Protocol of the Session on May 21, 2014

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen bei dem Thema natürlich auch sehen, dass wir nicht allein auf der Welt sind, sondern es mit anderen Akteuren zu tun haben, von deren Entscheidung wir abhängig sind. Wir haben den DOSB, der eine Beschlussfassung gemacht hat, die für Hamburg durchaus schmeichelhaft ist. Dass wir gemeinsam mit Berlin als Gesprächspartner in diesem Prozess gesehen werden, ist sehr erfreulich und sicherlich der Nachhall einer positiven Bewerbung – auch wenn sie 2005/2006 nicht zum Erfolg geführt hat – und ein Zeichen, dass die Dekadenstrategie, die der Sportsenator ins Leben gerufen hat, auch auf Bundesebene eine positive Wirkung zeigt. Trotzdem müssen wir abwarten, wie sich die Meinungsbildung beim DOSB entwickelt. Das ist die eine Seite, die wir mit guter Vorbereitung und Gesprächen begleiten können. Die ande

re Seite ist das Internationale Olympische Komitee. Dazu haben wir durchaus kritische Formulierungen in unseren Antrag aufgenommen, aber wir können die Anforderungen auch nicht komplett überspannen. Wir sind hier nun einmal nicht die Plenarversammlung des IOC. Die Herren – überwiegend sind es Herren – in Lausanne müssen schon selber sehen, welchen Reformweg sie einschlagen. Wir sollten die Anforderungen nicht überspannen, aber es ist uns wichtig als SPD-Fraktion, dass sich die Vergabekriterien und die Olympiaregularien insbesondere in den zwei Bereichen Nachhaltigkeit und Transparenz ändern müssen; das ist ein wichtiger Punkt. Dass die Menschen beim IOC plötzlich ganz andere werden, können wir von Hamburg aus nicht verlangen, das sollte Konsens sein in diesem Haus. Aber die Vergabekriterien an diesen beiden Nahtstellen sind wichtig für die Bewerbung unserer Stadt.

(Beifall bei der SPD)

Wir sagen – der Sportsenator hat es von Anfang an gesagt, als es noch gar nicht konkret auf der Tagesordnung stand –: Am Ende müssen die Hamburgerinnen und Hamburger entscheiden.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Und zah- len!)

Es wäre deswegen schlau, liebe Kollegin Schneider, wenn Sie dem Antrag zustimmen würden.

Die Frage, was das kostet und wer zahlt, ist Inhalt der Machbarkeitsstudie. Das ist noch ein Argument, warum auch DIE LINKE diesem Antrag heute zustimmen sollte.

(Beifall bei der SPD, vereinzelt bei den GRÜNEN und der FDP und bei Karin Prien CDU)

Am Schluss müssen die Hamburgerinnen und Hamburger entscheiden. Das war von Anfang an Maßgabe vonseiten des Sportsenators, und das ist auch unsere Maßgabe als SPD-Fraktion. Aber da muss man über den Zeitpunkt und das Verfahren reden.

Fangen wir einmal mit dem Zeitpunkt an. Man darf nicht zu früh entscheiden lassen, nämlich zu einem Zeitpunkt, wo wesentliche Vorbedingungen, wie die Meinungsbildung beim DOSB und beim IOC hinsichtlich der Reformansätze, noch in einer Phase sind, in der wir das den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt nicht verantwortlich vorlegen können. Wir müssen schon einen Zeitpunkt haben, an dem alle Fakten vernünftig auf dem Tisch liegen. Deshalb, lieber Kollege Wersich, war es nicht hilfreich zu fordern,

(Dietrich Wersich CDU: Hören Sie doch mal auf, Noten zu verteilen!)

es solle schon im Herbst eine Entscheidung geben, sondern die Entscheidung muss dann fallen, wenn sie vernünftigerweise ansteht.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN und der FDP)

Natürlich wäre als Zeitpunkt der 15. Februar wünschenswert, weil dann viele Leute teilnehmen würden. Wenn sich aber aus den Abläufen ein späterer Zeitpunkt ergeben wird, dann ist das so. Aber das ändert nichts daran, dass wir auf jeden Fall die Hamburgerinnen und Hamburger fragen sollten und fragen müssen.

(Vizepräsidentin Antje Möller übernimmt den Vorsitz.)

Der zweite Punkt ist das Verfahren. Auch da war ich ein bisschen verwundert ob des Vorpreschens der CDU-Fraktion gestern. Eigentlich hatten wir gedacht, dass die CDU-Fraktion aus dem, was beim Landesbetrieb Krankenhäuser passiert ist, gelernt hat, dass nämlich, wenn wir das Volk entscheiden lassen, auch ein Verfahren gefunden werden muss, damit Volksentscheide in dieser Stadt verbindlich sind. Das ist eine Errungenschaft, die wir miteinander in der schwarz-grünen Koalition erreicht haben. Dahinter sollten wir nicht zurückfallen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Darüber sollten wir noch sprechen. Ich bin gespannt auf Ihr Volksbefragungsgesetz. Wir werden es sicherlich in der Bürgerschaft sehen und im Ausschuss darüber diskutieren. Wir sind gesprächsbereit, wenn es darum geht, zu einem Verfahren zu kommen, das die Entscheidung des Volkes ermöglicht, aber die Betonung liegt auf Entscheidung und nicht auf Befragung.

Ich glaube, wir sollten die Themen jetzt Schritt für Schritt angehen und mit der Studie starten. Dann haben wir nach der Sommerpause eine Vorlage, auf deren Grundlage wir weiter diskutieren können, und ich bin sicher, es wird dann auch kontrovers zugehen. Ich finde es gut, dass wir diesen ersten Schritt in großer Gemeinsamkeit in diesem Haus gehen können und freue mich auf eine sehr breite Zustimmung. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Wersich von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Olympische Spiele in Hamburg sind eine Jahrhundertchance für unsere Stadt.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Wieland Schinnenburg FDP)

Dafür gibt es viele gute Beispiele: Barcelona profitiert seit über 20 Jahren von der Durchführung Olympischer Spiele, und München, dieses Dorf am Rande der Alpen, ist seit 1972 Weltstadt. Diese Entwicklung hätte es ohne die Olympischen Spiele nicht genommen;

(Zurufe von allen Fraktionen: Oh!)

wahrscheinlich gäbe es nicht einmal einen erfolgreichen FC Bayern München ohne das Olympiastadion. Es gibt gute Vorbilder, an denen wir uns orientieren können.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Wieland Schinnenburg FDP)

Unsere Stadt war schon einmal Feuer und Flamme für Olympische Spiele. Das ist noch nicht so lange her. Die Wahrheit ist, dass heute die Chance für Hamburg, möglicherweise Austragungsort der Olympischen Spiele zu werden, sogar größer ist als damals, denn die süddeutschen Verbände sind mit ihren Bemühungen um die Durchführung Olympischer Winterspiele gescheitert und der DOSB hält nur noch zwei Städte in Deutschland überhaupt für geeignet, Olympische Spiele durchzuführen, nämlich Berlin und Hamburg. Zudem steht mit Thomas Bach ein Deutscher an der Spitze des Internationalen Olympischen Komitees. Diese Chance für den deutschen Sport, diese Chance für die Hamburger Sportler und für die ganze Stadt sollten wir beherzt ergreifen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Die Welt zu Gast in Hamburg – das größte Sportereignis bringt Hamburg auf die Weltkarte. Machen wir uns doch nichts vor: Hamburg hat im letzten Jahrhundert seinen Status als Weltstadt verloren. Wenn wir jetzt das größte Sportereignis der Welt nach Hamburg holen und die Jugend der Welt bei uns zu Gast haben, dann kommt Hamburg in das Bewusstsein von Milliarden von Menschen weltweit. Das ist ein riesiger Vorteil bei unserem Kampf um die besten Köpfe in Wissenschaft und Wirtschaft, ein Vorteil, den wir mit vielen anderen Maßnahmen so gar nicht erzielen können.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Wieland Schinnenburg FDP)

Und wir fangen doch nicht bei null an, wir haben die Pläne von 2003. Diese Pläne sind später auch weiterentwickelt worden. Genau auf diesen Plänen setzt der gemeinsame Prüfauftrag an. Statt Gigantomanie wollen wir urbane Spiele am Wasser und doch im Herzen der Stadt. Am Kleinen Grasbrook kann die HafenCity um eine OlympiaCity erweitert werden, ein olympisches Dorf, das in Tausende von neuen Wohnungen umgewandelt werden kann. Wir können die U-Bahn über die Elbbrücken nach Wilhelmsburg und Harburg verlängern und eine Stadtbahn schaffen, die von den Arenen aus

(Dr. Andreas Dressel)

über Lurup bis Bramfeld die Querverbindung in der Stadt herstellt.

(Matthias Albrecht SPD: Die Seilbahn nicht vergessen!)

Das ist ein riesiger Antriebsmotor für die Entwicklung unserer Stadt.

(Beifall bei der CDU)

Angefangen bei der Sportbegeisterung der Hamburger bis hin zu einer modernen Infrastruktur – Olympische Spiele in Hamburg können ein Zukunftstreiber für Hamburg als Weltstadt im 21. Jahrhundert sein. Angesichts dieser Chancen meinen manche nun, Hamburg solle sich keine großen Ziele für die nächsten 20 Jahre setzen. Andere sagen, wir sollten lieber Forderungen stellen an das IOC, was es machen muss, um sich zu reformieren, an den DOSB und andere, oder wir sollten warten, bis die Spiele Hamburg auf dem Silbertablett angeboten werden. Meine Damen und Herren, das ist unhanseatisch. Hamburger warten nicht, Hamburger handeln. Nur mit Handeln können wir für Olympia in Hamburg werben.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Wieland Schinnenburg FDP – Heiterkeit bei der SPD)

Ich bin überzeugt: Olympia in Hamburg geht nur, wenn wir uns anstrengen und wenn wir alle um diese Chance kämpfen. Es reicht nicht, dass der Sport und die Wirtschaft das tun. Wir brauchen ein parteiübergreifendes Bündnis, und natürlich brauchen wir die Zustimmung der Hamburgerinnen und Hamburger. Das ist der Grund, weshalb wir vorgeschlagen haben, die Hamburgerinnen und Hamburger so früh wie möglich zu befragen,

(Farid Müller GRÜNE: Über was denn?)

um sie bei dieser Olympiabewerbung mit ins Boot zu holen.

(Beifall bei der CDU)

Wir bieten der SPD in dieser wichtigen Frage unsere Zusammenarbeit, unsere bundesweiten Netzwerke und unsere Ideen an. Wir erwarten aber auch ein klares Bekenntnis der Hamburger SPD. Herr Dressel und Herr Neumann bemühen sich sehr und sind nachweislich für Olympia, aber wir fragen uns, wo der Bürgermeister ist. Wo ist Olaf Scholz – auch heute übrigens? Wenn er zu den Chancen durch Olympia befragt wird, dann redet er drum herum, dann will er sich nicht festlegen. Meine Damen und Herren, es geht um die Frage, was sich diese Stadt zutraut.

(Prof. Dr. Loretana de Libero SPD: Wir brau- chen keine Schnellschüsse!)

Können wir mehr als nur verwalten, wollen wir gestalten? Eine Olympiabewerbung, ohne dass der Bürgermeister an der Spitze dieser Bewegung

steht, ist nicht denkbar und wird nicht erfolgreich sein.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen fordern wir den Bürgermeister auf: Überwinden Sie sich, stellen Sie sich an die Spitze dieser Bewegung. Ohne Elan, ohne Engagement, ohne Begeisterung, ohne Aufbruchsstimmung für Olympia wird es nicht klappen, und diese Aufbruchsstimmung muss auch vom Hamburger Bürgermeister ausgehen.