Protocol of the Session on March 26, 2014

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt nun Frau Prien.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es gab sehr viele Diskussionen innerhalb der CDU, in den Fachgremien zur Bildung und an der Basis, und ich kann Ihnen sagen,

(Senator Ties Rabe)

dass ich dort keinen Reformvirus habe feststellen können. Ich konnte hingegen eine große Sorge feststellen um den Schulfrieden in Hamburg und die Befürchtung, dass unsere Stadt erneut in einen für alle Beteiligten außerordentlich schädlichen Schulkampf verwickelt wird, der weitere positive Entwicklungen bei der Qualität unserer Schulen über Jahre verhindern würde.

Ich habe auch nicht feststellen können, dass in der CDU – ich will es ganz offen sagen – irgendjemand begeistert wäre vom Vorschlag der Initiative. Genau genommen kenne ich gar keinen, der davon begeistert wäre. Das ist die Realität. Aber das ist die eine Realität, es gibt auch noch die andere. Und in Zeiten von Volksentscheiden tun wir alle gut daran, beide Realitäten wahrzunehmen. Es gibt das Empfinden und die Wahrnehmung vieler Eltern, dass die Verhältnisse sich verändert haben, dass möglichst viel Druck und ein möglichst schnelles Beenden der Schullaufbahn der falsche Weg ist. Es gibt ein Empfinden bei den Eltern, dass das zu stressig und anstrengend für ihr Kind ist. Andere Eltern haben das Empfinden – es ist keine einheitliche Motivation, die wir vorfinden –, dass die Qualität an den Gymnasien nicht stimmt. Da haben diese Eltern auch recht.

Es gibt darüber hinaus eine ganze Menge Menschen in der CDU, die befürchten, dass bei einer Umsetzung des 1:1-Konzepts, das die Initiative fordert, die Stadt in ein Umsetzungs-Chaos geführt würde. Der Senator und die Vorredner haben das beschrieben. Interessant ist, dass die Initiative fordert, eine Schulreform von oben durchzusetzen, bei der die Raumfrage ungeklärt ist, die Personalfrage nicht geklärt ist, die Bildungspläne nicht vorliegen und bei der die Ausbildungsordnungen nicht vorliegen. Das ist übrigens genau das, was 2008 bis 2010 der Primarschulreform zu Recht vorgeworfen wurde, und jetzt wird dies von Bürgerseite gefordert. Das ist auch eine interessante Umkehr der Rollen.

Es gibt diese beiden Kehrseiten einer Medaille, und es ist doch nicht nur die Umfrage im "Hamburger Abendblatt" oder in der "Hamburger Morgenpost". Frau von Treuenfels, ich weiß nicht, ob Sie Zeitungen lesen, schauen Sie sich doch einmal an, was landauf und landab geschrieben wird in den Gazetten. Schauen Sie sich doch an, was in Niedersachsen oder in Schleswig-Holstein, Hessen, Baden-Württemberg und vielleicht auch bald in Bayern passiert. Das sind Tatsachen, denen können und sollten wir uns in Zeiten von Volksentscheiden nicht verschließen.

Was macht man in einer solchen Situation? Man kann den Konfrontationskurs fahren, wir haben die besseren Argumente. Davon bin ich tatsächlich überzeugt. Aber haben wir auch das Herz der Menschen, haben wir auch den Bauch der Menschen mit unseren besseren Argumenten erreicht?

(Katja Suding FDP: Dann hören Sie doch mal darauf!)

Bisher haben wir es noch nicht, davon bin ich fest überzeugt. Ich hoffe, dass wir das gemeinsam schaffen, und ich glaube, der einzige Weg, das zu schaffen, ist, die Betroffenen an diesem Prozess zu beteiligen und auch ein Bewusstsein dafür zu schaffen – an der einzelnen Schule, aber auch bei unseren Verhandlungen im Schulausschuss mit den betroffenen Verbänden –, dass es dem einzelnen Kind Schaden zufügen würde, wenn wir einen solchen Vorschlag in die Realität umsetzen würden.

(Beifall bei der CDU)

Da geht es nämlich auch um Herz und Bauch, es geht darum, dass die Umsetzung dieser Reform nach dem Vorschlag der Initiative dazu führen würde, dass vielen Kindern Schaden zugefügt würde.

Was bleibt also dann zu tun? Es bleibt nur das eine, nämlich der Versuch, jetzt ein rationales Meinungsbild zu erhalten – deshalb unterstützen wir auch den Vorschlag des Senators – und dann auf Grundlage dieses Meinungsbildes und unter Beteiligung der Betroffenen sowohl auf Ebene der Bürgerschaft als auch von Anfang an mit allen Beteiligten des Schulfriedens und den Kammern der Betroffenen zu reden, die Argumente der Initiative auch zu wägen und sie auf den Prüfstand zu stellen; das Gleiche muss an den Schulen passieren. Dann haben wir auch gemeinsam eine Chance, dass die Menschen letztlich, wenn es zu einem Volksentscheid kommen sollte, entscheiden werden auf Grundlage eines nicht nur vorhandenen Bauchgefühls, sondern auf Grundlage der besten Argumente.

Ich kann an dieser Stelle nur noch einmal an die Initiative appellieren, die Hand, die die Parteien dieses Hauses Ihnen heute ausgestreckt haben – mit unterschiedlicher Betonung, das ist selbstverständlich –, anzunehmen und mit uns allen im Interesse der betroffenen Kinder zu verhandeln. Es geht darum, eine Lösung zu finden, die Ihre Belange berücksichtigt, die aber allen Kindern in dieser Stadt nützt und so wenig Schaden wie möglich zufügt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Holster hat jetzt das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß zwar nicht, wie jeder Einzelne von Ihnen die Diskussion in der Stadt über dieses Thema G8 und G9 wahrnimmt, und ich weiß auch nicht, wie jeder Einzelne diese Debatte wahrnimmt. Aber für mich ist in den vergangenen Tagen eines deutlich geworden, nämlich eine

(Karin Prien)

große Diskrepanz zwischen einem gefühlten Meinungsbild,

(Dr. Roland Heintze CDU: Und Ihrem Mei- nungsbild!)

das insbesondere über die Medien transportiert wird, und konkreten Äußerungen, die ich von Schülerinnen und Schülern, Eltern und Lehrerinnen und Lehrern in dieser Stadt höre. Ich möchte das an einem konkreten Beispiel verdeutlichen.

Frau von Treuenfels hat es eben schon kurz angesprochen. Gestern im Schulausschuss, unter der neuen Leitung von Herrn Ploog, hatten wir Vertreterinnen und Vertreter von "Jugend im Parlament" zu Gast. Über zwei Stunden haben wir intensiv über die verschiedenen Themen der Bildungspolitik diskutiert, und natürlich war auch das Thema G8 und G9 dabei. Der erste Satz, den wir dort von einem Schüler gehört haben, lautete: Wieso, es gibt G8 an den Gymnasien und G9 an den Stadtteilschulen, da ist jede Diskussion unnötig.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN und der FDP)

Wer Schulpolitiker ein bisschen genauer kennt, der weiß, dass meine Kolleginnen aus den anderen Fraktionen und ich es dann noch genauer haben wissen wollen, und wir haben nachgefragt, was denn genau stresse

(Finn-Ole Ritter FDP: Die Lehrer stressen! Das war bei mir so!)

und was eigentlich guten Unterricht ausmache. Die einhellige Antwort war, dass die Stundenzahl und die längeren Schultage nicht das Problem an den Gymnasien seien. Vielmehr müssten wir die Schulorganisation verbessern. Herr Dr. Scheuerl, wir wollen nicht die Hausaufgaben abschaffen. Sie erinnern sich, dass auch die Schülerinnen und Schüler gefordert haben, nicht die Hausaufgaben abzuschaffen – das wollen wir als SPD-Fraktion auch nicht –, sondern dass sie besser durchdacht und besser zwischen den Lehrerinnen und Lehrern abgestimmt werden.

Ein zweiter, konkreter Vorschlag der Schülerinnen und Schüler von "Jugend im Parlament" war, die Beratungen am Ende der vierten Klasse deutlich zu verbessern. Gestern Abend gab es ein klares Bekenntnis zugunsten von G8 an Gymnasien und G9 an den Stadtteilschulen. Ich nenne wieder nur ein kleines Meinungsbild, dieses Mal von Schülerinnen und Schülern, die zufällig bei "Jugend im Parlament" zusammengekommen sind. Aber ohne "Jugend im Parlament" hätten wir diese Meinung der Jugendlichen nie gehört, dabei trifft sie ganz direkt die aktuelle Diskussion. Deshalb sollten wir genauer in diese Stadt hineinhören. Weitreichende politische Entscheidungen aufgrund eines Bauchgefühls, wie Sie eben sagten, Frau Prien, wären

fahrlässig, dann hätte keiner etwas aus der Vergangenheit gelernt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Frau Dr. von Berg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Dr. Dressel hat es schon gesagt, es ist wirklich ein sehr unterschiedliches Bild, das wir gerade in der Stadt erleben. Wir haben auf der einen Seite die wirklich deutlichen Umfragewerte sowohl im "Hamburger Abendblatt" als auch heute wieder in der "Hamburger Morgenpost", die eine ganz klare Sprache sprechen. In derselben Zeitung können wir lesen, dass sich Gymnasialschulleiterinnen und –leiter vehement gegen G8 wehren

(Dr. Andreas Dressel SPD: Gegen G9!)

und dass sich auch die Elternkammer, die Schülerunion, die GEW und dergleichen mehr gegen die Umstellung auf G9 wehren. Wir haben Umfragewerte für die Rückkehr zu G9 und auf der anderen Seite Stellungnahmen gegen diese Rückkehr.

Wir haben es uns deshalb nicht leicht gemacht. Wir haben uns viel Zeit gelassen, denn wir wollten keinen Schnellschuss abliefern in unserem Positionspapier. Wir haben mit Betroffenen gesprochen, mit den Verantwortlichen und den Kammern, um eine Lösung, einen Kompromissvorschlag vorzulegen. Und wir haben uns tatsächlich auch die Mühe gemacht, einmal die Kosten zu ermitteln, denn daran hängt auch ein Preisschild.

Wir haben außerdem gesagt, dass wir eine Verantwortung für die gesamte Stadt haben. Wir haben nicht nur eine Verantwortung für die Gymnasien in dieser Stadt, sondern auch eine gehörige Portion Verantwortung für die Stadtteilschulen in dieser Stadt und für die Kinder in diesen Schulen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Und wir sind der Auffassung, dass die Stadtteilschulen hervorragende Arbeit leisten, übrigens auch bei der Begleitung von Kindern zum Abitur. Das gymnasiale Niveau in Stadtteilschulen steht außer Frage für uns GRÜNE.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben bei unserem Lösungsvorschlag die Leitlinien zu Rate gezogen, die wir schon lange in unserer Partei haben. Zu diesen grünen Leitlinien gehören die selbstverantwortete Schule, Demokratie und Partizipation, auch Wahlfreiheit der Schülerinnen und Schüler und auch unsere Überzeugung, dass die Schule keine Insel, sondern in ihrer Region verortet ist. Leitlinie ist auch, dass Unterschiede wertvoll sind und Inklusion selbstverständlich ein Menschenrecht an jeder Schule ist.

(Lars Holster)

(Beifall bei den GRÜNEN)

Daher haben wir in unserem Lösungsvorschlag erstens gesagt, dass die Schulen selbst entscheiden sollen, und zwar in den demokratischen Strukturen, die es dort Gott sei Dank schon seit vielen Jahren gibt. So können gleichmäßig zusammengesetzte Schulkonferenzen demokratisch entscheiden aufgrund eines langwierigen Entscheidungsprozesses, denn darüber muss man sich wirklich lange Gedanken machen.

Wir brauchen zweitens Planbarkeit und Verlässlichkeit in unserem Schulsystem. Deswegen wollen wir diesen Prozess durch Runde Tische begleiten, an denen auch die Behörde für Schule und Berufsbildung beteiligt sein muss. Denn das eine ist Selbstverantwortung in der Region, das andere, dass wir ein gewisses Maß an Steuerung brauchen. Das ist ein schwieriges Unterfangen, deswegen müssen neben der Schulbehörde auch die Regionen beteiligt werden.

Unser dritter Lösungsansatz ist, dass auch die Gymnasien an Inklusion beteiligt werden müssen. Wir müssen dieses Denkverbot auflösen, nach dem Inklusion an Gymnasien nicht umgesetzt werden kann. Wenn wir jetzt an die Schulen herangehen, dann müssen wir dafür sorgen, dass sich Gymnasien, die schon lange eine heterogene Klientel haben, der Inklusion nicht mehr länger verschließen können. Wir wollen sie gerne dabei unterstützen, Inklusion durchzusetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben es uns nicht leichtgemacht, es war ein langer Prozess. Wir haben eine Verantwortung für die gesamte Schullandschaft in Hamburg. Mit unserem Lösungsvorschlag bieten wir der Initiative die Hand – ich weiß, dass da oben Frau Kirsch sitzt – und sagen: Reden Sie mit uns. Wir wollen eine gute Lösung für die gesamte Stadt und für alle Kinder erreichen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nun hat das Wort Frau von Treuenfels.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wie wir inhaltlich dazu stehen, durfte ich eben schon darlegen. Daran hat sich in der Kürze der Zeit – bei uns geht das nicht so schnell wie bei anderen – nichts geändert; wir stehen nach wie vor zu unserer Position.