Protocol of the Session on December 12, 2013

bei diesem Vorhaben noch nicht gekommen. Umso erfreulicher ist es, dass Hamburg nun nach einer langen Reihe von Anträgen, Prüfaufträgen, Anhörungen und Debatten zum Gender Budgeting über mehrere Legislaturperioden hinweg die Chance der Umstellung des Haushaltswesens von der Kameralistik zur Doppik nutzt, um auch in dieser Sache entscheidende Schritte in die richtige Richtung zu unternehmen.

(Beifall bei der SPD)

Wie wir gestern hörten, geht mit der in seltener Einigkeit beschlossenen Modernisierung unseres Haushaltswesens einher, dass fachliche Ziele zukünftig stärker in den Mittelpunkt rücken, dass die Fachdebatte unterstützt und solider wird und dass sich unsere Aufmerksamkeit mehr auf Leistungen und Ergebnisse richten kann als allein auf einzelne Haushaltsposten. Dazu passt ein Ansatz wie das Gender Budgeting ganz besonders gut.

(Beifall bei der SPD)

Gender Budgeting eröffnet nämlich die Möglichkeit, Zielsetzungen wie die Durchsetzung einer tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern jeweils mit Ressourcen in Relation zu setzen und gegebenenfalls nachsteuern zu können. Damit kämen wir unseren Verpflichtungen, wie in der Hamburger Verfassung und aktuell auch im "Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramm" des Senats festgehalten, nach einem geschlechtergerechten Einsatz der Mittel endlich nach.

So weit sind wir aber noch lange nicht, und nach der Erfahrung anderer Bundesländer – Berlin doktert schon seit mindestens fünf Jahren daran herum – liegt noch ein hartes Stück Arbeit vor uns. Vielleicht sollte ich zur Klarstellung noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass es beim Gender Budgeting nicht einfach um das stupide Zählen von Fliegenbeinen, also nach dem Motto "Weiblein nach links, Männlein nach rechts" oder um eine stupide Mittelvergabe nach dem Fifty-fifty-Prinzip geht. Gender Budgeting sieht vielmehr eine geschlechterdifferenzierte Analyse des Haushalts vor, um die Wirkung der staatlichen Einnahmenund Ausgabenpolitik auf die Stellung von Frauen und Männern zunächst einmal überhaupt und am besten dann auch noch systematisch zu erfassen. Das A und O dafür sind Daten und natürlich auch deren Bewertung. Die liegen in einigen Bereichen bereits vor, in anderen nicht. Deswegen greifen wir in unserem Antrag ausdrücklich den Zuwendungsbereich auf, denn ganz ohne weitere Erhebungen, aber auch ohne entsprechende Vorgaben, Verabredungen und Controllings kommen wir in der Sache nicht weiter.

Meine Damen und Herren! Gleichstellungspolitik ist Querschnittspolitik. Dementsprechend ist es nur folgerichtig, gleichstellungspolitische und steuerungsrelevante Ziele und Kennzahlen jeweils in

(Vizepräsidentin Antje Möller)

den Einzelplänen auszubringen. Besonders intensiv sollten dabei unseres Erachtens die Arbeitsmarktpolitik und die Bereiche Gesundheit und Verbraucherschutz betrachtet werden, zunächst jedenfalls. Hier liegt dann zukünftig auch die Verantwortung von uns Abgeordneten, die im "Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramm" für die einzelnen Bereiche jeweils festgelegten gleichstellungspolitischen Ziele im Hinblick auf die dafür zur Verfügung stehenden Ressourcen zu diskutieren, zu bewerten und entsprechende Maßgaben daraus zu folgern. Genderanalysen seien zwar eine notwendige, aber keinesfalls hinreichende Bedingung für einen Politikwechsel im Sinne der Durchsetzung einer tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern. So ähnlich hat es einmal ein Kollege formuliert und das ist wohl wahr. Gerade in Zeiten knapper Kassen – vielleicht sollte ich sagen auch angesichts der Schuldenbremse – sind wir aber gut beraten, mit dem Einstieg ins Gender Budgeting ernst zu machen.

Bisherige Haushalte waren in weiten Teilen geschlechtsblind, aber keineswegs geschlechterneutral. Ganz im Gegenteil, zu häufig nämlich haben Kürzungen oder Konsolidierungen in der Vergangenheit in weit stärkerem Maße negative Auswirkungen auf ein Geschlecht, zumeist die Frauen, gehabt, ohne dass dies immer auf Anhieb ersichtlich gewesen wäre. Solche blinden Flecken werden nun zumindest Schritt für Schritt kleiner werden oder, wie Finanzsenator Tschentscher neulich im Haushaltsausschuss im Zusammenhang mit der Debatte um das Gender Budgeting sagte, bestimmte Dinge müsse man nur gesehen haben, dann wüsste man genau, dass es so nicht geht. Hier besteht Handlungsbedarf, hier muss sich etwas ändern.

(Beifall bei der SPD)

Auf diese Art von Evidenz setzen wir. Hier bin ich einstweilen optimistisch. Wie sich das alles zukünftig abbildet, wie sich die sehr unterschiedlichen Ausgangssituationen in den verschiedenen Bereichen langfristig angleichen lassen, das muss sich zeigen. Die Herausforderungen dürften sowohl auf Verwaltungsseite als auch aufseiten der Abgeordneten gar nicht klein sein. Die Vorlage des Haushaltsplan-Entwurfs 2015/2016 wird jedenfalls Anlass sein, sich über die Fortschritte hinsichtlich der Entwicklung von Zielen und Kennzahlen berichten zu lassen und über Darstellung, Analyse und die möglichen Konsequenzen dann zu diskutieren.

In Peking 1995 fing es an, in Hamburg hat die Sache jetzt Fahrt aufgenommen. Jedenfalls sind wir dem Ziel, mit der gleichen Selbstverständlichkeit über geschlechtergerechtes Haushalten zu reden wie wir bereits über generationengerechtes Haushalten reden und dann dementsprechend zu handeln, einen kleinen, aber aus meiner Sicht doch

bedeutenden Schritt nähergekommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Dr. Heintze.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Aus den entscheidenden Schritten in die richtige Richtung am Anfang ist ein kleiner Schritt am Ende Ihrer Rede geworden, Frau Dobusch. Das ist deshalb bemerkenswert, weil es das, was wir zumindest bei der Anhörung und im Haushaltsausschuss bei den Beratungen erlebt haben, ziemlich gut abbildet.

Das Thema gibt es seit 2008. Damals hat die Bürgerschaft mit den Stimmen von CDU, SPD und GAL beschlossen, beim NHH die Einführung von geschlechterspezifischen Kennzahlen zu prüfen. Im Jahr 2009 hat die damals CDU-geführte Finanzbehörde mitgeteilt – die Senatsmitteilung zum NHH war die Drucksache 20/2068 –, bei der Einführung des NHH Genderaspekte mit zu berücksichtigen. Das bedeutet also, dass wir uns als CDU-Fraktion dem Anliegen nie verschlossen haben, sondern es begleitet haben. Nur, wenn ich mir jetzt ansehe, was sowohl im nun von der SPD vorgelegten Antrag als auch in den Verfahrensteilen, die wir im Haushaltsausschuss begleitet haben inklusive der Anhörung herausgekommen ist, dann ist das nicht so richtig greifbar. Die SPD fordert einen regelmäßigen Bericht, okay, und will das Thema irgendwie in den Kennzahlen des Haushalts 2015/2016 abbilden. Wie, das weiß noch niemand so recht. Auch im Ausschuss gab es vonseiten der Finanzbehörde eher Achselzucken, dafür aber viele weise Worte und nichts, was nicht schon 2009 als Absicht mitgeteilt worden wäre. Und dann sagt man in Punkt 3, lasst uns das Thema in den Zuwendungsbereich verschieben und lasst die mal zusehen, ob die das nicht zumindest bei den Zuwendungsempfängern irgendwie lösen können. Damit alles gut wird, machen wir dann noch ein bisschen Fortbildung.

Ich persönlich muss dazu sagen, dass das im Prinzip widerspiegelt, was wir im Ausschuss erlebt haben. Auf die an sich sinnvolle Frage, ob es eigentlich möglich ist, im Bereich staatliche Einnahmen und Ausgaben die Auswirkungen auf Frauen und Männer, also Gender Budgeting, steuern zu können, wird geantwortet: Eigentlich wissen wir gerade nicht, wie. Wenn wir aber gerade nicht wissen, wie und auch die Regierung nicht weiß, wie – und dies wurde in den Wortprotokollen der Ausschusssitzungen mehr als deutlich, wenn man sich durchliest, was die Vertreter der Finanzbehörde, aber auch was in Teilen der Anhörung gesagt wurde –, dann schlage ich vor, dass wir uns den heute vorliegenden Antrag sparen. Wir als CDU sehen

(Gabi Dobusch)

keine Weiterentwicklung des Themas. Uns fällt es auch schwer, aus den Ausführungen, die der Senat und die Regierungsfraktion in den Ausschusssitzungen gemacht hatten, etwas Konkretes abzuleiten. Deswegen werden wir diesen Antrag heute ablehnen. Wir glauben nicht, dass er einen Fortschritt bringt. Frau Dobusch hat in ihrer Rede gut beschrieben, wo wir stehen. Man möchte entscheidende Schritte in die richtige Richtung machen. Man hat einen kleinen Schritt gemacht, weiß aber nicht, was dabei herauskommt und ist intern noch damit beschäftigt, wie man es anstellt. Wenn überzeugende Konzepte gefunden sind, dann sollten wir uns wieder darüber unterhalten. Aber diesem Antrag heute zuzustimmen, nützt nichts. Deswegen werden wir es auch nicht tun.

(Beifall bei der CDU)

Frau Dr. von Berg, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Heintze hat es eben schon angedeutet. Mein Eindruck ist, dass die Fraktion mit ihrem Antrag versucht, das zu heilen, was Senatorin Schiedek und Senator Tschentscher bisher versäumt haben. Es offenbarte sich tatsächlich bei der Auswertung der Anhörung im Ausschuss, dass bisher im Senat nicht allzu viel passiert ist; ich komme gleich noch dazu.

Es ist richtig, Kennzahlen festzulegen, wie es im Antrag gefordert wird. Es ist auch richtig, steuerungsrelevante Ziele festzulegen. Es ist richtig, den Zuwendungsbereich einzubeziehen, und es ist auch richtig, Fort- und Weiterbildung mitzudenken und zu fordern. Das sind alles Dinge, die die Opposition bei der Auswertung der Anhörung gefordert hat; Frau Artus hat es angesprochen, ich habe es angesprochen, selbst die dem Gender Budgeting nicht zugewandte CDU hat es angesprochen. Es scheint mir so zu sein, dass die SPD-Fraktion durchaus gut zugehört hat und das in diesen Antrag hat einfließen lassen. Jedoch geht dieser Antrag hinsichtlich der Umsetzung von Gender Budgeting lange nicht weit genug.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bei der Auswertung der Anhörung – dieser Eindruck wurde von meinen Fraktionskolleginnen und -kollegen und auch von anderen Abgeordneten der Opposition bestätigt – war es geradezu erschütternd, wie planlos und teilweise unwissend und widersprüchlich Senatorin Schiedek und Senator Tschentscher gehandelt haben. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen. Wir haben Herrn Senator Tschentscher gefragt, wie denn nun das Gender Budgeting umgesetzt werde. Er antwortete, man müsste zählen, wie viele Männer und Frauen im Personal sind. Ich frage mich: Wozu haben wir einen Personalstrukturbericht. Das ist nicht Gender

Budgeting. Hier liegt offensichtlich ganz einfach Unwissenheit vor.

(Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN)

Zur Frage der Fort- und Weiterbildung sagten die einen, wir müssen fort- und weiterbilden, und der Senator sagte, das brauchen wir gar nicht, denn das ist alles schon in der Haushaltsneuordnung geschehen. Das sind nur zwei Beispiele. Es ging immer hin und her. Das wurde auch im Beitrag von Herrn Heintze eben bestätigt. Es ist noch viel Arbeit im Senat zu tun.

Fehlanzeige auch beim Zeitplan, Fehlanzeige bei der Einsetzung einer Steuerungsgruppe, überhaupt Fehlanzeige bei einem systematischen, planvollen Vorgehen nach dem Motto "Erst das eine, dann das andere". Mein abschließender Eindruck nach der Auswertung der Anhörung war, dass dies noch nicht einmal Lippenbekenntnisse waren. Das waren Papierbekenntnisse, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dennoch sind wir GRÜNEN traditionell für Gender Budgeting. Der Antrag der LINKEN ist geradezu ein Wiedergänger aus den letzten Legislaturperioden. Ich erinnere an meine Kollegin Verena Lappe, die das immer wieder forderte.

(Beifall bei Kersten Artus DIE LINKE)

Tatsächlich kann Gender Budgeting ein Beitrag zu einer geschlechtergerechten Verteilung der Steuergelder sein. Deswegen werden wir selbstverständlich diesem Antrag zustimmen. Ich hoffe, dass dieser Antrag ein Schritt dahin sein wird, Gender Budgeting vernünftig einzuführen, nicht planlos und nur, um sagen zu können, wir haben etwas gemacht, wir haben es auf dem Papier. Aber es passiert nichts.

(Jan Quast SPD: Haben Sie mal einen Vor- schlag?)

Das ist unsere Hoffnung. Die Fraktion hat offensichtlich gut zugehört und versucht nun das, was bislang nicht passiert ist, zu heilen. Daher werden wir den Prozess aufmerksam und konstruktiv verfolgen und hoffen, zu einem guten, geschlechtergerechten Ergebnis zu kommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Herr Bläsing.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir waren seinerzeit gegenüber dem der Berichtsdrucksache zugrundeliegenden Antrag der Fraktion DIE LINKE doch relativ skeptisch.

(Dr. Roland Heintze)

(Kersten Artus DIE LINKE: Jetzt sind Sie be- geistert!)

Darauf komme ich noch zu sprechen.

Wir sind nicht beratungsresistent.

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Insofern habe ich sehr aufmerksam die Debatte im Haushaltsausschuss zu diesem Thema verfolgt. Wir hatten Auskunftspersonen aus Berlin und Brandenburg, nur war das Ergebnis relativ unkonkret. Immer, wenn man gefragt hat, was in Berlin oder in Brandenburg denn nun konkret gemacht wurde, kam als Antwort nichts, was irgendwie fassbar war. Im Grunde war die Aussage, dass man mehr Arbeit ohne Mehrwert habe und dass entsprechende Ressourcen, die dann vielleicht der Verwaltung dafür zur Verfügung gestellt werden müssten, nicht zur Verfügung gestellt worden seien. Es wurde auch deutlich – das hat mich weniger überrascht, es tritt auch im Antrag der SPD-Fraktion wieder zutage –, dass eine gewisse Beratungsindustrie durchaus gut von solchen Sachen lebt, indem Fortbildungsseminare vor allem auch gern für den öffentlichen Dienst zur Verfügung gestellt werden, die dann auch entsprechend entlohnt werden müssen.

(Kersten Artus DIE LINKE: Soll Bildung nichts kosten?)

Ich persönlich dachte, dass wir mittlerweile schon weiter sind, dass wir das Gender-Mainstreaming im Sinne von Diversity-Management eigentlich schon hinter uns gelassen haben, nicht nur zwischen Mann und Frau unterscheiden, sondern beispielsweise auch lesbisch, schwul, bisexuell, transsexuell, aber eben auch intersexuell in unseren Überlegungen berücksichtigen. Daher finde ich, dass dies nun teilweise doch wieder ein kleiner Rückschritt ist, Frau Dobusch. Im Grunde haben Sie damit doch die lila Latzhose aus der Mottenkiste der Achtzigerjahre geholt und uns das nun als Antrag vorgelegt.

Schließlich haben wir noch einmal anderthalb Stunden in einer weiteren Haushaltsausschusssitzung darüber beraten. DIE LINKE ist dann doch zur Einsicht gekommen und hat den Antrag für erledigt erklärt. Wir haben gestern auch das Gesetz zur strategischen Neuausrichtung des Haushaltswesens beschlossen.

Ich möchte anmerken, Frau Dobusch, dass Sie doch im Rahmen des "Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramms" eine gewisse Erfahrung damit haben, durch alle Ausschüsse zu tingeln und dort Ihre Punkte vorzulegen. Wir haben entsprechend in allen Fachausschüssen die Kennzahlen beraten, zum Teil tun wir das noch. Warum kommen Sie nicht in die Ausschüsse und bringen die Aspekte in die Debatte ein? Dafür haben wir doch die Kennzahlen. Stattdessen glauben Sie wieder, dass die