Protocol of the Session on February 12, 2014

anders, weil wir im Hamburgischen Senatsgesetz bisher zur Frage von Karenzfristen überhaupt keine Regelungen haben. Meine Fraktion und ich sind bereit, darüber zu sprechen, wie wir es damals in der Drucksache verabredet haben, und sehen dort Handlungsbedarf. Aber so, wie Sie es vorgeschlagen haben, schießt es ebenfalls deutlich über das Ziel hinaus. Das ist faktisch ein zweijähriges Berufsverbot, und wenn es irgendwie auf der Kippe steht, muss man hier hinkommen, um sich eine Ausnahmegenehmigung zu holen.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Nee!)

Doch, dazu führt diese Regelung letztlich, und sie wäre verfassungswidrig. Abgesehen davon würde sie erschweren, gute Leute in diese Funktionen zu holen, und deswegen muss man auch sagen, dass Sie übers Ziel hinausgeschossen sind.

(Beifall bei der SPD und bei Katharina Fege- bank GRÜNE)

Sie haben heute keine Namen als Beispiele genannt, aber in Ihrer Pressemitteilung Ole von Beust, Axel Gedaschko und Ingrid Nümann-Seidewinkel erwähnt. Verfassungsrechtlich ist es aber geboten, nicht mit Kanonen auf Spatzen zu schießen.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Wer ist der Spatz?)

Das meine ich im übertragenen Sinne.

Man muss schauen, ob tatsächlich eine konkrete Verquickung vorhanden ist.

(Dora Heyenn DIE LINKE: In der Tat!)

Das sehe ich, ehrlich gesagt, nicht so.

Dass jemand nach einer politischen Tätigkeit im Senat eine Beratertätigkeit wahrnimmt, ist völlig in Ordnung, solange es nicht zu einer konkreten Verquickung mit der dienstlichen Tätigkeit vorher kommt. Hier muss die Grenze sein.

(Beifall bei der SPD, vereinzelt bei der CDU und bei Katharina Fegebank GRÜNE)

Bei Ole von Beust und Axel Gedaschko habe ich keine Zweifel, und dass man Ingrid Nümann-Seidewinkel einen Vorwurf daraus macht, dass sie wieder Rechtsanwältin geworden ist, geht zu weit, Frau Heyenn.

(Beifall bei der SPD, der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Wir haben einen Vorschlag gemacht und den Fraktionsvorsitzenden übermittelt. Wir können im Ausschuss besprechen, dass wir uns ein bisschen an dem orientieren, was schon jetzt im Beamtenrecht steht, und dass wir eine solche Regelung angepasst an das Amtsverhalten eines Senators oder einer Senatorin auch ins Senatsgesetz einfügen. Wir würden also eine Anzeigepflicht vorsehen –

(Dora Heyenn)

nicht einfach so für alles, sondern wenn ein Anhaltspunkt besteht, dass etwas in irgendeinem Zusammenhang mit der vorherigen dienstlichen Tätigkeit stehen könnte. Wenn der Senat dann wirklich eine konkrete Verquickung sieht, dann kann er es für eine gewisse Frist untersagen. Das ist verfassungskonform, ausgewogen und müsste der Maßstab für eine Regelung sein.

Wir sind gern bereit, darüber im Verfassungsausschuss miteinander zu sprechen, sollten uns aber an die Verfassung halten und die Möglichkeit nicht unterminieren, dass gute Leute in den Senat gehen – ganz gleich, welchen parteipolitischen Standpunkt wir haben. In irgendeiner fernen Zukunft möchte DIE LINKE vielleicht auch Regierungspartei werden.

(Olaf Ohlsen CDU: Muss nicht! – Zuruf von Mehmet Yildiz DIE LINKE)

Das muss nicht sein, aber sie sollen zumindest dürfen, wenn sie es wollen.

Man muss ein bisschen daran denken, dass es natürlich auch darum geht, vernünftiges politisches Spitzenpersonal zu gewinnen. Wir werden versuchen, im Verfassungsausschuss einen gemeinsamen Kompromiss hinzubekommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Dr. Dressel. – Das Wort hat Herr Trepoll.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! DIE LINKE fordert im vorgelegten Antrag, dass Senatsmitglieder nach ihrem Amt zwei Jahre lang keiner Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes nachgehen dürfen, insbesondere, wenn ein Zusammenhang mit der ausgeübten dienstlichen Tätigkeit besteht. Bei ehemaligen Staatsräten gehen Sie gleich grundsätzlich von einer Beeinträchtigung dienstlicher Interessen aus, wenn die beabsichtigte Tätigkeit in einem Zusammenhang mit dem früheren Senatsressort steht.

Auf Bundesebene werden mittlerweile Regelungen für Karenzzeiten ausgeschiedener Regierungsmitglieder diskutiert. Anstatt sich an der gebotenen Debatte sachlich zu beteiligen, kommt DIE LINKE in Hamburg mit einem Antrag daher, der viele Vorbehalte und Vorurteile gegenüber der Politik bedient und eine grundsätzliche Interessenkollision zwischen Politik und Wirtschaft unterstellt. Der Antrag der LINKEN ist so pauschal, dass dieser faktisch einem zweijährigen Berufsverbot für ausgeschiedene Regierungsmitglieder gleicht.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Stimmt nicht!)

Der LINKEN mag das nicht sonderlich wichtig sein, aber wir glauben, dass eine Durchlässigkeit zwi

schen Wirtschaft und Politik in beiderlei Richtungen weiterhin möglich sein muss.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Der Vorschlag der SPD, der vorsieht, dass ehemalige Senatsmitglieder ihre zukünftige Erwerbstätigkeit gegenüber dem Senat nur anzeigen und dieser die Beschäftigung bei erkannter Interessenkollision untersagen kann, dient schon eher dem angemessenen, sachlichen Umgang mit dem Thema, auch wenn die Umsetzung sicher genauso schwierig wäre.

(Zuruf von Dora Heyenn DIE LINKE)

Bei allen vorgebrachten Regelungsvorschlägen bleiben viele offene Fragen. Wie und von wem soll der Begriff des Zusammenhangs zwischen angestrebter Erwerbstätigkeit und dienstlicher Tätigkeit definiert werden,

(Dora Heyenn DIE LINKE: Herr Schröder macht das!)

und was bedeutet das konkret? Könnte ein Kultursenator nicht Intendant eines privaten Theaters werden, das staatliche Zuschüsse bekommt? Das sind Fragen, die wir uns stellen müssen. Was ist mit dem Ersten Bürgermeister, dessen dienstliche Tätigkeit sich nicht nur auf einen Bereich beschränken lässt, wie soll mit ihm umgegangen werden? Was machen wir mit Herrn Scholz in einem Jahr, wenn er nicht mehr Regierungsverantwortung trägt?

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD, der CDU und bei Martina Kaesbach FDP)

Darüber machen wir uns ernsthaft Sorgen. Wir möchten nicht, dass er dann einfach zwei Jahre lang die Füße hochlegt.

Wann soll man von einer Beeinträchtigung dienstlicher Interessen ausgehen, und warum wird eine Frist von 24 Monaten für angemessen gehalten? Wie wäre ein von den LINKEN gefordertes faktisches Berufsverbot mit dem Verfassungsgrundsatz der Berufsfreiheit vereinbar?

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Wo soll das Geld für die dann notwendige Alimentation während der Karenzzeit mit Übergangsgeld herkommen? Auch das sind Fragen, die wir uns stellen müssen. Wir müssten dann die komplette Senatsbank zwei Jahre mit Steuergeldern bezuschussen. Welche Entwicklung kann das für unsere politische Führung haben, und wäre Hamburg wirklich besser dran, wenn sich für Senatoren posten bald nur noch, bei aller Wertschätzung, Lehrer und Beamte interessieren würden?

Und der umgekehrte Fall, Frau Heyenn: Warum wird bei einem Wechsel von der Wirtschaft in die Regierung offenbar kein Geschmäckle von Ihnen gesehen, und wieso fordern Sie dort keine Abkling

(Dr. Andreas Dressel)

phase? Warum wollen Sie zudem einem ehemaligen Arbeitsminister oder Senator nicht den Wechsel an die Spitze einer Gewerkschaft verbieten? Nur weil Ihnen dieser Wechsel politisch besser in den Kram passt? Wie soll diese von Ihnen geforderte abstrakte Regelung jedem Einzelfall gerecht werden? Wer ist als Nächstes dran, und was ist mit uns Abgeordneten? Wann entscheiden wir darüber, welche dienstliche Tätigkeit wir im Anschluss an unser Abgeordnetenmandat ausüben können?

(Dora Heyenn DIE LINKE: Das können Sie ja einbringen! – Dr. Andreas Dressel SPD: Jetzt bring sie nicht noch auf mehr Ideen!)

Ich frage mich daher, ob die angestrebte Regelung der LINKEN nicht bloße Symbolik ist.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD und der FDP)

Diese und weitere Fragen werden wir in den kommenden Ausschussberatungen zu diskutieren haben. Es ist daher richtig, den Antrag zur weiteren Beratung an den Verfassungsausschuss zu verweisen. Ebenso sollten wir die Debatte, die auf Bundesebene zu dem gleichen Thema läuft, mitverfolgen. Eine möglichst einheitliche, klare und transparente Regelung für alle Parlamente wäre als Ergebnis wünschenswert.

Eines sage ich zum Ende deutlich, Frau Heyenn: Wenn Sie sagen, dass ein Wechsel von der Politik in die Wirtschaft das Vertrauen der Menschen in die Demokratie erschüttert, dann ist das falsch. Nicht ein solcher Wechsel beschädigt langfristig unsere Demokratie, sondern ein Gesetz, wie Sie es vorschlagen, würde das tun, indem es jeden Amtsträger pauschal verdächtigt, einer Versuchung im Zweifel nicht widerstehen zu können. Es unterstellt Käuflichkeit quasi im Vorwege.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Was sagen Sie denn zur Realität?)

Das ist mit uns nicht zu machen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Trepoll. – Das Wort hat Herr Kerstan.