Protocol of the Session on July 2, 2014

Dabei vergisst die SPD bewusst zu sagen, lieber Herr Quast, dass in den von ihr genannten Stadtteilen unabhängige Gutachten – keine Senatsgutachten, keine Gefälligkeitsgutachten – feststellten, dass gerade dort die Soziale Erhaltungsverordnung keinen Sinn gemacht hat. Andererseits aber wurden von den CDU-Senaten andere Gebiete geprüft. Sie haben letztlich welche eingeführt oder wollen welche einführen, denn so weit sind wir noch gar nicht. Pech für Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass ich schon etwas länger dabei bin und Ihren Unsinn richtigstellen kann; also bleiben Sie hier bei der Wahrheit.

(Beifall bei der CDU – Jan Quast SPD: Da war ich auch dabei!)

(Dr. Loretana de Libero)

Es ist wieder einmal ein durchschaubarer PR-Gag in der Wohnungsbaupolitik, zumal bislang nur dieser eine Fall bekannt ist, bei dem die Gesetzeslücke genutzt werden soll. Wenn ich mir beide Beschlussvorlagen ansehe,

(Dirk Kienscherf SPD: Unsere ist die ausge- wogenere!)

dann ist das nur ein unkonkretes Rumgeeiere ohne klare Zielvorgabe. Nach meinem laienhaften juristischen Verständnis wäre bei einer Streichung des vorletzten Halbsatzes und des letzten Satzes des Paragrafen 172 Absatz 4 Satz 3 Nummer 6 Baugesetzbuch die Gesetzeslücke geschlossen und das hochgepuschte Verfahren erledigt. Ich gehe davon aus, dass der Senat dieses bereits erkannt hat, Frau Senatorin, und entsprechend vorgehen wird.

Wir würden gerne beide Anträge im Stadtentwicklungsausschuss beraten, damit wir eine Klarstellung vom Senat in dieser Frage bekommen. Sollte das abgelehnt werden, werden wir heute dem kleineren Übel, und das ist nun einmal der SPD-Antrag, zustimmen. Den Antrag der GRÜNEN werden wir ablehnen. – Danke.

(Beifall bei der CDU)

Herr Duge von der GRÜNEN Fraktion hat jetzt das Wort.

(Dirk Kienscherf SPD: Den hat Herr Duge geklaut!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kienscherf, ich kann mir vorstellen, dass den Bewohnerinnen und Bewohnern in der Erichstraße doch ziemlich der Unterkiefer heruntergefallen ist, als sie erfahren haben, dass ein Antrag zur Begründung von Wohnungseigentum im Gebiet der Sozialen Erhaltungsverordnung St. Pauli eingereicht worden ist. Das bedeutet, dass die Mietwohnungen, wenn sie sieben Jahre lang den Mietern zum Kauf angeboten werden, aber nicht gekauft werden – und das wird der Regelfall sein –, als Eigentumswohnungen verkauft werden können, ohne dass wir dort die Genehmigung versagen können. Das ist in der Tat ein Schlupfloch, das im Baugesetzbuch vorhanden ist und auch im Rahmen der Sozialen Erhaltungsverordnung nicht gestopft worden ist.

Ich möchte dazu noch eine Ergänzung anbringen. Diese Sozialen Erhaltungsverordnungen sind nicht so ganz neu und nicht erst von der SPD erfunden worden, sondern es gibt sie schon viel länger. Beispielsweise haben wir Anfang 2000 gefordert, in St. Georg eine solche Verordnung zu erlassen. Das ist dann auch in Hamburg-Mitte mit Rot-Grün beschlossen und unter Schwarz-Grün umgesetzt worden,

(Dr. Martin Schäfer SPD: In den Neunziger- jahren haben wir es eingeführt!)

und wir haben weitere mit angeschoben, dazu gehört die Schanze und auch St. Pauli. Das nur einmal so nebenbei, Frau de Libero. Man sollte doch nicht zu sehr mit Steinen werfen, wenn man im Glashaus sitzt, und dann auch noch den Wohnraumschutz hervorheben, der mehr Makulatur ist, als dass er in Wirklichkeit wirkt, weil das Personal in den Bezirken fehlt.

Aber ich möchte noch einmal auf diese Situation zurückkommen, die natürlich dazu führt, dass im Zuge des Verdrängungsprozesses dort einige Mieter, die schon eine Verdrängung aus dem Bernhard-Nocht-Quartier erlebt haben, einer weiteren Verdrängung ausgesetzt sind. Das betrifft zum Teil ältere Menschen, für die das natürlich auch eine entsprechende soziale Härte und Zumutung bedeutet. Wir unterstützen – deswegen haben wir auch einen entsprechenden Antrag eingereicht –, dass hier in die richtige Richtung gegangen wird, dieses Schlupfloch zu schließen, und der Absicht, Mietwohnraum zu vergolden, ein Riegel vorgeschoben wird, denn das wollen wir nicht. Wir wollen diese sozialen Strukturen erhalten, und wir wollen, so gut es geht, diese Verdrängungsprozesse dort aufhalten.

Es ist richtig, Herr Kienscherf, dass Sie diesmal mit Ihrem Antrag etwas schneller waren, und zwar wurde er um vier Nummern früher eingereicht. Ihr Antrag enthält einen umfangreichen Vorspann über eine ganze Seite, der dann in vier Zeilen Petitum mündet,

(Dirk Kienscherf SPD: Ja!)

in die geniale Idee, Ihren Senat aufzufordern, sich einzusetzen – wirklich fatal. Das ist eine Idee, auf die sonst keiner gekommen wäre. Da hätten Sie ein bisschen mehr Schmalz reinstecken müssen, und der Vorspann hätte gerne etwas kürzer sein können.

(Dirk Kienscherf SPD: Das ist die Herlei- tung!)

Man kann sich an fünf Fingern ausrechnen, was da zu tun ist, und Herr Mathe aus dem Bezirksamt Hamburg-Mitte kann rechnen. Er hat nämlich ganz deutlich formuliert, dass eine Änderung respektive Abschaffung dieses Regelungsvorbehaltes im besonderen Städtebaurecht nur durch eine Anpassung der gesetzlichen Grundlagen im Baugesetzbuch durch eine Bundesratsinitiative möglich sei; recht hat er. Das hätte man dann auch entsprechend deutlich hier formulieren sollen und nicht in einer etwas verwaschenen Aufforderung an den Senat.

(Dirk Kienscherf SPD: Man kann es auch anders machen! Sie können auch auf Bun- (Hans-Detlef Roock)

desebene ohne Bundesratsinitiative tätig werden!)

Das haben wir auch in unserem Antrag vorgeschlagen, der da sehr viel deutlicher ist. Ich kann eigentlich nicht verstehen, warum die SPD den Senat auffordert, sich für den verbesserten Schutz einzusetzen, man ihm dann aber bis Ende des Jahres Zeit lässt – man höre jetzt genau hin, Herr Kienscherf –, über erste Ergebnisse zu berichten. Eine bessere Aufforderung kann es nicht geben, und so eilig scheinen Sie es auch nicht zu haben. Aber immerhin lassen Sie Ihrem Senat die Chance, dass er es nicht erst am Ende der Frist machen muss, und vielleicht schafft er es auch schon ein paar Monate früher, denn das haben Sie ihm wenigstens nicht verboten. Ich bin gespannt, wie Sie das dann hinbekommen. Sie müssen natürlich auf Bundesebene aktiv werden, und ich bin gespannt, wie die CDU sich dann dazu verhält. Wir werden es sehen und freuen uns auf eine Diskussion im Ausschuss.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Dr. Duwe von der FDP-Fraktion hat jetzt das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, in dieses ideologische Scheingefecht einzutreten.

(Dirk Kienscherf SPD: Sehr gut! – Jens Kers- tan GRÜNE: Prima!)

Soziale Erhaltungsverordnungen sind kein Wundermittel, sondern zu einem großen Teil sogar hinderlich für die Entwicklung dieser Stadt.

Die SPD hat natürlich einen sehr schönen Antrag vorgelegt, und Frau de Libero hat jetzt den Klassenkampf ein bisschen in den Vordergrund gestellt. Aber wenn man sich das Petitum anschaut, dann sieht man, dass Sie gar nicht so positiv sind und eigentlich nicht meinen, dass eine Initiative auf Bundesebene zum Erfolg führen werde. Wir haben eine GroKo, und Sie können sich vorstellen, was dann dabei herauskommen wird. Deshalb ist auch dieses Petitum sehr lau, um es einmal so auszudrücken. Aber die GRÜNEN sitzen Ihnen natürlich immer im Nacken, und da müssen Sie dagegenhalten. Das ist einfach nur ein PR-Gag und weiter nichts.

(Dirk Kienscherf SPD: Wir sind Vorreiter!)

Vorreiter ist gut, Sie reiten hinterher.

(Beifall bei der FDP)

Aber ich kann Ihnen versichern, dass Sie auch in die falsche Richtung reiten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Frau Sudmann von der Fraktion DIE LINKE hat jetzt das Wort.

Im Gegensatz zu einigen meiner Vorrednerinnen – Vorredner waren es auch – kenne ich in Hamburg sehr viele Mieter und Mieterinnen, die gerade davon bedroht sind, dass ihre Mietwohnung zur Eigentumswohnung umgewandelt werden soll. Deswegen wäre es richtig, wenn es jetzt ein "klares Signal gegen Spekulanten" – Zitat aus dem SPD-Antrag – gebe. Jetzt frage ich mich, liebe SPD: Warum tut ihr das denn nicht?

(Beifall bei der LINKEN – Dirk Kienscherf SPD: Tun wir doch!)

Das haben die SPD und der Senat nicht gemacht. Ich will Ihnen einmal sagen, was das Tragische daran ist und weswegen ich in diesem Fall sogar der CDU und der FDP Recht geben muss. Sie haben hier einen Show-Antrag gestellt, weil dieses Haus in der Erichstraße auf St. Pauli erst vor anderthalb Jahren verkauft worden ist, aber damals schon in dem Gebiet der Sozialen Erhaltungsverordnung lag. Und, liebe SPD, was greift dann? Dann hat die Stadt ein Vorkaufsrecht. Und was hat der Senat gemacht? Nichts hat er gemacht. Ganz im Gegenteil hat er ein Schreiben aufgesetzt, wahrscheinlich in der Finanzbehörde, und gesagt, man übe das Vorkaufsrecht nicht aus. Das ist ungeheuerlich und wissen Sie, warum? Wenn man sein Vorkaufsrecht nicht ausübt, dann kann man eine Abwendungsvereinbarung treffen. Ich zitiere einmal, was die BSU selbst dazu sagt:

"Darin muss der Erwerber weitgehende Zugeständnisse machen, damit die Bewohnerstruktur des Grundstücks erhalten bleibt. Wesentliche Bestandteile dieser Vereinbarung können sein: Verzicht auf Geltendmachung von Eigenbedarf; Verzicht, Druck auf Mieter auszuüben, die Wohnung frei zu machen oder zu erwerben; Neuvermietung nur an Haushalte, deren Einkommen innerhalb bestimmter Grenzen liegen […]".

Das sind doch Maßnahmen, die Sie hätten ergreifen müssen. Das haben Sie nicht gemacht, und das ist eine Riesen… – ich darf es nicht sagen –, das ist schlecht.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn Frau de Libero sagt, mit Ihrem Antrag wollten Sie einen dicken Riegel vorschieben, dann finde ich, dass Sie Ihren Riegel auf der falschen Seite ansetzen.

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Sie schieben den Riegel vor die Mieter und Mieterinnen. Sie haben nicht die Mieter und Mieterinnen geschützt, Sie haben dem Menschen, der dieses Haus gekauft hat, ermöglicht, das Haus zu kaufen.

(Olaf Duge)

Wir haben eine Anfrage an den Senat gestellt, und ich bin gespannt, wie denn die Prüfung ausgesehen hat. Wenn es nicht eine zufällige Namensgleichheit ist, dann hat dieser Erwerber auch schon in St. Georg mindestens ein Haus gekauft und die Mieter und Mieterinnen vertrieben. Und da sagt der Senat, er stimme zu, man könne das verkaufen. Das kann doch nicht wahr sein. Ihr seid gefälligst so klein mit Hut, weil ihr nichts für die Mieter und Mieterinnen macht.

(Beifall bei der LINKEN – Karin Timmer- mann SPD: Das ist eine Unverschämtheit!)

Nein, es ist wirklich ärgerlich.

Wir haben zu Recht die Soziale Erhaltungsverordnung. Sie bietet keinen hundertprozentigen Schutz, das wissen wir alle, aber sie gibt die Möglichkeit zu schützen. Diese Möglichkeit müssen alle, die die Mieter und Mieterinnen schützen wollen, bis zum Anschlag ausnutzen, und das haben Sie nicht gemacht.

Jetzt kommen die GRÜNEN und reden von einer Gesetzeslücke. Es gibt keine Gesetzeslücke, das Gesetz ist schlecht, weil es diese Siebenjahresregelung vorsieht. Das muss weg, da haben Sie recht, aber reden Sie nicht von einem Schlupfloch. Wahrscheinlich haben damals CDU und FDP oder vielleicht sogar Rot-Grün dieses Gesetz verändert, und Sie haben es nicht gut verändert. Dieses Gesetz muss auf Bundesebene so sein, dass die Mieter und Mieterinnen so lange wie irgend möglich geschützt werden.

Ich bin noch nicht fertig mit der SPD und komme noch einmal zu Ihnen. Es gibt ein Grundproblem, und das können Sie in den Haushaltsberatungen jetzt vielleicht lösen. Das Grundproblem ist, dass es kein ausreichendes Personal gibt, das diese ganzen Vorgänge überwachen kann. Wenn das Bezirksamt Hamburg-Mitte auf der Mieterinnenund Mieterversammlung Anfang Juni sagen muss, als zuständiges Bezirksamt habe man nicht gewusst, dass es einen Eigentümerwechsel gegeben habe, was sagen Sie dann? Dann werden Sie doch alle ganz ruhig und sagen, das könne doch nicht sein. Wie kann es sein, dass die Liegenschaft weiß, dass es einen Eigentümerwechsel gibt und es ein Gebiet der Sozialen Erhaltungsverordnung betrifft, aber nicht das Bezirksamt informiert? Ganz im Gegenteil sagt sie noch: ja, verkauft. Das geht nicht, und deswegen bin ich auch so empört. Deswegen habe ich Sie jetzt so angegriffen und auch zu Recht angegriffen. Da müssten Sie doch sagen, es sei etwas schiefgegangen und Sie müssten einmal schauen, wieso das passiert sei und wie das vor allem jetzt verbessert werden könne.