Aber ich kann mir das gern ein bisschen ausmalen. Wenn ich tatsächlich jemanden kennenlerne, der in einem anderen Land lebt, sagen wir mal in Russland oder in der Ukraine, dann wird es doch nicht so sein, dass wir von heute auf morgen heiraten werden und der Ehegattennachzug nach Deutschland das Allererste ist, das ansteht. Ich stelle mir das eher so vor, dass man sich ein bisschen damit auseinandersetzt, was es für das Mädchen bedeutet, dass der junge Mann in Deutschland lebt, dass sie vielleicht dahin ziehen muss, sich vielleicht die Sprache dort aneignen und das Land besuchen sollte. So ist es bei mir persönlich, aber es ist bei jedem anders.
Ich möchte Ihnen trotzdem nicht vorenthalten, über was für eine Art von Test wir sprechen. Es tut schon viel zur Sache, das nicht immer allzu abstrakt zu halten. Sie können auf der Webseite des Goethe-Instituts die Unterlagen für das Goethe-Zertifikat A1 aufrufen. Das habe ich vorhin gemacht. Versuchen Sie einmal, Frage Nummer 1 zu beantworten. Sie lautet: Welche Zimmernummer hat Herr Schneider? Diese Frage müssen Sie beantworten, nachdem Sie folgenden Text gehört haben. Dieser Text wird beim Test zweimal hintereinander…
Ich werde den Text nur einmal vorlesen, beim Test wird er zweimal langsam hintereinander vorgelesen:
"Schneider, warten Sie mal. Ich glaube, [die] ist in Zimmer Nummer 254. Ja, stimmt, Zimmer 254, das ist im zweiten Stock, da können Sie den Aufzug hier nehmen.
Wenn Sie diesen Text zweimal gehört haben, dann müssen Sie die Frage beantworten, welche Zimmernummer Frau Schneider hat. Ich frage Sie, ob es sinnvoll ist, die deutsche Sprache auf diesem Testniveau bereits dann zu beherrschen, wenn man in Deutschland den ersten Tag angekommen ist. Der eine sagt ja, die anderen sagen nein. Die Bundesregierung hat die Betroffenen befragt, und 30 Prozent von ihnen sagen, dass die Vorbereitungen auf diesen Test für sie belastend waren. Aber über 80 Prozent der Betroffenen halten diesen Test für sinnvoll.
Es ist hochinteressant, diese Einsicht in den Test zu bekommen. Meine Frage: Finden Sie es gerecht, dass einige vor der Anreise diesen Test gemacht haben müssen und andere nicht?
Wir haben Ausnahmen, die für Menschen gelten, die zum Beispiel sowieso visafrei nach Deutschland einreisen dürfen. Ich weiß nicht, ob es gerecht wäre, wenn man vor der Hochzeit visafrei nach Deutschland einreisen durfte und nach der Hochzeit dann plötzlich ein Visum bräuchte. Wir haben Ausnahmen für Menschen, die einen Hochschulabschluss haben, die uns von ihrer persönlichen Bildungssituation und von ihrer wirtschaftlichen Situation her glaubhaft machen können, dass sie in Deutschland weder Schwierigkeiten haben werden, sich zu integrieren, noch der Allgemeinheit finanziell zur Last zu fallen. Das finde ich gerecht. Wenn Sie andere Fälle haben, die Sie nicht gerecht finden, können wir sie gern diskutieren, dafür haben wir die Ausschussüberweisung.
Der Test ist also für eine Minderheit belastend, für eine Mehrheit der Betroffenen sinnvoll. Die Menschen erkennen, dass das, was belastend ist, manchmal aber trotzdem sinnvoll ist. Man spart sich damit noch größere Belastungen für die Zukunft.
Die Abschaffung dieser Tests würde weniger Integration bedeuten, das Beibehalten dieser Tests jedoch mehr Integration. Wir Christdemokraten wollen mehr Integration, wir wollen, dass alle Menschen eine echte Chance in diesem Land erhalten. Wir wollen deshalb, dass sich alle Menschen in dieser Gesellschaft verständigen können. Dafür gibt es auch diese Integrationskurse, die Sie ansprachen. Wir wollen aber, dass man nicht völlig ohne Sprachkenntnisse in diese Integrationskurse geht, wo man dann mit Menschen aus der ganzen Welt zusammenkommt und sich weder mit dem Lehrer noch mit den Teilnehmern verständigen kann. Wir wollen, dass der Integrationskurs ein weiterer Weg ist weg von der Frage, welche Zimmernummer Frau Schneider hat,
hin zu komplizierteren Zusammenhängen. An diesem politischen Ziel und nicht an Paragrafen so wie Sie halten wir fest. Gerichtsbeschlüsse in Einzelfällen sind für uns kein Grund, das ganze System zu hinterfragen. Das Bundesverfassungsgericht sieht es ganz genauso wie wir. Sie wiederholen immer wieder die gleichen falschen Argumente. Wir wollen das nicht, und deshalb lehnen wir auch die Überweisung ab.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich hoffe auf Ihr Verständnis, wenn ich von weiteren Sprachtests absehe, auch mir sind irgendwelche Zimmernummern nicht bekannt. Ich denke, uns geht es im Moment mehr um den Antrag der GRÜNEN, zu dem ich gern kurz Stellung nehmen möchte, da wir ihn im Ausschuss, wie es aussieht, noch detailliert besprechen werden und uns sicherlich dann Gedanken machen werden über die Sinnhaftigkeit von Sprachtests und in welcher Art sie gemacht sind.
Der vorliegende Antrag der GRÜNEN scheint uns ein wenig auf Aktionismus zu beruhen, denn der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs gab am 30. April eine Stellungnahme ab, aber in einem laufenden Verfahren. Schon daraus einen Antrag hervorzuzaubern, scheint uns etwas verfrüht. Ein
Abwarten auf das endgültige Urteil des Europäischen Gerichtshofs, welches uns gegenüber einer einzelnen Stellungnahme einiges mehr an Rechtssicherheit geben würde, schiene uns sinnvoller. Der von Ihnen inszenierte Zeitdruck ist daher aus unserer Sicht nicht gegeben. Selbst wenn hier und heute die geforderte Bundesratsinitiative beschlossen werden würde, würde gegenüber der Umsetzung eines Gerichtsurteils kein Zeitgewinn erfolgen. Außerdem ist doch zu erwarten, dass auch die anderen Länder erst das endgültige Urteil abwarten werden. Rechtssicherheit sollte hier vor hektischem Handeln Vorrang haben.
Das endgültige Urteil muss deshalb abgewartet und danach die Entscheidung des Gerichts selbstverständlich umgesetzt werden.
Verwundert hat mich, dass der Antrag damit begründet wird, dass die Anforderung der Sprachprüfung auf Niveau A1 – ein Beispiel haben wir gerade gehört – abgeschafft werden soll, also der Nachweis, sich in einfacher Art in deutscher Sprache verständigen zu können, hingegen das Petitum aufgrund seiner sehr weiten Formulierung, nämlich uneingeschränkt die Nachweise von Deutschkenntnissen – Paragraf 28 und Paragraf 30 Aufenthaltsgesetz – abzuschaffen, nicht nur die Abschaffung des Sprachtests auf dem Niveau A1 fordert, sondern auch den seit 2013 in Paragraf 28 Absatz 2 Satz 1 Aufenthaltsgesetz verankerten höheren Sprachtest, der ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verlangt. Hier sollte man vielleicht etwas Klarheit schaffen.
Da das Petitum aber nicht nach Absätzen abgestimmt werden wird, ist dieser Antrag für uns derzeit nicht zustimmungsfähig. Dies könnte sich in den Beratungen des Ausschusses noch ändern. Aus diesem Grund und weil das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in wenigen Monaten erwartet wird und wir natürlich auch dafür sind, grundsätzlich die Integration zu erleichtern, werden wir dem Überweisungsbegehren zustimmen. Wir werden uns dort sicherlich noch eingehend über die Notwendigkeit von weiteren Sprachtests unterhalten. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Wersich, wissen Sie, was ich bedauere? Ich bin nie den Christdemokraten nahe gewesen, aber was Herr von Beust im Bereich der Migranten an Sympathie für die Christdemokraten geschaffen hat, ich bedauere, dass Herr Haufler das mit seinem menschenverachtenden Verhalten tagtäglich abbaut.
(Zurufe von der CDU: Oh, oh! – Arno Müns- ter SPD: Das hat er aber sachlich begrün- det! – Dietrich Wersich CDU: Ich beantrage einen Ältestenrat!)