Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dass uns der Finanzsenator heute nicht die finanziellen Details dieses Netzrückkaufs vorgestellt hat, sondern die politische Leitlinie des Senats beim Rückkauf der Netze darstellen konnte, Herr Bürgermeister, entspricht, glaube ich, nicht Ihrer Rolle als Regierungschef dieser Stadt mit Ihrer Richtlinienkompetenz. Und ich finde, das ist unangemessen gegenüber uns, der Volksvertretung, dem Parlament.
Diese Rede hätten Sie selbst halten müssen. Da mag jeder sich dann denken, was den Bürgermeister der Stadt bewegt, in einer so wichtigen Frage nicht selbst für den Senat zu sprechen. Ich glaube, das gäbe es in einem anderen Bundesland nicht.
Der Netzedeal des Bürgermeisters ist voreilig und falsch, und er ist ein Eingriff in einen marktwirtschaftlichen Wettbewerb. Wie argumentieren Sie denn? Sie kaufen jetzt den wichtigsten Konkurrenten in einem Konzessionsverfahren für den Wettbewerb auf. Damit verlassen Sie auch die gemeinsame Linie, die wir vorher hatten. Wir hatten nämlich gesagt, dass der zukünftige Netzbetreiber in
einem Konzessionsverfahren ermittelt werden solle. Und Sie geben dann noch als Begründung dafür an, dass Sie so schnell wie möglich in den Fahrersitz wollen. Das heißt, Sie kaufen die Kompetenz des Unternehmens Vattenfall im Wettbewerb um die Netze heraus. Das bedeutet, Sie schwächen damit den Wettbewerb um das beste Netz für Hamburg.
(Dr. Andreas Dressel SPD: Da war ein Volksentscheid dazwischen! – Dora Heyenn DIE LINKE: Das ist ein Volksentscheid!)
Es ist eines der Risiken und Nebenwirkungen dieses voreiligen Deals, dass Hamburg nicht mehr die Garantie hat, den besten Netzbetreiber zu bekommen, sondern dass Sie mit viel Geld vorher einen Konkurrenten aufgekauft haben. Selbst das hat der Volksentscheid gar nicht von uns verlangt.
Sie gehen damit auch ein zweites Risiko ein. Wenn nämlich einer der verbliebenen Konkurrenten am Ende doch ein besseres Angebot hat, haben Sie mit diesem jetzigen Verfahren Millionenkosten verursacht, die dann perdu wären, weil dieser Netzrückkauf weitergegeben werden müsste an den neuen Gewinner. Sie gehen zwei Risiken ein. Sie schwächen den Wettbewerb um das beste Netz für Hamburg, und Sie gehen das Risiko ein, dass am Ende alles umsonst war. Sie hätten im Gegenteil die Alternative gehabt, jetzt eine Vereinbarung zu schließen für den Fall, dass das Konzessionsverfahren so oder auch so ausgeht.
Genau diesen Weg gehen Sie erstaunlicherweise bei der Fernwärme. Dort hätten Sie jetzt kaufen können. Aber was machen Sie? Sie vertagen die Entscheidung, ob wir kaufen, auf den nächsten Senat, in die nächste Legislaturperiode. Aber Sie legen heute schon die Konditionen fest. Ich finde, das ist Selbstherrlichkeit. Der neue Senat wird nur noch Ja oder Nein sagen können, er wird aber überhaupt keinen Verhandlungsspielraum mehr haben, und das ist schlecht für die Stadt.
Mit dem Ertragswertverfahren haben Sie doch Vattenfall ein Rundum-Sorglos-Paket verschafft. Da ist doch gar kein Verhandlungsspielraum mehr, auf den Preis, die Leistung zu drücken. Dieser neue Senat wird 2018 nur Ja oder Nein sagen können, er wird aber keine Verhandlungsspielräume mehr haben, weil der Bürgermeister diese heute billig weggegeben hat beziehungsweise teuer weggegeben hat, um es genauer zu sagen.
Damit zeigt sich wieder dieses Muster, dass Sie versuchen, politische Probleme mit sehr viel Geld zu lösen, und zwar mit Geld der Steuerzahler. Ob es der Hapag-Lloyd-Rückkauf war, ob es die Elb
Die Summen sind mal größer und mal kleiner. Auf jeden Fall greifen Sie in die Kasse, um Ihre politischen Probleme zu lösen.
Das machen Sie in diesem Fall sogar zum ersten Mal so, dass Sie heute noch nicht einmal sagen können, zu welchem Preis. Zum ersten Mal stellen Sie sogar Blankoschecks aus, sowohl für die Netze im Strombereich als auch für die Fernwärme. Mit dieser Politik gestalten Sie kein ordentliches Regieren, sondern ruinieren den Haushalt. Dieser Deal ist voreilig, und deswegen ist er falsch und nicht gut für die Stadt. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Über manche Argumente muss man sich wundern, genauso wie ich mich über einige Aussagen des Bürgermeisters gewundert habe.
Herr Wersich, der Volksentscheid trägt diesem Senat und uns als Bürgerschaft auf, den Volksentscheid umzusetzen. Darin steht nicht, den bestmöglichen Wettbewerb in Hamburg umzusetzen, sondern die Netze vollständig in öffentlichen Besitz zu übernehmen. Und das muss man diesem Senat schon lassen, er tut es. Insofern kann man ihn dafür auch nicht kritisieren.
(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Dr. Andreas Dressel SPD: Geht doch! – Gegen- ruf von Finn-Ole Ritter FDP: Vollverstaatli- chung!)
Dass das natürlich auch darüber hinausgeht, dass zum Beispiel jetzt auch Servicegesellschaften von Vattenfall übernommen werden, die nicht Teil der Netzgesellschaft sind, begrüßen wir GRÜNE ausdrücklich sehr.
Das hat nämlich eine Sicherheit für die Beschäftigten zur Folge. Das mag die FDP oder die CDU nicht interessieren,
aber für den sozialen Frieden in der Stadt ist das wichtig, und auch deshalb möchten wir dieses Geschäft des Senats begrüßen.
Nehmen wir einmal an – was wir alle nicht hoffen –, dass beim Konzessionsverfahren die Stadt nicht den Zuschlag bekommt und ihn ein anderer Wettbewerber erhält und dann die 1100 Beschäftigten bei Vattenfall auf die Straße gesetzt werden. Ist es dann wirklich das, was Sie unter einem guten Wettbewerb und einem guten Ergebnis für Hamburg verstehen? Wir GRÜNE teilen diese Auffassung eindeutig nicht.
Wo wir allerdings genauer hinsehen müssen, auch in den parlamentarischen Beratungen, ist natürlich der Mindestpreis bei der Fernwärme. Diese Option ist aufseiten der Stadt nicht wirklich eine Option. Dieser Senat ist verpflichtet, den Volksentscheid umzusetzen und zu kaufen, und das wird auch der nächste Senat sein. Wenn der nächste Senat diese Option nicht ausüben sollte, dann bricht er den Volksentscheid. Das darf er laut Verfassung jedoch nicht. Insofern finde ich diese Kritik, auch an der Aufgabe der Endschaftsklausel, nicht wirklich überzeugend.
Aber man muss in Zukunft natürlich auf den Mindestpreis für die Fernwärme im Jahr 2019 schauen. Und da kommen unsere Kritik und unsere Hauptsorge zum Tragen. Natürlich ist der Wert dieses Unternehmens davon abhängig, wie viel bis zum Jahr 2019 in den klimafreundlichen Umbau des Fernwärmenetzes investiert wird. In der Vergangenheit hat Vattenfall darauf verzichtet. Sie haben die Wärme mit Kohle hergestellt und durch die Verbrennung von Müll. In Zukunft, um den Volksentscheid umzusetzen, muss man das ändern, und dafür muss man massiv investieren. Das bedeutet dann allerdings auch, dass für den Eigentümer keine Riesenrenditen mehr übrig bleiben. Von diesen Renditen hängt aber der Ertragswert ab. Ob, wenn man das Netz klimafreundlich umbaut, wie der Volksentscheid es verbindlich fordert, bei den 950 Millionen Euro Mindestpreis, den Sie vereinbart haben, der Wert des Unternehmens unter Umständen unter 950 Millionen Euro sinkt, das können wir heute noch nicht sagen. Das hängt vom Konzept des Senats ab, wie er diesen Volksentscheid in Bezug auf Klimafreundlichkeit umsetzt.
Deshalb ist unsere Sorge, dass dieser Preis, der ein politischer ist, am Ende den Spielraum beim Klimaschutz beeinträchtigen könnte oder bedeuten
würde, dass die Stadt den Fernwärmebereich zu teuer kauft. Insofern ist das ein Thema, das wir in den nächsten Monaten und Jahren weiterhin sehr aufmerksam verfolgen müssen.
Herr Kluth, auch wenn ich Ihre anderen Argumente in weiten Teilen wirklich hanebüchen finde, ist dieser eine Punkt, den Sie angesprochen haben – diese Ablösung des Gesellschafterdarlehens mit den Zinssätzen, die Sie eben genannt haben, ich weiß nicht, woher Sie das haben, ich kenne diese Zahlen nicht – in der Tat ein Thema, das wir uns in der parlamentarischen Beratung dieses Geschäfts noch genauer ansehen müssen, um am Ende den Kaufpreis bewerten zu können.
Wir begrüßen also diese ersten Schritte des Senats grundsätzlich. So wird der Volksentscheid angemessen umgesetzt. In Bezug auf die Angemessenheit des Preises werden wir noch Arbeit leisten müssen. Aber nichtsdestotrotz ist dies der erste Schritt zur Umsetzung des Volksentscheids, und das ist gut für Hamburg. – Vielen Dank.
Frau Dr. Schaal, Sie haben in Ihrer Rede immer davon gesprochen, dass der Senat den Volksentscheid umsetzen müsse. Wir haben immer betont – und so steht es auch im Text des Volksentscheids –: auch die Bürgerschaft. Wir haben zusammen den Konsens gefunden, dass an den gemeinsamen Sitzungen von Haushalts- und Umweltausschuss nicht nur die Abgeordneten teilnehmen, sondern auch Auskunftspersonen von der Initiative, von Arbeitnehmern und auch von Unternehmern. Ich finde, da haben wir uns zusammen auf einen guten Weg gemacht.