Protocol of the Session on May 22, 2014

Ich möchte noch auf einige Anmerkungen eingehen, die immer wieder, wie auch eben, fallen: Es würden falsche Wohnungen gebaut, für den falschen Personenkreis, in den falschen Stadtteilen. Das sind wenig substanzielle Aussagen, da wir zurzeit noch nicht sagen können – Frau Sudmann hat darauf hingewiesen –,

(Heike Sudmann DIE LINKE: Sie können nichts sagen, genau! – Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Sagen Sie doch mal etwas zur Mietpreisentwicklung!)

ob es Einfamilienhäuser oder Wohnungen in Mehrfamilienhäusern sind und welche Förderwege genutzt werden. Alles das ist uns im Augenblick noch nicht bekannt. Darauf hat die Senatorin im Stadtentwicklungsausschuss hingewiesen. Ungeachtet dieser Tatsache ist aber doch festzustellen, dass Wohnungen gebaut worden sind und der erste Schritt zur Entlastung auf dem Wohnungsmarkt gemacht worden ist. Zum anderen ist es doch selbstverständlich, dass wir in dem Moment, in dem uns diese Zahlen vorliegen, prüfen müssen, ob wir nachsteuern müssen, in welche Richtung auch immer, und schauen, ob eine Förderung im 1. oder 2. Förderweg passieren muss oder ob man im Bereich der Barrierefreiheit mehr tun muss. Das ist doch selbstverständlich, aber das ist nur möglich, wenn einem die Zahlen tatsächlich vorliegen. Dann werden wir gemeinsam schauen, an welcher Stelle wir nachbessern müssen.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte noch kurz darauf hinweisen, dass es im Auftrag der BSU und des Bündnisses für Wohnen eine Studie "Versorgungswirkungen des Wohnungsneubaus", die sogenannte Sickerstudie, gegeben hat. In dieser wurde deutlich, dass es eine Bewegung auf dem Wohnungsmarkt gibt und der in Hamburg vollzogene Neubau eine Umzugskette auslöst. Diese Umzugskette sorgt für eine Verbesserung gerade bei Haushalten mit geringeren Einkommen. Das ist dort sehr gut nachzulesen. Und wenn ein Unternehmen das kleinstteilig untersucht hat, dann sollte man nicht gleich sagen, das sei alles nicht richtig.

Wir glauben, der Zug hat die richtige Fahrt aufgenommen und es gilt, die nächsten Jahre an dieser Strategie festzuhalten. Das ist noch steigerungsfähig, und daran arbeiten wir. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Frau Sudmann von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Timmermann, vielen Dank für die ehrlichen Worte, was die Zahlen angeht. Genau das ist doch unser Problem in der heutigen Debatte, dass Sie im Grunde genommen außer der Zahl 6407 nichts belegen können. Ich habe verstanden, warum es innerhalb von einer Stunde die wunderbare Vermehrung der Baugenehmigungen gab, obwohl sowohl Sie als SPD als auch DIE LINKE keine vier Wochen vorher Große Anfragen gestellt hatten. Damals waren diese Zahlen noch gar nicht da; aber das sei geschenkt.

(Senatorin Jutta Blankau)

Ich will aber noch einmal darauf hinweisen, was wirklich das Problem ist. Wir reden von den Menschen, und das tun Sie doch normalerweise auch, die nicht das dicke Geld haben, um sich am Wohnungsmarkt mit den Wohnungen versorgen zu können, die sie haben wollen. Das sind zum einen Sozialwohnungen. Diese Zahl sollten Sie mittlerweile alle kennen. Sie wissen, dass mehr als 400 000 Hamburger Haushalte einen Anspruch auf eine Sozialwohnung haben. Das Angebot liegt derzeit bei 90 000, es wird demnächst bei 60 000 liegen; das habe ich vorhin schon gesagt. Selbst bei Ihrem neuen 2. Förderweg, den die CDU so gern haben wollte, sind es 56 Prozent aller Hamburger Haushalte. Hier haben Sie nicht viel zu bieten.

Die Situation ist aber noch viel dramatischer, weil viele erst gar keinen Paragraf-5-Schein beantragen, da sie wissen, dass sie keine Chance haben. Viele schauen auf dem freien Wohnungsmarkt nach günstigen Wohnungen. Es gibt immerhin auch noch Wohnungen, die unter 6 Euro pro Quadratmeter kosten. Der Anteil dieser günstigen Wohnungen, Frau Timmermann, ist in den vergangenen vier Jahren um mehr als die Hälfte gesunken. Das heißt, auch dort erreichen wir nie zusammen mit den Sozialwohnungen einen Anteil, der 400 000 Haushalte versorgen kann. Das klappt nicht. Und Frau Blankau, Sie sagen, nun regt euch doch nicht auf. Wenn die Wohnungen aus der Bindung laufen, werden sie nicht sofort sehr teuer. Hier haben Sie natürlich recht, die werden nicht sofort sehr teuer, aber die Unternehmenspolitik der SAGA, getragen oder vorgegeben vom Senat, strebt den Mittelwert des Mietenspiegels an. Das ist eine Summe, die viele auch schon nicht mehr bezahlen können. Auch dort sehen wir also nichts, was wirklich hilft.

Zum Thema Sickereffekte: Frau Timmermann, ich weiß nicht, ob Sie bei der Vorstellung der Studie waren. Es gab danach eine Diskussion in den Räumen der BSU. Dieser Sickereffekt ist nicht weitreichend untersucht worden. Untersucht worden ist, dass Sie ausziehen und Ihr Nachfolger zieht dann ein, damit hört es auf. Aber es gibt 10 bis 15 Jahre alte Untersuchungen, die belegen, dass der Effekt, wenn überhaupt, im vierten, fünften Glied dieser Kette eintritt. Das Problem in Hamburg ist – deswegen haben wir doch diesen Mietenwahnsinn –, dass die Wohnung irrsinnig viel teurer wird, nachdem jemand sie frei gemacht hat. Selbst wenn Ihre Mietpreisbremse irgendwann einmal kommen sollte,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Die kommt!)

dann ist die Bemessungsgrundlage der Mietenspiegel plus 10 Prozent. Das gilt aber nicht, wenn die Wohnung vorher schon teurer war, dann kann ich sie weiterhin teuer vermieten, und es gilt natürlich nicht für Neubauwohnungen aus Ihrer Sicht. Insofern wird der Mietenwahnsinn weiter galoppie

ren. Sie sollten sich nicht hinter einer Zahl verstecken und sagen, das ist toll. Die CDU, die keine Mietpreisbremse will, sollte lieber ganz ruhig sein. Sie tun überhaupt nichts für den sozialen Wohnungsbau.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Sie, Herr Hamann und Co., sind überhaupt nicht daran interessiert, ob Menschen mit wenig Einkommen Wohnungen bekommen können. Das ist Ihnen egal. Sie reden zusammen mit der FDP immer von Eigentum, Eigentum. Das ist für viele so weit weg, wie auch die CDU weg ist.

(Jörg Hamann CDU: Wie in der DDR! Wie im Sozialismus!)

Herr Hamann, ich weiß, Sie können immer nur zwei Schlagworte. Vielleicht können Sie Ihren Sprachschatz einmal erweitern, aber bitte nicht, während ich am Mikro stehe.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Duge von der GRÜNEN Fraktion hat nun das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die wichtige Frage ist in der Tat, wem kommen diese neu errichteten Wohnungen eigentlich zugute.

(Jan Quast SPD: Den Menschen und der Stadt!)

Ich glaube, so allgemein darf man das nicht beantworten. Es gibt Menschen, denen sie zugutekommen, und Menschen, denen sie nicht zugutekommen.

Zunächst kommen sie den Menschen zugute, die je nach Baukosten und Grundstückspreisen eine Quadratmetermiete von 11 Euro aufwärts bis ich weiß nicht wohin bezahlen können. Das können Sie, Herr Quast, in der Sickerstudie entsprechend nachlesen. Leider ist sie immer noch nicht, soweit ich gesehen haben, ins Netz gestellt worden. Ich habe sie jedenfalls vergeblich gesucht. Wir wissen aus dieser Studie, dass ein Teil der Wohnungssuchenden, etwa 20 Prozent, von auswärts kommt. Das heißt, diese Wohnungen werden nicht in Hamburg frei, Frau Timmermann.

(Karin Timmermann SPD: Es werden teilwei- se zwei Wohnungen frei, habe ich gelesen!)

Eine zweite Gruppe kommt, wie wir wissen, aus einkommensstärkeren Stadtteilen der Vororte, wo sich Kinder, Jugendliche vom Elternhaus lösen und in diese Bereiche ziehen. Vorwiegend, auch das sagt die Studie, werden Wohnungen um den Stadtkern herum frei. Dann wird natürlich die vorschnelle Schlussfolgerung gezogen, das seien die günstigen Altbauwohnungen, die Bestandswohnungen, in die nun Einkommensschwächere ein

(Heike Sudmann)

ziehen könnten. Genau das ist der Trugschluss, meine Damen und Herren.

(Karin Timmermann SPD: Aus Ihrer Sicht!)

Wir sehen das, Frau Timmermann, am Mietenmarkt. Wo entspannen sich denn die Mieten? Im oberen Segment ist die Mietpreissteigerung gedämpft worden, nicht aber in den unteren Mietpreisbereichen. Das ist ganz klar, weil die Wohnungen, die gebaut werden, im oberen Mietpreisbereich liegen und weil frei werdende Wohnungen aufgewertet und saniert werden. Wenn Sie in Eppendorf neu einziehen, dann werden Sie natürlich eine höhere Miete zahlen als die Vormieter gezahlt haben, und die Wohnungen werden saniert sein.

(Karin Timmermann SPD: Ist die Sanierung was Negatives?)

Sie kommen dann eben nicht den Einkommensschwächeren zugute. Das ist das Problem.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dieses Problem ist nach wie vor ungelöst. Dazu kommt noch ein Verstärkungseffekt, weil nämlich die Mietpreissteigerung aus den freiwerdenden Wohnungen dem Mietenspiegel eine Dynamik nach oben geben, die gerade diejenigen zu tragen haben, die in besseren und günstigeren Wohnungen wohnen. Das ist der Effekt, der damit erreicht wird, und den müssen wir durchbrechen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es kommt noch etwas dazu. Die Zahl der sozialgebundenen Wohnungen sinkt rapide. Sie geht in Richtung 60 000 um 2020 herum. Wenn Sie 2000 sozialgebundene Wohnungen im Jahr herstellen, dann werden Sie auf Dauer bei 30 000 liegen. Das ist viel zu wenig.

(Dirk Kienscherf SPD: Wie viele haben Sie denn bewilligt?)

Hamburg braucht auf Dauer mehr als 100 000 Wohnungen, auch wenn die aus der Bindung fallenden Wohnungen nicht in die volle Dynamik reingehen. Viele tun es im Übrigen. In Barmbek zum Beispiel können Sie eine Sozialwohnung am Wiesendamm bekommen. Nach 15 Jahren kommen Sie in die Staffelmiete hinein, das müssen Sie gleich unterschreiben, und zahlen dann Staffelmieten von 2O Euro aufwärts pro Quadratmeter. Schauen Sie sich den Güterbahnhof in Barmbek an. Genau dasselbe gilt dort. Das ist die Wirkung, die Sie dann haben.

(Dr. Andreas Dressel SPD: 20 Euro?)

Ja, pro Quadratmeter, ich habe die Verträge. Sie können das gern einsehen, 20 Euro kalt, wenn die Wohnungen aus der Bindung fallen. Diese 15 Jahre führen genau in diesen Stadtteilen zu einer Gentrifizierungsdynamik, die Sie auch nicht mehr in den Griff bekommen, weil nämlich diese 15 Jah

re viel zu kurz sind. Es ist Steuergeldverschwendung, wenn Sie nur 15 Jahre Bindung machen. Die muss viel länger sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Wenn man sich den Wohnungsmarkt ansieht, dann erkennt man, dass der Wohnungsbau zwar eine notwendige, aber längst noch keine hinreichende Bedingung ist, um die Mietendynamik in den Griff zu bekommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Druck in die Stadtteile hinein kommt von oberen Einkommensschichten. Die Einkommensschwächeren weichen aus, müssen weggehen, das ist die Folge. Hamburg braucht deswegen auf Dauer mehr geförderten Wohnungsbau in eigener Hand und eine viel längere Bindungsfrist als jetzt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Wird vonseiten der CDU- oder FDP-Fraktion noch das Wort gewünscht? – Dann bekommt es jetzt Frau Leonhard für anderthalb Minuten.

Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will die anderthalb Minuten gut nutzen und auf drei Aspekte hinweisen, die in der Diskussion schon eine Rolle gespielt haben, aber meinerseits noch richtig gewichtet werden können. Zum einen möchte ich auf die Frage eingehen, was es eigentlich bedeutet, die Zahl von mehr als 6000 neugebauten Wohnungen differenziert zu betrachten, wie es vonseiten der GRÜNEN kam; Frau Sudmann hat es auch erwähnt. Vor allem von der CDU wurde kritisiert, man müsse doch den verloren gegangenen Wohnungsbestand dagegen rechnen. Hier möchte ich zu bedenken geben, dass dies überhaupt kein Argument gegen den Kurs der SPD ist, den Wohnungsbau voranbringen zu wollen. Wenn ich mir diese Argumentation zu eigen machen würde, dann hätten Sie in den vergangenen zehn Jahren eine negative Bilanz aufgewiesen, denn es gab Abriss und es gab Wohnraum, der nicht mehr zum Wohnen zur Verfügung stand. Sie machen damit im Prinzip posthum Ihre eigene Wohnungsbaupolitik zum Skandal.