Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Um es gleich vorweg zu sagen: Die Diskussion um das Pro und Kontra einer Olympiabewerbung ist in unserer Partei noch nicht abgeschlossen. Wir haben eine Reihe von Gesprächen mit Experten, dem DOSB, der Handelskammer und dem Sportbund geführt, aber nach diesen Gesprächen sind noch viele Fragen unbeantwortet geblieben, und deswegen werden wir uns heute auch enthalten. Diese Enthaltung bedeutet aber keineswegs, das will ich deutlich sagen, ein kategorisches Nein zu einer Bewerbung, wie es die LINKEN heute in den Raum werfen. Auf der anderen Seite, Frau Kaesbach, sind wir auch nicht uneingeschränkt Feuer und Flamme, was eine Bewerbung Hamburgs für Olympia angeht.
Es gibt eine wirklich begründete Skepsis der Bürgerinnen und Bürger gegenüber solchen Megaprojekten. In diesem Fall liegt das auch an der Struktur des IOC und seiner Intransparenz – Frau Kaesbach hat es kurz erwähnt –: immer wieder Korruptionsverdacht, steigende Kosten und eine Vergabe der Spiele an Staaten mit Demokratiedefizit. Umweltzerstörung und unmenschliche Arbeitsbedingungen bei den Spielen in Sotschi oder in Peking spielen hier auch eine wichtige Rolle, und natürlich ist auch Doping immer wieder in aller Munde und trägt nicht gerade zu einer Begeisterung für Olympia bei. Zudem konnten wir gerade erst erleben, wie wenig Menschlichkeit ein Thema bei den Olympischen Spielen ist. Ich fand es geradezu empörend, dass norwegische Langläuferinnen in Sotschi eine Rüge erhalten haben, weil sie mit einem Trauerflor starten wollten. Das alles trägt nicht gerade dazu bei, Begeisterung für die olympische Idee zu wecken. Es hat der olympischen Idee in den letzten Jahren eher Schaden zugefügt und die Akzeptanz der Spiele deutlich verringert.
All diese Bedenken nehmen wir GRÜNE sehr ernst. Für uns steht daher als Bedingung fest: Eine Bewerbung Hamburgs kann es wirklich nur geben, wenn die Hamburgerinnen und Hamburger sich in einem Referendum dafür entscheiden.
Aber wir sehen auch die Chancen, die eine Olympiabewerbung bietet. Ohnehin notwendige Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur, in das Wohnen oder die soziale Stadtteilentwicklung könnten damit beschleunigt werden. Auch die Nachnutzung der olympischen Stätten eröffnet weitere Perspektiven zur Stärkung der Quartiere und für Hamburg als Metropole insgesamt, das zeigt das Beispiel London. Olympia 2012 in London war, darauf will ich noch einmal eingehen, trotz anfänglicher Skepsis am Ende ein großer Erfolg. Das mögen die LINKEN nicht hören, aber wenn Sie sich intensiv mit der Auswertung der Auswirkungen von Olympia in London beschäftigen, dann werden Sie wahrscheinlich auch zu diesem Ergebnis kommen.
Sowohl sportlich und atmosphärisch, aber auch ökonomisch war das ein Erfolg. Im Zuge der Spiele wurde der Londoner Osten massiv aufgewertet und ein ziemlich abgerutschter Stadtteil gewissermaßen in die Stadt zurückgeholt. Der Olympiapark wird zu einer Stätte der Naherholung.
Vielen Dank, Frau Blömeke. Ist Ihnen der Bericht bekannt, der neulich im Fernsehen kam – ich glaube, es war im "Weltspiegel" –, dass es in London unter anderem durch Olympia dazu gekommen ist, dass sich große Teile der Bevölkerung wie Feuerwehrleute, Polizisten und Krankenschwestern, die Mittelschicht also, London als Wohnort nicht mehr leisten können, und dass in großen Bereichen Häuser und Villen schlicht leer stehen, weil deren Besitzer sie nur als Geldanlage benutzen? Finden Sie, dass das ein adäquates Ergebnis auch von Olympia ist?
Den Bericht, den Sie anführen, kenne ich persönlich nicht. Ich habe auch davon gehört, aber ich kann mich über seinen Realitätsgehalt nicht äußern,
wenn ich ihn nicht kenne. Fakt ist, dass es eine Auswertung der Olympischen Spiele von London gibt, in der natürlich kritische Elemente aufgezeigt werden, aber auch positive. Ich habe versucht, deutlich zu machen, dass wir Olympia mit einer gewissen Skepsis sehen; das habe ich eben dargestellt. Und jetzt bin ich dabei, am Beispiel London auch die positiven Aspekte aufzuzeigen. Das müsste belegt werden, das kann ich aus einem Fernsehbericht alleine nicht übernehmen.
Ich komme darauf zurück, welche positiven Aspekte für uns nach London geblieben sind. Einige habe ich schon aufgezählt, und ich möchte noch ergänzen, dass der Olympiapark zu einer Stätte der Erholung wird. Die Schwimmbäder sind öffentlich zugänglich und das olympische Dorf wird zu einem attraktiven Wohngebiet mit bezahlbaren Mieten. Es mag sein, dass es durch Olympia auch neue Wohnanlagen für ein anderes Klientel gibt, aber Fakt ist, dass das olympische Dorf zu einem Wohngebiet mit bezahlbaren Mieten geworden ist. Nicht zuletzt ist durch Olympia auch die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr verbessert worden. Und es gibt eine Untersuchung – Herr Golke, das wäre vielleicht für Sie interessant –, die einen spürbaren Anstieg des Bruttosozialproduktes belegt.
Aber das alles führt nicht dazu, dass wir sofort Ja zu Olympia sagen, da bin ich in diesem Fall ganz bei meinen Vorrednern der CDU und der SPD. Es sind noch viel zu viele Fragen offen. Und natürlich trägt der von Herrn Schira eben angesprochene öffentlich ausgetragene Streit zwischen dem Hamburger Sportbund und der Handelskammer nicht gerade dazu bei, dass hier ein gemeinsamer Geist für Olympia entstehen kann.
Wir müssen auch erst einmal abwarten, was der neue IOC-Chef Thomas Bach für Reformen einführen will. Es soll ja Veränderungen geben, vor allen Dingen im Ausschreibungsverfahren, sodass sich möglicherweise auch mehrere Städte oder Regionen gemeinsam bewerben können. Ich halte es für erforderlich, das alles erst einmal abzuwarten, und glaube, dass der Antrag der FDP, deutlich Ja zu Olympia zu sagen und schon ganz viel zu initiieren, deswegen zu früh kommt.
Bedauerlich finde ich es aber, verehrte Kollegen der SPD-Fraktion, dass Sie die Anträge nicht überweisen, denn im Sportausschuss hätten wir
machen es alle Fraktionen für sich, alle setzen sich hin, führen Gespräche, analysieren und werten aus. Ich finde, dass ein Thema wie Olympia einfach in den Sportausschuss gehört, damit wir uns mit ihm auseinandersetzen können.
Meine Damen und Herren! Bevor ich Herrn Yildiz das Wort gebe, möchte ich um mehr Aufmerksamkeit und Ruhe für die Debatte bitten – auf allen Bänken in diesem Haus.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben in den Reden viel Pro gehört, wenig Kontra. Frau Kaesbach, ich will Ihnen aufzeigen, welche Nachteile Olympia hat.
Eine Diskussion um eine Hamburger Bewerbung für die Olympischen Sommerspiele kann nur vor dem Hintergrund der Haushaltssituation geführt werden.
Die ökonomischen Risiken für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und den Hamburger Haushalt sind enorm. Komischerweise blendet die FDP das völlig aus,
obwohl sie meist die Ersten sind, die herumjaulen, wenn es darum geht, soziale Projekte zu finanzieren.
Ich will Ihnen einige Fakten nennen. Eine Bewerbung für die Großveranstaltung Olympia geht in die Milliarden; alleine die Bewerbungskosten für Olympia 2012 in London wurden mit 1,9 Milliarden Euro veranschlagt. Jüngere Beispiele dafür, dass sich Olympische Spiele für die Gastgeber finanziell nicht lohnen, sind Athen und London. Athen ist seit der Austragung 2004 mit einem Schuldenberg von 7 Milliarden Euro faktisch pleite, geplant waren dagegen nur 1,2 Milliarden Euro. Auch London hat einen hohen Preis für die Austragung der Olympischen Spiele gezahlt.
Herr Yildiz, ist Ihnen bekannt, dass die Spiele in London zwar 2 Milliarden Euro gekostet haben, aber unter dem Strich 400 Millionen Euro Gewinn gemacht hat?
Frau Blömeke, Sie haben vollkommen recht, dass es auch Einnahmen gegeben hat, von denen die Stadt London aber fast nichts hat, sondern das IOC profitiert davon, und das ist unsere zentrale Kritik.
Auch London hat einen hohen Preis für die Austragung der Olympischen Spiele 2012 zahlen müssen. So kosteten alleine infrastrukturelle Maßnahmen bis zu 15 Milliarden Euro. Diese Kosten werden fast ausschließlich vom Steuerzahler und der öffentlichen Hand finanziert. Aus diesen Gründen haben Rom und Toronto auf die Austragung der Olympischen Spiele 2020 verzichtet.