Wir finden den Antrag der GRÜNEN sehr gut – er ist auf jeden Fall um Längen besser als der Antrag zur Erweiterung des Baumkatasters, der uns vor einigen Monaten erreicht hat –, der fordert, endlich einmal Geld in die Hand zu nehmen für etwas, was sinnvoll für die Umwelt ist. Die SPD ist da hinterhergehoppelt, das ist auch in Ordnung, man will sehen, dass man noch irgendwo Geld zusammentreibt. Wenn es für die Natur ist, dann ist das vernünftig.
Was uns natürlich alle umtreibt, ist, dass Bäume nicht einfach nur Bäume sind und schön aussehen, sondern eine stadtklimatische Eigenschaft haben, die sehr wichtig ist, das weiß jeder. Feinstaub wird verringert, Sauerstoff wird erhöht, CO2 wird gebunden, und das ist an sich schon eine schöne Sache. Zum anderen ist es eine Verbundenheit mit der Bevölkerung, das heißt, die Menschen sehen, wenn Bäume neu gepflanzt werden, auch etwas für sich Angenehmes. Damit kann man auch Klimapolitik zum Anfassen betreiben, deshalb ist gerade das Nachpflanzen von Bäumen sehr wichtig und für die Menschen viel mehr angreifbar als andere Maßnahmen.
Daher komme ich jetzt zu dem Thema, das wir fast immer alle Jahre wieder haben. Es kommen solche und ähnliche Anträge, wenn wieder einmal ein paar Millionen Euro irgendwo herumliegen beziehungsweise man sie zusammenkratzen will. Dieser Antrag ist ein Ad-hoc-Antrag für ein Jahr, was ganz gut ist, aber eigentlich sollte das haushalterisch jährlich eingestellt werden. Wir wissen doch, dass
(Dietrich Wersich CDU: Könnten Sie mal bit- te einen Satz-Stopp machen! Das hebt die Verständlichkeit!)
Erster Vizepräsident Frank Schira (unterbre- chend): Entschuldigung, Herr Abgeordneter. Eine bessere Verständlichkeit gäbe es auch, wenn alle zuhören würden. Und derjenige, der nicht zuhören möchte, kann gern hinausgehen. – Bitte schön.
Ich habe gerade eben schon erwähnt, dass das Anpflanzen von Bäumen auch ein Klimaschutzbeitrag ist. Wir haben doch ein Programm, und da könnte man schauen, ob nicht vielleicht einige Maßnahmen, die in diesem Programm stehen, nicht so sinnvoll sind wie das Nachpflanzen von Bäumen. Damit hätten wir auch eine Querfinanzierung. Ich denke, man sollte bei jedem Euro, den wir ausgeben, sehen, ob man dafür auch etwas bekommt. Das ist gerade bei den Liberalen sehr wichtig, nämlich die Effizienz. Wenn wir schon Geld ausgeben, was wir gern tun, wenn es sinnvoll ist, dann sollte es aber auch effizient angelegt werden. Gerade bei Bäumen ist es doch so, dass sie für den Klimaschutz sehr wichtig sind.
So etwas sollte man dann auch haushalterisch nicht für ein Jahr, sondern für mehrere Jahre gleichbleibend finanzieren und nicht immer nach dem Motto: Alle Jahre wieder. Es ist zwar nicht Weihnachten, aber gerade vor der Sommerpause werden dann solche Anträge gestellt. Man findet sie toll, die Hamburger Bürgerschaft tut endlich einmal wieder etwas für die Bäume. Das ist schön, aber es ist viel wichtiger, dass wir das in den normalen Haushalt überführen. – Vielen Dank.
(Finn-Ole Ritter FDP: Frau Heyenn kann wirklich zu allem sprechen! – Dr. Andreas Dressel SPD: Auf jeden Fall zu Naturthe- men!)
und ich teile die Liebe zu den Bäumen mit Herrn Albrecht. Ich könnte ihm stundenlang zuhören. Ich sehe es genauso, dass jeder Baum ein Gedicht ist.
Insofern gibt es zwischen uns eine große Einigkeit. Bäume sind einfach die Zukunftsinvestition in einer lebendigen Stadt, und für die Hamburgerinnen und Hamburger sind die Bäume in den Straßen und Parks das sichtbare und wichtigste Zeichen der Natur. Das Problem ist offenkundig, Herr Albrecht, dass die Liebe zu den Bäumen vom Senat nicht geteilt wird, denn wie mehrere Senatsantworten der letzten Jahre zeigen, hat der Baumbestand in Hamburg drastisch abgenommen.
Allein im Rahmen der Internationalen Bauausstellung IBA und der Gartenschau igs wurden insgesamt rund 5000 Bäume gefällt, und bis heute fehlen hierzu konkrete, belastbare Angaben zur Anzahl der Ersatzpflanzungen. Das ist ein Verlust an Bäumen und kein Mehr an Bäumen. Die Umwelthauptstadt Europas 2011 verliert seit dem Regierungsantritt der SPD im Durchschnitt jährlich, trotz aller Anpflanzungen, 1000 Straßenbäume. Rechnet man die Fällungen und Pflanzungen in den Parks hinzu, ergibt sich ein Nettoverlust von insgesamt über 3000 Bäumen jährlich. Das ist keine Liebe, das kann man so nicht sagen. Einschließlich der Fällungen und der fehlenden Ersatzpflanzungen auf privaten Grundstücken geht der BUND in einer konservativen Schätzung von einem jährlichen Baumverlust von mindestens 6000 Bäumen pro Jahr in Hamburg aus. Das heißt, es werden pro Jahr 3000 Bäume gefällt.
In seinem Bericht 2009 hat der Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg festgestellt, dass die Höhe der bereitgestellten Haushaltsmittel für die Unterhaltung von Grünanlagen nicht ausreicht, um den Erhalt des Anlagevermögens der Grünanlagen zu ermöglichen. Unter Berücksichtigung der von der Gartenamtsleiterkonferenz 1998 veröffentlichten Richtzahlen könne gegenwärtig der Unterhaltungsbedarf für Grünanlagen und Spielplätze, so der Landesrechnungshof, nur zu 55 Prozent abgedeckt werden.
Wir haben das Konzept "Mein Baum – Meine Stadt". Dazu sage ich Ihnen ganz klar, dass wir LINKE das für eine Alibiveranstaltung halten. Parkund Straßenbäume erfüllen eine wichtige Funktion für das Mikroklima und für das Stadtbild, und man kann diese Aufgaben nicht einfach an spendenbereite Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen delegieren. Und Sie haben, Herr Albrecht, sehr deutlich darauf hingewiesen, dass jeder Baum, den man pflanzt, zumindest in den ersten drei Jahren eine intensive Pflege braucht. Das ist aber in dem Konzept "Mein Baum – meine Stadt" überhaupt nicht berücksichtigt. Da wird nur gepflanzt und dann werden die Bäume sich selbst überlassen.
Deshalb finden wir, dass es nicht geht, das nur mit Spendern zu machen. Erhalt und Pflege von Bäumen sollte in Hamburg ein wichtiges Anliegen sein, aber die Finanzausstattung der Hansestadt dafür ist beschämend niedrig. Während in Hamburg verwaltungsintern 10 Euro pro Baum und Jahr veranschlagt werden, stehen beispielsweise im Berliner Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf 56 Euro pro Baum und Jahr und in Bremen 34 Euro für die Baumpflege zur Verfügung.
Erster Vizepräsident Frank Schira (unterbre- chend): Meine Damen und Herren! Der Geräuschpegel ist doch ein wenig hoch, obwohl wir erst in der ersten Debatte sind. Ich bitte Sie, Frau Heyenn hörbar ausreden zu lassen und die Gespräche einzustellen.
Fakt ist, dass es in Hamburg nicht genug Geld für Nachpflanzungen gibt, aber auch nicht genug Geld für Baumpflege. Einfach darauf hinzuweisen, das sei so, weil wir eben Geldknappheit hätten und darauf zu vertrauen, dass es genug Spender gibt, das ist keine verantwortungsvolle Politik. Die Fakten sind klar: Die Finanzmittel sind unzureichend, die Personaldecke in den Bezirken ist zu dünn, und in einigen Bezirken herrscht leider auch eine sehr laxe Genehmigungspraxis. Während etwa in Bergedorf circa 14 Prozent der Fällanträge abgelehnt worden sind, sind es in Eimsbüttel nur 2 Prozent.
Es gab und gibt von Regierungsseite, egal ob nun von Schwarz-Grün oder Rot, leider keinen klaren Gestaltungswillen zum Umgang mit Bäumen. In dieser Legislaturperiode wurden zum Thema Nachpflanzungen von Bäumen laut Parlamentsdatenbank insgesamt drei Anträge gestellt, zwei von der LINKEN und jetzt der Antrag von den GRÜNEN. Interessant ist, dass die GRÜNEN unseren Antrag "Weichenstellungen für eine umweltgerechte Zukunft – Naturschutzorientierte Pflege und Entwicklung öffentlicher Grünanlagen und Straßenbäume für ein gutes Klima" damals abgelehnt haben, und bei unserem Antrag "Naturschutzorientierte Pflege und Entwicklung öffentlicher Grünanlagen und Straßenbäume" haben die GRÜNEN sich enthalten, also einmal abgelehnt und einmal enthalten. Jetzt haben Sie einen Antrag "Bäume – Zukunftsinvestition in die grüne Stadt" vorgelegt.
Da finden wir jetzt einiges wieder, was Sie vorher abgelehnt haben, aber insgesamt ist dieser Antrag der GRÜNEN sehr problematisch. Er hat erhebliche Mängel. In dem Papier steht – das hat Herr Albrecht eindrucksvoll beschrieben – überhaupt nichts von Baumpflege, und 1400 neue Bäume ohne zusätzliche Mittel für Baumpflege sind rausgeworfenes Geld. Deswegen werden wir dem Antrag nicht zustimmen, und dass wir dem SPD-Antrag nicht zustimmen, haben Sie schon gehört. Also einfach nur Bäume pflanzen, und das von Spendengeldern, ist eine reine Alibiaktion.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Keine Angst, das wird keine lange zweite Rede. Herr Albrecht, Sie haben uns fachliche Mängel vorgeworfen, und da wollte ich dann doch noch einmal die Gelegenheit nutzen, auf drei Punkte einzugehen. Sie taten fast so, als sei das Nachpflanzen eines Baumes ein Unding. Aber das fachliche Know-how liegt schon vor. 949 Bäume wurden immerhin nachgepflanzt, ein Ding der Unmöglichkeit ist es also nicht.
Es ist auch nicht so, dass der Baumstumpf entfernt wird, indem der Schlepper vorgespannt und das Ding da herausgezogen wird. Das machen vielleicht die Bauern im Alten Land so, aber in der Stadt ist es doch Standard, dass das sachte herausgefräst wird, nicht mit der Hand, sondern mit einem großen Fräser. Dann gibt es neuen Boden, das ist auch Standard, und dass Bäume mit Anwachsgarantie gekauft werden, ist mittlerweile ebenso Standard.
Und wo wir die 1000 Euro herhaben, das ist ganz einfach: Das ist natürlich ein Erfahrungswert, aber das ist auch der Wert, den Sie bei "Mein Baum – meine Stadt" ansetzen, und ich denke einmal, dass Sie dafür auch gut recherchiert haben, dass so ein Baum 1000 Euro kostet.
Wer stimmt zunächst einer Überweisung der Drucksache 20/12145 Neufassung an den Umweltausschuss zu? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Somit ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.
Dann kommen wir zur Abstimmung in der Sache und beginnen mit dem Antrag der GRÜNEN aus Drucksache 20/12145 Neufassung.
Nun zum SPD-Antrag aus Drucksache 20/12329. Wer diesem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Somit ist der Antrag angenommen.
Meine Damen und Herren! Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 72, Drucksache 20/12195, Antrag der FDP-Fraktion: Kulturfinanzierung: In gemeinsamer Verantwortung. Ein Kulturverstärkungsfonds für Hamburg.
[Antrag der FDP-Fraktion: Kulturfinanzierung: In gemeinsamer Verantwortung. Ein Kulturverstärkungsfonds für Hamburg – Drs 20/12195 –]
Die CDU-Fraktion möchte diese Drucksache federführend an den Haushaltsausschuss und mitberatend an den Kulturausschuss überweisen. Vonseiten der FDP-Fraktion liegt ein Antrag auf Überweisung der Drucksache an den Kulturausschuss vor.