Deswegen kann man das nicht trennen, sondern man muss es so im Zusammenhang sehen, wie es nach Lage der Dinge tatsächlich ist.
Sie haben weiterhin gesagt, Herr Hackbusch, es habe Angriffe von Polizisten auf Demonstranten gegeben. Im Ältestenrat schilderte Frau Schneider gestern, wie gut und eng ihre Zusammenarbeit mit den Einsatzleitern der Polizei gewesen sei. Warum gibt es keine Anzeige gegen die Polizisten, wenn diese Angriffe auf Demonstranten gefahren haben? Es gab keine solchen Angriffe, sondern es gab einen Einsatz der Polizei nach vielen Stunden und nachdem mehrfach angekündigt wurde, dass der Rathausmarkt geräumt werde. Das war nach Maßgabe der Dinge das einzig Mögliche. Das war richtig so, und da gibt es auch nichts zu relativieren.
Ich frage Sie, Frau Schneider, warum Sie, nachdem es diese Angriffe angeblich gegeben hat, nicht selbst dafür gesorgt haben, dass es zu Strafanzeigen gegen diese Polizisten kam. Warum haben Sie nicht selbst dafür gesorgt, dass Sie und weitere Zeugen, die ja wohl da gewesen sein müssten, diese Strafanzeigen unterstützen? Die gibt es nicht, also gab es auch keine Angriffe von Polizisten, sondern es gab den regulären und völlig legitimen Einsatz der Polizei gegen diese Demonstration auf dem Rathausmarkt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Am Anfang unserer Sitzung hat die Präsidentin für uns alle hier in der Bürgerschaft eine Erklärung abgegeben, für die ich ihr ausdrücklich danken möchte. Es ist zwischen uns allen und auch in meiner Fraktion völlig unstrittig, dass Gewalt, Einschüchterung und Angriffe auf Abgeordnetenbüros oder Wohnhäuser eine Grenze haben, die in der politischen Auseinandersetzung nicht überschritten werden darf. Darum kann ich für mich und jedes Mitglied meiner Fraktion sagen, dass alle von dieser politischen Gewalt Betroffenen unsere uneingeschränkte Solidarität haben und wir Mitgefühl für ihre persönliche Situation haben.
Die Präsidentin hat in ihrer Erklärung nichts über die Bannmeile gesagt. Aus unserer Sicht hätte dazu vieles gesagt werden können, auch mit unserem totalen Einverständnis. Die Bannmeile ist notwendig, um die Freiheit des Parlaments zu gewährleisten und sicherzustellen, dass das Parlament ungestört seiner Arbeit nachgehen kann. Wenn jemand gegen diese Regeln verstößt, dann ist das nicht akzeptabel, und wenn es nicht gelingt, auch die Lampedusa-Flüchtlinge davon zu überzeugen, die Bannmeile zu verlassen, während in diesem Haus Sitzungen stattfinden, dann ist ein Polizeieinsatz unausweichlich. Wir haben das zu keinem Zeitpunkt kritisiert, weil uns die Bannmeile als Instrument der parlamentarischen Arbeit sehr wichtig ist.
Ich möchte aber davor warnen, diese beiden Sachverhalte zu vermischen. Das sind ganz unterschiedliche Personengruppen – auf der einen Seite Menschen, die Abgeordnetenbüros und Wohnhäuser angreifen und verwüsten, auf der anderen Seite verzweifelte Flüchtlinge, die eine Sitzblockade vor dem Rathaus veranstalten –, und die muss man auch unterschiedlich behandeln. Ich habe es nicht richtig gefunden, dass die Flüchtlinge diesen Protest vor dem Rathaus veranstaltet haben, und es gibt keinen Grund, mir oder Mitgliedern meiner Fraktion zu unterstellen, wir würden das Anliegen der Flüchtlinge teilen, wie es hier zum Teil gesagt wird. Das waren keine linksextremen Gewalttäter, die vor dem Rathaus gesessen haben, sondern verzweifelte Menschen, und ich würde Sie wirklich bitten, diese Dinge nicht zusammenzubringen, wenn wir hier einen guten Diskurs führen wollen.
Herr Kerstan, ich habe es aus dem Büro sehen können: Es gab eine Gruppe Schwarzafrikaner – leicht zu erkennen –, die dort saß, und es gab eine Gruppe linksextremistischer Aktivisten,
die die Polizei beschimpft und laut gerufen hat: "Haut ab! Haut ab!". Das sind auch diejenigen, die nach der unangemeldeten Demonstration – 1000 Personen im Schanzenviertel – mit 400 Personen nach St. Pauli gezogen sind und von denen ein harter Kern das Büro der Kollegin de Libero verwüstet hat. Wenn Sie andere Erkenntnisse haben, wenn Sie ausschließen können, dass das dieselbe Gruppe ist mit denselben Motiven, dann legen Sie bitte Ihre Quellen offen, denn sonst machen Sie sich der Verschleierung der Tatsachen schuldig.
Ich möchte es einmal ganz deutlich sagen: Es gibt Flüchtlinge, die ihr Anliegen vor dem Rathaus vorgetragen haben, und es gibt, wie Sie selber ausgeführt haben, andere Gruppen, die dann dort auch agiert haben. Sie können die Flüchtlinge nicht dafür haftbar machen, was andere Personen in diesem Umfeld tun, ebenso wenig wie Sie uns dafür haftbar machen können, was andere Unterstützer der Flüchtlinge tun. Wenn Sie das vermengen und uns, weil wir die Anliegen der Flüchtlinge unterstützen, praktisch unterstellen, dass wir dann automatisch Gewalttaten und Regelverstöße anderer Personen gutheißen, dann ist das unanständig und vergiftet das politische Klima in dieser Stadt. Ich würde davor warnen, diesen Weg weiter zu beschreiten.
Und wenn wir schon bei großen Worten sind wie denen über die Freiheit, die immer die Freiheit des Andersdenkenden sei – ein Zitat von Rosa Luxemburg –, dann würde ich gern daran erinnern, dass
Jürgen Habermas, der heute 85 wird, einmal in einem kritischen Diskurs über politische Kommunikation in einem Rechtsstaat davon gesprochen hat, dass Regeln notwendig seien, sich eine freie und humanistische Gesellschaft aber gerade dadurch auszeichne, wie sie mit Regelverstößen umgehe.
Ich würde sehr dafür plädieren, nicht alle möglichen Menschen und Gruppen in Sippenhaft zu nehmen und ein Klima zu erzeugen, dass man sich jedes Mal neu erklären muss,
Der SPD-Senat hat eine Auslegung der Rechtslage, die er für richtig hält, und wir haben eine andere Auslegung der Rechtslage, die auch auf Paragrafen begründet ist.
Da ist es einfach unanständig, wenn Sie, nur weil wir eine andere Rechtsauslegung als Sie haben, so tun, als ob für uns Recht und Gesetz beim Umgang mit den Flüchtlingen keine Rolle spielen. So können wir nicht miteinander umgehen.
Mein letzter Satz – ich komme zum Schluss –: Auch wenn ich die Anschläge auf Abgeordnetenbüros verurteile und auch die Sitzblockade und die Verletzung der Bannmeile für falsch halte, lasse ich mir dadurch nicht das Recht nehmen, dass ich den Umgang des Hamburger Senats mit dieser Gruppe kaltherzig und technokratisch finde und mich für meine Stadt schäme, dass das hier stattfindet.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kerstan, ich habe aufmerksam gelauscht, was Sie gesagt haben, weil ich nach unserer gestrigen Sitzung gar nicht mehr mit so viel Emotionalität gerechnet habe. Für mich ist die entscheidende Frage: Was tragen Sie dazu bei, dass genau das passiert, was Sie gerade gesagt haben?
Sie vermischen hier die ganze Zeit die Debatte über die Flüchtlinge – wir alle wissen, dass diese Situation eine sehr schwierige ist – mit einem Gesetz, von dem wir sagen, dass man sich daran halten muss, Punkt.
Nein, das haben Sie eben nicht gesagt, bei Ihnen ist immer ein Unterton, Sie setzen das immer ins Verhältnis.
Wir diskutieren seit gestern darüber. Es gibt ein Bannkreisgesetz, und darüber reden wir. Es geht bei dieser Diskussion nicht darum, ob der eine mehr oder weniger Verständnis für die Situation der Menschen hat. Es geht darum, dass wir ein Bannkreisgesetz haben, und es geht darum, dass durch die Polizei nach einigen Stunden Verhandlung einfach geräumt werden musste. Das ist Fakt.
Nun geht es darum, dass man natürlich Einsätze der Polizei kritisieren darf. Natürlich darf man hinterfragen, wie es gelaufen ist. Ich habe aber bisher noch keinen Punkt gehört, außer die von mir schon vorher kritisierte blutrünstige Pressemitteilung von Frau Schneider, wo inhaltliche Kritik am Polizeieinsatz geübt wurde, und darüber will ich mit Ihnen diskutieren. Wenn Sie Kritik haben, dann bringen Sie sie hier auf den Punkt und bringen Sie vor, was die Polizei falsch gemacht hat. Darüber habe ich bis jetzt von Ihnen gar nichts gehört.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dreht sich die gesamte Debatte nun um eine Pressemitteilung der LinksFraktion?