Protocol of the Session on February 26, 2014

Ich habe gedacht, dass Sie das durch unsere Aktivitäten nicht durchkreuzen lassen wollen. Das hätte ich noch verstanden, auch wenn es rechtswidrig gewesen wäre, so mit uns umzugehen. Jetzt wissen wir aber, dass nicht einmal das passiert. In der Sache wäre das sogar schön gewesen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Du hast uns auf eine Idee gebracht!)

Ich hoffe, dass die SPD sich noch bewegt; Ihr heutiger Antrag beweist jedoch das Gegenteil, das Thema soll totgeschwiegen werden. Es soll tatsächlich nicht deutlich werden, wo es konkrete Bedarfe nach neuen Stationen gibt, und die Vormerkliste mit den Standortwünschen nicht nur der bezirklichen Gremien, sondern auch von einzelnen Bürgerinnen und Bürgern, von Unternehmen, öffentlichen Einrichtungen und anderen Behörden soll geheim bleiben. Das halte ich für den falschen Weg.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich glaube, die Erklärung ist, dass das StadtRAD gar nicht so einen starken Erfolg haben soll. Der Senat und die SPD sind nicht daran interessiert, eine weitere Stärkung des Radverkehrs zu bekommen.

(Wolfgang Rose SPD: So ein Quatsch!)

Radverkehr hat schlicht keine hohe Priorität, und wenn es Verbesserungen gibt, dann aus Zufall an einzelnen kurzen Strecken zum Beispiel im Rahmen des Busbeschleunigungsprogramms. Es gibt aber keine Strategie zur Förderung des Radverkehrs, und das wird auch an der Situation heute deutlich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Herr Pochnicht.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das StadtRAD ist ein Erfolgsmodell, das es weiter auszubauen gilt; da sind wir uns alle einig.

(Beifall bei der SPD)

Allein bei der Frage, wie wir es organisieren, sind wir unterschiedlicher Meinung, und das gilt es zu diskutieren.

(Dr. Till Steffen)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, Sie machen es sich an dieser Stelle sehr einfach. Sie fordern den Ausbau eines Verkehrssystems, des StadtRADs, auf Kosten des anderen. Sie wollen die dringend erforderliche Modernisierung des Bussystems aussetzen, um damit 50 weitere StadtRAD-Stationen zu bauen. Verstehen Sie mich nicht falsch, auch meine Fraktion hält den Ausbau des StadtRADs für absolut wünschenswert, jedoch nicht auf Kosten des öffentlichen Nahverkehrs und der Busse.

(Beifall bei der SPD)

ÖPNV und Radverkehr lassen sich nicht einfach gegeneinander aufwiegen, denn sie stellen oft erst in Verbindung miteinander eine attraktive Alternative zum Auto dar. Wir brauchen intermodale Verkehrskonzepte und kein Inseldenken. Nicht zuletzt deshalb konnte Hamburg mit dem Projekt "LOOP HH-Wilhelmburg" den Deutschen Fahrradpreis 2014 gewinnen – ein Zeichen von guter Fahrradpolitik auch in Hamburg.

(Beifall bei der SPD)

Bei der Verleihung ging es um die unmittelbare Anbindung zentraler Wohngebiete an Stationen des ÖPNV, die durch den "LOOP" der ausschlaggebende Grund für die Auszeichnung war. Die Attraktivität hängt auch immer davon ab, welche Angebote des ÖPNV man damit erreichen kann.

Hamburg verfügt über ein breites und gutes Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln. 80 Prozent der Hamburgerinnen und Hamburger sind mit dem öffentlichen Nahverkehr in unserer Stadt zufrieden; das hat die jährliche Umfrage des Meinungsforschungsinstituts GESS im Auftrag des "Hamburger Abendblatts" erst kürzlich ergeben. Der HVV nimmt außerdem in puncto Schnelligkeit der Verbindung den zweiten Platz im ÖPNV-Ranking ein – ein Beispiel für gute öffentliche Nahverkehrspolitik in Hamburg.

(Beifall bei der SPD)

Allerdings sind sich alle Fachleute darüber einig, dass die Fahrgastzahlen auch weiterhin steigen werden. In den letzten Jahren waren es durchschnittlich 2 Prozent, und es ist davon auszugehen, dass das auch weiterhin der Fall sein wird. Für die Funktionsfähigkeit unserer Infrastruktur auch gerade im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs ist es sehr wichtig, dass wir das Bussystem an den steigenden Bedarf anpassen.

Meine Damen und Herren! Sie wollen uns weismachen, dass das Busbeschleunigungsprogramm nicht notwendig sei.

(Beifall bei Klaus-Peter Hesse CDU – Jens Kerstan GRÜNE: Genau! und Beifall)

Es sei eine Laune des SPD-Senats, auf die man ohne Auswirkungen für die Stadt verzichten könne.

Das ist aber nicht richtig. Wir brauchen die Busbeschleunigung, um allein die Bedarfe an unser Bussystem decken zu können, die schon jetzt vorhanden sind und zukünftig noch steigen werden.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Wir brauchen die Busbeschleunigung außerdem, damit die Busse zukünftig weiter pünktlich fahren, um mehr Gelenkbusse einsetzen zu können und um die Fahrgäste bei steigenden Fahrgastzahlen transportieren zu können, wir brauchen sie für den Ausbau der Barrierefreiheit und um den Bus gegenüber dem individuellen Personenverkehr, also den Autos, attraktiver zu machen.

Auch die SPD-Fraktion hält den Ausbau des StadtRADs für sinnvoll und nötig, und deswegen haben wir heute einen eigenen Antrag in die Bürgerschaft eingebracht. Dass der Ausbau des einen Verkehrsmittels auf Kosten des anderen erfolgt, wird es mit uns allerdings nicht geben. Wir setzen darauf, dass wir einen weiteren Ausbau auch ohne die von Ihnen geforderten Einschnitte beim öffentlichen Personennahverkehr erreichen können. Es gibt bereits gute Beispiele, wie in Kooperation von Stadt- und Privatfirmen weitere StadtRAD-Stationen realisiert werden können. Auch die Nutzung des StadtRADs als Dienstfahrzeug ist Teil einer solchen Vereinbarung.

Nicht zuletzt gibt es schon jetzt vielversprechende Kooperationen mit der Wohnungswirtschaft, beispielsweise mit der "Mitte Altona", die zukunftsweisend sind. Stadt und Bauherr finanzieren hier gemeinsam die Erschließung des neuen Quartiers mittels zweier StadtRAD-Stationen. Bei derartigen Kooperation entstehen auch Kosten, die von der Stadt getragen werden müssen. Eine StadtRADStation, Sie haben es vorhin selbst gesagt, verursacht Kosten von mindestens 10 000 Euro. Zurzeit sind noch Haushaltsreste aus dem Jahr 2013 vorhanden, mit denen vielleicht fünf weitere Stationen finanziert werden können, aber das auch nur, wenn es zu einer Unternehmenskooperation kommt und die Privatwirtschaft ihren Anteil am Ausbau des StadtRADs trägt.

(Beifall bei der SPD)

Entsprechende Standortauswahlverfahren laufen bereits, und für die Zukunft gilt es, weitere Unternehmen zu finden, die für eine Kooperation zur Verfügung stehen. Denkbar sind insbesondere solche Partner, die Stadtteile erschließen, die bisher nicht über das StadtRAD verfügen. Jenfeld mit der Bundeswehruniversität ist ein gutes Beispiel.

Natürlich wollen wir weitere Stadtteile mit dem StadtRAD anbinden. Wir ersuchen deshalb mit unserem Antrag den Senat, Wege dazu aufzuzeigen. Die Ausweitung des StadtRAD-Systems muss deshalb auch Bestandteil der Neuausschreibung für das Jahr 2018 sein.

Dass der Ausbau auch ohne die Kürzung in anderen Bereichen gelingen kann, haben wir bereits bewiesen, etwa durch den Wegfall des vergünstigten Tarifs ab der 31. Minute. Hierdurch konnten wir einige neue StadtRAD-Stationen eröffnen, beispielsweise in Wilhelmsburg im letzten Jahr.

Meine Damen und Herren! Das StadtRAD ist und bleibt ein Erfolgsmodell. Wir werden uns mit Sicherheit nicht dazu verleiten lassen, zwei notwendige und erfolgreiche Angebote des öffentlichen Nahverkehrs gegeneinander auszuspielen, wie Sie es an dieser Stelle vorschlagen. Deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab und werden unseren eigenen Antrag beschließen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Hesse.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn erst einmal herzlichen Dank an die Fraktion der GRÜNEN für die Anmeldung dieses Themas heute.

(Beifall bei Dr. Anjes Tjarks GRÜNE)

Es ist höchste Zeit, dass wir uns wieder einmal über das Thema StadtRAD unterhalten – nicht, weil alle hier vorne sagen, dass sie das StadtRAD toll finden, sondern weil es ernstzunehmende Zeichen gibt, dass dieses wirklich gut gestartete Projekt unter der SPD langsam verbaselt wird, und darüber muss man in diesem Parlament sprechen.

(Beifall bei der CDU und den GRÜNEN)

Über Erfolge sprechen alle gern, und Erfolge haben viele Väter.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Und Mütter!)

Till Steffen hat vorhin die Geschichte des StadtRADs ein wenig deutlich gemacht, und, liebe Kollegin Sudmann, wir kennen die Geschichte des StadtRADs. 2007 haben wir bei der Radverkehrskonzeption und beim Thema Stadtmöblierung das erste Mal die Finanzierung klargemacht, und 2008 haben wir das Projekt gemeinsam mit den GRÜNEN angeschoben und umgesetzt. Warum haben so viele im Parlament den Eindruck, dass seit 2011, also seitdem die SPD regiert, nicht nur in vielen anderen Bereichen, sondern auch beim StadtRAD Stillstand eingetreten ist, dass keine Vision und kein Mut vorhanden sind und dass kein Weg aufgezeichnet wird, der glaubhaft macht, wie es weitergehen soll?

(Beifall bei der CDU und den GRÜNEN – Dorothee Martin SPD: Einzelmeinung!)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Sie werden sich bei diesem Thema nicht durchwurschteln können, denn die Menschen in

der Stadt haben ihr StadtRAD bisher geliebt, sie lieben es weiterhin und wollen mehr davon. Till Steffen hat gesagt, in welchen Bezirksversammlungen entsprechende Beschlüsse gefasst wurden. Dieser Druck wächst, und Sie werden sich ihm nicht verweigern können.

Lieber Kollege Pochnicht, es reicht nicht zu sagen, dass soundso viel Prozent der Menschen zufrieden mit dem öffentlichen Personennahverkehr in Hamburg seien, dass die Welt schön sei,

(Dorothee Martin SPD: Genau!)

die SPD regiere und nichts geändert werden müsse. Sie ruhen sich immer noch auf den Erfolgen der Vergangenheit aus, also auf dem, was Sie gar nicht selbst gemacht haben. Sie haben bisher keine Veränderung in diesem Bereich durchgeführt, also lassen Sie sich auch nicht von irgendwelchen Umfragen loben, deren Ergebnis nur darauf fußt, was vor Ihrer Regierungszeit getan wurde.

(Beifall bei der CDU – Dorothee Martin SPD: Die Platte hat einen Sprung!)