Sie bringen die Lehrer und Erzieher an den Rand des Leistbaren. Sie haben es einfach zu schnell gemacht, Sie haben es nicht durchdacht gemacht. Bei Ihnen gilt immer das gleiche Prinzip: erst in die Masse und dann in die Qualität. Wir halten dies nach wie vor für die falsche Richtung.
Der Bericht zum Schulbau war gestern besonders nett. Wir werden im Schulausschuss noch ein bisschen darüber zu sprechen haben. Es ist nämlich nicht das Papier wert, auf dem es steht. Schauen Sie sich einmal an, wie Sie sich damit rühmen, hohe Investitionen im Neubau und bei der Sanierung der Schulen vorgenommen zu haben. Sie erreichen Ihre eigenen Ziele aber nie. Sie haben im Jahr 2012 30 Prozent weniger gebaut, als
Sie sich vorgenommen haben. Im Jahr 2013 haben Sie 28,5 Prozent weniger gebaut, als Sie sich vorgenommen haben, und im Jahr 2014 schreiben Sie einfach, Sie gingen davon aus, dass Sie Ihre Ziele in diesem Jahr erreichten. Ich bin gespannt, wie Sie das dieses Jahr schaffen wollen, denn Sie haben es bisher in keinem Jahr Ihrer Regierungszeit erreicht.
Meine Damen und Herren! Es geht nicht darum, im Bildungsbereich möglichst viel Geld auszugeben. Im Hochschulbereich müssten Sie allerdings mehr ausgeben; das hat Ihnen Herr Lenzen heute Morgen auch noch einmal ins Stammbuch geschrieben. An der Stelle versagen Sie jedenfalls eindeutig. Es geht darum, ein qualitativ hochwertiges Schulsystem zu schaffen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Seit dreieinhalb Jahren lesen wir immer wieder Pressemitteilungen aus dem Hause der Behörde für Schule und Berufsbildung. Und immer wieder höre und lese ich, dass das allein die SPD geschaffen habe, und das ist wirklich unlauter.
Ich habe mir, weil es schon heute um die Bilanz geht, einmal die Mühe gemacht und bin die letzten Jahre durchgegangen, und dazu muss ich sagen, was in den letzten Jahren auf die Schiene gesetzt wurde. Es geht darum, was nicht nur unter dem schwarz-grünen Senat und einer grünen Senatorin auf den Weg gebracht wurde, sondern, das muss man ehrlicherweise sagen, auch von der EnqueteKommission.
Das ist zum Beispiel das zweigliedrige Schulsystem, die Stadtteilschule, es sind alle Ganztagsangebote, auch Ganztägige Bildung und Betreuung, das ist Fördern statt Wiederholen, das ist das Recht auf Inklusion, das ist die Neuorientierung beim Übergang Schule/Beruf, die Gründung des Sondervermögens Schulbau, die Einführung kleinerer Klassen und ein Mehr an Bildungsausgaben, was gerade in der letzten Legislaturperiode enorm angestiegen ist. Dann sind es solche Programme
wie "Jedem Kind ein Instrument" und auch die regionalen Bildungskonferenzen. Das sind so wesentliche Elemente der Schulpolitik, da hätte eigentlich der SPD-Senat nur noch sagen müssen: Prima, das setze ich vernünftig um. Frau Prien hat schon angedeutet, dass die Umsetzung wirklich in vielen Bereichen
Ich nenne Ihnen nur die drei schlimmsten Beispiele. Der Übergang Schule/Beruf ist immer so ein bisschen vernachlässigt worden, denn er ist auch ziemlich komplex, das muss ich zugeben. Es ging beim Übergang Schule/Beruf darum, Jugendliche, die nicht ausbildungsreif sind, in eine duale Ausbildungsvorbereitung zu stecken. Das war der eine Gedanke. Aber alle anderen Jugendlichen, die ausbildungsreif sind und einen mittleren Schulabschluss haben, sollten in eine Ausbildung kommen nach dem Hamburger Ausbildungsmodell, wenn sie denn keine ungeförderte Ausbildung bekommen. Was hat jedoch der SPD-Senat gemacht? Der SPD-Senat hat erst einmal den Stadtteilschulen 92 Stellen, die ihnen versprochen waren, abgezogen, die eigentlich für die Berufsorientierung da waren, sodass die Jugendlichen jetzt eben nicht dieses Maß an Berufsorientierung bekommen. Der Endeffekt ist, dass sehr viele Jugendliche jetzt nicht in einer Ausbildung landen, sondern eine neue Warteschleife geschaffen wurde, und das heißt jetzt AV-Dual. Genau das wollten wir unter Schwarz-Grün nicht.
Die zweite riesige Baustelle ist die Ganztägige Bildung und Betreuung. Es fehlt an Räumen, es gibt keine Konzepte – das haben wir gestern Abend besprochen – und keine Standards. Es fehlt an einer guten Qualität der Angebote, qualifiziertes Personal fehlt an allen Ecken und Enden, und vor allen Dingen merken wir, dass die Verzahnung von Vormittag und Nachmittag überhaupt nicht klappt.
Bei der Inklusion – das ist wirklich katastrophal – gibt es keine Konzepte. Wir merken an allen Ecken und Enden, dass es nur noch eine einzige Flickschusterei ist. Jüngstes Beispiel ist die Schulbegleitung. Die Schulbegleitung ist so schlecht aufgestellt, dass wir das noch ganz bitter zu spüren bekommen werden. Es wird irrsinnig viel Geld ausgegeben und zum Fenster rausgepulvert, weil das Konzept der Inklusion einfach kein Fundament hat. Wenn wir für Senator Rabe diesen Maßstab anlegen würden – später werden wir auch über Fördern statt Wiederholen sprechen –, dann würde ich sagen: Versetzung akut gefährdet. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Bürgerschaftswahl rückt näher, und die SPD übt sich immer öfter im Anmelden von sogenannten Jubeldebatten. Dass Sie das heute sogar in Sachen Bildung tun, ist besonders dreist. Außer der desaströsen Verkehrspolitik gibt es wohl keinen Politikbereich in Hamburg, der so schlecht gemanagt, der so stur verwaltet und so ideenlos alleingelassen wird.
Ihr Titel "Von Grund auf" bedeutet nicht das, was Sie uns weismachen wollen. Es bedeutet hier nur von Grund auf veränderungsbedürftig; ich will ein paar Beispiele nennen.
Sie tun so, als ob ein paar gut funktionierende GBS-Standorte die Lage der Stadt prägen würden. Das ist bei Weitem nicht so, denn es gibt massive Probleme an vielen Schulen mit der unausgegorenen Betreuung. Das fängt bei dem mangelhaften Überblick über die schwierige Situation vor Ort an. Wie steht es zum Beispiel um die Vernetzung im Sozialraum und die Einbindung von Vereinen vor Ort? Wie sieht es aus mit der Anzahl von Erzieherinnen und der Zahl der Hilfskräfte, die durch das pädagogische Budget finanziert werden sollen? Und auch zur realen Gruppengröße gibt es sensationelle Berechnungen. Aber es gibt mehr Fragen als Antworten.
Der Betreuungsschlüssel – jetzt darf ich einmal Lehrer spielen – von 1:23 ist, Herr Rabe, nur eine rechnerische Größe. Lassen Sie es mich – und jetzt kommen wir in die Praxis zurück – an einem Beispiel verdeutlichen. Freitags nehmen weniger Kinder an der Betreuung teil, das heißt, an anderen Tagen sind somit die Gruppen automatisch größer. Das ist ein ganz einfaches Beispiel aus der Praxis. Ihr Schulbehördensprecher verweist da auf das pädagogische Budget, man könne damit doch die Gruppengröße problemlos verringern. Das ist falsch. Es gibt 329 Euro pro Kind und pro Jahr. Weit kommt man da unserer Meinung nach nicht. Und das triste Ergebnis dabei ist, dass Eltern die Kurse, die eigentlich zum Standardangebot der GBS gehören sollten, zusätzlich bezahlen müssen. So geht es auf keinen Fall.
Das nächste Problem ist die Zeitarbeit an GBSStandorten. Fällt eine Erzieherin aus, was durchaus einmal vorkommen kann, dann kommen Zeitarbeiter zum Einsatz – Zeitarbeiter in der Betreuung und der pädagogischen Arbeit, die nur
kurzfristig einspringen und die die Kinder nicht kennen. Das ist suboptimal. Wahrscheinlich haben sie nicht einmal einen Überblick darüber, wer überhaupt zur Gruppe gehört oder wie viele Kinder in der Gruppe betreut werden. Das sind Zustände, die für uns nicht zu akzeptieren sind.
Frau von Berg sprach schon das Riesenproblem der Inklusion an, das wir noch gar nicht angesprochen haben, dazu kommen wir jetzt noch. Bei dem Chaos, das ich Ihnen gerade bezüglich der GBSSchulen benannt habe, sollen die Erzieher vor Ort auch noch Inklusionskinder einbinden und sie fördern. Das funktioniert doch nicht, das kann doch jeder nachvollziehen. So werden die Erzieher vor Ort mit den anspruchsvollen Aufgaben alleingelassen, von den betroffenen Kindern ganz zu schweigen; darüber hatten wir gestern schon gesprochen. Statt etwas zu ändern, wird mit Schönfärberei versucht, davon abzulenken. Auch das ist für uns nicht akzeptabel.
Jetzt kommen wir zum Bereich Kitas. Auch das ist ein Bereich, in dem die Bildung anfangen sollte laut SPD. Kita-Beitragsbefreiung, alles angeblich möglichst günstig für viele, aber in Wahrheit ist das nur ein Wahlgeschenk für die Eltern, aber ein ganz und gar kurzsichtiges. Das ist keine Investition in Bildung und Qualität, die sieht anders aus.
Bei den Kitas und den Krippen kommt in Zukunft kein Cent mehr an. Sie haben überhaupt keine Spielräume mehr, an dem Betreuungsschlüssel etwas zu verändern. Auch das ist eine Antwort auf eine Frage im Ausschuss. Es gibt in Zukunft kein Geld mehr für die bessere Qualität, der schlechtesten in ganz Westdeutschland, um das einmal festzuhalten. Das ist die triste Realität, hinter deren PR-Bildern sich der Erste Bürgermeister mit Kindern bei der Kita-Visite gern versteckt.
Zum Schluss noch ein wichtiges Feld, auf dem Sie vollmundig gestartet und als Bettvorleger gelandet sind. Bei langfristigen Investitionen in den Schulbau sieht es nicht besser aus. Milliardenprogramme haben Sie versprochen, aber in der Umsetzung ist es bis heute an vielen Standorten hängengeblieben. Die Realität besteht aus Schulhofvermessung und Containeraufbau. Statt wirklich Milliarden Euro für neue Klassenräume zu verbauen, werden Gelder verwendet, um Löcher zu stopfen. Das Schlimme daran ist, dass Sie sie vorher selbst geöffnet haben.
Die Liste des Versagens ließe sich ellenlang fortführen. Und weil die leidgeprüften Eltern und Erzie
hungsberechtigten in dieser Stadt es ganz genau wissen, ist eines sicher: Auf diese und andere scheinheilige SPD-Jubeldebatten werden sie nicht hereinfallen.
(Beifall bei der FDP, den GRÜNEN und bei Dr. Walter Scheuerl fraktionslos – Zuruf von Gerhard Lein SPD)
"Von Grund auf" muss hier zumindest eines heißen: Ihre misslungene Betreuung und Schulpolitik muss von Grund auf erneuert werden. – Vielen Dank.