Protocol of the Session on May 21, 2014

Auf der einen Seite stimmen Sie der Schuldenbremse zu, auf der anderen Seite sind Sie dafür, dass man Milliarden von Euro für Olympia investiert. Hamburg braucht keine neue Investition in Milliardenhöhe, bei der am Ende die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler dafür aufkommen müssen. Wir brauchen Investitionen im Bereich des Breitensports und bei der Sportförderung, damit alle Hamburgerinnen und Hamburger langfristig etwas davon haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Spiele dauern 16 Tage, aber die Länder zahlen noch 16 Jah

re dafür. Wir brauchen kein Event für 16 Tage, wofür wir noch 16 Jahre büßen müssen.

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen machen wir bei einer Studie nicht mit, denn das ist keine Studie, sondern ein Alibi-Antrag, der am Ende mit einem positiven Signal an die Bürgerschaft gehen wird, wir sollten uns bewerben. Stattdessen sollten wir uns mit diesem Thema auseinandersetzen. Ich freue mich, dass wir darüber debattieren, aber eines will ich deutlich sagen, das gilt auch für Herrn Wersich, denn den Fehler haben Sie beim LBK gemacht: Wenn das Volk entscheidet, egal ob für oder gegen Olympia, dann hat das Volk darüber entschieden.

(Dietrich Wersich CDU: Das ist verbindlich, natürlich!)

Das muss dann umgesetzt werden, nicht wie beim LBK, Herr Wersich.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt nun Herr Senator Neumann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der Entscheidung des Deutschen Olympischen Sportbundes, im Grundsatz zu sagen, dass Deutschland und der deutsche Sport sich für die Ausrichtung von Olympischen Sommerspielen bewerben kann und bewerben muss, ist eine Entscheidung getroffen worden, die ich im Grundsatz für Deutschland für richtig halte. Ich glaube nämlich, die Bundesrepublik Deutschland muss den Anspruch an sich selbst haben, Austragungsort solcher Weltspiele zu sein. So, wie es bei der Fußballweltmeisterschaft gewesen ist im Jahre 2006, an das wir uns heute noch sehr freudig erinnern, muss es auch möglich sein, dass Deutschland, sich selbst ernst nehmend, in der Lage sein muss, wann auch immer Olympische Spiele im Sommer durchzuführen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der FDP)

Der DOSB hat seinerseits für sich entschieden, dass er in der Frage eines möglichen Standortes, aber auch des Zeitpunktes noch Beratungsbedarf hat. Die Frage ist also, sich für die Spiele 2024 zu bewerben oder 2028, und diese Entscheidung hat der DOSB noch nicht getroffen.

Die zweite Entscheidung, die er zu treffen hat, ist, mit welcher Stadt er in Deutschland an den Start gehen möchte. Und dass hier eine Hauptstadt fast schon ein geborener Austragungsort ist, ist, wenn man sich anschaut, wo Olympische Spiele stattgefunden haben, eigentlich der Normalzustand. Deshalb will ich ausdrücklich sagen, die Tatsache, dass Berlin und Hamburg auf Augenhöhe vom

DOSB genannt worden sind, ist ein Riesenkompliment an die Stadt, und darauf können wir zu Recht bescheiden stolz sein.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Wieland Schinnenburg FDP)

Ich glaube, dass dieses Kompliment an unsere Stadt das Ergebnis auch der Lehren der letzten gescheiterten Bewerbung ist, das Ergebnis der Sportpolitik der letzten zehn Jahre. Es ist aus meiner Sicht auch das Ergebnis von richtiger Bescheidenheit und Zurückhaltung. Natürlich kann man trefflich darüber streiten, und niemand kann sich dagegen wehren, was unter dem Begriff "hanseatisch" eigentlich zu verstehen ist. Ich verstehe jedenfalls unter "hanseatisch" mehr Sein als Schein und nicht, großspurig zu sein, sondern Substanz zu liefern. Deshalb ist der Ansatz, den wir in den letzten Jahren gewählt haben – auch mit der Dekadenstrategie –, mit der Wirtschaft und dem Sport gemeinsam ein Entwicklungskonzept für den Hamburger Sport zu entwickeln und umzusetzen, der richtige Weg gewesen. Ich denke, es entspricht mehr unserer hanseatischen Zurückhaltung, Substanz zu liefern statt mit schillernden Seifenblasen zu kokettieren.

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GRÜNE)

Der erste Anspruch, den Hamburg haben muss, ist: mehr Sein als Schein.

Das Zweite ist, dass der DOSB selbst seinen Fahrplan für sich entwickelt hat, und der sieht vor, das ist kein Geheimnis, auf der Mitgliedervollversammlung im Dezember 2014 eine Entscheidung darüber zu treffen, wann an den Start gegangen wird und wenn, mit welcher deutschen Stadt. Daraus ergeben sich viele kritische Fragen, die in der Debatte auch schon breiten Raum eingenommen haben. Aber es ergeben sich auch für Hamburg aus meiner Perspektive und aus der Perspektive des Senats ungeheure Chancen. Man darf jetzt aber nicht ob der großen Chancen die kritischen Fragen hinten anstellen und mit einer großen Geste wegwischen, sondern man muss sich dem ernsthaft stellen. Es geht darum, wie wir mit diesen kritischen Fragen umgehen. Nämlich unabhängig davon, wie das Parlament sich am Ende entscheiden wird, was für eine Art von Referendum oder Volksabstimmung es geben wird, ist klar, dass die Menschen auf ihre Fragen Antworten benötigen.

Ich mische mich in den Entscheidungsprozess des Parlaments nicht ein, das steht mir als Senator nicht zu.

(André Trepoll CDU: Das machen Sie doch sonst auch!)

Wenn das Parlament den Senat auffordert, dann geben wir Hinweise dazu, dessen seien Sie gewiss.

(Mehmet Yildiz)

Aber ich will deutlich sagen – das ist auch eine Forderung des Deutschen Olympischen Sportbundes –, dass am Ende ein entscheidendes Kriterium ist, dass man Olympische Spiele in einer deutschen Stadt will, in der sie auch gewollt sind. Deswegen ist eine Bürgerbeteiligung dringend notwendig, ebenso die Beantwortung aller kritischen Fragen. Deshalb sage ich herzlichen Dank für den Antrag aus dem Parlament, denn er hilft uns, uns noch besser vorzubereiten. Er steht auch unter der Überschrift – und das ist in den verschiedenen Debatten deutlich geworden –: Vor dem Wagen kommt das Wägen. Das Wägen wollen wir anständig und ordentlich machen und den Menschen ein Ergebnis vorstellen, über das sie sich am Ende, abstimmend, ein Meinungsbild machen können.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Wieland Schinnenburg FDP)

Gern wird darüber gesprochen, wie das IOC sich weiterzuentwickeln hat; auch der Antrag lässt sich darauf ein. Ich glaube, dass sich das IOC mit den Dingen, die Thomas Bach entwickelt und vorgeschlagen hat und auch zur Diskussion innerhalb des IOC angeregt hat, auf einem guten Weg befindet. Ob es aber am Ende wirklich zu den Entscheidungen kommt, ob Thomas Bach sich mit seinen Vorschlägen durchsetzen wird, das bleibt abzuwarten, das müssen auch wir abwarten. Auch auf der Grundlage werden die Hamburgerinnen und Hamburger sich dann entscheiden, Ja zu Olympia zu sagen oder auch Nein, wenn wir denn in Hamburg überhaupt die Chance dazu bekommen.

Von daher sollten wir auf die Karte Thomas Bach setzen. Er hat Vorschläge gemacht, das IOC weiterzuentwickeln. Aus meiner Sicht sind es richtige Hinweise und richtige Veränderungen, und wir sollten aus Hamburger Sicht Thomas Bach dort die Daumen drücken.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe eine Bitte und einen Appell, das würde ich auch wiederum unter die Überschrift "hanseatisch" setzen. Die Hamburgerinnen und Hamburger zeichnen sich in besonderer Weise durch hohe Emotionalität aus. Sie erinnern sich alle an den Olympiaempfang vor zwei Jahren, der wirklich ein Geschenk für die Stadt, aber auch für die Olympioniken gewesen ist. Das heißt, wir haben ein heißes Herz und eine große Begeisterung für Olympische Spiele und für Olympioniken. Wir sind aber auch gute Kaufleute und müssen uns an diese Tradition erinnern. Deshalb ist die Überschrift dieser jetzigen Phase zum Thema Olympia: "Mit heißem Herz, aber kühlem Kopf". – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN und der FDP)

Herr Schira von der CDU-Fraktion, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Erst einmal bin ich ganz froh, dass sich die meisten Fraktionen, bis auf eine, entschlossen haben, einen guten Antrag einzubringen.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Es muss ja auch eine Opposition geben!)

Aber, Herr Neumann, wenn Sie sagen, "Mehr Sein als Schein", dann darf es auch nicht umschlagen in ein "Wir sind uns selbst genug". Das kann es natürlich auch nicht sein. Ich glaube, dass in den Besprechungen, die die Fraktionsvorsitzenden mitgemacht haben, ganz deutlich gewesen ist, dass die CDU bei dieser Olympiabewerbung mit dabei ist. Lieber Jens Kerstan, eines möchte ich auch nicht verhehlen: Ich hätte mich gefreut, wenn Sie ein wenig mehr über die Chancen gesprochen hätten, denn Sie sind immerhin Mitunterzeichner dieses Antrags über die Chancen für Olympia in Hamburg.

(Beifall bei der CDU, der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Ich meine, dass Hamburg Olympia kann, weil es eine tief verwurzelte Sportbegeisterung bei den Hamburgerinnen und Hamburgern gibt. Der Senator hat auf den Empfang der Olympioniken aufmerksam gemacht, und ich mache auf die Zigtausende von Sportbegeisterten auf dem Hamburger Rathausmarkt 2012 aufmerksam; da haben wir alle mitgefiebert. So etwas kommt nicht von ungefähr, so etwas spiegelt natürlich auch eine positive Grundhaltung gegenüber dem Sport in unserer Stadt wider. Es ist gerade der Breitensport, der von der Austragung der Olympischen Spiele im besonderen Maße profitiert, das darf man wirklich nicht vergessen. Das sind die Erfahrungen auch aus den letzten Olympischen Spielen beispielsweise in London. Das muss ganz deutlich gesagt werden.

(Beifall bei der CDU)

Glaubwürdigkeit, Nachhaltigkeit, Transparenz und Finanzierbarkeit sind natürlich die Gebote der Stunde, die ideal zu unserem Selbstbild und zum Stadtbild unserer Hansestadt passen. Gigantismus und Verschwendungssucht erteilen wir eine deutlich klare Absage. 50 Milliarden Euro für Olympische Spiele auf der grünen Winterwiese wie in Sotschi unter Inkaufnahme gravierender Umweltzerstörung und massiver Menschenrechtsverletzungen, das ist vollkommen klar, das geht nicht mehr und vor allen Dingen auch nicht mit uns.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Andreas Dressel SPD und Dr. Wieland Schinnenburg FDP)

Meine Damen und Herren! Hamburg kann Olympia, weil wir bei den Planungen nicht bei null anfangen müssen. Die bereits existierende Idee der zentralen Spiele am Wasser ist ein idealer Aus

(Senator Michael Neumann)

gangspunkt für alle weiteren Überlegungen und ein, wie ich finde, echtes Alleinstellungsmerkmal, gerade im innerdeutschen Vergleich zu Berlin, aber auch international. Die Potenzialflächen, die wir am Hamburger Hafen haben, stünden zur Verfügung, eine ebenfalls einzigartige Konstellation für unsere Millionenstadt. Von dort sind es 15 Minuten, wie Sie wissen, in die Hamburger Innenstadt. Zum Vergleich: In London, vom Stadtkern bis zum Olympiagelände im Nordosten der Stadt, waren es 20 Minuten mit der Bahn.

Ich glaube auch, dass wir natürlich Olympia können, wenn wir nach München und Barcelona schauen. Diese Städte haben vorgemacht, was für ein unglaublicher Entwicklungsschub Olympische Spiele für die Entwicklung unserer Stadt sind, und das ist nachhaltig geschehen. Dietrich Wersich hat auch darauf aufmerksam gemacht, was mit München passiert ist; das zeigt eindeutig immer noch der Olympiapark in der bayerischen Landeshauptstadt, der ein innerstädtischer Magnet für Sportund Freizeitaktivitäten jeglicher Art ist.

Schauen wir aber nicht ganz so weit – nach Hannover. Denken Sie an die kleine Expo im Vergleich zu einer Olympiade 2000. Hannover und die Infrastruktur um die Stadt herum haben enorm profitiert.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Was ist jetzt mit dem Expo-Park?)

Der eigenständige Anteil in London – ich habe es nachgelesen – betrug 1 Milliarde Euro. Ich weiß, das ist kein Pappenstiel, aber es ist eine Summe, die wir mit mehrjähriger Planungszahl stemmen können; davon bin ich überzeugt. Außerdem kommen in Olympische Spiele investierte Euro mehrfach zurück.

(Gerhard Lein SPD: Bei wem?)

Das soll heißen, Investitionen lohnen sich auch für unsere Stadt in erheblichem Maße.

(Beifall bei der CDU)

Wer dem DOSB-Präsidenten in den letzten Monaten zugehört hat, der weiß, dass eine positive Grundstimmung unabdingbar für die Olympia-Bewerbung ist. Das heißt im Umkehrschluss, mit dem üblichen politischen Kleinklein und den üblichen politischen Beißreflexen auch gegenüber Mitkonkurrenten kommen wir bei diesem Thema nicht weiter. Erst einmal haben wir einen parteiübergreifenden Kraftakt in der Bürgerschaft, und darüber, ich sagte es eingangs, bin ich froh. Deshalb auch dieser Antrag, er zeigt die grundsätzliche Einigkeit bei diesem Thema.

Meine Damen und Herren! Hamburg kann Olympia. Wir haben mit dem Marathon, den Cyclassics oder dem Triathlon bereits jetzt attraktive Großveranstaltungen und stemmen diese mit Bravour. Weitere Sportgroßveranstaltungen werden und müssen folgen. Wenn wir uns an die Stimmung