Protocol of the Session on April 9, 2014

Dann kommt ein weiterer Punkt. Ohne dass wir danach gefragt haben, hat der Senat selbst gesagt, dass es im Jahr 2019 überhaupt kein Selbstgänger sei, dass der Senat die Fernwärme kaufen könne,

denn er müsse nach der Haushaltsordnung prüfen, ob dieser Kauf zulässig sei. Und zulässig ist er nur dann, wenn der Wert des Unternehmens im Jahr 2018 nicht unter den Mindestpreis auf Grundlage der Bewertung im Jahr 2011 fällt. Die Antwort der Finanzbehörde, warum dieser Fall nicht eintreten könne, ist wirklich sehr interessant. Haben wir es wirklich richtig verstanden, dass der SPD-Senat sagt, wenn sie das Fernwärmenetz kaufen wollten, dann dürften sie dieses Netz nicht mehr klimafreundlich umbauen,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Werthaltig und klimafreundlich ist kein Widerspruch!)

dann dürften sie es auch nicht bürgergerecht umbauen und keine sozialverträglichen Preise nehmen, weil der Wert des Unternehmens dann sinken und unter den Mindestpreis fallen würde und die Stadt es nach der Haushaltsordnung nicht mehr kaufen dürfte? Wenn man es einmal übersetzt, dann haben Sie nach Ihrer eigenen Aussage Verträge geschlossen, die zwingend voraussetzen, dass die Erfüllung des inhaltlichen Auftrags des Volksentscheids, das Netz klimafreundlich umzubauen und die Preise sozialverträglich zu gestalten, nicht mehr möglich ist. Das ist wiederum entweder schlechtes Handwerk oder der Vorsatz, dass sich trotz des Rückkaufs des Netzes energiepolitisch nichts ändert.

(Glocke)

Ich komme zum Schluss.

Das wäre ein Skandal und dazu verlangen wir heute Antworten. Die Bürgerinnen und Bürger, die dafür gestimmt haben, brauchen Ihre Antwort, dass das nicht eintreten darf. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort erhält Herr Dr. Dressel.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eines vorweg: Der Volksentscheid Netze gilt, er wird von uns Punkt für Punkt umgesetzt, und zwar auch in der nächsten Wahlperiode 2018/2019. Es wird von uns kein Wackeln geben.

(Beifall bei der SPD)

Dabei reicht schon ein einfacher Blick in unsere Verfassung. In Artikel 50 Absatz 4a steht:

"Ein Volksentscheid über eine andere Vorlage bindet Bürgerschaft und Senat."

Deshalb an Sie, Frau Heyenn, schon einmal der Hinweis, dass wir kein eigenes Gesetz brauchen, um das abzusichern, sondern das steht schon in unserer Verfassung. Daher gilt: Die Kaufoption für die Fernwärme wird 2018/2019 ausgeübt, daran besteht für uns keinerlei Zweifel.

(Beifall bei der SPD)

Uns angesichts der Fortschritte, die wir in kürzester Zeit erzielt haben – uns gehört das Stromnetz schon, das vielleicht einmal kurz zur Erinnerung –, jetzt mangelnden Umsetzungswillen vorzuwerfen, wie Sie es eben wieder gemacht haben, ist schlicht und ergreifend eine Unverschämtheit gegenüber der Mehrheit des Hauses und gegenüber dem Senat, der das mit auf den Weg gebracht hat.

(Beifall bei der SPD – Dietrich Wersich CDU: Majestätsbeleidigung!)

Dann zum Vorwurf, das sei handwerklich schlecht gemacht: Da muss man einfach nur schauen, was Sie in Ihrer Regierungszeit zum Thema Netze hinbekommen haben. Prüfaufträge über Prüfaufträge, nichts haben Sie hinbekommen. Wenn das Volk Ihnen in Ihrer Position jetzt beim Volksentscheid nicht zur Hilfe gekommen wäre, dann wäre gar nichts passiert.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Jetzt noch mal zur Sache, Andreas!)

Deshalb fällt dieser Vorwurf, das sei handwerklich schlecht gemacht, voll auf Sie zurück.

(Beifall bei der SPD)

Dann die Spekulation zu der Frage, ob wir unter den Mindestpreis absinken, was vielleicht ein Verstoß gegen die LHO wäre und dann könnten wir gar nicht kaufen. Was wollen Sie denn hier herbeireden? Da stellt sich die Frage, ob Sie das Fernwärmenetz kaufen wollen, um es herunterzuschrotten, zu filetieren, in Einzelteile zu zerlegen und zu demontieren, damit es dann nichts mehr wert ist. Das intendieren Sie offenbar damit. Das wollen wir nicht. Wir wollen es kaufen, um es zu erhalten, um es klimaverträglich weiterzuentwickeln und CO2Einsparungen zu bewirken, damit wir in diesem Bereich von der Kohle wegkommen. Das alles ist unser Vorsatz, und das ist auch das, was mit dem Volksentscheid intendiert wird. Deswegen zielt auch der Vorwurf, dass das Fernwärmenetz dann wertlos wäre und wir es nicht kaufen könnten, absolut ins Leere, Herr Kerstan.

(Beifall bei der SPD)

Das werden wir auch mit dem Wärmekonzept, das wir im Ausschuss vereinbart haben und das der Senat jetzt auf Basis der Anträge, die es dazu gibt, erarbeitet, unter Beweis stellen, und das werden wir auch miteinander diskutieren. Die Werthaltigkeit des Fernwärmenetzes und eine Klimaverträglichkeit sind kein Widerspruch, sondern bedingen sich gegenseitig. Deshalb ist das der richtige Weg für die Fernwärme in dieser Stadt.

(Beifall bei der SPD)

Dann noch zum Thema, inwieweit der 25-ProzentDeal ein Fehler gewesen ist. Die Wahrheit ist doch, dass wir ohne diese strategische Beteiligung in der

(Jens Kerstan)

Kürze der Zeit überhaupt keine Verständigung mit Vattenfall hinbekommen hätten.

(Dietrich Wersich CDU: Ha, ha, ha! Es war von Beginn also geplant! Deswegen haben Sie auch heimlich Hurra geschrien!)

Es war die strategische Beteiligung, die eine Basis dafür geschaffen hat, so schnell im Kooperationswege zu einer Verständigung zu kommen, die gut ist für die Energiewende in Hamburg, gut für die Steuerzahler und gut für diese Stadt. Deswegen war das eine gute Entscheidung.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen ist Ihre Kritik sehr unehrlich, denn Sie wollen uns quasi auf den umgekehrten Weg bringen, dass man alles gar nicht so schnell hätte hinbekommen müssen. Aber eines ist doch klar: Vattenfall hat gesagt, sie verkauften es nur im Paket, das heißt, dass nur eine Paketlösung möglich war. Wenn man sagt, zu den Bedingungen mache man das nicht, dann hätten wir uns als Newcomer ins Konzessionsverfahren begeben, und es hätte sein können, dass wir die Stromnetzkonzession nicht erhalten. Ich hätte einmal sehen wollen, was Sie hier gesagt hätten, wenn es so gekommen wäre. Und die andere Variante bei der Fernwärme: Jahrelange Gerichtsverfahren um die Endschaftsklausel wären die Folge gewesen. Ihr Konzept hätte zu einem Leerlaufen des Volksentscheids geführt – auf volles Risiko zu setzen und nachher vor Gericht im Konzessionsverfahren leer auszugehen. Da hätte ich einmal sehen wollen, wie Sie das Ihren Anhängern beim Volksentscheid erklärt hätten.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb ist diese Kritik absurd, und sie verlässt auch ein bisschen den gemeinsamen Umsetzungspfad nach dem 22. September. Darum möchte ich Sie wirklich auffordern, zur gemeinsamen Arbeit im Umweltausschuss zurückzukehren und Ihre Vorwürfe zu überprüfen. Ansonsten wollen wir weitermachen mit der Umsetzung des Volksentscheids. Das Gasnetz ist das nächste, dazu laufen die Gespräche. Wir hoffen, dass wir auch dort einen kooperativen Zuerwerb hinbekommen. Diese absurde Kritik zeigt aber auch, wie gut es ist, dass ein SPD-Senat regiert, der diesen Volksentscheid umsetzt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Nun hat Frau Stöver das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Meine beiden Vorredner haben schon munter ihre Argumente ausgetauscht. Die GRÜNEN stellen fest, dass der Kauf des Fernwärmenetzes fraglich ist. Herr Kerstan, willkommen in der Realität. Diese Erkenntnis ist nicht neu, und sie

wird auch dadurch nicht aktueller, dass Sie eine vermeintlich neue finanzpolitische Kinke herausgearbeitet haben. Dass diese Aussage es auf die erste Seite des "Hamburger Abendblatts" geschafft hat, finde ich schon erstaunlich. Die GRÜNEN fragen, ob es Absicht oder schlechtes Handwerk sei. Herr Dressel, diese Frage werden Sie sich schon gefallen lassen müssen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Die habe ich ja beantwortet!)

So absurd, wie Sie es darstellen, ist sie nun wirklich nicht. Ich erinnere nur an die Pressekonferenz zum Netze-Deal am 15. Januar. Übrigens haben Sie, Herr Kerstan, den Deal damals über den grünen Klee gelobt. Sie waren ganz begeistert, und es war ein Meilenstein für Sie; heute ist das anders.

(Beifall bei der CDU – Sören Schumacher SPD: Es ist Wahlkampf!)

Wir waren damals schon misstrauisch, und das hätten Sie auch sein können, Herr Kerstan und die GRÜNEN. Wir haben damals schon nachgefragt, warum es so schnell sein muss. Es ist für uns eine überhastete Entscheidung gewesen. Man hätte sie auch anders und nach der Überprüfung mehrerer Faktoren sicherer treffen können.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Dann sagen Sie doch mal, welche! Wie denn?)

Wir waren schon stutzig, dass Sie eine Salamitaktik bei der Vereinbarung verfolgt haben, und zwar auch in Bezug auf das zeitliche Auseinanderziehen der Umsetzung der einzelnen Geschäftsfelder. Sie haben es heute schon gesagt, Herr Dr. Dressel, dass der Kauf des Stromnetzes jetzt und gleich passiert – das Stromnetz gehört der Stadt auch schon –, aber das wurde gefeiert, als wäre der Volksentscheid damit endgültig umgesetzt, und das ist definitiv nicht der Fall. Herr Dressel, Sie haben auch das Gasnetz noch einmal angesprochen. In der Pressekonferenz wurde darüber nicht gesprochen

(Dr. Andreas Dressel SPD: Darüber laufen die Gespräche noch!)

im Gegensatz zur Fernwärme, worüber sehr viel gesagt wurde. Bisher besteht halt immer noch kein Mindestkaufpreis. Warum auch? Der Vertrag läuft offensichtlich noch. Er läuft noch gut, und bei E.ON wird vielleicht von Ihrer Seite kein Widerstand erwartet. Ob das nicht eine Milchmädchenrechnung ist, wird sich erst noch erweisen.

(Beifall bei der CDU)

Die Reihenfolge habe ich natürlich nicht zufällig gewählt. Zum Fernwärmenetz ist in der Pressekonferenz am 15. Januar eine Kaufoption angekündigt worden. Das Wort Option besagt schon, dass man kaufen kann, aber nicht muss, das ist per definitionem so. Dann haben Sie noch eine Option in Form

(Dr. Andreas Dressel)

von zwei Varianten dargestellt, einmal mit dem hochmodernen Gaskraftwerk oder eben auch ohne dieses hochmoderne Gaskraftwerk. Es bedarf in der Tat keines weiteren Beweises, dass der Senat sich hier ein Ausstiegstürchen offenhalten wollte.