAW und der HCU haben noch einmal darauf aufmerksam gemacht, dass die Hochschulen und die Universität selbst mit Tariferhöhungen von 2 Prozent jedes Jahr ein Minus in Millionenhöhe eingefahren hätten, wobei sich dieses Jahr für Jahr addiert. Wenn man dann noch berücksichtigt, dass 80 Prozent der Mittel an den Hochschulen für Personalkosten gebunden sind, dann ist die Differenz bei den Tariferhöhungen von 1 und 0,4 Prozent eine Größe, die deutlich macht, wie problematisch und wie dramatisch es ist, dass es keine Nachverhandlungen gibt. Also noch einmal: Bitte fangen Sie an, mit der Universität und den Hochschulen zu reden.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Eva Gümbel GRÜNE)

Herr Kühn, Sie haben gestern lang und breit und immer wieder ausgeführt, dass Hamburg vorbildlich in Wissenschaft und Forschung sei, und heute hört sich das schon wieder so an. Ich finde, Frau Stöver hatte recht, als sie sagte, dass Sie Äpfel mit Birnen vergleichen. Bei aller Liebe: Hamburg und Rostock sind zwar beides Hansestädte, aber die Hochschullandschaft in Hamburg mit der in Rostock zu vergleichen – wenn das nicht ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen ist, dann weiß ich nicht mehr, wovon ich rede.

(Beifall bei der LINKEN und bei Birgit Stöver CDU – Dr. Martin Schäfer SPD: Das hat er doch gar nicht gemacht!)

Sie haben Zahlen vorgelesen, was in den einzelnen Ländern für Wissenschaft insgesamt ausgegeben wird. Was sich dahinter verbirgt, weiß man nicht so genau. Ich habe hier die Zahlen, die die Ausgaben pro Studierenden beziffern, herausgegeben vom Stifterverband. Ich werde Ihnen einmal sagen, wie es da aussieht. Herr Pelka sagte, Hamburg befände sich im letzten Drittel. Ich nenne Ihnen dazu drei Zahlen: Pro Studierenden werden in Hamburg 8899 Euro im Jahr ausgegeben, in Bayern und Baden-Württemberg 10 400 Euro und in Niedersachsen 11 800 Euro. Nur damit Sie es wissen: Hamburg ist nicht führend und auch nicht vorbildlich, was den Wissenschaftsstandort anbetrifft.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Eva Gümbel GRÜNE)

Frau Senatorin Stapelfeldt, Sie haben darauf hingewiesen, dass Sie die Hochschulen von der Haushaltskonsolidierung und den Stellenstreichungen in der Stadt ausgenommen hätten. Ganz ehrlich: Das ist alles gut und schön, aber wenn die Universität und die Hochschulen kein Geld haben, um mehr Personal einzustellen, ist das natürlich Makulatur. Also bitte, verhandeln Sie das mit den Hochschulen nach. Statten Sie die Hochschulen und die Universität ausreichend mit finanziellen Mitteln aus.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Eva Gümbel GRÜNE)

Meine Damen und Herren! Ich war eben so perplex, dass ich einen Augenblick gebraucht habe. Ich erteile Herrn Dr. Schinnenburg nachträglich einen Ordnungsruf für seine beleidigenden Äußerungen gegenüber der Wissenschaftssenatorin,

(Beifall bei der SPD – Christiane Schneider DIE LINKE: Das stimmt, das war echt belei- digend!)

die jetzt das Wort bekommt. Frau Dr. Stapelfeldt, Sie haben das Wort.

(Dora Heyenn)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir können, liebe Frau Gümbel, an verschiedenen Stellen divergierender Auffassung sein; das finde ich gut, das muss man ausdiskutieren. Eine Frage aber würde ich nicht so stellen, wie Sie sie gestellt haben: Wodurch gibt es Erfolge in der Wissenschaft? Erfolge in der Wissenschaft gibt es nicht durch die eine oder die andere Partei, sondern durch die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die vor Ort forschen und lehren und das Bestmögliche tun. Sie sind es, die die Rahmenbedingungen nutzen können. Sie sind es, die die Wissenschaft nach vorne bringen.

(Dr. Eva Gümbel GRÜNE: Darum geht es, um gute Rahmenbedingungen!)

Das sind nicht wir und das ist auch keine Partei.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir uns der Thematik sachlich nähern wollen, stellen sich doch vor allen Dingen drei Fragen. Erstens: Sind die staatlichen Hochschulen in Hamburg ausreichend finanziert? Zweitens: Werden in unserer Stadt Prioritäten bei Bildung und Wissenschaft gesetzt? Und drittens: Werden Wissenschaft und Forschung in Hamburg ausreichend gewürdigt? Das heißt, wird die Bedeutung von Wissenschaft und Forschung für die Entwicklung unserer Stadt von den Institutionen, von den Bürgerinnen und Bürgern hinreichend wahrgenommen?

Zum ersten Punkt: Mit den Hochschulvereinbarungen haben wir eine klare Priorität bei den Hochschulen gesetzt. Die Hochschulen erhalten eine langfristige Planungssicherheit, und sie erhalten in diesem Jahr 636 Millionen Euro, die bis 2020 jedes Jahr um knapp 1 Prozent erhöht werden sollen. Hier geht es um Steigerungen,

(Dr. Eva Gümbel GRÜNE: Ja, ja, ja!)

es geht nicht, wie in anderen Ländern, um reale Budgetkürzung. Das gilt im Übrigen auch für die universitäre Forschungsförderung, die in den vergangenen Jahren auch erhebliche Steigerungen gehabt hat. Die mit den Hochschulen abgeschlossenen Vereinbarungen werden umgesetzt und gelten für den Senat uneingeschränkt. Das betrifft auch die sogenannte Revisionsklausel, über die hier schon gesprochen worden ist. Liebe Frau Heyenn, Sie haben sie gerade eben vorgetragen, deswegen brauche ich es nicht zu wiederholen. Was bedeuten sie aber und wie sind sie zu bewerten? Für die Jahre 2013 und 2014 liegen die Tarifabschlüsse um 0,65 Prozent beziehungsweise 0,95 Prozent über dieser 2-Prozent-Marke. Von einem langfristigen und deutlichen Abweichen von der 2-Prozent-Marke kann man deshalb heute nicht sprechen. Die Voraussetzungen für das Greifen der Nachbesserungen in den Hochschulvereinbarungen sind im Moment nicht gegeben.

(Dietrich Wersich CDU: Das sehen die aber anders, die Hochschulen!)

Wären sie das, würden wir darüber verhandeln, das ist aber im Moment nicht gegeben.

(Dr. Eva Gümbel GRÜNE: Da liegen wir aber im Dissens!)

Nun zu den Mitteln, die den Hochschulen zur Verfügung stehen. Sie erhalten nicht nur mehr als 630 Millionen Euro von der Stadt, eine Summe, die gesteigert wird, sondern darüber hinaus seit vielen Jahren erhebliche Mittel aus dem Hochschulpakt, der zum Glück den Hochschulen in Deutschland insgesamt zugutekommt. In diesem Jahr sind das mehr als 65 Millionen Euro. Somit sind es nahezu 700 Millionen Euro, die an die Hamburger Hochschulen gehen.

(Beifall bei der SPD – Glocke)

Frau Senatorin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Wersich?

Zweite Bürgermeisterin Dr. Dorothee Stapelfeldt (fortfahrend): Nein.

Dazu kommt, und das will ich an dieser Stelle ausdrücklich sagen, eine hohe Liquidität bei den Hochschulen. Sie liegt bei mehr als 320 Millionen Euro. Das sind Mittel, die noch nicht wie die Rücklagen verplant sind, und es gibt finanzielle Reserven von rund 275 Millionen Euro. Was soll das sagen?

(Jens Kerstan GRÜNE: Ja, was soll das sa- gen?)