Aber auch das, was von der SPD gesagt worden ist, hat mich überhaupt nicht beruhigt. Es geht um die grundsätzliche Frage, die die SPD uns einfach auch einmal beantworten muss. Ist das im Zusam
menhang mit der Entwicklung des Hamburger Hafens gegenwärtig in Ordnung? Läuft das einigermaßen rund oder nicht oder gibt es dort Krisenprobleme? Herr Horch, wir alle wissen, dass es einen ganzen Haufen Krisenprobleme gibt, und die muss man doch auch einmal gemeinsam angehen. Wir wollen nicht nur über die Reeder reden, die in einer existentiellen Krise sind, zwar selbstverschuldet, aber das ist natürlich trotzdem ein Problem für die Stadt. Es gibt auch eine Terminalüberkapazität, die sich in den letzten Jahren entwickelt hat. Und wenn wir uns anschauen, was in den nächsten Jahren noch dazukommen wird, dann müssen wir uns Gedanken darüber machen, was hier geschieht.
Ich will Ihnen ein drittes Krisenmoment nennen – Herr Kluth hat es im Wesentlichen schon ausgeführt –, die Elbvertiefung. Natürlich müssen wir uns in dem Augenblick, wo das vor Gericht geht, darüber unterhalten, was geschieht, wenn das Gericht anders entscheidet, als die Stadt und der Senat es will. Da muss es doch irgendeinen Plan geben, wir können doch nicht riskieren, dass wir in dem Augenblick, wenn die Elbvertiefung abgelehnt wird, nicht mehr weiterwissen, weil wir nicht einmal einen Plan B haben. Das ist entscheidend für diese Stadt. Wenn wir gemeinsam sagen, die maritime Wirtschaft ist wichtig, der Hafen ist wichtig, dann müssen wir einen Plan B haben. Ohne den lasse ich den Senat auch nicht davonkommen.
Diese Unernsthaftigkeit, mit der Sie da arbeiten, ist mir völlig unklar. Da fällt mir Herr Jarchow ein, er ist im Moment nicht da.
Wie kann es eigentlich sein, dass Herr Meier, der bei der HPA seine Hausaufgaben nicht richtig löst, nun plötzlich auch noch den Aufsichtsratsvorsitz beim HSV anstrebt?
Meine Damen und Herren, werte SPD-Abgeordnete, da läuft irgendetwas schief. Passen Sie auf, dass er wenigstens dort seine Hausaufgaben vernünftig macht.
Denn – und das wissen Sie doch auch – bei der HPA haben wir gegenwärtig riesige Defizite; gucken Sie sich das einmal an. Das weiß auch jemand von der HHLA ganz genau. Was war denn mit dem großen Containerschiff von Maersk, als es in der Elbe gedreht werden sollte? Es ist gegenwärtig sehr schwer, dort zu drehen, weil wir das Drehkreuz nicht haben. Das ist ein richtiges Problem; reden Sie einmal mit dem Hafenkapitän darüber. Aber der Senat geht an diese Sache nicht
Meine Damen und Herren! Das ist ein Krisenzeichen. Das ist ein Zeichen, dass Sie mit Ihren Reden, alles ist toll und der Senat ist prima, nicht weiterkommen, sondern da gibt es Krisenzeichen, und die geht der Senat nicht richtig an.
Von daher wäre ich froh, wenn wir dort mehr an Berichten bekämen, etwas mehr Substanz in der Debatte hätten und etwas mehr Substanz bei dem, was der Senat uns berichtet, denn wir können das nur über Pläne machen. Und das funktioniert nur, wenn wir Überlegungen dazu machen, wie die Zukunft aussieht, und uns nicht auf einen Hafenentwicklungsplan verlassen, der alles Mögliche zulässt, ganz egal, ob wir 18 Millionen TEU bekommen oder 25, ob das Drehkreuz heute kommt oder in vier Jahren. Wenn das alles egal ist, dann brauchen wir gar keinen Entwicklungsplan, dann könnten wir auch sagen: Alles wird schön, denn wir haben einen guten Senat. Vielleicht sollte das in der nächsten Zeit die Überschrift der SPD für ihren Senat sein, so hören sich jedenfalls Ihre Redebeiträge an. Politik sieht anders aus. – Danke.
Meine Damen und Herren! Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich komme damit zur Abstimmung.
Wer stimmt einer Überweisung der Drucksachen 20/10440 und 20/10589 ab den Ausschuss Öffentliche Unternehmen zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist damit mehrheitlich abgelehnt worden.
Dann lasse ich über die beiden Anträge in der Sache abstimmen. Wir kommen zunächst zum Antrag der FDP-Fraktion aus der Drucksache 20/10589. Die CDU-Fraktion möchte hier die Ziffer 7 separat abstimmen lassen.
Wer möchte sich nun dem FDP-Antrag mit Ausnahme von Ziffer 7 anschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mehrheitlich abgelehnt worden.
Wer möchte sodann Ziffer 7 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist ebenfalls mehrheitlich abgelehnt worden.
Wer diesem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mehrheitlich abgelehnt worden.
sache 20/10442 in der Neufassung, Antrag der GRÜNEN Fraktion: Gefahrengebiete in Hamburg abschaffen.
Hierzu liegen Ihnen als Drucksachen 20/10500, 20/10582 und 20/10585 Anträge der Fraktionen der LINKEN, der FDP und der SPD vor.
[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Gesetzliche Grundlagen für Gefahrengebiete ersatzlos streichen! – Drs 20/10500 –]
[Antrag der FDP-Fraktion: Verdachtsunabhängige Kontrollen durch die Polizei auf verfassungskonforme und belastbare Grundlage stellen – Drs 20/10582 –]
[Antrag der SPD-Fraktion: Lageabhängige Kontrollmöglichkeit für die Hamburger Polizei ist richtig, notwendig und verfassungsgemäß – dem gesteigerten Informationsbedürfnis durch Aufnahme in die jährliche Unterrichtung Rechnung tragen – Drs 20/10585 –]
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gesetzesänderungen sind eigentlich etwas völlig Normales – gestern haben wir auch über eine solche diskutiert –, wenn sich zum Beispiel Paragrafen erübrigt haben oder wenn sie veraltet sind, wenn sie missverständlich sind oder in Auslegung und Anwendung Probleme bereiten. Sie sehen, ich versuche, eine sachliche, ruhige Diskussion zu einem Thema einzuleiten, über das zu debattieren uns allen nicht leicht fällt und das mit vielen Emotionen verbunden ist. In unserem Antrag geht es also schlicht um etwas sehr Einfaches, nämlich um die Änderung einer Regelung, die in Auslegung und Anwendung Probleme bereitet. Wir wollen lediglich einen Satz aus Artikel 4 Absatz 2 PolDVG streichen.
Ich formuliere es noch einmal deutlich. Die SPD sagt, sie wolle Sachlichkeit und weniger Emotionen. Nun hat die Anwendung dieses Gesetzes eine bundesweite, man kann fast sagen, eine internationale Diskussion zur Folge gehabt. Man könnte die Begriffe, die sich in den internationalen Medien finden, ernst nehmen oder sie einfach auf der Zunge zergehen lassen. Der "Guardian" hat von einer "danger zone" gesprochen, die Türkei sah in
unserem Land plötzlich einen Polizeistaat, Al Jazeera hat sich mit dem Thema beschäftigt, und die US-Botschaft hat genauso ihre Sorge geäußert wie der Gaststättenverband. Die bundesweite Medienlandschaft hat insgesamt mehr oder weniger sachlich mit Erstaunen und Verständnislosigkeit auf das riesige, unbefristete Gefahrengebiet in dieser Stadt reagiert.
Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Einen kleinen Moment, bitte. – Die Zuschauer dürfen keine Fotos machen, die anderen übrigens auch nicht. – Fahren Sie bitte fort.
(Christiane Schneider DIE LINKE: Auch die Polizei nicht! – Dr. Andreas Dressel SPD: Frau Schneider!)
Diese Reaktionen waren immer verbunden mit der Frage: Was ist in Hamburg eigentlich passiert und was haben die Zigtausend betroffenen Menschen damit zu tun?
Nun haben wir schon an anderer Stelle ausführlich diskutiert, was im Umfeld des 21. Dezember geschehen ist. Wir brauchen diese Debatte nicht noch einmal zu führen. Aber wir brauchen die Debatte, wieso es eigentlich keine andere polizeiliche Maßnahme hat geben können. Wieso war keine andere polizeiliche Maßnahme Thema, weder im Innenausschuss noch an anderer Stelle oder in der öffentlichen Debatte? Maßnahmen wie zum Beispiel eine verstärkte Bestreifung bestimmter Gebiete, mehr Objektschutz, Gefährderansprachen, normenverdeutlichende Gespräche – alles erprobte Instrumente und gut zu begründende Maßnahmen. Nichts davon war zu hören, weder im Innenausschuss noch an anderer Stelle. Es gab scheinbar keinen Weg, der Strafverfolgung gerecht zu werden, die Situation zu beruhigen.
Anders, als die SPD es in ihrem Antrag behauptet, geht es bei der Kritik, die national, international, vor allem aber in unserer Stadt geäußert wurde, selbstverständlich immer auch um den Anlass für das Aussprechen von Gefahrengebieten. Das lässt niemanden los. Das hat uns vorhin nicht losgelassen, und das war auch immer Teil der Diskussion. Sieben Tage, nachdem etwas – ich kürze das jetzt einmal ab – unter der Überschrift "Angriff auf die Davidwache" thematisiert wurde, erfolgte ohne Nennung weiterer Vorfälle eine in dieser Dimension bisher beispiellose Einrichtung eines Gefahrengebiets, begründet mit relevanten Personengruppen, die aus der Anonymität herausgeholt werden sollen. Verbunden damit war aber natürlich auch ein ganz massives Signal an die Stadtteile mit einer, wie wir alle wissen, großen politisch aktiven und, sagen wir einmal, widerspenstigen Szene,
was aber eindeutig und offenkundig so gewollt war – umso überraschender für viele, die nicht jeden Tag in diese gesetzlichen Formulierungen hineinschauen, dass es mitnichten eine politische Verantwortung für diese Entscheidung gab, sondern dieses Verfahren, rechtlich korrekt, über die Direktion Polizeikommissariate und Verkehr verfügt wurde und lediglich im Nachhinein der Senator – und wahrscheinlich auch der Polizeipräsident – informiert wurde. Politische Verantwortung wurde nicht von der Politik übernommen, sondern hier hat die Polizei Politik gemacht. Das haben wir kritisiert, das wurde von der Öffentlichkeit kritisiert, und das macht deutlich, welche Auswirkungen diese sehr schlicht formulierte, aber weitreichende Regelung des Paragrafen 4 Absatz 2 beinhaltet.
Lageabhängige Entscheidungen waren es also, die täglich überprüft wurden. Jede konkrete Begründung, die eine konkrete Lage mit der konkreten Region und konkreten Maßnahmen in Verbindung gebracht hätte, fehlte aber. Da sind wir bei der Auslegung des Hamburger Verwaltungsgerichtsurteils – in unserem Antrag steht Verfassungsgericht, das ist ein Fehler –; auch dazu sagt die SPD sehr viel in ihrem Antrag. Die verfassungskonforme Auslegung wurde in einem noch nicht rechtskräftigen Urteil für ein anderes Beispiel der Ausweisung eines Gefahrengebietes bestätigt. Dabei ging es um die Ausweisung für wenige Tage mit einem zeitlich klar definierten Ende und einer räumlich sehr begrenzten Region. Das ist also kein Freibrief, um sagen zu können, das gelte nun für alles, unbestimmt in Größe und zeitlicher Ausrichtung. Es handelt sich hier nicht um einen Freibrief, und genau so kann man es in der interessierten juristischen Szene nachlesen; Professor Dr. Heckmann hat sich beispielsweise in diesem Sinne geäußert. Die Grenzen des Gebiets müssen sachlich begründet sein, und zwar abhängig von konkreten Lageerkenntnissen. Das fehlt alles.
Die SPD bemüht in ihrem Zusatzantrag – ich sage es vorsichtig – in etwas hämischem Tonfall die Historie und führt aus, wann es zum ersten Mal solche Ausweisungen von Gebieten mit besonderen Kontrollrechten für die Polizei gab. Sie verweist auf die Neunzigerjahre und betont, dass wir in schwarz-grünen Zeiten keine Abschaffung der verdachtsunabhängigen Kontrollen durchgesetzt haben. Das ist alles Teil der Geschichte, aber irgendwie auch völlig normal in Koalitionszeiten oder in Zeiten von absoluten Mehrheiten, wie wir sie heute wieder haben, und die dazu genutzt werden, und zwar nicht politisch durch die Einflussnahme des Senators, sondern die Polizei die Entscheidung treffen zu lassen, den Absatz 2 des Paragrafen 4 im ersten Satz in einem nie gekannten Ausmaß anzuwenden. Das kann so nicht weitergehen.
Nicht einmal eine Evaluation möchte die SPD in ihrem Zusatzantrag. Sie sagen, es sei wegen des gesteigerten Informationsbedürfnisses in Ordnung, einen Bericht zu erstellen. Es gibt nicht einmal eine Erklärung dazu, wer aus Ihrer Sicht ein gesteigertes Informationsbedürfnis hat.
Es gab mehrere Anfragen, und ich kann schon heute kurz zusammenfassen, was in Ihrem Bericht stehen wird. Vom 4. bis zum 13. Januar wurden 3059 Polizisten und Polizistinnen eingesetzt, knapp 1000 Personen angehalten und 28 verdächtigte Gegenstände festgestellt. 19 dieser Gegenstände wurden sichergestellt, neun bei den Personen belassen, darunter ein Schlagschutzhandschuh, drei Vermummungsgegenstände, eine zerbrochene Gehwegplatte, ein Tierabwehrspray. Sichergestellt wurden ein Teleskopschlagstock, ein Holzknüppel, ein Seitenschneider.