Protocol of the Session on July 3, 2014

Weil die SPD in ihrem Zusatzantrag das Programm "Mein Baum – Meine Stadt" angesprochen hat, will ich dazu auch ein paar Worte sagen. Ich muss ehrlich sagen, dass ich am Anfang dieses Programm gar nicht schlecht fand, ich fand es eine gute Idee. Die Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit den Bäumen ist in Hamburg sehr groß, und wieso soll man nicht gemeinsam schauen, wie man da weiterkommt. Am Anfang war auch die Spendenbereitschaft sehr groß. Dann wurde allerdings klar, dass für PR und Reklame 45 Prozent der eingesetzten Spendengelder ausgegeben wurden – von

500 gespendeten Euro wurden ungefähr 225 Euro für Medienarbeit investiert –, und da stimmte schlicht das Verhältnis nicht. Man hatte bei dem ganzen Medienrummel am Ende das Gefühl, neben jedem nachgepflanzten Baum steht ein Mitglied des Senats.

(Dr. Andreas Dressel SPD: So viele Senato- ren haben wir doch gar nicht!)

Da haben Sie ein bisschen übertrieben. Der Gedanke war aber gut, und wir sollten schauen, dass wir das wieder in ein angemessenes Verhältnis zurückführen, um der Sache nicht zu schaden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Diese ganze Diskussion um Bäume umfasst natürlich wesentlich mehr als die Straßenbäume. Man müsste zumindest auch auf den privaten Grund schauen.

(Olaf Ohlsen CDU: Natürlich! – Finn-Ole Rit- ter FDP: Und einen Teil des Grundstücks enteignen?)

Auch der Prüfkatalog des vereinbarten Baugenehmigungsverfahrens bedürfte einer Anpassung. Auch Grünanlagen muss man betrachten. Über das Baumkataster haben wir schon viel diskutiert. Wir haben uns heute bewusst auf die Straßenbäume beschränkt. Das ist ein greifbarer Vorschlag und eine leicht umzusetzende Idee. Diese Chance wollen wir nutzen, und wir freuen uns, dass die SPD mit ihrem Zusatzantrag unsere Idee auch aufgegriffen hat. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Albrecht von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren!

"Bäume sind Gedichte, die die Erde in den Himmel schreibt."

(Finn-Ole Ritter FDP: Das ist echt schön!)

Das hat einmal Khalil Gibran gesagt. Ich finde, das ist ein sehr schöner Satz, und es geht auch in die Richtung dessen, was Herr Bill vorhin sagte, dass Hamburgs Bäume, gerade Hamburgs Straßenbäume, mit sehr viel Emotionen verbunden sind. Viele Hamburgerinnen und Hamburger lieben ihre Stadt gerade deswegen, weil es so sehr viel Grün gibt. Aus diesem Grund sind natürlich auch sehr, sehr viele Menschen beunruhigt, wenn Straßenbäume gefällt werden.

Straßenbäume werden aus ganz unterschiedlichen Gründen gefällt, das hat Herr Bill schon angedeutet. Wenn es Straßensanierungen gibt oder wenn an benachbarten Grundstücken gebaut wird, müssen natürlich häufig Straßenbäume weichen. Aus

Verkehrssicherungsgründen werden Straßenbäume gefällt. Unsere Straßenbäume unterliegen zahlreichen unterschiedlichen Stressfaktoren, gerade weil sie sehr dicht an den Straßen wachsen. Sie müssen stadtklimafest sein, das heißt, besonders hitze- und strahlungsresistent. Sie müssen rauchfest gegenüber Autoabgasen sein, sie müssen mit der extremen Trockenheit im Sommer klarkommen. Im Winter müssen sie Streusalz aushalten können, und sie müssen mit extremer Bodenversiegelung und extremer Bodenverdichtung klarkommen.

(Olaf Ohlsen CDU: Oh!)

Dadurch haben sie vor allen Dingen ein großes Problem, sie haben eine deutlich geringere Lebenserwartung als zum Beispiel Bäume, die in Parkanlagen oder Wäldern wachsen.

(Olaf Ohlsen CDU: Sachsenwald!)

Die durchschnittliche Lebenserwartung von Straßenbäumen beträgt in den deutschen Städten nur 60 bis 80 Jahre. Viele Bäume haben Pilzbefall oder, wie wir jetzt hören, Bakterienbefall wie die Kastanien und müssen entsprechend gefällt werden.

Viele Straßenbäume sind während des Zweiten Weltkriegs und danach in Hamburg zerstört und danach wieder gepflanzt worden. Insofern ist es wenig überraschend, dass jetzt gerade eine Phase ist, in der sehr viele Straßenbäume ausgetauscht werden müssen, denn die 60 bis 80 Jahre sind nun vorbei. Wir haben von daher als Stadt eine sehr, sehr hohe Belastung, die über das hinausgeht, was wir, baulich bedingt, an Fällungen haben.

Deswegen ist es meiner Meinung nach ein echter Fortschritt, den der Senat bewirkt hat, und Hamburg liegt damit an der Spitze, denn wir haben das Baumkataster eingeführt. Neben der Öffentlichkeitsarbeit und der Transparenz, die wir damit erreichen konnten, haben wir zum ersten Mal die Möglichkeit, fachlich zu schauen, warum in Hamburg eigentlich Straßenbäume gefällt werden. Ich glaube, wenn das so richtig in Schwung gekommen ist, haben wir einen besseren Überblick und können dann besser gegensteuern.

(Beifall bei der SPD)

Liebe GRÜNE, wir finden Ihren Antrag im Grunde genommen gar nicht so schlecht, wir fanden ihn sogar gut.

(Jens Kerstan GRÜNE: Dann hätten Sie ja einfach zustimmen können!)

Im Grunde genommen, habe ich gesagt.

Allerdings sind da einige fachliche Schwächen zu benennen, die wir gern aufgreifen und verbessern möchten, und die möchte ich kurz benennen.

(Martin Bill)

Erstens: Wiederbepflanzungen per se sind nicht immer ganz einfach, das haben Sie vorhin angedeutet. Häufig sind nämlich die Baumscheiben zu klein. Wenn Sie sagen, wir wollen die Baumscheiben ein bisschen vergrößern, dann kommen Sie mit Ihren 1000 Euro pro Baum lange nicht mehr aus. Dann müssen Sie nämlich deswegen Straßenbauarbeiten machen und diese Baumscheiben deutlich vergrößern, und das ist schwierig. Junge Bäume, die gepflanzt werden, kommen teilweise mit den nicht größer als 1 Quadratmeter großen Baumscheiben nicht aus, die gehen sofort wieder ein und dann haben wir auch nichts davon. Also müssen wir aufpassen, dass wir die richtigen Standorte auswählen, die wir hoffentlich in der Stadt noch haben, denn dort können und wollen wir nachpflanzen. Aber wir sollten nicht einfach blind sagen, es müsse sofort nachgepflanzt werden, wenn es sich vielleicht gar nicht lohnt.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens haben wir das Problem, dass die Bäume zwar häufig gefällt werden, die Baumstümpfe aber in der Erde bleiben. Das hängt damit zusammen, dass alles so eng bebaut ist, und wenn man sie maschinell herausreißen würde, würde man damit gleichzeitig die benachbarten Gehwege, Fahrradwege und Straßen zerstören.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Gerade die Fahr- radwege!)

Das heißt also, die Baumstümpfe müssen aufwendig per Hand ausgegraben werden, das dauert einfach seine Zeit und ist in der Tat nicht schnell von null auf 100 zu bewerkstelligen.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben darüber hinaus ein Riesenproblem in unserer Stadt dadurch, dass Autofahrer beispielsweise gern einmal ihre Autos auf Baumscheiben parken. Dadurch kommt es über die Jahre hinweg zu einer grandiosen Bodenverdichtung. Und eine Bodenverdichtung bedeutet, dass neue Bäume dort nicht mehr wachsen können. Häufig ist es notwendig, mit Bodeningenieuren durch technische Maßnahmen diese Bodenverdichtungen aufwendig zu beseitigen, damit überhaupt wieder eine neue Bepflanzung stattfinden kann. Auch das ist ein Problem, das sich nicht von heute auf morgen lösen lässt.

(Beifall bei der SPD – Dirk Kienscherf SPD: Richtig, aber wir packen es an!)

Zu guter Letzt teilen sich Straßenbäume den Wurzelraum mit technischen Gegenständen wie Leitungen, Kabel, Rohre et cetera. Auch das muss berücksichtigt werden, wenn man Neupflanzungen macht. Man darf sich da nicht ins Gehege kommen, denn wir wollen alle unsere Gas- und Wasserversorgung haben, und telefonieren wollen wir auch. Das ist manchmal ein Interessenkonflikt zwi

schen unseren zivilisatorischen Ansprüchen und unseren umwelttechnischen Wünschen. Das müssen wir entsprechend berücksichtigen.

(Beifall bei der SPD)

Die Rechnung, die Sie aufgestellt haben über die 1000 Euro pro Baum, halte ich persönlich für ein wenig schwierig. Darüber sollten wir noch einmal im Haushaltsausschuss diskutieren, meine sehr verehrten Damen und Herren von den GRÜNEN.

(Jens Kerstan GRÜNE: Warum?)

Sie gehen von der Annahme aus, dass es ausreicht, einfach einen Baum zu kaufen, dann ist er da und man pflanzt ihn vielleicht noch ein, dann kostet es diese 1000 Euro und er wächst. Sie vergessen leider immer, dass dazu auch noch die Anwuchspflege von drei Jahren kommt, die ebenfalls aufgebracht werden muss.

(Dr. Eva Gümbel GRÜNE: Wir vergessen das nicht!)

Diese Anwuchspflege wird vor allem durch unsere Baumkolonne in den Bezirken durchgeführt. Wenn Sie jetzt der Meinung sind, dass Sie von null auf hundert 1400 zusätzliche Bäume pflanzen können, die dann über drei Jahre sehr intensiv gepflegt werden müssen – das heißt, sie müssen regelmäßig gewässert werden,

(Finn-Ole Ritter FDP: Geschnibbelt, Herr Kerstan, so einfach ist das nicht!)

die Baumscheiben müssen von Unkraut oder Wildwuchs befreit werden, Sie müssen Baumpfähle erneuern et cetera –, dann kommen Sie mit diesen 1000 Euro mit Sicherheit nicht aus. Wir wollen das so gestalten, dass wir unsere Bäume in einem vernünftigen Zeitraum pflanzen können, sodass sie dann auch drei Jahre lang ordentlich versorgt werden können.

(Beifall bei der SPD)

Ein letzter Punkt. Wir möchten einen Verbesserungsvorschlag machen und schauen, wo noch Mittel im Sonderinvestitionsprogramm sind, und das zusammenkoppeln mit der Initiative "Mein Baum – Meine Stadt"; das haben Sie vorhin schon angekündigt. Ich denke, da sind wir gar nicht so weit auseinander. Das gibt vielleicht auch noch eine, wie man es im Finanztechnischen sagt, schöne Hebelwirkung, wenn der eine oder andere Spender noch bereit ist, 500 Euro draufzulegen und wir die anderen 500 Euro bezahlen. Dann sind wir sicherlich in der Lage, wieder ein paar Bäume mehr zu pflanzen. Das Programm war nämlich in den vergangenen letzten Jahren durchaus sehr erfolgreich. Seit 2011 sind damit in Hamburg über 3600 neue Bäume gepflanzt worden. Auch in den letzten Jahren sind immer wieder 500 Stück dazu gekommen. Wenn wir das ein bisschen forcieren,

dann sind wir auf einem guten Weg, das entsprechend zu erreichen.

Deswegen schlagen wir vor, die Mittel irgendwie aus dem Sonderinvestitionsprogramm zur Verfügung zu stellen. Dann können wir uns das im Haushaltsausschuss überlegen. Sie als GRÜNE können sich zwischendurch noch überlegen, ob Sie das Geld aus dem Sonderinvestitionsprogramm, aus dem Sanierungsprogramm, aus dem Sanierungsfonds oder vielleicht aus irgendwelchen Troncmitteln oder Ähnlichem haben wollen. Darüber waren Sie sich nämlich in der Vergangenheit noch nicht ganz einig. Wir besprechen das alles noch schön im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)