Protocol of the Session on June 4, 2014

Das Wort bekommt Frau Fegebank von der GRÜNEN Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wie ich können viele die Argumente, die Herr de Vries bezüglich der Qualität gerade genannt hat, absolut nachvollziehen und finden sie richtig. Dennoch sagen wir, dass mit der beitragsfreien fünfstündigen Kitagrundbetreuung inklusive Mittagessen für alle Familien in dieser Stadt eine gute Nachricht ausgesprochen wird. Deshalb stimmen wir heute diesem Vorschlag zu.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Es ist natürlich schon ein zweischneidiges Schwert.

(Finn-Ole Ritter FDP: Richtig!)

Herr de Vries hat hergeleitet, was das nicht nur jetzt, sondern auch künftig für die Qualität, die Betreuung und auch das Angebot in Kitas bedeuten kann. Dieser Auseinandersetzung werden wir uns hier weiter zu stellen. Trotzdem glauben wir, dass dies ein richtiges Signal an alle Familien sendet. Es ist auch richtig, damit Entscheidungen der vorherigen Regierung zu korrigieren, das sage ich ganz ehrlich. Wir haben uns in der Partei intensiv damit auseinandergesetzt, dass es kein richtiger Weg war, die Kitagebühren zu erhöhen und damit auch Familien zu belasten, bei denen wir erst einmal gar nicht davon ausgegangen sind, dass sie belastet werden, weil nämlich die höheren Einkommen sehr viel niedriger angesetzt waren, als wir dachten. Deshalb ist es nun ein richtiger Schritt, nicht nur die Gebührenerhöhung zurückzunehmen, sondern auch aufgrund steigender Lebenshaltungskosten, steigender Mieten und auch schwieriger finanzieller Situationen, in denen sich viele Familien bewegen, beitragsfreie Kitagrundbetreuung zu ermöglichen. Deshalb gehen wir diesen Weg heute mit.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Trotz der familienpolitisch richtigen Entscheidung kippe ich nun etwas Wasser in den Wein. Es ist angesprochen worden, was das in puncto Qualität bedeutet. Ich habe Herrn de Vries gar nicht mehr viel hinzuzufügen. Er hat Beispiele genannt, er hat von bestimmten Situationen gesprochen, die wir alle auch aus dem Alltag, aus den Gesprächen mit Erzieherinnen oder Pädagoginnen in Kitas kennen. Daher glaube ich, dass wir uns intensiver mit der Frage der Qualität werden auseinandersetzen müssen. Das sollte auch der Ehrgeiz der SPD sein. Man ist mit der beitragsfreien Betreuung Vorreiter, man ist aber auch, wie Herr de Vries sagte, zum Beispiel bei der Personalausstattung im Krip

penbereich Schlusslicht, und das republikweit. Ich finde, das sollte auch ein SPD-Senat nicht auf sich sitzen lassen. Deshalb muss es nun hier weitergehen, deshalb kann die Auflistung von Frau Leonhard nicht das Ende sein. Der nächste Schritt muss tatsächlich sein zu schauen, wie man zusammen mit dem Bund weitere Gelder locker machen kann, um in bessere Qualität, in Betreuung, in kleine Gruppen, in gut ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher zu investieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Akademische Fachkräfte, das ist das nächste Stichwort. Auch hier würden wir uns eine größere Offensive und etwas mehr Ehrgeiz wünschen, denn die Herausforderungen, das ist angesprochen worden, liegen nicht nur in der Sprachförderung, sie liegen auch im Bereich der Medienbildung, vor allem im Bereich der interkulturellen Pädagogik. Hier haben wir Nachholbedarf, und hier wünschen wir uns natürlich, dass es in Zukunft mehr akademische Fachkräfte gibt. Auch hier fordern wir den Senat auf zu handeln.

Einen Punkt, Frau Leonhard, Sie haben ihn angesprochen, finde ich gut und auch richtig: Das Thema gutes Essen.

(Dirk Kienscherf SPD: Wie zu Hause!)

Es stimmt, die Elbkinder sind ausgezeichnet worden, aber es gibt, nicht zuletzt durch die Studie, die vor ein paar Tagen bekannt wurde, auch viele andere Bildungseinrichtungen, natürlich auch Kitas, wo das Essen den Kindern weder gut schmeckt noch Lust macht, länger dazubleiben, als man vielleicht muss. Deshalb muss gesundes Aufwachsen, frisches Kochen, gutes Essen eine zentrale Rolle spielen, gerade wenn man über Ganztagsbetreuung oder die Erhöhung der Stundenzahl spricht. Das muss ein Punkt sein, an dem wir weiter dran bleiben. Auch gute Ernährung zählt für mich zur Frage von Kitaqualität. Ich hoffe, dass wir hier gemeinsam zu weiteren Anstrengungen kommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Noch ein Satz in Richtung Berlin. Hier hätte ich mir erhofft, dass Frau Schwesig ein wenig mehr Geld auch für die Kitas locker gemacht hätte. Eine Milliarde Euro klingen erst einmal nach einer großen Summe, sind aber über eine Legislaturperiode hinweg und auf alle Länder verteilt dann doch nicht sehr viel. Wenn man sagt, wir fangen mit der Qualitätssteigerung erst nach 2017 an, dann finde ich, dass im Bund eine falsche Prioritätensetzung erfolgt. Das heißt de facto, eigentlich ist jetzt kein Geld da.

(Finn-Ole Ritter FDP: Weniger als mit Schwarz-Gelb!)

Wir brauchen das. Wir wollen nicht nur fünf Stunden beitragsfrei, wir wollen durchgängig gute An

(Christoph de Vries)

gebote, gut ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher, glückliche Kinder, gutes Essen. Dafür brauchen wir Geld. Man kann nicht nach diesem Schritt stehen bleiben und sagen, wir haben das Ziel erreicht, sondern wir müssen weiter auf Qualität und gute Betreuung setzen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Barbara Nitruch SPD)

Das Wort bekommt Herr Ritter von der FDP-Fraktion.

(Andrea Rugbarth SPD: So, Herr Ritter, nun nichts Falsches sagen!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Senator Scheele, die vergangenen Wochen sind nicht ganz so gut für Sie gelaufen. Im Familienausschuss, JUS-IT, mussten Sie Ihre eigene Senatsdrucksache zurücknehmen und uns bitten, das nicht zu beschließen. Gestern dann nochmals die Darstellung der katastrophalen Situation beim ASD. Jetzt fragen sich sicher alle, warum ich das erwähne. Ich werde die Zusammenhänge für Sie herstellen, passen Sie auf. Wie immer finden wir solche Entlastungen grundsätzlich begrüßenswert.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Gerade als FDP! – Olaf Ohlsen CDU: Aber!)

Es stellt sich nur die Frage, zu welchem Preis das geschieht. Wenn Hamburg irgendetwas im Bereich Kita dringend braucht, dann ist es eine Verbesserung der Betreuungsqualität in Kitas und Krippen. Die Qualität in einer Einrichtung steht und fällt mit dem pädagogischen Fachpersonal und dem Betreuungsschlüssel, und der ist, wie gerade schon von Herrn de Vries und Frau Fegebank beschrieben, leider mangelhaft.

(Dirk Kienscherf SPD: Krippenbereich ist doch nicht mangelhaft!)

Herr Kienscherf, wenn Sie mit Eltern sprechen …

(Dirk Kienscherf SPD: Ich habe selber ein Kind!)

Lautstärke macht Ihre Argumente nicht besser, Herr Kienscherf.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe von der SPD – Jan Quast SPD: Er hat es doch leise gesagt!)

Wenn ich mit Eltern spreche und sie frage, um welchen Preis sie denn bereit sind, diese Entlastung zu anzunehmen und ob es der Preis ist, im Krippenbereich die rote Laterne in Deutschland zu bleiben, dann sagen die Eltern, nein. Die Eltern sagen auch nein dazu, dass wir beim Betreuungsschlüssel in den westdeutschen Bundesländern das Schlusslicht bilden. Also, Herr Senator Scheele,

hören Sie ein bisschen besser hin. Die Praxis besagt etwas anderes.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Nun kommt noch ein entscheidender Befund. Frau Leonhard hat es schon erwähnt, und auch wir wollen nicht unerwähnt lassen, dass Sie etwas gemacht haben, Herr Scheele. Es wurden nämlich neue Bildungsempfehlungen ausgearbeitet und beschlossen. Wir finden total toll, was in ihnen steht: mehr Sprachförderung, mehr frühkindliche Bildung, mehr Motorik- und Bewegungsförderung, Gesundheitserziehung, interkulturelle Pädagogik, Medienbildung. Es steht eine ganze Menge darin, Herr Scheele, der Anspruch ist ausdrücklich begrüßenswert. Es ist in der Theorie alles total gut und richtig, was Sie am Schreibtisch ausbaldowern, aber höhere Anforderungen – und jetzt kommt der Zusammenhang mit dem ASD – bedeuten auch, dass es nur mit mehr Aufwand in der Praxis zu machen ist. Mit der jetzigen Personalsituation in den Krippen und den Kitas ist das nicht zu schaffen; Gespräche mit Erzieherinnen bestätigen die Situation.

Das Deutsche Kinderhilfswerk forderte in der vergangenen Woche – auch das hat Frau Fegebank schon angesprochen – bei Fachpersonal einen Mindeststandard für Kitas. Wenn man sich die einschlägigen Empfehlungen anschaut, dann stellt man nun einmal fest, dass Hamburg diese Mindeststandards im Moment nicht erfüllen kann. Im Mai haben zwei Studien zur Kita- und Krippenqualität Schlagzeilen gemacht, die nachdenklich stimmen sollten: Eine bessere Betreuung in Kitas heißt gesündere Kinder, denn der wichtigste Einflussfaktor, Herr Kienscherf, auf die Gesundheit der Kinder ist die Erzieher-Kind-Relation.

(Dirk Kienscherf SPD: Ich weiß nicht, in wel- chen Kitas Sie durch die Gegend laufen!)

Bessere Kitas heißt mehr erwerbstätige Mütter und Väter. Je besser die Kita ist, im Sinne von je besser der Betreuungsschlüssel ist, desto mehr Mütter und Väter entscheiden sich, frühzeitig in den Beruf zurückzukehren, denn sie können sicher sein, dass ihre Kinder gut betreut werden.

(Zuruf von Dirk Kienscherf SPD)

Ich habe Ihnen gerade schon einmal gesagt, Herr Kienscherf, die Fakten lassen sich nicht wegwischen. Es gibt ein Ranking, und Hamburg ist nun einmal Schlusslicht beim Betreuungsschlüssel und der Qualität der Kitas. Das müssen Sie endlich akzeptieren, Herr Kienscherf.

(Beifall bei der CDU)

Wenn ich lauter werde, dann werden die Argumente besser.

(Katharina Fegebank)

(Beifall bei Dennis Gladiator CDU – Lachen bei der SPD und Zuruf von Gabi Dobusch SPD)

Wenn ich mich zwischen einer finanziellen Entlastung und einer Verbesserung des Betreuungsschlüssels entscheiden sollte, dann würde ich beides nehmen,

(Gabi Dobusch SPD: Stecken Sie doch mal beruflich zurück für so ein Kind, dann reden wir weiter!)

nämlich eine moderate Absenkung der Gebühren anstatt der vollständigen Gebührenbefreiung und die verbleibenden Mittel für eine Verbesserung des Betreuungsschlüssels im Krippenbereich. Ich erinnere an unseren tollen Antrag Krippe plus.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb werden wir als FDP uns bei der Abstimmung zu diesem Antrag enthalten.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt Herr Yildiz von der Fraktion DIE LINKE.