Selbstverständlich dürfen wir dennoch nicht besserwisserisch daherkommen und überheblich mit Entscheidungen in das Leben von Menschen eingreifen, die wir womöglich vorher nicht richtig angehört haben. Loben und Kritik üben, gelobt und kritisiert werden, pluralistisch Meinungen zulassen, anhören und sich damit auseinandersetzen, das macht Demokratie aus, und das ist die höchst erfolgreiche Grundlage für das Gedeihen unseres Landes und unserer Stadt. Kritisieren: ja, für ande
re Lösungen werben: ja, Verbündete suchen, um Mehrheiten zu finden: ja, wo es nötig ist, den Finger in die Wunde legen: auch ja, und es ist auch völlig legitim, wenn man der Mehrheit dabei lästig fällt. Mehrheiten ändern sich, und die Lästigen von heute sind womöglich die Entscheider von morgen. Das ist alles gut und richtig so, aber muss man, müssen auch wir deshalb Personen, die anderer Meinung sind, persönlich verunglimpfen? Muss man aus Fehlverhalten Einzelner herleiten, dass eine ganze Gruppe diskriminiert wird? Sind wir Politiker alle faul, korrupt, wichtigtuerisch, unfähig, nur weil es vielleicht tatsächlich ab und zu auch solche unter uns geben mag?
Meine Damen und Herren! Ich bin überzeugt, dass es diese grundsätzliche Geringschätzung der Demokratie und ihrer Repräsentanten ist, die den Boden bereitet für das, was ich heute anspreche. Wir Abgeordnete erleben in dieser Wahlperiode in bisher nicht gekanntem Ausmaß, wie unsere Bürofenster zu Bruch gehen, Wände mit Farbe beschmiert werden oder Autoreifen zerschnitten werden. Es werden Farbbeutel auf Privathäuser geworfen, Fensterscheiben zerschlagen, Büros sogar von innen verwüstet und Mitarbeiter in Angst und Schrecken versetzt. Das macht wütend, aber wir werden uns dadurch nicht einschüchtern lassen.
Den Betroffenen möchte ich das ehrliche Mitgefühl aller Abgeordneten ausdrücken. Wir sind entsetzt und bestürzt, und wir sichern Ihnen unsere Hilfe und Solidarität zu. Ich versichere stellvertretend für uns alle, denen, die unsere Demokratie, in welcher Form auch immer, verunglimpfen oder mit Füßen treten: Wir lassen uns nicht davon abbringen, Lösungen im Dialog zu suchen, alle Gesichtspunkte abzuwägen und erst dann zu entscheiden, immer mit dem gleichen Ziel vor Augen, unsere Freie und Hansestadt Hamburg für alle Bürgerinnen und Bürger jeden Tag ein Stück lebenswerter zu gestalten. – Vielen Dank.
Hamburg steht auf gegen das Desaster Busbeschleunigung – SPD muss Baustellenchaos, Geldverschwendung und Stadtverödung beenden
A7-Deckel-Ausbau und Straßensanierung – Wir investieren in die Infrastruktur und Zukunftsfähigkeit unserer Stadt!
Die Fraktionen sind übereingekommen, das zweite und das vierte Thema zum Bereich Fahrrad gemeinsam debattieren zu wollen. Ich rufe nun zunächst das erste Thema auf. – Das Wort wird gewünscht von Herrn Wersich.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Angriff vom 6. Juni auf das Büro der SPD-Kollegin Frau Professor de Libero nach einer unangemeldeten Demonstration im Schanzenviertel und viele Angriffe gegen andere Abgeordnete – mit Blick auf die Ereignisse kann ich nur sagen, dass ein Angriff gegen eine oder einen von uns ein Angriff gegen alle ist. Deshalb haben Sie auch die uneingeschränkte Solidarität der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Frau Kollegin.
Ich sehe die Kollegin Fegebank, die vor ein paar Jahren ein traumatisches Erlebnis hatte, als sie einmal aus der Astra-Kneipe hinausgeworfen wurde. Es darf nicht sein, dass Straßenzüge, Stadtteile oder Kneipen zu No-go-Areas für gewählte Abgeordnete werden. Das dürfen wir nicht zulassen in Hamburg.
Diesen Ereignissen am 6. Juni waren die Vorfälle vor der Rathaustür am 5. Juni vorausgegangen. Ich durfte auch über Stunden Zeuge sein von meinem Büro aus. GRÜNE und LINKE hatten Flüchtlingsaktivisten zum Gespräch ins Rathaus eingeladen, doch die wollten gar nicht reden. Sie blieben vor der Tür stehen und entwickelten dort ihren Protest – unangemeldete Versammlungen unter freiem Himmel im besonders geschützten Bannkreis
des Rathauses. Dieser Bannkreis des Rathauses ist keine parlamentarische Folklore. Er ist explizit der Schutzraum für die Bürgerschaft als Gesetzgebungsorgan. Er soll garantieren, dass das demokratische Ringen um die richtigen Entscheidungen für die Menschen in unserer Stadt, um das wir uns hier gemeinsam nach klaren Regeln und Verfahren Tag für Tag bemühen, geschützt ist vor dem Druck von der Straße. Gerade aus unserer Vergangenheit – die Präsidentin hat es angesprochen – haben wir die Lehre ziehen müssen, dass es den Gewalttätigen, denen, die willens sind, die rechtsstaatlichen Prozesse auszuhebeln, sonst gelingt, die Funktionsfähigkeit der Demokratie zu gefährden.
Genau um diese Bannmeile zu schützen, hat die Polizei über Stunden mit Engelsgeduld, aber erfolglos auf die Demonstranten eingewirkt und dann schließlich geräumt. Fakt ist auch, dass es nicht die Unkenntnis der Protestierenden war, sondern eine gezielte Provokation von Extremisten. Sie wollten die Regeln verletzen, um politische Aufmerksamkeit zu erzeugen.
Fakt ist auch, dass die GRÜNEN und die LINKEN von den Linksextremisten für diese Zwecke missbraucht wurden. Deswegen, besonders an die LINKE gerichtet, kann ich es nicht verstehen, dass Sie, statt Lob und Rückenstärkung für die Polizisten zu leisten, die im Auftrag der Gemeinschaft die Gesetze schützen, statt die Polizisten zu loben und zu ermuntern, ihnen mit öffentlichen Statements in den Rücken fallen. Es ist mir unerklärlich, wie Sie die Polizei angreifen können, die unsere demokratischen Grundregeln schützt.
Deshalb möchte ich an dieser Stelle auch im Namen der gesamten CDU-Fraktion der Polizei danken für die Besonnenheit und Deeskalation. Aber ich sage auch, Sie haben unsere uneingeschränkte Rückendeckung bei der Durchsetzung von Recht und Regeln in unserer Stadt. Das muss so sein und das ist auch gut so.
Demokratie braucht Regeln. Regeln schützen nicht nur Minderheiten, sie schützen auch Mehrheiten. Wir brauchen eine wehrhafte Demokratie. Aber wir brauchen auch einen Senat, der diese Regeln durchsetzt. Deshalb ist dem Senat auch vorzuwerfen, dass seine nachlässige Haltung eben oft nicht zur Deeskalation führt, sondern Nachahmer geradezu einlädt, so, wie wir es über Wochen und Monate im Vorfeld der schweren Krawalle vor Weihnachten im letzten Jahr erlebt haben.
Wer Regelverletzungen hinnimmt, der macht die Dinge schlimmer. Deswegen ist der Senat dringend gefordert zu handeln, denn unsere Regeln des Zusammenlebens und unsere Regeln der Demokratie müssen geschützt und durchgesetzt werden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst Ihnen, liebe Frau Präsidentin, unseren Dank aussprechen für Ihre einleitenden Worte, die sehr deutlich gemacht haben, um was es geht, nämlich darum, dass wir jederzeit in der Lage sind, eine wehrhafte Demokratie zu sein, und dass wir uns gegen Angriffe auf unsere Demokratie schützen müssen. Vielen Dank, Frau Präsidentin, für Ihre Worte dazu.
(Beifall bei der SPD, der CDU, der FDP, ver- einzelt bei den GRÜNEN und bei Dora Hey- enn DIE LINKE)
Ich bin insbesondere dankbar für die Solidarität, die vor allem auch Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion in den letzten Tagen, Wochen und Monaten zuteil geworden ist, was das Thema Angriffe auf Abgeordnetenbüros und auch auf Privathäuser angeht. Ich weiß, dass es auch Abgeordnete aus anderen Fraktionen getroffen hat, aber wer ein bisschen in die Zeitung geschaut hat und die Zahlen gelesen hat, der sieht, dass es vor allem unsere Kolleginnen und Kollegen betrifft.
Deshalb möchte ich noch einmal sehr deutlich sagen: Wir können in dieser Stadt über alles streiten, über alles diskutieren, aber es muss immer klar sein, dass es friedlich und gewaltfrei ist, das muss die Maxime sein.
(Beifall bei der SPD, der CDU, der FDP, ver- einzelt bei den GRÜNEN und bei Dora Hey- enn DIE LINKE)
Zu diesem demokratischen Grundkonsens gehört unser Rechtsstaat, eine große Errungenschaft. Recht und Gesetz sind keine Dispositionsmasse, der Rechtsstaat ist nicht teilbar. Das gilt für illegale Zeltlager genauso wie für rechtswidrige Demonstrationen innerhalb der Bannmeile. Es gilt aber auch für den Umgang mit Flüchtlingen. Recht und Gesetz gelten, und sie werden und müssen in einer Stadt verantwortungsbewusst, angemessen und immer unter dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit – auch das ist ein Verfassungsprinzip – umgesetzt werden. Und ich bin ganz sicher, dass dieser Senat sich genau diesem Prinzip Recht und Gesetz, aber immer angemessene Anwendung, verpflichtet hat.
Ich möchte ausdrücklich auch den Dank des Kollegen Wersich an die Polizei aufgreifen. Die Polizei hat gerade angesichts der Demonstrationen auf dem Rathausmarkt sehr umsichtig agiert, sie hat lange versucht, auch andere Auswege zu suchen, und deshalb gebührt der Polizei auch der Dank unserer Fraktion für den Einsatz auf dem Rathausmarkt.
Es geht natürlich auch um das Thema Flüchtlinge, und ich möchte dazu noch einige Worte sagen. Der Senat muss sich an das Asylrecht, an das Europäische Flüchtlingsrecht halten, und das tut er. Und er fährt einen rechtsstaatlichen und humanitären Kurs. Wir alle zusammen, die ganze Zivilgesellschaft in der Stadt, haben weit über 10 000 Flüchtlinge aufgenommen, die sich alle in rechtsstaatlichen Verfahren befinden. Wir wenden dreistellige Millionenbeträge in der Stadt für Unterkunft, Integration und Betreuung auf. Und wer angesichts dessen diesem Senat und der SPD vorwirft, sie betrieben eine kaltherzige Flüchtlingspolitik, der nimmt erkennbar die Fakten nicht zur Kenntnis.
Gerade wenn man sich die sogenannte Lampedusa-Gruppe anschaut, so hat es hier ein sehr entgegenkommendes Verfahrensangebot vonseiten des Senats und der Nordkirche gegeben, das alle Spielräume, die gesetzlich bestehen, um Verfahren entgegenzukommen, ausschöpft, sogar unter Einschluss der Duldung bis einschließlich des Rechtswegs. Voraussetzung ist, lediglich den Namen zu nennen, einen Antrag zu stellen und die Fluchtgeschichte zu schildern, wie es bei den weit über 10 000 Flüchtlingen selbstverständlich ist.
Deswegen wiederhole ich es an dieser Stelle, weil diese Verfahrensfrist jetzt nicht endlos weitergeht, sondern der Senat transparent gemacht hat, dass es bis zum 30. Juni die Möglichkeit gibt, das Verfahrensangebot anzunehmen. Es geht auch darum, wieder einen legalen Status zu erreichen während dieses Verfahrens, auch eine Chance zu haben, eine Arbeit aufzunehmen. Auch das wird in diesem Verfahren möglich sein. Die meisten aus dem Kirchenumfeld haben dieses Angebot angenommen, die aus dem anderen Umfeld eben nicht.