Darum geht es Ihnen also, um die Herausnahme der Meisterpflicht. Liebe CDU, warum schreiben Sie nicht gleich in die Überschrift, worum es Ihnen geht? Warum reden Sie drumherum? Warum tun Sie vor allem so, als würden Sie tatsächlich einen Beitrag zur Verbesserung der dualen Ausbildung leisten?
Nun muss ich Ihnen, liebe CDU, auch noch sagen, dass die EU-Kommission nicht beabsichtigt, die Meisterpflicht abzuschaffen, schon gar nicht soll unser duales Ausbildungssystem geschwächt werden. Das sind Hirngespinste, die Sie aufbauen.
Die EU-Kommission hat die Mitgliedsstaaten aufgerufen, die Zugangsschranken für die regulierten Berufe zu begründen und zu hinterfragen. Somit soll alles transparenter und vergleichbarer werden. Ferner soll eine Karte erstellt werden, von der Fachkräfte mit einem Blick ablesen können, welche Voraussetzung für die Ausübung ihrer Tätigkeit in welchem Land gefordert wird.
Wir, die SPD, haben mit unserem Masterplan Handwerk den hohen Stellenwert des Handwerks unterstrichen. Vielleicht zu Ihrer Verwunderung muss ich noch einen letzten, aber doch sehr wichtigen Punkt ausführen, warum Ihr Antrag ein Schuss
"Wir werden allerdings unverändert darauf hinwirken, dass der Meisterbrief nicht durch Maßnahmen des europäischen Binnenmarktes beeinträchtigt wird und erhalten bleibt."
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben einen Antrag von Herrn Stemmann vorliegen – sozusagen ein bisschen Lobbyismus in eigener Sache –, der zum großen Teil in die richtige Richtung zielt. Und dann haben wir die SPD, wo man merkt, es harmoniert noch nicht so ganz in der Großen Koalition in Berlin.
Materiell halten wir den Antrag für richtig – die Überweisung finden wir gut –, und ich stimme Ihnen zu, dass der Beschlusstext natürlich nicht das Wichtigste ist, was man für die Stärkung des Hamburger Handwerks tun kann, aber grundsätzlich sollte sich das Parlament auch nicht kleiner machen als es ist. Wenn die Hamburgische Bürgerschaft beschließt, dass ihnen der Meister ein wichtiges Anliegen ist, dann ist das auch ein Statement, und wir sollten nicht so tun, als ob das irrelevant wäre.
In der Tat weisen Sie, Herr Stemmann, zu Recht auf ein Paradoxon in den Ausführungen der Europäischen Kommission hin. Zum einen sagt die Europäische Kommission, die duale Ausbildung würde dazu führen, dass die Bundesrepublik mit 7,4 Prozent die niedrigste Jugendarbeitslosigkeitsquote aller europäischen Länder habe und empfiehlt das duale Ausbildungssystem, das europaweit quasi Best Practice ist und implementiert werden soll, und gleichzeitig soll dieses duale Ausbildungssystem dadurch untergraben werden, dass mehr Berufe aus dem Meisterzwang herausgenommen werden, denn letztlich ist klar: Ohne einen Meister gibt es keine Ausbildung. Deswegen ist Ihr Antrag das richtige Signal, und deswegen stimmen wir ihm materiell in der Sache zu.
Unter Rot-Grün hat es eine Reform der Handwerksberufe mit Meisterpflicht gegeben. Zwar halten wir weiterhin daran fest, dass ein Änderungsschneider nicht unbedingt einen Meister braucht, man muss aber, wenn man über diese Reform noch einmal nachdenkt, einiges kritisch hinterfragen. Im Bäckerhandwerk zum Beispiel sind die Brötchen jedenfalls in Hamburg nicht günstiger ge
worden und die Qualität auch nicht besser. Und vor diesem Hintergrund kann man überlegen, ob alles, was herausgenommen worden ist, auch sinnvoll war.
Warum wollen wir den Meister? Ein Meister ist besser in der Betriebsführung, er hält seinen Betrieb länger am Laufen, er geht seltener insolvent, er kann ausbilden. Wir haben zwei wesentliche Kriterien, wofür wir einen Meisterzwang brauchen, die Gefahrengeneigtheit des Berufs und die Ausbildungsleistung. Ich glaube, wir sollten uns weiter dafür einsetzen, dass die duale Ausbildung dem Hamburger Handwerk und dem deutschen Handwerk dort erhalten bleibt.
Ein weiterer Punkt ist uns wichtig, das sage ich in Richtung Handwerkskammer, die sich nicht nur rhetorisch, sondern auch inhaltlich im Hauptamt – im Ehrenamt vielleicht noch nicht – in dieser Richtung aufstellt. Natürlich darf ein Meisterzwang nicht dazu führen, dass man das Handwerk abschottet. Gerade im Handwerk brauchen wir eine Öffnung in Richtung Migranten und in Richtung Frauen. Es ist auf der hauptamtlichen Ebene immer sehr deutlich zu spüren, dass Bemühungen in diese Richtung gehen; im Ehrenamt scheint das noch nicht so gleichmäßig angekommen zu sein. In dem Moment, wo der Meisterzwang zu einer Diskriminierung von anderen, insbesondere von zugewanderten Bürgerinnen und Bürgern in unserer Stadt, führt, kann dies zu einem Problem werden.
Wir werden im Ausschuss weiter diskutieren, ich weiß allerdings nicht worüber; wir könnten dem Antrag auch zustimmen. Aber wenn die SPD das überweisen will, dann werden wir auch einer Überweisung zustimmen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wovon sprechen wir eigentlich, wenn wir über duale Ausbildung diskutieren? Wir meinen eine Berufsausbildung, die sowohl im Betrieb als auch in der Schule erfolgt und damit beispielhaft praktisches und theoretisches Wissen miteinander verknüpft. Der Berufsabschluss wird dabei, unabhängig von der Gesellenprüfung, zuerkannt und kann auch einen fehlenden Hauptschulabschluss ersetzen und unter bestimmten Voraussetzungen auch als Fachoberschulreife anerkannt werden. Herr Stemmann hat völlig recht, diese Form der Berufsausbildung hat sich in Deutschland bewährt und hat auch international einen hervorragenden Ruf. Die
Meisterpflicht wiederum gilt historisch als Gütesiegel dieser Form der Ausbildung, als ein Zeichen für Kompetenz und Qualität.
Herr Tjarks hat es schon erwähnt: Mit der Handwerksnovelle im Jahr 2004 ist erstmals der sogenannte Meistervorbehalt, der das Bestehen einer Meisterprüfung für selbstständige Handwerksbetriebe voraussetzte, für eine Vielzahl von Gewerken aufgehoben worden und auf nunmehr 41 zulassungspflichtige Gewerke beschränkt worden. Ziel dieser Reform war die wirtschaftliche Stärkung des Handwerks, eine Erleichterung von Existenzgründungen und auch die Bekämpfung von Schwarzarbeit. Gegner des Meisterzwangs plädieren für eine Liberalisierung des Marktes, argumentieren mit möglichen Versorgungsengpässen, die sonst entstehen könnten, und unterstellen, dass die Gründung besonders effizient arbeitender Spezialbetriebe anderenfalls behindert werden würde. Die Befürworter wiederum verweisen auf die hohen Anforderungen an handwerkliche Berufe, vor allem im Hinblick auf Verbraucherschutz und Sicherheit. Auch innerhalb der FDP werden diese Argumente immer wieder ziemlich kontrovers diskutiert. Ohne Zweifel gilt, dass der Meisterbrief ein hohes Qualitätsmerkmal für die Verbraucher ist.
Wie ist es nun, wenn man sich die Auswirkungen der Handwerksrechtsnovelle 2004 anschaut? Man wird zunächst einmal feststellen, dass sich in der Tat die Zahl der Betriebsgründungen zwischen 2004 und 2007 mehr als verdoppelt hat. Die abgeschlossenen Meisterprüfungsverfahren des deutschen Handwerks mit bestandener Prüfung entwickeln sich dementsprechend seitdem rückläufig. Es gibt also mehr Gründungen in den Bereichen, die nicht mehr dem Meisterzwang unterliegen, und insgesamt einen rückläufigen Trend in den Meisterprüfungsverfahren, nachzulesen – sehr interessant – in der Bundestagsdrucksache 17/7313. Bisher liegen keine Erkenntnisse vor, wie sich die teilweise Abschaffung der Meisterpflicht tatsächlich auf die Qualität des Handwerks ausgewirkt hat, und auch nicht, wie sie sich ausgewirkt hat auf die Qualität der Ausbildung.
Die Europäische Kommission sieht die Anzahl der Berufe mit Reglementierung innerhalb der Europäischen Union als zu hoch an und fordert daher eine weitere Überprüfung ungerechtfertigter Beschränkungen. Im Hinblick auf die Meisterpflicht in Handwerksberufen vertritt die FDP jedoch die Einschätzung, dass ein weiterer Abbau zum jetzigen Zeitpunkt der falsche Weg wäre. Ich hielte es in der Tat auch für richtiger, wenn zunächst die Wirkung der Auflösung des Meisterzwangs im Rahmen der letzten Handwerksrechtsnovelle evaluiert werden würde, denn nur eine solche Evaluation kann die Auswirkungen auf die Qualität von Ausbildung und Leistung klären. Erst danach wären vor dem Hintergrund des europäischen Dienstleistungsmarktes
Das Ziel der EU, den Zugang zu reglementierten Berufen zu erleichtern, geht nach unserer Auffassung grundsätzlich in die richtige Richtung. Jedoch darf es dadurch nicht zu einem Aufweichen von deutschen Qualitätsstandards kommen. Wie auch der Diplomingenieur ist eben der deutsche Handwerksmeister ein Qualitätsbegriff für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Der Meisterbrief verfügt über eine lange Tradition und steht bei Verbrauchern für eine fachlich gute Beratung und die verlässliche Ausführung von Leistung. Unser duales Ausbildungssystem basiert auf hoher Qualifikation der Meister und sorgt entscheidend für gut ausgebildeten Nachwuchs und eine im europäischen Vergleich sehr geringe Jugendarbeitslosigkeit.
Die FDP-Fraktion stimmt der Ausschussüberweisung des Antrags zu und unterstützt das Petitum des CDU-Antrags auch in der Sache. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen! Der CDU-Antrag hat eine missverständliche Überschrift. Es geht im Kern nicht um die Sicherung der dualen Ausbildung. Es geht darum, dass weitere Handwerke von der Meisterpflicht ausgenommen bleiben. Das begründet die CDU mit prekären Geschäftsmodellen und damit, dass die duale Ausbildung gesichert bleiben muss. Was hat nun das eine mit dem anderen zu tun? Ich finde, wenig.
DIE LINKE findet eine Meisterqualifikation durchaus sinnvoll. Sie ist vertrauenerweckend und steht für Qualität. Wir finden aber auch, dass sie nicht länger Zwangsvoraussetzung zur Eintragung in die Handwerksrolle sein darf.
Historisch war diese Maßnahme sicherlich sinnvoll, um die Qualität der handwerklichen Arbeit, die Ausbildung des Nachwuchses und auch die Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterführung sicherzustellen und hochzuhalten. In unserer globalisierten Welt, konkret der Europäischen Union, hat sich diese Restriktion mittlerweile jedoch zu einem entscheidenden Wettbewerbsnachteil für regionale Handwerksbetriebe entwickelt. Der Nachteil liegt ganz einfach darin, dass Handwerksgesellinnen- und gesellen aus anderen europäischen Staaten ohne eine solche Qualifikation und somit deutlich preiswerter handwerkliche Leistungen anbieten und vorhalten können.
Seit 2004 gibt es in 53 Handwerken, darunter Fliesenleger und Schuhmacher, die Möglichkeit, ohne Meisterbrief einen Betrieb zu führen. Was das genau für Folgen hatte und wie diese Folgen mit der Deregulierung vieler Arbeitsschutzgesetze zusammenhängen, muss umfassend geprüft werden.
Vorschnelle Zusammenhänge herzustellen finde ich unseriös. Zehn Jahre nach der Teilaufhebung der Meisterpflicht ist eine gute Zeit, um eine Bilanz zu ziehen. Dazu gehört meiner Meinung nach dann aber auch zu hinterfragen, wie sich die Kammerpflicht auswirkt und wie das Kammerwesen praktisch gelebt wird. Schauen Sie sich an, was die Handelskammer jetzt erlebte, vielleicht hat Sie das auch schon zum Nachdenken gebracht.
DIE LINKE fordert, die Handwerksnovelle von 2004 – Herr Kluth, da stimme ich Ihnen zu – zu evaluieren und die Handwerkskammer zu demokratisieren, verehrte Abgeordnete.
In kaufmännischen Berufen gibt es übrigens keinen Meisterzwang. Hier reichen Gehilfinnen- beziehungsweise Gehilfenbriefe aus, um selbstständig arbeiten zu können. Zur Ausbildung von Nachwuchs gibt es hier die Ergänzungsqualifikation Ausbildereignungsprüfung. Und nun sagen Sie mir nicht, dass die Ausbildung im kaufmännischen Betrieb kritikwürdig ist, weil es dort keine Meisterin beziehungsweise keinen Meister gibt. Den kaufmännischen Meister beziehungsweise Meisterin, nämlich die Zusatzqualifikation zur Fachwirtin beziehungsweise zum Fachwirt gibt es auch schon seit vielen Jahren. Sie ist jedoch keinem Zwang unterworfen.
Der Meisterbrief im Handwerk ist eine Hürde und aus meiner Sicht eine zu hohe Hürde auf dem Weg in die Selbstständigkeit. Er hindert nach meiner Einschätzung auch Frauen, sich im Handwerksgewerbe selbstständig zu machen. Wir regen daher dringend an, den Handwerksmeisterzwang zu überdenken. Österreich hat ihn übrigens bereits 1999 abgeschafft.
Der Strukturwandel im Handwerk ist dramatisch. Seit Jahren klagt das Handwerk über Fachkräftemangel und schiebt das auf die mangelnde Qualität von Bewerberinnen und Bewerbern. Dass die Anzahl der prekär Beschäftigten zugenommen hat, ist eine objektive und auch bedrohliche Tatsache. Man wird das aber sicherlich nicht durch die Aufrechterhaltung des Meisterzwangs stoppen können, sondern vielmehr dadurch, dass die Verwahrlosung des Arbeitsmarkts endlich beendet wird.