Unsere Forderung fĂŒr bessere Bedingungen in der Pflege lauten: Mindestpersonalbemessung in der Pflege, ein Mindestlohn von derzeit wenigstens 12,50 Euro, ein baldiger Tarifabschluss in den KrankenhĂ€usern und, das können und sollten wir hier konkret in Hamburg tun, eine Ănderung des Hamburgischen Krankenhausgesetzes, damit die vielen InvestitionskostenzuschĂŒsse in Millionenhö
he mit konkreten Auflagen und Berichtspflichten sowie Personalbesetzung und Kontrollmöglichkeiten verbunden werden.
Sehr geehrter Herr PrĂ€sident, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Artus, Ihr Titel zur Aktuellen Stunde ist nicht gerade eine Imagekampagne fĂŒr die Pflegeberufe.
Die PflegekrÀfte in den KrankenhÀusern und in den Senioreneinrichtungen leisten eine sehr verantwortungsvolle und engagierte Arbeit. Sie tun den PflegekrÀften unrecht, wenn Sie behaupten, die Pflege in Hamburg liege am Boden.
Es ist unbestritten, dass wir einen PflegefachkrĂ€ftemangel haben, der sich, wenn wir nicht gegensteuern, weiter verschĂ€rfen wird. Aufgrund der demografischen Entwicklung ist die AusprĂ€gung in den einzelnen BundeslĂ€ndern sehr unterschiedlich. Hamburg hat im LĂ€ndervergleich bis 2030 die zweitniedrigste Steigerungsrate bei dem zu erwartenden Anstieg der Zahlen der PflegebedĂŒrftigen. Hamburg liegt bei 32 Prozent und, nur, um einmal ein GefĂŒhl dafĂŒr zu bekommen, Schleswig-Holstein bei ĂŒber 50 Prozent. Trotzdem haben wir es mit einer groĂen Herausforderung zu tun, diesen Anforderungen gerecht zu werden. Uns ist sehr bewusst, dass wir den Pflegeberuf attraktiver gestalten mĂŒssen. Dazu gehört, wie Sie schon gesagt haben, eine bessere Bezahlung. Da sind aber die Tarifpartner gefordert. AuĂerdem sind, Sie haben es deutlich gesagt, gute Arbeitsbedingungen und vor allem ein höheres Ansehen in der Gesellschaft, eine höhere WertschĂ€tzung der TĂ€tigkeit der PflegekrĂ€fte unbedingt vonnöten.
Der Senat hat in den vergangenen drei Jahren bereits einige MaĂnahmen auf den Weg gebracht, wie zum Beispiel die Finanzierung des dritten Ausbildungsjahres, die EinfĂŒhrung der Ausbildungsumlage in der Pflege zum Ausbildungsjahr 2013/2014 â vielleicht noch einmal fĂŒr Sie zur Erinnerung, Frau Artus, bei unserem Antrag haben Sie sich seinerzeit enthalten â, die Festschreibung einer 50Prozent-FachkrĂ€ftequote in den Pflegeeinrichtungen, die Umfrage zur Einrichtung einer Pflegekammer mit dem Ergebnis, dass dies in Hamburg mehrheitlich nicht gewĂŒnscht worden ist, aber auch die Förderung des Netzwerks Palliative Geriatrie durch die BGV zur Förderung eines wĂŒrdevollen Umgangs mit dem Lebensende, sei es in der Pfle
geeinrichtung, im Krankenhaus oder zu Hause. Auch in dem Demografiekonzept "Hamburg 2030", das der Senat kĂŒrzlich vorgelegt hat, ist auf den Themenkomplex Pflege sehr intensiv eingegangen worden. Es sind Wege aufgezeigt worden, wie die Zahl der AusbildungsplĂ€tze bedarfsgerecht ausgebaut werden soll. So soll zum Beispiel in der Altenpflege die Anzahl der AusbildungsplĂ€tze von zurzeit 400 auf 700 angehoben werden. Es werden unterschiedliche maĂgeschneiderte Ausbildungswege eröffnet, um den jungen Menschen berufliche Perspektiven geben zu können.
Auch auf Bundesebene hat dieser Themenkomplex eine hohe PrioritĂ€t. Die Bundesregierung will noch in diesem Jahr ein Pflegeberufegesetz auf den Weg bringen, mit dem ein einheitliches Berufsbild mit einer gemeinsamen Grundausbildung und einer darauf aufbauenden Spezialisierung fĂŒr die Alten-, Krankenund Kinderkrankenpflege geschaffen werden soll. Ferner sieht der Koalitionsvertrag vor, dass ein verbindliches Verfahren zur Beteiligung aller EinrichtungstrĂ€ger an den Ausbildungskosten geprĂŒft werden soll. Zudem soll die Ausbildung fĂŒr jeden Auszubildenden in Zukunft kostenfrei sein.
Zur Pflegereform: Mit der beabsichtigten Erhöhung des Beitrags in der Pflegeversicherung wird die Voraussetzung fĂŒr die Umsetzung der dringend nötigen Pflegereform geschaffen. Das Leistungsvolumen der Pflegeversicherung wird sich dadurch um circa 20 Prozent erhöhen. FĂŒr die PflegebedĂŒrftigen stehen dann am Ende circa 5 Milliarden Euro mehr zur VerfĂŒgung. Die Zahl der BetreuungskrĂ€fte wird von jetzt 25 000 auf 45 000 erhöht werden. Bereits zum 1. Januar 2015 sollen 2,4 Milliarden Euro fĂŒr den Ausbau der Familienhilfe und die Verbesserung des BetreuungsschlĂŒssels in den Pflegeeinrichtungen bereitstehen. Bis spĂ€testens 2017 soll dann auch endlich der erweiterte Pflegebegriff Geltung finden und die bisherigen drei Pflegestufen durch fĂŒnf Pflegestufen ersetzt werden. Die Erprobungsphase hierfĂŒr hat bereits begonnen.
Erster VizeprÀsident Frank Schira (unterbre- chend): Kommen Sie bitte zum Schluss, Frau Timmermann.
Ich habe darauf hingewiesen, dass eine Vielzahl von Wegen aufgezeigt worden sind, die Situation fĂŒr die PflegekrĂ€fte zu verbessern. Ich glaube, dass es wenig Sinn macht, das hier schlechtzureden. Und ich glaube auch nicht, dass es ein Thema ist, das man parteipolitisch ausschlachten sollte. Hier sind wir gemeinsam gefordert, bessere Wege zu finden. â Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr PrĂ€sident, sehr geehrte Damen und Herren! Wer ein Thema zur Aktuellen Stunde anmeldet â da gebe ich Ihnen recht, Frau Timmermann â, macht es gern dramatisch. Heute aber, liebe LINKE, sind Sie mit Ihrer Anmeldung ĂŒber das Ziel hinausgeschossen.
"Die Pflege liegt am Boden." Wer so formuliert, erklĂ€rt die Pflege fĂŒr todkrank. Da sind Sie nicht mehr weit entfernt von Heribert Prantl von der "SĂŒddeutschen Zeitung", der kĂŒrzlich behauptet hat, die ZustĂ€nde in der Pflege seien himmelschreiend.
Wer so etwas sagt, der beschĂ€digt, sicher ungewollt, alle diejenigen, die Tag fĂŒr Tag und Woche fĂŒr Woche sehr viel dafĂŒr geben, dass die Pflege in Deutschland eben nicht am Boden liegt,
dass sie trotz schwieriger UmstÀnde weiter funktioniert und die allermeisten Menschen im Krankenhaus, in Pflegeheimen, in Wohngruppen oder auch zu Hause gut und liebevoll versorgt werden. Das haben die 1,2 Millionen PflegekrÀfte in Deutschland nicht verdient.
Damit will ich die Probleme nicht kleinreden. Tatsache ist, dass die allermeisten PflegekrĂ€fte grundsĂ€tzlich ihren Beruf lieben, aber wegen schwieriger Arbeitsbedingungen anderen oft nicht mehr weiterempfehlen wĂŒrden. Das gröĂte Problem fĂŒr die meisten ist der Personalmangel; zu wenig Zeit fĂŒr zu viele Patienten und PflegebedĂŒrftige. Viele wĂŒnschen sich auch ein höheres Einkommen, und rund ein Drittel der PflegekrĂ€fte in Deutschland fĂŒhlt sich emotional erschöpft. Hinzu kommen ĂŒberbordende Dokumentationspflichten und die schwierige Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Neben diesen harten Faktoren, die vielleicht zu steuern sind, gibt es einen weichen, der sehr viel schlechter zu beeinflussen ist. Zwei Drittel der PflegekrĂ€fte beklagen die geringe Anerkennung fĂŒr ihre Arbeit, sei es von den Ărzten in den Kliniken, sei es aber auch von der Ăffentlichkeit, die sich auf SkandalfĂ€lle schlecht versorgter Heimbewohner stĂŒrzt und dabei die tĂ€glich hochqualifizierte Pflegearbeit ĂŒbersieht. Ein Teil dieser Probleme ist tatsĂ€chlich von der Politik, allerdings vor allem auf Bundesebene, anzugehen. Unser CDU-Gesundheitsminister Hermann Gröhe geht dabei sehr
schnell voran und packt die gröĂte Reform der Pflegeversicherung seit deren Bestehen an, damit die Pflege eben nicht am Boden liegt.
Bereits ab 2015 wird der PersonalschlĂŒssel in den Heimen erheblich verbessert. Eine Pflegerin muss dann nicht mehr 24 Menschen versorgen, sondern 20. AuĂerdem wird gerade erprobt, wie auch die BĂŒrokratie abgebaut werden kann. Die Leistungen fĂŒr die einzelnen Pflegestufen werden erhöht, das bringt noch einmal 890 Millionen Euro mehr im Jahr in dieser ersten Stufe. Aber man muss sich klarmachen: Diese Leistung gibt es nicht fĂŒr lau. Schon in der ersten Stufe der Reform muss der Beitrag zur Pflegeversicherung um 0,3 Prozentpunkte erhöht werden. Damit werden also auf Bundesebene durch den CDU-Gesundheitsminister wichtige Schritte getan. Und der PflegebevollmĂ€chtigte Laumann, ebenfalls von der CDU, ist genau der Richtige, um ĂŒber die Umsetzung dieser Schritte zu wachen.
Wichtig ist aber nun, dass der Hamburger SPD-Senat diese MaĂnahmen nicht auf Landesebene konterkariert, Stichwort Ausbildung. FĂŒr kĂŒnftige AltenpflegekrĂ€fte brauchen wir gute und viele Altenpflegeschulen. Hamburg stellt aber an deren Lehrer im Bundesvergleich so ĂŒberhöhte Anforderungen, dass nichtstaatliche Altenpflegeschulen diese kaum erfĂŒllen können. Eine private Schule musste bereits schlieĂen und die nĂ€chste steht kurz vor dem Aus. So, meine Damen und Herren, fördert man nicht den Nachwuchs in der Altenpflege, so behindert man ihn.
Stichwort Personaldecke. Durch die neue Personalverordnung wird die BeschĂ€ftigung von Zeitarbeitnehmern in der Pflege nahezu unmöglich gemacht. Dabei fehlen hier ohnehin die FachkrĂ€fte. Das ist schöne Senatstheorie, die mit der schwierigen Praxis wenig zu tun hat. Das ist keine Hilfe fĂŒr die Pflege.
Stichwort angemessene Bezahlung. Mehr als zwei Jahre lang musste die Hamburger Pflegegesellschaft mit den Pflegekassen und der Stadt als SozialhilfetrĂ€gerin um höhere VergĂŒtungen bei der ambulanten Pflege kĂ€mpfen. Die Auseinandersetzung endete vor dem Schiedsgericht mit einem Vergleich. Da wollte auch der Senat an den PflegekrĂ€ften sparen.
Aber es ist ja nicht so, dass der SPD-Senat nicht auch etwas richtig macht. Der Empfang ist schon erwĂ€hnt worden. Ich denke, das ist ein schöner Weg, um den Menschen, die in der Pflege arbeiten werden, Anerkennung fĂŒr diesen wichtigen und schwierigen Dienst fĂŒr uns alle zu erweisen.
Dann ist es auch an uns, ihnen fĂŒr diese Aufgabe Mut zu machen. Das macht man aber nicht durch Schlagzeilen von der Pflege, die am Boden liegt, das macht man durch öffentliche Anerkennung und eine Politik, wie sie maĂgeblich von der CDU im Bund vorangetrieben wird. â Herzlichen Dank.
Herr PrĂ€sident, meine Damen und Herren! Die Aktion "Pflege am Boden" wird am 10. Mai bundesweit und am 12. Mai hier in Hamburg mit Flashmobs und Demos fĂŒr eine Verbesserung der Situation von Pflegenden, Gepflegten und Angehörigen protestieren, und das aus gutem Grund.
Seit Jahren ist die Situation in der Pflege extrem angespannt. Das drĂ€ngendste Problem, es wurde schon angesprochen, ist der FachkrĂ€ftemangel. Schon heute fehlen bundesweit etwa 30 000 FachkrĂ€fte. Allein in der Altenpflege werden bis 2025 etwa 150 000 zusĂ€tzliche KrĂ€fte benötigt; andere SchĂ€tzungen gehen sogar von einem Bedarf von ĂŒber 200 000 schon im Jahr 2020 aus.
In der Krankenpflege wurde der Mangel durch die Personalpolitik der HĂ€user noch verschĂ€rft. Der Personalabbau in den Kliniken hat zu einer enormen Arbeitsverdichtung gefĂŒhrt. Das geringe Einkommen von PflegekrĂ€ften steht dabei in einem eklatanten MissverhĂ€ltnis zur Arbeitsbelastung und zur Verantwortung in der Pflege.
Dass die pflegerische Versorgung der Bevölkerung ĂŒberhaupt aufrechterhalten werden kann, ist einzig dem hohen Engagement und dem hohen Einsatz der PflegekrĂ€fte zu verdanken.