Protocol of the Session on February 27, 2014

Trotzdem haben Sie, Frau von Berg, inhaltlich wichtige Dinge in Ihrem Antrag vorgebracht,

(Jens Kerstan GRÜNE: Wie großzügig!)

und wir sollten das Thema "Stadtteilschulen stärken" auf jeden Fall im Schulausschuss besprechen. Wir werden daher die vorliegende Antwort des Senats zu unserem Ersuchen "Erfolgsmodell Stadtteilschule weiterentwickeln" noch vor der Sommerpause an den Schulausschuss überweisen. Auf dieser Grundlage wird das Thema dann intensiv im Schulausschuss beraten. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD – Dr. Andreas Dressel SPD: Sehr gut!)

Frau Prien, Sie haben das Wort.

Wir haben heute eine Menge gelernt, zum Beispiel, dass es unserem Schulsenator an der PISA-Kompetenz Leseverständnis elementar mangelt, denn unsere Anträge zu lesen scheint ihm nicht zu gelingen – jedenfalls versteht er sie nicht. In der CDU hat bisher niemand gefordert, das Elternwahlrecht abzuschaffen.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Aufnahmeprü- fung? Was ist das denn?)

Niemand hat eine Aufnahmeprüfung gefordert, das ist nicht wahr.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Ja, aber hallo!)

Frau Heyenn, wir kritisieren genau wie Sie, dass zu viele Eltern ihre Kinder aufs Gymnasium schicken, die dann nach Klasse 6 abgeschult werden müssen. Sie haben das heute selbst ellenlang ausgeführt. Wir müssen die Eltern besser unterstützen, und das ist das Einzige, was wir wollen.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben auf diesen Aspekt im Zusammenhang mit der Debatte um G8 und G9 hingewiesen. Es nützt uns allen, die das Gymnasium in dieser Stadt wollen, doch nichts, wenn am Ende Gymnasium draußen auf der Tür steht und es in Wirklichkeit eine Einheitsschule geworden ist. Das wollen wir als Union jedenfalls nicht.

(Beifall bei der CDU)

(Lars Holster)

Sie können unseren Antrag zur Inklusion gern diffamieren, machen Sie das ruhig, aber Sie können nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass Sie heute nichts, aber auch gar nichts angeboten haben, um die Situation an den Stadtteilschulen in Bezug auf die Inklusion zu verbessern. Sie haben nichts im Köcher, Herr Holster, und Sie schon gar nicht, Herr Rabe.

(Beifall bei der CDU und den GRÜNEN)

Es war ein Fehler, die Inklusion gleichzeitig mit der Stadtteilschule einzuführen, das hat die Enquete-Kommission damals auch gesagt. Wir alle, das will ich einräumen, Herr Ritter, sind etwas blauäugig an die Sache herangegangen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Aha!)

Die förderbedürftigen und auch die anderen Kinder haben aber keine Zeit, bis Sie, Herr Rabe, Ihre Schulentwicklung endlich abgeschlossen haben. Diese Kinder wollen jetzt in ein ordentliches Schulsystem gehen.

(Beifall bei der CDU und bei Farid Müller GRÜNE)

Wir haben natürlich nicht den Ausstieg aus der Inklusion gefordert, sondern wollen den absurden Zustand ändern, dass die Schulen, die Inklusion können – und davon haben wir eine Menge in dieser Stadt –, diese nicht ordentlich durchführen können, weil sie von Ihnen keine vernünftigen Ressourcen mehr bekommen. Herr Rabe, was Sie mit der Inklusion in dieser Stadt machen, ist ein Skandal.

(Beifall bei der CDU)

Sie selbst wollen Schwerpunktschulen für bestimmte Formen von Behinderungen einführen, diffamieren uns aber wegen unseres Vorschlags mit den Leuchtturmschulen. Das ist billig.

(Beifall bei der CDU – Lars Holster SPD: Aber warum? Sie vergleichen Äpfel mit Bir- nen!)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie uns mit einer vernünftigen, ruhigen und sachlichen Auseinandersetzung über die Frage beginnen,

(Beifall und Zurufe von der CDU)

wie wir die Inklusion in dieser Stadt besser zum Gelingen bringen können und vor allem darüber, wie wir gemeinsam die Stadtteilschule als Schulform, die wir ausdrücklich wollen, und zwar mit der Möglichkeit zum Abitur, zum Erfolg bringen können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Nun hat Frau Heyenn das Wort.

Dass diese sachliche Debatte so emotional geführt wird, zeigt natürlich, dass es um viel geht. Es geht um die Kinder, und da wird in dieser Stadt einiges Unzumutbare gemacht. Die Stadtteilschule ist im Zwei-Säulen-System unter sehr ungleichen Bedingungen gestartet, und diese haben sich im Laufe der Zeit weiter verschlechtert. Ich bin der gleichen Auffassung wie Frau von Berg. Ein Punkt ist zum Beispiel, dass es keine Schullaufbahnempfehlung gibt, wie es im Schulgesetz steht, sondern eine Schulformempfehlung. Das ist das Erste, was man ändern müsste.

Dann ist eben vom Senator gesagt worden, was er alles Tolles für die Stadtteilschule machen will, unter anderem auch, dass es eine große Errungenschaft ist, dass alle Schülerinnen und Schüler, die nach der neunten Klasse keinen Ausbildungsplatz haben, in die zehnte Klasse gehen. Das ist auch ein Problem, das ist nicht nur toll. Sie müssten vielleicht einmal in die Schulen selbst gehen, und zwar nicht nur zu Empfängen oder wenn die Schulinspektion Zauberstunden vorgeführt bekommt, sondern unter normalen Bedingungen. Und dann werden Sie sehen, was viele Schulen machen, die mehrere zehnte Klassen einrichten müssen, in denen es sehr viele Schüler ohne Ausbildungsplatz gibt, die nicht die Prognose für einen Realschulabschluss haben. Sie richten eine Klasse ein, in der nur die Schülerinnen und Schüler sind, die wahrscheinlich keinen Realschulabschluss bekommen, und die anderen teilen sie auf. Das ist etwas, was überhaupt nicht geht. Das ist ein Rückschritt zur Hauptschule, die wir Gott sei Dank abgeschafft haben.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Stefanie von Berg und Christa Goetsch, beide GRÜ- NE)

Frau Brose hat darauf hingewiesen. Sie zieht zwar andere Schlüsse als ich, aber ich finde, dass man das nicht einfach als Errungenschaft hinstellen kann. Die Problematik ist insgesamt viel zu komplex und zu dramatisch, als dass man das mit Geld alles retten könnte. Das glaube ich überhaupt nicht mehr. Ich will Ihnen einmal eine Zahl nennen. Im Verhältnis gibt es 2014 an den Stadtteilschulen 8,9 Lehrer pro hundert Schüler und an den Gymnasien 6,7 Lehrer. Es sind grundsätzliche Probleme, warum die Stadtteilschule Probleme hat. Ich habe auf diese 9 Prozent der Schüler an Stadtteilschulen mit Gymnasialempfehlung hingewiesen und darauf, dass 12 Prozent zurückkommen. Ich glaube nicht, dass man das mit Geld allein lösen kann. Wir müssen uns mehr Gedanken machen.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Nun zu Konfuzius: Er hat gesagt, das Lernen durch Erfahrung sei die schwerste, teuerste und längste Art. Ich erlebe zurzeit, dass ich von Leuten in der Stadt angesprochen werde, die intensiv ge

(Karin Prien)

gen eine Schule für alle votiert haben und die jetzt sagen, das sei wohl doch die Lösung. Wenn Sie nichts ändern, wird es genau dazu kommen.

(Finn-Ole Ritter FDP: Die Einheitsschule! – Zurufe von der CDU)

Jetzt regen Sie sich schon wieder auf.

Wir glauben, dass das Zwei-Säulen-System, wie es jetzt besteht, gescheitert ist, und es geht wahrscheinlich in die Richtung.

Was die Inklusion betrifft, so ist dieses Problem zu ernst für parteipolitische Spielchen.

(Finn-Ole Ritter FDP: Ach, Frau Heyenn!)

Das geht überhaupt nicht. Und wenn die CDU mit ihren Leuchtturmschulen kommt, dann wären diese der Sargnagel für die Inklusion und nichts anderes. Sie wollen auf einem Umweg die Förderschulen wieder einsetzen, und das geht überhaupt nicht. Ein Zurück von der Inklusion geht nicht.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und bei Dr. Stefanie von Berg und Jens Kerstan, beide GRÜNE)

Herr Rabe, Sie wollen die Realität in unserer Gesellschaft einfach nicht wahrnehmen. Zwar wollen Sie hier auf dem Podium immer recht haben, und dann Sie reden so lange, bis wir nicht mehr zuhören und Sie alle Probleme weggeredet haben, aber die Probleme bleiben nach wie vor bestehen. Sie können nicht festhalten an dieser systemischen Förderung von 8 Prozent Schülern mit besonderem Förderbedarf, es sind 15 Prozent. Sie wissen ganz genau, warum früher die Zahlen so niedrig waren: Viele Pädagogen an unseren Hamburger Schulen wussten genau – und auch Sie haben es eben angesprochen –, dass ein Kind, wenn es erst einmal auf einer Förderschule landet, von dort nicht mehr herunterkommt. Deswegen haben sehr viele Lehrerinnen und Lehrer versucht, die Kinder so lange wie möglich im allgemeinen Schulsystem zu halten. Hinzu kommt, das ist öffentlich auch mehrmals gesagt worden, dass die Lebensbedingungen der Menschen in dieser sozial gespaltenen Stadt immer härter werden und wir deswegen immer mehr Kinder mit einem besonderen Förderbedarf haben. Deshalb müssen wir uns mehr einfallen lassen, als nur mehr Geld einzusetzen. Wir müssen auf die hören, die das tagtäglich zu bewältigen haben. Es hat keinen Sinn, eine weitere Expertenanhörung durchzuführen, und es hat auch keinen Sinn, noch einmal im Schulausschuss darüber zu reden. Es ist allerhöchste Zeit, dass wir einen Runden Tisch mit Eltern, Schülern, Lehrern, Bildungsexperten, Abgeordneten und Senatsvertretern einrichten. Wir müssen eine Lösung finden und können nicht so tun, als seien die Probleme nicht da. Die Probleme sind so massiv, dass sowohl Lehrer als auch Kinder dabei in die Knie gehen. Wegreden allein hilft nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Wir kommen zu den Debatten und beginnen mit Drucksache 20/10852, einem Antrag der GRÜNEN Fraktion: Gesellschaftliche Anerkennung des Ehrenamts durch die Ehrenamtskarte stärken.

[Antrag der GRÜNEN Fraktion: Gesellschaftliche Anerkennung des Ehrenamts durch die Ehrenamtskarte stärken – Drs 20/10852 –]

Dazu liegt Ihnen als Drucksache 20/10997 ein Antrag der FDP-Fraktion vor.

[Antrag der FDP-Fraktion: Gesellschaftliche Anerkennung des Ehrenamts durch die Ehrenamtskarte stärken – Drs 20/10997 –]